Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Juni 1988 – L 11 Kr 5/88 – wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt Gewährung von Krankengeld ab 15. Januar 1984; ihm ist durch rechtskräftiges Urteil vom 13. Mai 1987 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Februar 1983 zugesprochen worden.
Der Kläger hatte bis zum 18. Oktober 1983 Krankengeld von der Allgemeinen Ortskrankenkasse Essen erhalten. Am 19. Oktober 1983 nahm er eine Tätigkeit als Geschäftsführer einer Gaststätte auf und erklärte seinen Beitritt zur Beklagten. Ab 3. November 1983 bestand Arbeitsunfähigkeit. Die Beklagte ging zunächst von einem mißglückten Arbeitsversuch aus, gab diesen Rechtsstandpunkt aber im Verlauf eines sozialgerichtlichen Verfahrens auf. Mit Bescheid vom 9. Oktober 1986 bewilligte sie dem Kläger Krankengeld bis einschließlich 14. Januar 1984. Den weitergehenden Anspruch lehnte die Beklagte ab, weil der Kläger nicht über den 14. Januar 1984 hinaus arbeitsunfähig gewesen sei.
Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen und ausgeführt, der Anspruch des Klägers auf Krankengeld habe mit dem Tag geendet, von dem an die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zugebilligt worden sei. Die Vorschrift des § 183 Abs. 3 Satz 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) diene allein dem Schutz des Versicherten vor einer Rückforderung des in aller Regel verbrauchten Krankengeldes. Sie stelle eine reine Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsregelung dar. Lohnersatzleistungen von verschiedenen Versicherungszweigen, die dieselbe Funktion erfüllen, sollten nicht nebeneinander gewährt werden.
Der Kläger macht mit der vom Senat zugelassenen Revision geltend, die Beklagte, die sich rechtswidrig verhalten habe, dürfe nicht in den Genuß der Wohltat des § 183 Abs. 3 RVO kommen. Ihm stehe der Schadensersatzanspruch auch nach den Regelungen des Verzugs im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Juni 1988 – L 11 Kr 5/88 – und des Sozialgerichts Duisburg vom 14. Dezember 1987 – S. 21 Kr 188/86 – sowie den Bescheid vom 9. Oktober 1986 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 1986 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 15. Januar 1984 hinaus unter Anrechnung der gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis zum Ablauf der Höchstbezugszeit Krankengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist nicht begründet.
Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Krankengeld nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO für die Zeit ab 15. Januar 1984 hat schon deshalb nicht bestanden, weil dieser Anspruch durch die Zubilligung der Rente vom 1. Februar 1983 an geendet hat (§ 183 Abs. 3 Satz 1 RVO). Unter dem Tag, von dem an i.S. des § 183 Abs. 3 Satz 1 RVO Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von einem Träger der Rentenversicherung zugebilligt wird, ist der Leistungsbeginn zu verstehen, d.h. der Zeitpunkt, von dem an die Rente dem Versicherten nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers zusteht (BSGE 49, 71, 75 m.w.N.); an die Stelle des Bescheides tritt hier das rechtskräftige Urteil. Zu einer Zahlung des Krankengeldes über den 14. Januar 1984 hinaus ist es nicht gekommen, so daß der Kläger die Rechtswohltat des § 183 Abs. 2 Satz 2 RVO nicht für sich in Anspruch nehmen kann. Krankengeld für die Zeit ab 15. Januar 1984 war dem Kläger auch – anders als im Fall des Urteils des Senats vom 25. November 1981 (3 RK 44/80) – nicht durch Verwaltungsakt bewilligt worden.
Dem Kläger steht Krankengeld für die streitige Zeit nicht im Wege des Herstellungsanspruchs zu. Zwar muß der Träger der Krankenversicherung das Krankengeld bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen über den nachträglich festgestellten Rentenbeginn hinaus bis zum Zeitpunkt der Zustellung des Rentenbescheids zahlen. Der Versicherte kann dann den Unterschied zwischen dem tatsächlich gezahlten Krankengeld und der Rente nach § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO behalten. Wenn aber das Krankengeld tatsächlich nicht gezahlt worden ist, kann er nicht verlangen, nachträglich so gestellt zu werden, als hätte er es erhalten (Urteile des Senats in SozR Nr. 29 zu § 183 RVO und KVRS-A 2350 Nr. 1 = USK 79142; BGH NJW 1968, 2293; BGH KVRS 2350 Nr. 52; a. M. Krauskopf/Schroeder-Printzen Soziale Krankenversicherung Stand Mai 1988 Anm. 4.3 zu § 183 RVO).
