Entscheidungsstichwort (Thema)

Beispiele für Versagungsgründe. Opfer von Gewalttaten, Entschädigung, Versagungsgründe. Selbstverschulden und ursächliche Mitwirkung. Konkretisierung des Begriffs der sonstigen, die Unbilligkeit der Entschädigung kennzeichnenden Gründe. Fälle der Opfergeneigtheit. unsolider Lebenswandel kein Leistungsverweigerungsgrund

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ob der Geschädigte die Schädigung iS des OEG § 2 Abs 1 verursacht hat, bestimmt sich nach der versorgungsrechtlichen Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung.

2. Hinterbliebenenversorgung kann auch wegen eines Verhaltens des Geschädigten nach OEG § 2 Abs 1 "unbillig" sein.

3. Als Gründe einer solchen Unbilligkeit kommen in Betracht tatbezogene Umstände sowie tatunabhängige nur unter besonderen Bedingungen, zB bei gewaltverbrechensopfergeneigten Situationen oder bei rechtsfeindlichen Haltungen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Da in OEG § 2 Abs 1 Alt 2 "sonstige" Umstände im Verhältnis zur vorausgehenden Mitverursachung (Alt 1) als Versagungsgrund in Betracht kommen, müßten sie unter besonderer Berücksichtigung der Einzelfallgestaltung eine Entschädigung mit einem solchen Gewicht als "unbillig" bewerten lassen, daß dies dem in der Alternative 1 genannten Grund an Bedeutung annähernd gleichkommt.

2. Den gleichen Rang wie eine Mitverursachung können sowohl ein Mitverschulden als auch eine Selbstschädigung erlangen. Das Mitverschulden wäre etwa in der Art einer Provokation iS des StGB § 213 vorstellbar. Mitverschulden und Selbstschädigung müßten jeweils in Verbindung mit anderen die Unbilligkeit qualifizierenden Faktoren auftreten. So kann auch eine Leistung aus der Kriegsopferversorgung und aus der Unfallversicherung ausgeschlossen sein, wenn der Geschädigte sich auffallend vernunftwidrig in eine selbst geschaffene Gefahr begeben hat.

3. Neben tatbezogenen können auch andere, tatunabhängige Umstände eine Entschädigung als unbillig iS des OEG § 2 Abs 1 Alt 2 erscheinen lassen:

a) Wer sich allgemein rechtsfeindlich verhält, insbesondere innerhalb und mit einer kriminellen Gruppe ständig die Rechtsordnung untergräbt, ohne einer für ein solches Gruppenleben kennzeichnenden Gefahr zu unterliegen, kann im allgemeinen keine Entschädigung beanspruchen. Darunter könnte zB ebenfalls eine Gewalttat unter chronischen Alkoholikern oder Drogenabhängigen fallen, mag auch deren nachweislich gemeinschaftsschädlicher Lebenswandel nicht strafbar sein. Dem ist ein "unsolider" Lebensstil eines "Playboys" nicht gleich zu ordnen. Eine gesellschaftliche Sonderstellung in einem anstößigen Milieu ist nicht derart außerhalb des allgemeinen Gesellschafts- und Rechtslebens stehend zu werten, daß darin entstandene Vorgänge im Schadensfall nicht entschädigt werden könnten. Auch ist ein "unmoralisches" Verhalten, das einen an sich anspruchsbegründenden Tatbestand verursacht hat, für sich allein kein Versagungsgrund iS des OEG § 2 Abs 1 Alt 2. Für die Entscheidung, ob in einzelnen Fällen ein "unmoralisches" Verhalten einen Ausgleich nach dem OEG als unbillig bewerten läßt, bietet der Maßstab der unzulässigen Rechtsausübung einen wichtigen Anhalt.

b) Bei Gewalttaten, die sich in familiären, familienhaften oder ähnlichen von der Öffentlichkeit abgeschlossenen Nahräumen ereignet haben, ist eine Entschädigung nach dem OEG nicht allgemein und schlechthin ausgeschlossen. Um hier einen Ausschluß annehmen zu können, muß jedenfalls ein Zustand bestanden haben, der die Gefahr einer Gewalttat in sich trug. Bei einer Gewalttat im privaten Bereich ist im übrigen zu beachten, daß die Entschädigung nicht dem Täter zugute kommen darf; dies könnte eine Versagung angezeigt sein lassen.

c) Tatsächliche Aufklärungsschwierigkeiten rechtfertigen nicht die generelle Versagung nach OEG § 2 Abs 1 Alt 2.

4. Als sonstige Gründe, die nach OEG § 2 Abs 1 Alt 2 eine Entschädigung für die Hinterbliebenen als unbillig bewerten lassen, kommen neben den in den Personen der Hinterbliebenen gegebenen Umständen auch solche in Betracht, die in der Person des Getöteten lagen.

5. Hinterbliebene haben einen abgeleiteten Entschädigungsanspruch. Sie haben nach dem OEG ebenso wie nach dem BVG keine Versorgung zu beanspruchen, wenn in der Person des Verstorbenen kein Schädigungstatbestand erfüllt ist (BVG § 38 iVm § 1). Desgleichen wirkt ein Versagungsgrund, den ein Verhalten des Geschädigten hat entstehen lassen und der eine Entschädigung für ihn selbst ausschlösse, zum Nachteil der an sich nach OEG § 1 Abs 5 entschädigungsberechtigten Hinterbliebenen.

6. Die Hinterbliebenen-Grundversorgung ist nicht davon abhängig, daß der Verstorbene ohne den Tod weiterhin tatsächlich der Ernährer der Hinterbliebenen geblieben wäre. Wenn ein Rechtsanspruch auf Entschädigung anerkannt wird, ist es auch im Bereich des OEG systemgerecht, keine konkrete Bedürftigkeit zu verlangen. Für den Regelfall eine abstrakte Unterhaltsersatzfunktion ebenso wie in der Kriegsopferversorgung genügen zu lassen, ist sinnvoll und zweckmäßig.

 

Orientierungssatz

1. Ein gewisses Maß von Selbstverschulden bedingt noch nicht die ursächliche Mitwirkung im versorgungsrechtlichen Sinne. Vielmehr muß der Beitrag des Getöteten zum Tat"erfolg" wenigstens gleichwertig mit anderen Kausalfaktoren gewesen sein.

2. Der Begriff der sonstigen, die Unbilligkeit der Entschädigung kennzeichnenden Gründe kann konkretisiert werden in der Unterscheidung zwischen a) tatbezogenem Verhalten und b) nicht tatbezogenen Umständen.

a) Als tatbezogen kommt jedes Verhalten des Getöteten in Betracht, das - ohne ursächlich im versorgungsrechtlichen Sinne zu sein - seine Opferlage hätte verwerfbar herbeiführen können. Einer solchen Sachlage ist das Beispiel der selbstgeschaffenen Gefahr zur Seite zu stellen. Eine selbst hervorgerufene Gefahr hemmt soziale Berechtigung grundsätzlich noch nicht, es sei denn, beim Anspruchsteller war ein auffallend vernunftwidriges Verhalten im Spiel.

b) Nicht tatbezogene Gegebenheiten, welche die Unbilligkeit sozialer Ansprüche ergeben könnten, sind aufzuteilen in zwei Fallgruppen, und zwar in Momente der Gewaltopfergeneigtheit und in Kriterien der generellen Sozialschädlichkeit.

