Leitsatz (amtlich)
1. Verlangt die Versorgungsbehörde von dem Sozialhilfeträger Ersatz der Leistungen, die der Fürsorgeträger einer Person hätte gewähren müssen, wenn diese nicht zu Unrecht Versorgungsleistungen erhalten hätte, so ist für diesen Anspruch der Rechtsweg vor den allgemeinen VG gegeben.
2. Ist der Rechtsstreit vor den SG anhängig gemacht worden, so kann der Verweisungsantrag auch noch in der Revisionsinstanz gestellt werden.
Leitsatz (redaktionell)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Zuständigkeit der Sozialgerichte
Fristversäumnis eines Prozeßbevollmächtigten wegen Arbeitsunfähigkeit rechtfertigt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Orientierungssatz
Zum Begriff "Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung" iS des SGG § 51 Abs 1.
Normenkette
BVG § 81b Fassung: 1960-06-27; SGG § 51 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 52 Abs. 3 Fassung: 1953-09-03, § 67 Abs. 1
Tenor
1.) Dem Beklagten wird gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
2.) Auf die Revision des Beklagten werden die Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. März 1966 und des Hessischen Landessozialgerichts vom 19. April 1967 aufgehoben.
3.) Der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird für unzulässig erklärt.
4.) Auf den Hilfsantrag des Klägers wird der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main verwiesen.
Gründe
Der Beigeladenen, Frau R. deren (früherer) Ehemann als vermißt galt, war auf ihren Antrag vom 17./18. November 1949 mit Bescheid vom 8. Juli 1950 Witwen- und Waisenrente nach dem Gesetz über Leistungen an Körperbeschädigte (KBLG) und mit Umanerkennungsbescheid vom 2. Mai 1952 nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) bewilligt worden. Im Februar 1962 erfuhr der Kläger (Land Hessen), daß der Ehemann der Beigeladenen noch lebe. Darauf wurden - nach Einstellung der Rentenzahlung Ende Februar 1962 - mit einem Anfechtungs- und Rückforderungsbescheid vom 9. Juli 1963 Leistungen aus der Zeit von November 1949 bis einschließlich Februar 1962 von der Beigeladenen zurückgefordert. Auf deren Widerspruch wurde der Bescheid vom 9. Juli 1963 mit Bescheid vom 17. Oktober 1963 aufgehoben. Am 10. Juli 1964 machte der Kläger gegenüber dem Beklagten (Landkreis G) einen Ersatzanspruch geltend. Er begehrte die Rücküberweisung eines Betrages von 719,- DM, der 1950 und 1952 vom Versorgungsamt ersetzt worden sei, sowie die Festsetzung der Beträge, die an die Beigeladene in der Zeit vom 1. November 1949 bis zum 28. Februar 1962 zu zahlen gewesen wären, wenn sie keine Witwenrente nach dem KBLG und dem BVG erhalten hätte. Auf diese "Nachzahlung" erhob er einen Ersatzanspruch bis zum Betrage von 14.237,- DM. Der Beklagte war nur bereit, den Betrag von 719,- DM zurückzuzahlen. Darauf erhob der Kläger im August 1965 Klage beim Sozialgericht (SG) auf Zahlung von 2443,- DM nebst 4 v. H. Zinsen seit Klageerhebung. Dabei legte er nur die Fürsorgerichtsätze und diese lediglich für die Zeit vom 1. September 1950 bis zum 31. Juli 1955 zugrunde. Das SG hat der Klage mit Urteil vom 10. März 1966 stattgegeben. Das Landessozialgericht (LSG) hat nach Beiladung der Frau R. die Berufung des Beklagten mit Urteil vom 19. April 1967 zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, der Rechtsweg vor den Sozialgerichten sei nach § 51 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Beim Anspruch des Klägers handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung, der nicht etwa erst durch § 81 b BVG zur Entstehung gelangt sei; diese Vorschrift gebe lediglich den jahrzehntelang geltenden Grundsatz des allgemeinen Verwaltungsrechts wieder, daß Leistungen, die ohne rechtlichen Grund bewirkt worden seien, zu erstatten seien. Der Beklagte sei anstelle des Klägers zur Leistung verpflichtet gewesen, weil die Beigeladene und ihr Sohn bedürftig gewesen wären, wenn sie keine Versorgungsbezüge erhalten hätten. § 81 b BVG setze nicht voraus, daß die tatsächlich gewährten Leistungen (Waisen- und Witwenrente) mit den richtigerweise vom Beklagten zu erbringenden Sozialhilfeleistungen vergleichbar sein müßten. Der Beklagte könne sich auch nicht auf den Nachrang der Sozialhilfe bzw. auf das in § 2 des Bundessozialhilfegesetzes (BSGH) vom 30. Juni 1961 - BGBl. III Nr. 2170-1- zum Ausdruck kommende Subsidiaritätsprinzip berufen. § 81 b BVG wolle nur vermögensrechtlich den Zustand herbeiführen, der bestanden hätte, wenn nach der geltenden Rechtsordnung verfahren worden wäre. Der Zweck des § 81 b BVG werde nur erreicht, wenn bei der Prüfung, ob eine Leistungspflicht des Trägers der Sozialhilfe bestanden habe, die Leistungen der Versorgung außer Betracht blieben. Hiernach sei der Beklagte im Verhältnis zur Beigeladenen der tatsächlich und rechtlich Verpflichtete gewesen.