Der Kläger hat allerdings einen Nachteil erlitten, weil ihm nach der Sach- und Rechtslage, die in der streitigen Zeit bis zum 13. Mai 1987 gegeben war, Krankengeld zu zahlen gewesen wäre. Dieser Nachteil wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Anspruch auf Krankengeld aufgrund der Rentenbewilligung rückwirkend geendet hat (a. M. LSG Niedersachsen ZfS 1985, 282, 283). In der Rechtsprechung wird als Voraussetzung des Herstellungsanspruchs verlangt, daß der Nachteil durch eine gesetzlich zulässige bzw. durch eine rechtmäßige Amtshandlung ersetzt werden kann (BSGE 63, 112, 114 = SozR 1300 § 14 SGB 1 Nr. 28; BSGE 56, 61, 62 = SozR 2200 § 313 RVO Nr. 7; BSGE 55, 261, 262 = SozR 2200 § 1303 RVO Nr. 27). Der 7. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat es als gesetzwidrig angesehen, wenn im Wege des Herstellungsanspruchs außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses liegende Tatbestände, die nach materiellem Recht für das Entstehen des sozialrechtlichen Anspruchs erforderlich sind, ersetzt würden (Urteil vom 12. Juli 1989 – 7 RAr 62/88 –); er hat ausgeführt, die Behörde könne nicht durch eine Amtshandlung den rechtserheblichen Tatbestand der Arbeitslosmeldung ersetzen (BSGE 60, 43, 49; so auch BSG 14. November 1988 – 8 RKn 7/88 –).
Ein auf nachträgliche Zahlung des Krankengeldes gerichteter Herstellungsanspruch des Klägers ist jedenfalls nach der Zielsetzung des Rechtsinstituts des Herstellungsanspruchs zu verneinen. Der Anspruch ist auf Herstellung des dem Gesetz und seinen Zielen entsprechenden Zustandes gerichtet (BSGE 63, 112, 114 = SozR 1300 § 14 SGB 1 Nr. 28). Den Herstellungsanspruch beurteilen die Gerichte nach der Rechtslage zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung und prüfen danach, ob die begehrte Amtshandlung auch den Zielen des Gesetzes entspricht. Der Herstellungsanspruch, der nicht im Gesetz geregelt ist, darf nicht zu Ergebnissen führen, die mit dem Gesetz nicht übereinstimmen. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung an, nach der der Herstellungsanspruch nicht zu einem im Ergebnis gesetzwidrigen Zustand führen darf (BSG, Urteil vom 25. Oktober 1989 – 7 RAr 150/88 –; BSG, Urteil vom 12. Juli 1989 – 7 RAr 62/88 – m.w.N.). Dabei geht es nicht um die Rechtmäßigkeit der Amtshandlung als Mittel zur Herstellung des gewünschten Zustandes, sondern um diesen Zustand selbst, also um das Ziel, das durch die Amtshandlung herbeigeführt werden soll (vgl. Wallerath, DÖV 1987, 505, 514).
Die Gewährung von Krankengeld für eine Zeit, für die dem Versicherten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zugebilligt ist, würde dem Gesetz zuwider laufen. In dieser Zeit hat der Versicherte keinen Anspruch auf Krankengeld (§ 183 Abs. 3 Satz 1 RVO). Ein Anspruch auf nachträgliche Gewährung von Krankengeld ist insoweit ausgeschlossen. Wenn der Versicherte in der Zeit, für die ihm nachträglich Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zugebilligt worden ist, trotz Vorliegens aller übrigen Anspruchsvoraussetzungen Krankengeld tatsächlich nicht erhalten hat, so kann er darauf keinen Herstellungsanspruch stützen. Das Gesetz billigt ihm zu, daß er die empfangene Leistung, soweit sie die Erwerbsunfähigkeitsrente übersteigt, behalten darf. Wenn ihm aber rechtswidrig kein Krankengeld gezahlt wurde, bleibt es bei der Regel des § 183 Abs. 3 Satz 1 RVO, wonach der Krankengeldanspruch mit dem Tag des Rentenbeginns endet (BSG SozR Nr. 24 und 29 zu § 183 RVO; BSG KVRS-A 2350 Nr. 1 = USK 79142; BGH NJW 1968, 2293 und BGH KVRS 2350 Nr. 52). Die Regel beruht darauf, daß Krankengeld und Erwerbsunfähigkeitsrente, die beide dem Zweck der Sicherung des Lebensunterhalts dienen, nicht nebeneinander gewährt werden sollen.
Dagegen begründet die Bestimmung des § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO keinen Anspruch auf Krankengeld, sondern nur einen Einwand des Versicherten gegen die Rückforderung des tatsächlich gewährten Krankengelds. Die Vorschrift beruht auf Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen. Was der Versicherte im Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit des Krankengeldbescheides erhalten hat, soll er nicht zurückzahlen müssen. Seine Situation ist dem Fall der ungerechtfertigten Bereicherung vergleichbar. Wenn der Empfänger der Bereicherung nicht mehr bereichert ist, entfällt grundsätzlich seine Pflicht zur Herausgabe oder zum Wertersatz (§ 818 Abs. 3 BGB). Das Gesetz geht in § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO vom Verbrauch des Krankengeldes aus, weil dies der Zweckbestimmung der Leistung entspricht. Dem Kläger geschieht durch die Anwendung der Regel des § 183 Abs. 3 Satz 1 RVO im übrigen auch deshalb kein Unrecht, weil er die Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit selbst beantragt hat.
Die Kostenentscheidung wird auf § 193 SGG gestützt.
Fundstellen