3. Zu Fällen der Opfergeneigtheit zählt, daß sich das Opfer als Zuhälter, Rauschgifthändler betätigt oder Konkurrent in krimineller Rivalität wird. Wer sich in ein kriminelles Umfeld begibt, kann die Schutz- und Risikogemeinschaft redlicher Bürger verlassen haben. Darunter fällt indessen nicht schon die Zugehörigkeit zu einem leichtlebigen, anstößigen Milieu.

4. In unsolidem Lebenswandel, in Unmoral sind allein, ohne das Hinzutreten besonderer gravierender Merkmale, keine Aspekte zu sehen, die eine Leistungsverweigerung rechtfertigen. Für solche Gesichtspunkte müssen die Anforderungen hoch angesetzt werden und die öffentlichen Belange berühren.

5. Darauf, daß die Leistungsbegehrenden von ihrem Ehemann und Vater keinen Unterhalt erhalten hätten, wenn er noch lebte (er war überschuldet), kommt es für die Erfüllung des Versorgungsanspruchs nicht an.

 

Normenkette

OEG § 2 Abs. 1 Alt. 1 Fassung: 1976-05-11; OEG § 2 Abs. 1 Alt. 2 Fassung: 1976-05-11

 

Verfahrensgang

SG München (Entscheidung vom 12.10.1978; Aktenzeichen S 28 Vg 985/78)

 

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. Oktober 1978 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägerinnen die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

K… R… K… (K), der Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Klägerinnen zu 2) und 3), wurde in der Nacht zum 3 Februar 1977 durch zwei Pistolenschüsse aus nächster Nähe tödlich verletzt. Täterin war seine Geliebte I… v… B… (v. B.), die wegen Totschlags rechtskräftig zu sieben Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Im August 1977 beantragten die Klägerinnen Hinterbliebenenversorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) vom 11. Mai 1976 (BGBl I 1181) iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Die Verwaltung lehnte nach § 2 Abs 1 OEG den Antrag ab (Bescheid vom 15. März 1978, Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 1978). Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, den Klägerinnen Hinterbliebenenversorgung ab 1. März 1977 zu gewähren (Urteil vom 12. Oktober 1978): Die Klägerinnen könnten als Hinterbliebene des Getöteten entsprechend den Vorschriften des BVG (§ 38) Versorgung beanspruchen; K. sei infolge eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine Person gesundheitlich geschädigt worden und daran verstorben (§ 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 5 OEG). Die Leistungen seien nicht nach § 2 Abs 1 OEG zu versagen. Wie auch der Beklagte annehme, habe der Geschädigte die Tat nicht iS der im Sozialrecht geltenden Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung verursacht; denn er habe nicht damit rechnen können, v. B. werde zur Schußwaffe greifen (erste Alternative). Entgegen der Ansicht des Beklagten sei auch der zweite Versagungsgrund nicht gegeben: Es wäre nicht "aus sonstigen, insbesondere in dem eigenen Verhalten des Anspruchsstellers liegenden Gründen unbillig", Entschädigung zu gewähren. In diesem Zusammenhang sei allgemein nicht nur auf das Verhalten der Klägerinnen als "Anspruchssteller", sondern in Fällen wie dem gegenwärtigen auf das Verhalten des mit den Hinterbliebenen nicht identischen Opfers abzustellen. Der Leistungsausschluß sei auf eine kriminelle Haltung oder Handlung des Geschädigten beschränkt; diese müsse sich unmittelbar oder mittelbar auf das schädigende Ereignis ausgewirkt haben. Ein solches Verhalten sei dem Getöteten nicht anzulasten. Seine unsolide Lebensweise sei nicht als sozialschädlich mit der Folge zu bezeichnen, daß dies eine Entschädigung ausschließe. Nach den Feststellungen des Strafurteils habe K. seit 1975 mit der späteren Täterin zusammengelebt, obwohl er mit der Klägerin zu 1) verheiratet gewesen sei. Er sei ein liebenswerter und charmanter Liebhaber mit besten Umgangsformen und weltmännischem Gehabe gewesen, andererseits ein unzuverlässiger, unsteter "Playboy", der ständig in Frauenbeziehungen verhaftet gewesen sei und wirtschaftlich am Rande des Ruins gelebt habe. v. B. hingegen sei hart, unnachgiebig und uneinsichtig gewesen. Die Persönlichkeitsunterschiede hätten zu Spannungen und zu einem "Abschichtungsprozeß" geführt. Dem Liebhaber sei es nicht gelungen, sich von v. B. freizumachen; er habe durch seine Großmütigkeit das Band immer wieder neu geknüpft. Die Täterin habe ihn schließlich aus Wut und Enttäuschung über sein Verhalten, das sie als Demütigung empfunden habe, erschossen. K. habe sich bezüglich der Tat auch nicht selbst gefährdet und nicht in besonderem Maße leichtfertig oder rechtsfeindlich im Bewußtsein einer Gefährdung der Tat ausgesetzt. Wenn ihn, wie der Beklagte meine, eine erhebliche Mitverantwortung an der Tötung getroffen haben sollte, so könnte ein solches Mitverschulden nach den Grundsätzen des Versorgungsrechts die Leistung nicht mindern. Ein Mitverschulden sei auch nicht im Rahmen der Billigkeitserwägung erneut zu berücksichtigen, nachdem eine Mitursache verneint worden sei. Auch das Argument, K. habe wirtschaftlich am Rande des Ruins gelebt, sein Schulden dauernd vermehrt und den Unterhalt seiner Familie ernsthaft in Frage gestellt, könne die Entschädigung nicht ausschließen. Dem Gesetzeszweck widerspräche es, überhaupt zu prüfen, ob jemand durch die Versorgungsleistung wirtschaftlich bessergestellt werde.