Der Beklagte hat gegen dieses ihm am 15. Mai 1967 zugestellte Urteil am 13. Juni 1967 Revision eingelegt. Mit Schriftsatz vom 14. Juli 1967, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 18. Juli 1967, hat der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten die Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist erbeten und nach einem Hinweis des Senats, daß die Revisionsbegründungsfrist bereits abgelaufen sei, am 25. Juli 1967 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist beantragt. Er hat geltend gemacht, der Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist sei am 14. Juli 1967 abgegangen. Wenn der Briefumschlag den Poststempel vom 17. Juli 1967 trage, so könne es sich nur um ein Versehen des Büropersonals oder um eine außergewöhnliche Störung des Postverkehrs handeln. Mit weiterem Schriftsatz vom 26. Juli 1967, beim BSG am 28. Juli 1967 eingegangen, ist die Revision begründet worden. Auf eine Anfrage des Senats vom 3. Juni 1969 hat der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten unter Vorlage eines ärztlichen Attestes des Dr. J ergänzend vorgetragen, er sei durch einen Unfall vom 16. Juni 1967 bis zum 15. Juli 1967 nicht, sowie bis Ende Juli 1967 zeitweise bedingt arbeitsfähig und deshalb an der fristgerechten Revisionsbegründung verhindert gewesen.
Mit der zugelassenen Revision trägt der Beklagte u. a. vor, der Sozialrechtsweg sei für Ansprüche, die aus dem Fürsorgerecht herzuleiten seien, nicht gegeben. Der aus dem Gedanken des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entwickelte § 81 b BVG könne nicht auf das Verhältnis der Sozialversicherungsträger (bzw. das der Kriegsopferversorgung) zu den Sozialhilfeträgern angewandt werden. Es sei begrifflich nicht möglich, einen Erstattungsanspruch gegen den Fürsorgeträger nachträglich mit der Feststellung einer tatsächlich, d. h. wegen der gewährten Versorgungsleistungen, nicht bestehenden Hilfsbedürftigkeit zu begründen. Es sei nicht Aufgabe und Pflicht der in allen Fällen nur subsidiär eintretenden Sozialhilfe, rückwirkende Leistungen zu erbringen oder Schulden zu begleichen. Aus dem Wesen der stets nachrangigen Sozialhilfe, die nur Hilfsbedürftigkeit anerkenne, weil kein anderer leiste, folge, daß eine nachträgliche Hilfsbedürftigkeit für die Vergangenheit nicht mehr festgestellt werden könne, wenn ein anderer geleistet habe. § 81 b BVG sei daher als Anspruchsgrundlage für eine Erstattung gegen den Sozialhilfeträger nicht anwendbar. - Am 15. August 1967 hat der Beklagte ein Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 8. August 1967, das sich mit dem vorliegenden Rechtsstreit befaßt, vorgelegt. Darin wird allein der Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten für zulässig gehalten; zur Sache wird betont, daß die Sozialhilfe grundsätzlich für die Vergangenheit keine Leistungen erbringe; nur ausnahmsweise, z. B. bei drohender Kahlpfändung oder Zwangsräumung wegen Nichtzahlung der Miete, komme die Übernahme von Schulden des Bedürftigen in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens verwiesen.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage des Landes Hessen abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen;
hilfsweise,
die Sache an das Verwaltungsgericht Frankfurt/M. zu verweisen.
Dem Urteil des LSG sei zuzustimmen. Für die Entscheidung der Streitsache seien die Sozialgerichte zuständig. Wegen weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 1. Juli 1969 Bezug genommen.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Revision wurde allerdings erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist (17. Juli 1967), nämlich am 28. Juli 1967 begründet. Gegen die Versäumung dieser Frist war dem Kläger jedoch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Da das angefochtene Urteil gemäß § 4 des Verwaltungszustellungsgesetzes als am 15. Mai 1967 zugestellt gilt, lief die Zweimonatsfrist für die Revisionsbegründung am Montag, dem 17. Juli 1967, ab. Nach der ärztlichen Bescheinigung des Dr. Jäkel war der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten wegen eines Unfalls vom 16. Juni 1967, der zu einem Krankenhausaufenthalt geführt hatte, bis zum Samstag, dem 15. Juli 1967, arbeitsunfähig und danach bis zum 31. Juli 67 zeitweise bedingt arbeitsfähig. Der Senat hat hierin einen Umstand erblickt, durch den der Prozeßbevollmächtigte ohne Verschulden verhindert war, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten (§ 67 Abs. 1 SGG). Soweit dem Prozeßbevollmächtigten zuzumuten war, vor Ablauf dieser Frist wenigstens die Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist nach § 164 Abs. 1 Satz 2 SGG zu beantragen, hat er dies getan. Dieser Antrag wurde am 14. Juli 1967 gestellt; er ist, wie der Senat aus der Bescheinigung des Hessischen Landkreistages Wiesbaden, dessen Syndikus der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten ist, entnimmt, nach dem dortigen Postausgangsbuch noch am gleichen Tage abgegangen. Der Prozeßbevollmächtigte konnte unter diesen Umständen erwarten, daß die Sendung bei regelmäßigem Beförderungsverlauf bis zum 17. Juli 1967 beim BSG eingehen werde. Wenn sie trotzdem erst später hier eingegangen ist, so hat er dies nicht zu vertreten (vgl. BSG in SozR Nr. 17 und 36 zu § 67 SGG). Da auch binnen eines Monats nach Wegfall des bis zum 15. Juli 1967 währenden Hindernisses der Wiedereinsetzungsantrag (am 25. Juli 67) gestellt und die versäumte Rechtshandlung (am 28. Juli 67) nachgeholt worden ist (§ 67 Abs. 2 SGG), war dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben. Bei der gegebenen Sachlage konnte dahingestellt bleiben, ob allein gegen die Versäumung der Frist, innerhalb der der Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist beim BSG eingegangen sein muß, d. h. wenn Wiedereinsetzungsgründe für die versäumte Revisionsbegründung nicht gegeben sind, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könnte (vgl. hierzu auch Beschluß des BFH vom 28.2.69 in Bundessteuerblatt Teil II 1969 S. 298). Damit ist die Revision zulässig (vgl. §§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 SGG); sie ist auch im Sinne einer Aufhebung der Urteile des SG und des LSG und der Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Frankfurt (Main) begründet.
In dem am 15. August 1967, also noch innerhalb der Monatsfrist des § 67 Abs. 2 SGG, vorgelegten Gutachten des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 8. August 1967 ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht ausgeführt worden, daß das LSG für den vorliegenden Rechtsstreit die Zuständigkeit der Sozialgerichte zu Unrecht bejaht habe. Der Senat hatte sich daher zunächst mit dieser Frage, die bei einer zugelassenen Revision ohnehin von Amts wegen und in jeder Instanz zu prüfen ist, zu befassen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27.11.64 - 9 RV 686/64 - in BVBl. 1965, S. 45 = gekürzt in SozR Nr. 4 zu § 52 SGG; ferner BSG in SozR Nr. 40 zu § 162 SGG). Er ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Zuständigkeit der Sozialgerichte im vorliegenden Rechtsstreit nicht gegeben ist.