Der Beklagte rügt mit der - vom SG zugelassenen - Sprungrevision eine unrichtige Anwendung der zweiten Alternative des § 2 Abs 1 OEG. Bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes "unbillig" sei auf das Verhalten des Geschädigten - nicht der Hinterbliebenen - vor der Tat in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang mit der Schädigung abzustellen. K. habe sich sehr unsolide, von der Gesellschaft mißbilligt und damit sozialschädlich aufgeführt, sei insbesondere gegenüber seiner Geliebten oft "untreu" gewesen, so ua in der Tatnacht, und sei ihr gegenüber demütigend aufgetreten. Dies sei das alleinige Motiv für die Tat geworden. Daß K. durch sein Verhalten kurz vor der Tötung mit verantwortlich zur Zuspitzung des Konfliktes beigetragen, in der Täterin eine besondere Erwartungshaltung begründet und sie in dieser enttäuscht und gedemütigt habe, ergebe sich aus den Feststellungen des Schwurgerichts, auf die sich das SG bezogen habe. Das sozialschädliche Verhalten sei im einzelnen den Aussagen der Angeklagten und der Zeugen zu entnehmen. Auch andere Gesichtspunkte nicht strafrechtlicher Art könnten im Rahmen des § 2 Abs 1 OEG berücksichtigt werden. Wenn ein Opfer den Täter provoziert habe, erscheine eine Entschädigung mit dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden unvereinbar. Gleiches gelte für öffentliche Leistungen an Hinterbliebene, deren Unterhalt infolge des verschwenderischen Lebensstiles und des ruinösen Lebenswandels des Getöteten bei seinem Weiterleben ernsthaft in Frage gestellt gewesen wäre. Wie auch sonst in der Rechtsordnung bestünden hier wechselseitige Beziehungen zwischen der sittlichen Ordnung, nach der das Verhalten des K. als verwerflich und sozialschädlich zu bewerten sei, und der zwingenden Rechtsvorschrift, hier des § 2 Abs 1 OEG. Eine solche Störung des sittlichen Bereiches führe zur Versagung einer Entschädigung.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie beziehen sich auf ihr früheres Vorbringen sowie auf die Urteilsbegründung und ergänzen diese.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Nach ihrer Auffassung könnte der Geschädigte die Schädigung wesentlich verursacht haben. Für die Annahme des Gegenteils enthalte das angefochtene Urteil nicht die notwendigen tatsächlichen Feststellungen, insbesondere über den Tathergang. Die Andeutungen von Tatsachen und eine ergänzende Bezugnahme reichten für eine Nachprüfung nicht aus. Eine wesentliche Bedingung hätte der Geschädigte nicht allein dann gesetzt, wenn er die Tat vorausgesehen hätte. Wenn es für die zweite Alternative des § 2 Abs 1 OEG auch auf das Verhalten des Geschädigten ankommen könne, so genüge allerdings für einen Leistungsausschluß nicht eine Sozialschädlichkeit als Motiv der Gewalttat. Die in den Gesetzesmaterialien aufgeführten Fälle von Kriminalität seien andererseits nicht die einzigen Ausschlußtatbestände. Die Regelung des § 2 Abs 1 OEG sei als flexible Generalklausel zu verstehen, die auf den Gesetzeszweck, unschuldigen Opfern zu helfen, und auf die berechtigten Interessen der Allgemeinheit Rücksicht nehmen lasse. Moralische und gesellschaftliche Wertungen seien - wie auch in anderen Leistungsgesetzen - bei der Beurteilung des Opferverhaltens nicht völlig ausgeschlossen.

II

Die Revision des Beklagten ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung entsprechend dem BVG, wie sie in § 1 Abs 1 und 5 OEG iVm § 38 Abs 1 BVG festgelegt sind, stehen nicht in Frage. Der "Geschädigte", dessen Witwe und Kinder die Versorgung begehren, wurde im Bundesgebiet nach dem Inkrafttreten des OEG (§§ 10, 12) durch einen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriff (Totschlag) getötet.

Der Beklagte hat den Klägerinnen die gesetzmäßige Entschädigung zu Unrecht nach § 2 Abs 1 OEG versagt. Der Geschädigte hat seine tödlichen Verletzungen nicht selbst verursacht (1). Ihm waren auch keine in seiner Person liegenden Gründe anzulasten, welche die Versorgung als unbillig erscheinen ließen (2). Schließlich sind solche Umstände nicht bei den Klägerinnen selbst gegeben (3).

1. Der Getötete hätte die Tat mit verursacht, wenn er dafür eine wesentliche Bedingung iS der allgemeinen sozialrechtlichen und speziell versorgungsrechtlichen Ursachentheorie gesetzt hätte (BSG SozR Nr 35 zu § 5 BVG; BSGE 33, 202, 204 = SozR Nr 48 zu § 182 RVO). Diese Kausalitätsnorm gilt auch im Recht der Opferentschädigung (Schoreit/Düsseldorf, Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten, 1977, § 2, Rz 1 und 4; Schulz-Lüke/Wolf, Gewalttaten und Opferentschädigung, 1977, § 2 Rz 1 und 2; Becker, Versorgungsbeamter 1977, 89; Kolb, Versorgungsbeamter 1977, 134, 137). Ebenso wie die Kriegsopferversorgung nach dem BVG ist der Ausgleich nach dem OEG eine soziale Entschädigung iS des § 5 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB 1 - (Schoreit/Düsseldorf, Einleitung, S 17f, 21f; Vor § 1, Rz 1; Wolfgang Fr. Meyer, Soziales Entschädigungsrecht, Dissertation Bochum 1974, S 226f; Rüfner, NJW 1976, 1249). Sie wird deshalb gewährt, weil die staatliche Gemeinschaft für die Folgen einer Gesundheitsentschädigung einsteht, die durch eine Gewalttat verursacht wurde (vgl ergänzend zum Wortlaut des § 5: Hauck/Haines, SGB 1, § 5 K; Rz 6, 2. Abs; Rz 8 aE). Der Staat hat ein Monopol für die Verbrechensbekämpfung und ist deswegen für den Schutz der Bürger vor Schädigungen durch kriminelle Handlungen, insbesondere durch Gewalttaten, im Bereich seines Hoheitsgebietes und damit seiner Herrschaftsgewalt (vgl § 1 Abs 1 OEG) verantwortlich. Vielfach können das unmittelbare Opfer und seine Hinterbliebenen überhaupt keinen oder keinen ausreichenden Schadensersatz vom Täter erhalten und konnten auch keine zumutbare allgemeine, Privatversicherung gegen solche Schäden abschließen, geraten also infolge der Gewalteinwirkung in wirtschaftliche Not. Aus diesen Gründen hat die staatliche Gemeinschaft ihre Pflicht zur Hilfe beim Versagen der Schutzvorkehrungen anerkannt (Begründung des. Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Drucks 7/2506, I, A, S 7f, II, A, S 10; aus dem gesetzesvorbereitenden Material: von Hippel, Zeitschrift für Rechtspolitik 1971, S 5 ; Rüfner, Gutachten für den 49. Deutschen Juristentag, Bd I, 1972, S, E 3,42; aus viktimologischer Sicht: H. J. Schneider, Deutsche Richterzeitung 1978, 141, 144; Juristenzeitung 1977, 620, 629). Wer Opfer einer Gewalttat wird, soll aus Solidarität innerhalb der allgemeinen staatlichen Gefahrengemeinschaft entschädigt werden; das geschieht aus Steuermitteln anstelle einer alle Bürger umfassenden Versicherung (H. J. Schneider, Viktimologie. Wissenschaft vom Verbrechensopfer, 1975, S 161), Der Gesetzgeber wählte bewußt das Leistungssystem der sozialen Entschädigung anstelle eines anderen, zB einer Eingliederung in die Unfallversicherung, wie sie die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages in einem eigenen Entwurf angestrebt hatte (BT-Drucks VI/2420). Er folgte damit einer Anregung des 49. Deutschen Juristentages (Beschlüsse der sozialrechtlichen Arbeitsgemeinschaft, Bd II, S. P 126f).

Obgleich das OEG ausdrücklich allein wegen der Rechtsfolgen auf das BVG verweist, sind doch auch Grundgedanken über Leistungsvoraussetzungen aus dem Recht der Kriegsopferversorgung für die Opferentschädigung gültig, so ua die Kausalitätsnorm.

Ob der Geschädigte den Angriff gegen ihn selbst in diesem Sinn "wesentlich", dh durch eine wenigstens gleichwertige Mitbedingung, beeinflußt hat, ist durch eine objektive Abwägung der verschiedenen Teilursachen zu entscheiden. Ein Selbstverschulden iS eines vorhersehbaren Handelns ist dafür, was das SG anscheinend nicht richtig gesehen hat, nicht bedeutsam; es schließt im allgemeinen sozialrechtliche Leistungen nicht aus (Gitter in: Tomandl - Hg -, Sozialversicherung: Grenzen der Leistungspflicht, 1975, 27 ff). K. hat indes nach den ermittelten Tatsachen, die für das Revisionsgericht verbindlich sind (§§ 163, 161 Abs 4- Sozialgerichtsgesetz -SGG-), keinen gleichwertigen Beitrag zu seinem Tod geleistet. Den insoweit rechtserheblichen Sachverhalt hat das Vordergericht, worauf die Beigeladene hinweist, zwar nicht aufgrund eigener Beweiserhebung festgestellt; es hat ihn aber den in Bezug genommenen Vorgängen über das Strafverfahren, die in der Verwaltungsakte enthalten sind, in verfahrensrechtlich noch hinzunehmender Weise entnehmen dürfen. Was sich in rechtsbedeutsamer Weise im Intimbereich der beiden Beteiligten und im Innern von jedem der beiden abgespielt hat, läßt sich nicht weitergehend aufklären, nachdem der Mann verstorben ist und die Frau sich zu ihrer Entlastung im Strafverfahren hat verteidigen können. Nach dem Kern der Feststellungen hatte K. wohl seine Geliebte häufig durch Liebschaften mit anderen Frauen gereizt und gekränkt. Doch hatten sich beide immer wieder versöhnt; K. hatte durch seine liebenswerte Art jedesmal die Beziehung zu v. B. wieder gefestigt. Als schließlich bei der letzten Abkehr die Geliebte sich nicht mehr beherrschen konnte und aus ihrer besonderen seelischen Verfassung, namentlich ihrer Härte heraus gleichsam wie "ein Blitz aus heiterem Himmel" zur Todeswaffe griff, hatte diese ungewöhnliche Reaktion als Tötungsursache das Übergewicht gegenüber der Enttäuschung, die K. der Täterin zuvor bereitet hatte.

2. Als sonstige Gründe, die nach der zweiten Alternative des § 2 Abs 1 OEG eine Entschädigung für die Hinterbliebenen als unbillig bewerten lassen, kommen auch solche Umstände in Betracht, die in der Person des Getöteten lagen (Schoreit/Düsseldorf, § 2, Rz 23; Schulz-Lüke/Wolf, § 2, Rz 6; Kolb, Versorgungsbeamter 1977, 134). Das Gesetz regelt ausdrücklich das Verhalten des "Anspruchsstellers" als Sonderfall eines solchen Versagungsgrundes ("insbesondere"). Das läßt außerdem sonstige in der Person des Getöteten liegende Verhältnisse als rechtserheblich zu. Für die Auslegung ist es belanglos, daß der Bundesrat als Gesetzgebungsorgan und die ihm zustimmende Bundesregierung mit Einfügung des Wortes "insbesondere" in das Gesetz in erster Linie eine andere Vorstellung verbunden haben (Anlage 2 zu BT-Drucks 7/2506 Nr 4; Anlage 3). Hinterbliebene haben einen abgeleiteten Entschädigungsanspruch. Sie haben nach dem OEG ebenso wie nach dem BVG keine Versorgung zu beanspruchen, wenn in der Person des Verstorbenen kein Schädigungstatbestand erfüllt ist (§ 38 iVm § 1 BVG). Desgleichen wirkt ein Versagungsgrund, den ein Verhalten des Geschädigten hat entstehen lassen und der eine Entschädigung für ihn selbst ausschlösse, zum Nachteil der an sich nach § 1 Abs 5 OEG entschädigungsberechtigten Hinterbliebenen (vgl für die Unfallversicherung: § 553 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung -RVO-; für die Wiedergutmachung: BGH, Recht zur Wiedergutmachung 1958, 183). Die Hinterbliebenen müßten sich ein derart rechtserhebliches Verhalten des unmittelbar Geschädigten entgegenhalten lassen. Im gegenwärtigen Fall fehlen jedoch solche Umstände.

Der Begriff "unbillig" ist in diesem Zusammenhang - ebenso wie der Begriff "billig" - als unbestimmter Rechtsbegriff von den Gerichten nach Rechtsmaßstäben im einzelnen zu konkretisieren (vgl zB BSGE 32, 169, 173 = SozR Nr 1 zu § 577 RVO; BSGE 45, 171, 173 = SozR 2200 § 568 Nr 2; BVerwGE 35, 69, 73 ff - zu § 131 AO -; insoweit korrigiert durch GemSOGB, BVerwGE 39, 355; anderer Ansicht Schulz-Lüke/Wolf, § 2 Rz 11). Soweit nach Billigkeit zu entscheiden ist, müssen und können besondere Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden, die bei strenger Anwendung einer abstrakt und allgemein festgelegten Rechtsnorm nicht genügend gewürdigt werden; insoweit wird ein generalisierender Rechtssatz ergänzt. Dabei bleibt die grundlegende Wertung des Gesetzes zu beachten (BVerfGE 48, 102, 116). Entsprechendes gilt für den Gegensatz, die Unbilligkeit (BSGE 36, 209, 219 ff = SozR Nr 3 zu § 571 RVO; BSGE 40, 279, 280 f= SozR 2200 § 29 Nr 4). Eine Opferentschädigung ist demgemäß nach § 2 Abs 1 OEG zu versagen, wenn Eigenarten des Einzelfalles eine staatliche Hilfe nach den allgemeinen Vorschriften des § 1 OEG iVm den §§1, 9, 30 ff, § 38 ff BVG als sinnwidrig und damit ungerecht bewerten ließen.