Gegenstand des Verfahrens ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit. Nach § 51 Abs. 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung sowie der Kriegsopferversorgung. Im vorliegenden Fall kann nur fraglich sein, ob der streitige Anspruch vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen ist oder ob er zu den Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung (KOV) zählt. Dazu gehören nach Abs. 2 Satz 2 des § 51 SGG zwar nicht die Maßnahmen auf dem Gebiet der sozialen Fürsorge nach den §§ 25 bis 27 BVG; im übrigen ist aber davon auszugehen, daß die in § 51 SGG aufgeführten Rechtsgebiete in ihrer Gesamtheit in die Zuständigkeit der Sozialgerichte fallen (vgl. BSG 10, 206, 207). Der Begriff "Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung" ist im Gesetz nicht näher erläutert. Auch in den Gesetzesmaterialien finden sich keine Hinweise, die bei der Auslegung dieses Begriffs verwertet werden können (vgl. BSG 2, 23, 27). Nach der Rechtsprechung des BSG müssen unter diesem Begriff, der nicht ein für allemal feststeht, sondern sich ändern kann, je nachdem, welche Aufgaben der KOV gesetzlich zugewiesen oder etwa auch entzogen werden (vgl. BSG 10, 207), ganz allgemein solche Angelegenheiten verstanden werden, die im BVG (außer dem Sondergebiet der §§ 25 - 27) oder in älteren Kriegsopferversorgungsgesetzen ihre Grundlage haben (vgl. BSG 2, 23, 27). Es ist sonach darauf abzustellen, welchem Rechtsgebiet der streitige Anspruch entspringt, d. h. ob er - etwa im Sinne des § 29 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes vom 5. November 1957 (BGBl I 1747) - "seiner Natur nach" eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der KOV ist (vgl. BSG 22, 145, 147). Diese Voraussetzung der materiell-rechtlichen Regelung auf dem Gebiet der KOV ist im vorliegenden Fall für die der Beigeladenen nach dem KBLG und dem BVG zu Unrecht gewährte Witwen- und Waisenrente erfüllt. Über die der Beigeladenen zustehenden Ansprüche ist hier jedoch nicht zu entscheiden, sondern nur darüber, ob dem Kläger (Land Hessen) gegenüber dem Beklagten (Landkreis Gelnhausen) ein Ersatzanspruch bzw. ein öffentlich -rechtlicher Erstattungsanspruch (vgl. hierzu BSG 16, 151) zusteht. Naturgemäß bietet die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs bei öffentlich-rechtlichen Ersatz- und Erstattungsstreitigkeiten zwischen Behörden und Versicherungs- bzw. Sozialhilfeträgern besondere Schwierigkeiten, weil hier regelmäßig die Sachgebiete verschiedener Leistungsträger berührt werden. In diesen Fällen sind die Ansprüche nach demjenigen Rechtsgebiet zu beurteilen, aus dem sich die Leistungspflicht ergibt, die ihrerseits als Begründung für den Erstattungsanspruch geltend gemacht wird. Danach richtet sich auch grundsätzlich die sachliche Zuständigkeit der Gerichte. Streiten die Beteiligten darüber, ob die Versorgungsbehörde dem Fürsorgeverband auf Grund einer - an sich unstreitigen - Überleitungsanzeige nach § 21 a der Reichsverordnung über die Fürsorgepflicht vom 13. Februar 1924 (RGBl. I, 100) - FürsPflVO - oder auch auf Grund einer bloßen Abtretung nach den §§ 398 ff des Bürgerlichen Gesetzesbuches (BGB) Versorgungsbezüge des Klägers auszuzahlen hat, so wird dadurch zwar die Sachbefugnis zur Geltendmachung des Anspruchs, nicht jedoch die Rechtsnatur der übergeleiteten Leistung als einer Angelegenheit der KOV verändert, weshalb die Sozialgerichte sachlich zuständig sind (vgl. BSG 16, 12, 13 und Urteil des erkennenden Senats vom 26.4.67 - 9 RV 1072/65).