Da in der zweiten Alternative des § 2 Abs 1 OEG "sonstige" Umstände im Verhältnis zur vorausgehenden Mitverursachung (erste Alternative) als Versagungsgrund in Betracht kommen, müßten sie unter besonderer Berücksichtigung der Einzelfallgestaltung eine Entschädigung mit einem solchen Gewicht als "unbillig" bewerten lassen, daß dies dem in der ersten Alternative genannten Grund an Bedeutung annähernd gleichkommt. Das müßte nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl Kolb, Versorgungsbeamter 1977, 50, 52) ein Abwägen solcher Umstände einerseits in bezug auf die Gewalttat und andererseits in bezug auf den gesetzlichen Entschädigungszweck ergeben. Insbesondere kann das für ein tatbezogenes Verhalten zutreffen, das die Schwelle einer Mitverursachung nicht erreicht. Der zweite Versagungsgrund ist vor allem deshalb in das Gesetz eingefügt worden, weil nach den Grundsätzen des Rechts der sozialen Entschädigung ein erfolgsförderndes - wenn auch nicht erfolgsbedingendes - Verhalten, nicht ebenso berücksichtigt werden kann wie ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB (Röhmel, Juristische Arbeitsblätter 1977, 39, 43; für die Kriegsopferversorgung: BSGE 16, 216, 220 f = SozR Nr 58 zu§ 1 BVG). Die § 254 BGB entsprechende Lösung hatte der Bundesrat angestrebt; er hat sich damit aber nicht durchgesetzt (Schätzler, Versorgungsberater 1976, 65). Nach der zweiten Alternative des § 2 Abs 1 OEG können den gleichen Rang wie eine Mitverursachung sowohl ein Mitverschulden als auch eine Selbstschädigung - ein Verschulden gegen sich selbst - erlangen. Das Mitverschulden wäre etwa in der Art einer Provokation iS des § 213 Strafgesetzbuch (Mißhandlung oder schwere Beleidigung des Täters)vorstellbar. Mitverschulden und Selbstschädigung müßten jeweils in Verbindung mit anderen die Unbilligkeit qualifizierenden Faktoren auftreten. So kann auch die Leistung aus der Kriegsopferversorgung und aus der Unfallversicherung ausgeschlossen sein, wenn der Geschädigte sich auffallend vernunftwidrig in eine selbst geschaffene Gefahr begeben hat (BSGE 42, 42, 46 f = SozR 2200 § 550 Nr 14; BSGE 43, 15, 18 = SozR 2200 § 550 Nr 21; SozR 3200 § 81 Nr 7; speziell zum OEG: Schoreit, Entschädigung der Verbrechensopfer als öffentliche Aufgabe, 1973, 89, 90).

Derart leistungsausschließend zu werten war aber das tatfördernde Verhalten des K. nicht. Soweit er das Selbstgefühl der Täterin verletzt hatte, kam dieser Mitverantwortung, soweit sich ihr Ausmaß überhaupt hat feststellen lassen, im Verhältnis zu der nicht zu erwartenden Reaktion der Geliebten kein solcher Rang zu, daß deshalb eine Entschädigung als unbillig zu bewerten wäre. K. begab sich nach dem gesamten erkennbaren Geschehensablauf auch nicht besonders leichtfertig in die Gefahr, der er zum Opfer gefallen ist, mag auch nach viktimologischer Erfahrung das Verlangen nach sexueller Befriedigung leicht in Umgebungen führen, in denen das Risiko des Opferwerdens erhöht ist (H. J. Schneider, Viktimologie, Wissenschaft von Verbrechensopfer, 1975, 58, 137 ff, 275 ff).

Neben tatbezogenen können auch andere, tatunabhängige Umstände eine Entschädigung als unbillig iS der zweiten Alternative des § 2 Abs 1 OEG erscheinen lassen; dabei können die Übergänge zwischen dem Bezug zur Tat und dem Fehlen einer solchen Beziehung fließend sein. Auch tatunabhängige Gründe, die den Getöteten betrafen, rechtfertigen im gegenwärtigen Fall keine Versagung.

Opfer und Täter lebten längere Zeit hindurch zusammen. Solche engen Beziehungen im Intimbereich, einen "familiären" Nahraum, in dem es zur Gewalttat kam, führen nicht allgemein und schlechthin zur Versagung einer Opferentschädigung. Eine derartige Wirkung wäre gerade mit dem eingangs dargelegten Zweck der Leistungen nach dem OEG unvereinbar (vgl dazu Schoreit, Entschädigung der Verbrechensopfer, S 60, 91; Schoreit/Düsseldorf, § 2, Rz 29 bis 37). Praktisch blieben die Opfer der meisten oder einer allzu großen Zahl der schweren Gewalttaten, insbesondere von Mord und Totschlag, ohne eine Entschädigung, obwohl gerade ihnen geholfen werden soll. Gewalttaten dieser Art ereignen sich ganz überwiegend unter Bekannten und insbesondere in familienhaften oder ähnlichen von der Öffentlichkeit abgeschlossenen Nahräumen mit regelmäßig länger anhaltenden Beziehungen; dies lehrt die viktimologische Erfahrung (Göppinger, Kriminologie, 2. Aufl 1973, S 310; Kaiser, Kriminologie, 3. Aufl 1976, S 107f, 265; Schoreit, Entschädigung der Verbrechensopfer, S 80, 90; Schneider, Viktimologie, S 5, 87f, 101 ff, insbesondere 103, 111, 261, 278). Die Entstehungsgeschichte des OEG bestätigt, daß nicht wegen Gewalttaten, die sich auf dem Hintergrund häuslicher Gemeinschaft oder ähnlich vertrauter Beziehungen ereignet haben, eine Entschädigung allgemein ausgeschlossen werden soll. Der CDU/CSU-Entwurf sah neben den Versagungsgründen, die denen der ersten Alternative in § 2 Abs 1 und denen des Abs 2 OEG entsprechen, als weitere eine familienhafte Beziehung (Verlöbnis, Ehe, Verwandtschaft oder Schwägerschaft) zum Täter oder Teilnehmer der Straftat und eine häusliche Gemeinschaft mit diesem vor (§ 554a des Entwurfes). Diese beiden letztgenannten Umstände, die zur völligen oder anteiligen Ablehnung der Leistung berechtigen sollten, sind aber gerade nicht in § 2 OEG übernommen worden. Auch rechtfertigen tatsächliche Aufklärungsschwierigkeiten nicht die generelle Versagung nach der zweiten Alternative des § 2 Abs 1 OEG. Schließlich kann das Ausbleiben einer "familiären" Sozialkontrolle, die sonst allgemein die Kriminalität eindämmt (Schneider, Viktimologie, S 1, 2, 3f, 7, 31), nicht als ein Umstand gewertet werden, der generell eine Entschädigung ausschließt. Ob unter bestimmten Voraussetzungen der Staat wegen einer Gewalttat in einem abgeschirmten Nahraum, zu dem er weniger Zugang hat, nicht entschädigungspflichtig sein kann, braucht hier nicht abschließend beurteilt zu werden; die weitere Fallpraxis wird erst dazu Gelegenheit bieten. Jedenfalls müßte ein Zustand bestanden haben, der die Gefahr einer Gewalttat in sich trug. Das traf im gegenwärtigen Fall nicht zu. Im Zusammenhang mit einer Gewalttat im privaten Bereich wäre außerdem zu beachten, daß die Entschädigung nicht dem Täter zugute kommen darf; dies könnte eine Versagung angezeigt sein lassen (vgl dazu Stellungnahme des Bundesrats zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, Anlage 2 zu BT-Drucks 7/2506, Begründung zu Nr 4; BMA, Rundschreiben vom 28. Februar 1977, Bundesversorgungsblatt 1977, 39, Nr 23). Ein solches Ergebnis ist aber nicht gegeben.

Schließlich läßt ein unsolider Lebenswandel des K. eine Entschädigung nicht als unbillig bewerten. Solche Gründe bestanden weder in einer "unmoralischen" Haltung gegenüber der Täterin noch in einem "unmoralischen" Umfeld der Tat als "gruppenspezifische Verhältnisse" (Kolb, Versorgungsbeamter 1977, 134, 137). Derartige Gesichtspunkte, die unter Umständen auch außerhalb kriminellen Verhaltens nach § 2 Abs 1 OEG wirksam zu werden vermögen, können sich einerseits aus einer Umgebung ergeben, die eine besondere Gewaltopfergeneigtheit erkennen läßt; es kann sich andererseits um eine allgemeine Sozialschädlichkeit handeln. Jedenfalls müssen die Anforderungen an die Bedeutung solcher Faktoren, die einer Mitverursachung gleichkommen sollen, hoch angesetzt werden; derartige Umstände müssen insbesondere öffentliche Belange berühren. Daran fehlt es hier.

Gegenüber seiner Geliebten war K.s ständige "Untreue" schon deshalb nicht in einem rechtserheblichen Sinn "unmoralisch", weil er mit der Klägerin zu 1) verheiratet war. Allein ihr gegenüber mißbilligt die Rechtsordnung sein Verhalten. Zu der Frau, die ihn getötet hat, unterhielt er ehewidrige Beziehungen, die in der Regel einen Scheidungsgrund bildeten (§42 Abs 1 Ehegesetz -EheG- in der beim Inkrafttreten des OEG und zur Tatzeit geltenden Fassung vor dem 1. Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 - BGBl I 1421) und er verletzte damit seine Pflicht zur ehelichen Gemeinschaft gegenüber der Klägerin zu 1) (§ 1353 Abc 1 BGB). Die Liebesverbindung zwischen K. und v. B. war als solche nicht strafbar. Ein damit verbundener Ehebruch ist seit dem 1. Strafrechtsreformgesetz vom 25. Juni 1969 (BGBl I 645 - Art 1 Nr 50) nicht mehr mit Strafe bedroht. Die Rechtsordnung schützte die Beziehung zwischen K. und v. B. nicht in der Weise, daß sie die Kontakte zu anderen Frauen als "Untreue" mißbilligt hätte. Im vorliegenden Fall darf gerade der betrogenen Ehefrau, ungeachtet der Frage, ob und in welchem Umfang sie die Entfremdung zu K. mit verschuldet hat, nicht aus Gründen der "Unbilligkeit" die Entschädigung für den Verlust des Ehemannes versagt werden, wenn sich die Tötung innerhalb einer ehewidrigen Liebesbeziehung ereignete. Viel weniger dürfen die Kinder unter dieser mittelbaren Folge der Auflösung ihrer Familiengemeinschaft, die unter dem besonderen Schutze des Staates steht (Art 6 Abs 1 Grundgesetz -GG-) und unter dem Verlust ihres Unterhaltsanspruches (§§ 1601 ff BGB) leiden.

Die Beziehung zwischen K. und v. B. war auch nicht in ein Geflecht von Straftaten eingebunden, was nach § 2 Abs 1 OEG rechtserheblich sein könnte. Wenn K. am Rande des wirtschaftlichen Ruins lebte und wenn er seinen aufwendigen Lebensstil, von dem auch seine Geliebte profitierte, durch ungewöhnliches Schuldenmachen finanzierte, so war dies allein nicht strafbar. Allgemein ist sozial abweichendes Verhalten nicht automatisch kriminell; es muß erst von der Gesellschaft und vom Staat als strafwürdig anerkannt werden (Schneider, Viktimologie, S 17, 18). Nur wenn die Vermögensinteressen der Gläubiger eines Schuldners und das Vertrauen der Allgemeinheit in das Funktionieren der Wirtschaftsordnung in einer bestimmten unerträglichen Weise gefährdet werden, ist derart sozialschädliches Verhalten eines verschuldeten Bürgers nach begrenzten, am Schuldprinzip ausgerichteten Straftatbeständen strafwürdig und strafbar, zB wegen Betruges, Subventions- oder Kreditbetrugs oder Bankrotts (§§ 263, 264, 265b, 283 bis 283d StGB idF des 1. Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29. Juli 1976 - BGBl I 2034; dazu Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung - BT-Drucks 7/3441, Einleitung, A, II; B, I bis III; zu Art 1, Nrn 2, 4 und 5; Dreher/Maassen/ Lackner, Strafgesetzbuch, 12. Aufl 1978, § 265b, Anm 1; Vorbemerkung 1 vor § 283; § 283, Anm 1, 3, 4, b). Im übrigen werden im Steuerrecht sogar Schuldzinsen und Verbindlichkeiten als steuerschuldmindernde Faktoren in verschiedener Hinsicht anerkannt (§§ 4, 5, 6 Abs 1 Nr 3, § 9 Abs 1 Nr 1, § 13a Abs 2 Satz 2, § 21a Abs 3, § 33 Abs 1 und 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz -EStG-).