Das gleiche gilt, wenn die Fürsorgebehörde etwa vor Anerkennung einer Schädigungsfolge durch die Versorgungsbehörde einem Versorgungsberechtigten Tbc-Hilfe gewährt und nach der rückwirkenden Anerkennung (der Tbc als Schädigungsfolge) vom Versorgungsamt, das diese Kosten übernommen hatte, Ersatz verlangt (vgl. Urteil des 10. Senats des BSG vom 11.12.1968 - 10 RV 606/65). In beiden Fällen hat der geltend gemachte Anspruch seine Grundlage im materiellen Recht der KOV. Eine Angelegenheit der KOV liegt schließlich auch dann noch vor, wenn die Versorgungsbehörde an den Sozialhilfeträger nach der Anerkennung eines Versorgungsanspruchs einen Betrag erstattet hat, dieser aber nach Jahren zurückgefordert wird, weil die Anerkennung zu Unrecht erfolgt sei; denn dadurch wird der rechtliche Charakter des erneut streitig gewordenen Rechtsverhältnisses nicht geändert (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 26.4.67 - 9 RV 1072/65). Demgemäß hat das BSG zu den §§ 1531 ff der Reichsversicherungsordnung (RVO) bereits entschieden, daß ebenso wie für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach §§ 1531 ff RVO, d. h. also für Erstattungsansprüche der Sozialhilfeträger gegen Sozialversicherungsträger (vgl. hierzu BSG in SozR Nr. 2 zu § 27 des Tuberkulosehilfegesetzes und - für den umgekehrten Fall - Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover vom 18.2.69 in Zeitschrift für das Fürsorgewesen 1969, S. 217) auch für die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen wegen zuviel gezahlter Beträge dieser Art der Rechtsweg vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (BSG 3, 57, 58). Gleiches gilt auch, wenn die Versorgungsbehörde von einem Fürsorgeträger zuviel oder zu Unrecht gezahlte Versorgungsleistungen zurückfordert. Denn der Anspruch auf Rückgewährung von Leistungen ist nur die Kehrseite des Anspruchs auf die Leistungen und muß rechtlich wie dieser beurteilt werden (vgl. Urteil des BVerwG vom 19.12.56 in DVBl 1957, 469, 470 und BSG 16, 156). Ein solcher Fall hat hier vorgelegen, soweit der Kläger im Schreiben vom 10. Juli 1964 vom Beklagten die Rücküberweisung des Betrages von 719,- DM gefordert hat. Diese Teilforderung, für deren Nachprüfung somit die Sozialgerichte zuständig gewesen wären, hat der Beklagte jedoch anerkannt; sie ist daher nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Soweit der Kläger jedoch in diesem Schreiben vom Beklagten die "Festsetzung der Beträge, die an Frau R. in der Zeit vom 1.11.49 - 28.2.62 zu zahlen gewesen wären, wenn Frau R. keine Witwenrente nach dem KBLG bzw. nach dem BVG erhalten hätte", begehrt und auf die Nachzahlung einen Ersatzanspruch erhoben hat - jetzt wird nur noch Ersatz in Höhe der Fürsorgerichtsätze für die Zeit vom 1. September 1950 bis 31. Juli 1955 beansprucht -, handelt es sich um die unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Erstattungsanspruchs (vgl. BSG 16, 156, 157) begründete Geltendmachung von Fürsorgeleistungen im Sinne der FürsPflVO (jetzt Sozialhilfe nach dem BSHG) für die Beigeladene, für deren Bewilligung unstreitig allein der Fürsorge- bzw. Sozialhilfeträger zuständig ist. Sonach handelt es sich bei dem streitigen Anspruch seiner Natur nach um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in einer Fürsorgeangelegenheit, für die, weil sie die Rechtsbeziehungen zwischen Fürsorgeträger und Fürsorgeempfänger betrifft, nicht die Sozialgerichte, sondern die allgemeinen Verwaltungsgerichte zuständig sind (vgl. BVerwG Bd. 19, 149, 150). Demgemäß hat auch der 10. Senat des BSG (Urteil vom 11.12.68 - 10 RV 606/65) in einem ähnlichen Fall, in dem die Versorgungsbehörde von dem Fürsorgeträger nachträglich den Ersatz von Heilbehandlungskosten begehrte, die von ihr ohne Rechtsgrund getragen worden seien, den Rechtsweg zu den Sozialgerichten grundsätzlich nicht für zulässig gehalten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der durch das Erste Neuordnungsgesetz zum BVG vom 27. Juni 1960 (BGBl. I 453) eingeführten Vorschrift des § 81 b BVG. Wenn hier bestimmt ist, daß die zur Leistung verpflichtete Stelle der Versorgungsbehörde deren Aufwendungen in dem Umfange zu ersetzen hat, wie sie ihr obgelegen hätten, sofern sich nachträglich herausstellt, daß anstelle der