Die Tötungshandlung der v. B. ist nicht ungeachtet dessen im Umkreis einer von der Rechtsordnung in gleicher Weise mißbilligten Lebensweise, wie sie eine kriminelle Bande oder ein Rauschgiftring betreibt, entstanden. Der Gesetzgeber hat vor allem an solche rechtsfeindlichen Betätigungen, bei denen ein Beteiligter typischerweise Opfer einer Gewalttat werden kann, als Versagungsgrund gedacht (BT-Drucks 7/2506, Begründung II, D, 3; V, zu § 3 Abs 1, 2. Abs; Schätzler, Versorgungsbeamter 1976, 65; Schulz-Lüke/Wolf, § 2, Rz 4, 8 und 9; Rundschreiben des BMA, BVB1 1977, S 39, Nr 23). Wer sich allgemein rechtsfeindlich verhält, insbesondere innerhalb und mit einer kriminellen Gruppe ständig die Rechtsordnung untergräbt, ohne einer für ein solches Gruppenleben kennzeichnenden Gefahr zu erliegen, kann die staatliche Schutz- und Risikogemeinschaft rechtstreuer Bürger verlassen haben. Er könnte deshalb u. U. von ihr als einer Schadensausgleichsgemeinschaft im allgemeinen keine Entschädigung beanspruchen. Eine solche würde im Ergebnis das frühere rechtsfeindliche Verhalten belohnen oder mindestens als billigenswert anerkennen. Darunter könnte zB ebenfalls eine Gewalttat unter chronischen Alkoholikern oder Drogenabhängigen fallen, mag auch deren nachweislich gemeinschaftsschädlicher Lebenswandel nicht strafbar sein. Dem ist ein "unsolider" Lebensstil eines "Playboys", wie ihn K. im weiteren Zusammenhang mit der Tötung entwickelt haben soll, nicht gleichzuordnen . Eine gesellschaftliche Sonderstellung in einem auf viele anstößig wirkenden Milieu wie dem, worin sich K. und seine Geliebte v. B. bewegten, ist nicht derart als außerhalb des allgemeinen Gesellschafts- und Rechtslebens stehend zu werten, daß darin entstandene Vorgänge allgemein aus der Rechtsordnung ausgesondert werden und im Schadensfall nicht zu einer an sich gesetzlich begründeten Entschädigung führen könnten. Im übrigen ist die gesellschaftliche Gruppe von "Playboys" und "Playgirls", zu der K. und v. B. zu rechnen sein sollen, nicht einmal nach sozialwissenschaftlich oder sonst gesicherter Erkenntnis als eine "sozialschädliche" Gemeinschaft zu bestimmen und abzugrenzen. Wenn die Lebensführung des Opfers, die den Hintergrund einer Gewalttat bildet, als "unmoralisch" zu werten sein sollte, so wäre dieser Umstand für sich allein nicht ein rechtserheblicher Grund, der iS der zweiten Alternative des § 2 Abs 1 OEG eine Entschädigung als "unbillig" bewerten läßt (Schoreit/Düsseldorf, § 2, Rz 20, 23, 26). Gerade das Sozialrecht wird von dem Grundsatz beherrscht, daß Leistungen nicht allein wegen "unmoralischen" Verhaltens, das einen an sich anspruchsbegründenden Tatbestand verursacht hat, versagt werden dürfen. Etwas anderes gilt nur, wenn ein solcher Sachverhalt einen Ausdruck in einem gesetzlichen Ausschlußtatbestand gefunden hat. Ausnahmsweise durfte ursprünglich in der gesetzlichen Krankenversicherung Krankengeld zeitweilig oder teilweise oder ganz versagt werden, wenn der Versicherte sieg eine Krankheit, die ihn arbeitsunfähig machte, durch "geschlechtliche Ausschweifungen" zugezogen hatte (§ 6 Abs 3 Krankenversicherungsgesetz -KVG- vom 15. Juni 1883 - RGBl S 73 -, § 6a Abs 1 Nr 2, § 26a Abs 2 Nr 2 KVG idF des Gesetzes vom 10. April 1892 - BGBl S 417). Diese Sonderregelung wurde bereits durch Gesetz vom 25. Mai 1903 (RGBl S 233) aufgehoben. Wenn im Sozialrecht eine Opferlage als entschädigungswürdig und -bedürftig anerkannt wird, so liegt allerdings in dieser Entscheidung umgekehrt nicht zugleich eine positive moralische Würdigung des Verhaltens, das der Schädigung vorausgegangen ist. Deshalb kann grundsätzlich ein Verhalten, das nach ethischen Maßstäben zu mißbilligen ist, eine Entschädigung zulassen.

Für die Entscheidung, ob in einzelnen Fällen ein "unmoralisches" Verhalten einen Ausgleich nach dem OEG als "unbillig" bewerten läßt, bietet der Maßstab der unzulässigen Rechtsausübung einen wichtigen Anhalt. Dieser allgemeine Rechtsgedanke, wonach ein Recht nicht geltend gemacht werden kann, wenn dies nicht sozial angemessen geschieht und wenn es der rechtsethischen Funktion des Rechts widerspricht, gilt auch in vielerlei Beziehungen im Sozialrecht (zE BSGE 22, 257, 259f = SozR Nr 2 zu § 141e AVAVG; 29, 81, 84ff = SozR Nr 26 zu § 1291 RVO; 46, 187, 189 mN = SozR 2200 § 315a Nr 7). Für die Beurteilung des gegenwärtigen Falles unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs finden sich wertvolle Hinweise in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Schadensersatzrecht. Demnach kann eine verletzte Prostituierte für einen Erwerbsausfall zwar nicht den vollen Schadensersatz nach den §§ 252, 842 BGB beanspruchen, wohl aber einen Ersatz bis zur oberen Hälfte eines "existenzdeckenden Einkommens, das auch in einfachen Verhältnissen von jedem gesunden Menschen erfahrungsgemäß zu erreichen ist" (BGHZ 67, 119, insbesondere 127f = LM § 842 BGB Nr 14 mit zustimmender Anm von Dunz). Der BGH hat einen vollen Ausgleich des Ausfalls der "Arbeitskraft" abgelehnt, weil die Tätigkeit der Prostituierten, ungeachtet ihrer Steuerpflicht (BFHE 108, 103) und der grundsätzlichen Straflosigkeit (Ausnahmen in §§ 180 ff StGB), gegen die guten Sitten iS des § 138 BGB verstoße (S 121 ff, insbesondere 124 f; vgl auch Bayerischer Verfassungsgerichtshof, VerwRspr 19, 141; Born, Versicherungsrecht 1977, 118). Einen eingeschränkten zivilrechtlichen Schadensersatz hat der BGH aufgrund von Billigkeitserwägungen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zugesprochen (S 126 ff; dagegen Born, aaO). Ein solcher Rechtsmaßstab ist für die hier umstrittene sozialrechtliche Entschädigung aus Mitteln der Allgemeinheit, wie zuvor dargelegt, ausdrücklich im Gesetz festgelegt. Selbst wenn der Lebenswandel des K., des früheren Ernährers der Klägerinnen, in gleichem Maße sittlich zu verurteilen wäre die die Prostitution, ließe sich bei dem gebotenen Abwägen eine Entschädigung der Hinterbliebenen nicht als "unbillig" bezeichnen, wäre mithin ein Ausschluß dieser Leistung nicht vertretbar. Die nach dem BVG zu gewährende Grundversorgung entspricht dem allgemeinen Existenzminimum, wie es der BGH als Obergrenze für den zivilrechtlichen Schadensersatz festgelegt hat. Für den weitergehenden Anspruch auf einen Witwen-Schadensausgleich (§ 40a BVG) ergeben sich aus jenen rechtlichen Gesichtspunkten, worauf vorsorglich zur Begrenzung der Billigkeitserwägungen hingewiesen wird, folgende Konsequenzen: Als Vergleichseinkommen des Ehemannes wäre nicht ein über den Pauschalbeträgen liegendes Einkommen vor dem Tod (§§ 11 und 6 DV zu § 30 Abs 3 und 4 BVG) zu berücksichtigen, falls es der Ehemann durch rechts- oder sittenwidrige Tätigkeiten erzielt hätte. Insoweit wäre eine Entschädigung "unbillig", so daß der Grundsatz, alle oder gar keine gesetzlichen Entschädigungshilfen zu gewähren (Schoreit/Düsseldorf, § 2 Rz 6) teilweise nicht gültig werden könnte; der Begriff der "Leistungen" iS des § 2 Abs 1 OEG wäre auf diese einzelne Leistungsart (§9 BVG) beschränkt. Hingegen beständen keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine pauschale Berechnung des Vergleichseinkommens (§§ 2 bis 5 DV), es sei denn, daß sich eine rechts- oder sittenwidrige Betätigung im maßgebenden Beruf für den Überlebensfall mit Sicherheit voraussagen ließe. Wenn derart der allgemeine Rechtsgedanke der unzulässigen Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit, wie ihn der BGH für den Bereich des Zivilrechts versteht, für die Interpretation des hier umstrittenen Versagungstatbestandes (§2 OEG) herangezogen wird, so widerspricht das nicht der im Urteil vom 7. November 1979 in der Sache 9 RVg 1/78 vom Senat vertretenen Auffassung, ein rein zivilrechtlicher Haftungsmaßstab könne nicht die Auslegung eines sozialrechtlichen Entschädigungstatbestandes des § 1 OEG bestimmen.

3. Auch in den Personen der Klägerinnen sind keine Umstände gegeben, die eine Entschädigung iS des § 2 Abs 1 OEG als unbillig bewerten ließen.

Ob insoweit allgemein die wirtschaftliche Lage der Hinterbliebenen eines Gewaltverbrechensopfers bedeutsam ist, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Das Argument des Beklagten, ohne den Tod des K. hätten die Klägerinnen voraussichtlich nicht auf Dauer Unterhalt von ihm erhalten und bedürften daher keiner öffentlichen Leistungen zur Abwendung einer Notlage, ist ein systemfremder Gesichtspunkt (vgl ebenfalls für einen Reichtum des Opfers: Schoreit/Düsseldorf, § 2, Rz 27). Der Gesetzgeber hat weder im OEG noch in den entsprechend anzuwendenden Bestimmungen des BVG die Grundversorgung von einer konkret nachzuweisenden wirtschaftlichen Notlage im Einzelfall, die durch die Gewalttat und damit für Hinterbliebene des Geschädigten durch einen Fortfall seiner Unterhaltsleistungen verursacht sein müßte, als einer Anspruchsvoraussetzung abhängig gemacht (für die Hinterbliebenenleistungen der Unfall- und Rentenversicherung; BSGE 32, 58, 60 = SozR Nr 15 zu § 1286 RVO aF). Diese Voraussetzung wäre zwangsläufig ausgeschlossen, falls die Hinterbliebenen im Einzelfall auch ohne den gewaltsamen Tod nicht auf Dauer mit Unterhaltsleistungen des Geschädigten hätten rechnen können. Dies ist aber nicht rechtserheblich. Lediglich der Gesundheitsschaden und für den Fall der Hinterbliebenenversorgung der durch ihn bedingte Tod müssen durch die Gewalttat verursacht worden sein. Im Unterschied dazu hat zB das österreichische Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen vom 9. Juli 1972 (BGBl Nr 288 mit Berücksichtigung des BGBl 330/ 1973, abgedruckt in/ Schuppich/Sporn, Österreichisches Recht, Bd 3, 7. Aufl 1977, Stand: Dezember 1976, Sp 9761) die Hinterbliebenenversorgung auf den Ersatz des Unterhalts beschränkt, der durch den Tod des Ernährers entgangen ist (§1 Abs 5, § 3 Abs 1 und 2). Wenn bei der Schaffung des deutschen OEG der Gesetzgeber, dem diese Regelung bekannt war (BT-Drucks 7/2506, I, D, S. 9), eine entsprechende, von den Grundsätzen der sozialen Entschädigung abweichende Regelung für gerecht und angemessen gehalten hätte, wäre dies im Gesetz zum Ausdruck gekommen, zumal die konkrete Unterhaltsgefährdung ein typischer und verbreiteter Lebenssachverhalt in solchen Fällen ist. Die soziale Entschädigung dient nach dem Grundgedanken des Systems, wie es im BVG im einzelnen geordnet worden ist, nicht zur Linderung von konkreter Not in "existenziell schwächeren Bevölkerungskreisen" (Rüfner, Gutachten für den 49. Deutschen Juristentag, Bd I, S. E 1, 19f). Speziell die Hinterbliebenen-Grundversorgung ist gerade nicht davon abhängig, daß der Verstorbene ohne den Tod weiterhin tatsächlich der Ernährer der Witwe und der Kinder geblieben wäre (§ 1 Abs 5 Satz 1, §§ 38, 40, 43, 46 BVG). Durch abweichende Sondervorschriften, die andere Fälle betreffen, wird diese Regel bestätigt. Der Witwer erhält nach dem noch geltenden Recht, das allerdings nach dem Gleichheitsgrundsatz geändert werden muß (BVerfGE 39, 169 = SozR 2200 § 1266 RVO Nr 2), im Unterschied zur Witwe und zu den Kindern nur dann Versorgung, wenn seine Ehefrau, die an Schädigungsfolgen verstorben ist, seinen Lebensunterhalt bestritten hat (§ 43 BVG; vgl dazu BSGE 9, 36; für die Rentenversicherung: BVerfGE 17, 1, 8, 11, 17 ff, insbesondere 23 ff; BVerfGE 39, 169, 185 ff, insbesondere 187 ff = SozR 2200 § 1266 Nr 2; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd III, S 686k f; 688b II f). Ähnliches gilt für die geschiedene Ehefrau (§ 42 Abs 1 Satz 1 BVG); deren Versorgung setzt einen konkreten Unterhaltsanspruch gegen den Verstorbenen voraus (Urteil des erkennenden Senats vom 16. März 1978 -9 RV 80/78) und ist auch nur so lange zu leisten, wie die frühere Ehefrau nach eherechtlichen Vorschriften unterhaltsberechtigt gewesen wäre oder sonst Unterhalt erhalten hätte (§ 42 Abs 1 Satz 2 BVG). Schließlich wird entsprechend der Minderung des Einkommens der Witwe im Vergleich mit dem Einkommen, das ihr Ehemann ohne die Schädigung erzielt hätte und von dem der Unterhalt bestritten worden wäre, ein Schadensausgleich gewährt (§ 40a BVG). Die Bestimmung des § 1 Abs 5 OEG ist als Anspruchsvoraussetzung unvollständig; sie verweist auf das BVG auch bezüglich der einzelnen Voraussetzungen für die Hinterbliebenenversorgung nach § 38 BVG, insbesondere was den erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen Gewalttat und Tod anlangt (Schulz-Lüke/Wolf, § 1, Rz 321, 333; Schoreit/ Düsseldorf, § 1, Rz 217 bis 219). Wenn ein Rechtsanspruch auf Entschädigung anerkannt wird, ist es auch in diesem Rechtsgebiet systemgerecht, keine konkrete Bedürftigkeit zu verlangen (Schneider, aaO, S 163). Für den Regelfall eine abstrakte Unterhaltsersatzfunktion ebenso wie im Recht der Kriegsopferversorgung (KOV) genügen zu lassen, ist sinnvoll und zweckmäßig; denn gegenwärtige mißliche Verhältnisse, die eine volle Unterhaltsleistung ausschlössen, hätten sich ohne den Tod jederzeit ändern können. Solche Wandlungsmöglichkeiten setzt die Rechtsordnung selbst im Strafrecht unter dem Gedanken der Resozialisierung voraus (vgl zB § 46 Abs 1 Satz 2, §§ 56, 56c Abs 4, §§57, 59, 70a StGB).

Nach alledem ist die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 104

NJW 1980, 2326

JZ 1980, 199

Breith. 1980, 775

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