Versorgungsbehörde eine andere Behörde oder ein öffentlich-rechtlicher Versicherungsträger zur Leistung verpflichtet gewesen wäre, so ist damit über die Rechtsnatur der Leistung, zu der die "andere Behörde" verpflichtet gewesen wäre, und damit zur Frage, welcher Rechtsweg zur Überprüfung der Leistung dieser anderen Behörde gegeben ist, nichts gesagt. Dieser Vorschrift, die überdies erst am 1. Juni 1960 in Kraft getreten ist, liegt der Rechtsgedanke des internen Leistungsausgleichs der öffentlich-rechtlichen Leistungsträger zugrunde (BSG 16, 222, 226). Dabei kann für den vorliegenden Fall dahinstehen, ob § 81 b BVG, wie das LSG und das Gutachten des Deutschen Vereins angenommen haben (ebenso BSG 16, 153), nur das ausdrücklich regelt, d. h. klarstellt, was auch schon vor Inkrafttreten dieser Vorschrift als Grundsatz des allgemeinen Verwaltungsrechts galt. Denn im vorliegenden Fall ist unabhängig von der Bedeutung dieser Vorschrift nur die aus fürsorgerechtlichen Grundsätzen hergeleitete Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers dem Grunde und der Höhe nach streitig. Die Prüfung, ob eine solche Leistungspflicht besteht, obliegt dem allgemeinen Verwaltungsgericht. Daran hat § 81 b BVG nichts geändert. Dies wird von Pappai in ZfS 1962, 196, 199 nicht hinreichend beachtet, wenn er meint, bei einem Streit über einen Ersatzanspruch nach § 81 b BVG seien in jedem Fall die Sozialgerichte zuständig. Das BSG hat in dem bereits genannten Urteil vom 11. Dezember 1968 in einem ähnlichen Fall den gleichen Rechtsstandpunkt vertreten und nur deshalb in der Sache entschieden, weil die Versorgungsbehörde dort ihre Forderung nicht als selbständige Klageforderung, sondern nur verteidigungsweise im Wege der Aufrechnung geltend gemacht hatte, weshalb die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Sozialgerichten ausnahmsweise gegeben war. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.
Da sonach das angefochtene Urteil des Landessozialgerichts (LSG) - wie auch das des SG - zu Unrecht den Rechtsweg zu den Sozialgerichten gemäß § 51 SGG für gegeben gehalten haben, waren die Urteile aufzuheben. Der Kläger hat in der Revisionsinstanz den Hilfsantrag gestellt, den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main zu verweisen. Eine Verweisung nach § 52 Abs. 3 SGG kann auch noch in der Revisionsinstanz ausgesprochen werden (vgl. BSG 2, 29, Urteil des erkennenden Senats vom 27.11.64 in BVBl. 1965, 45 und Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl. S. 155). Die Verweisung kann in der Revisionsinstanz auch noch erstmals beantragt werden (gleicher Auffassung: Stein/Jonas, ZPO, 18. Aufl. Bd. I § 276 VII S. 10; ebenso: Peters/Sautter/Wolff, Komm. zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl., Anm. 3 a zu § 52 SGG S. 140/1). § 52 Abs. 3 SGG bestimmt ohne Einschränkung, daß der Kläger den Antrag auf Verweisung bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung stellen kann, auf die das Urteil ergeht. Demgemäß hat auch das BSG im Urteil vom 10. November 1955 (BSG 2, 23, 29) auf den "in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überreichten Hilfsantrag" eine Verweisung ausgesprochen. Zwar ist für den Bereich der Zivilprozeßordnung (ZPO) die Zulässigkeit eines solchen, in der Revisionsinstanz erstmals gestellten Antrags früher zum Teil verneint worden (vgl. Urteil des Reichsgerichts - RG - vom 24.4.1934 in Warneyer 1934 Nr. 161 S. 334/35 sowie RGZ 130, 53, 55, wo eine Verweisung in der Revisionsinstanz wegen § 565 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht für zulässig gehalten worden ist).
In RGZ 165, 374, 383, 384 hat das RG jedoch in einem Fall, in dem beide Vordergerichte ihre Unzuständigkeit angenommen hatten, der Kläger aber erst in der Revisionsinstanz hilfsweise einen Verweisungsantrag gestellt, d. h. "nachgeholt" hatte, keine Bedenken gehabt, dem Antrag zu entsprechen. Dies steht auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Verweisung, die der Beschleunigung des Verfahrens und der Vermeidung von Zeit- und Geldverlusten dienen soll (vgl. BGHZ Bd. 38, 289, 293).
Nach alledem war der Rechtsstreit gemäß § 52 Abs. 3 SGG an das vom erkennenden Senat für zuständig gehaltene Verwaltungsgericht Frankfurt (Main) zu verweisen (§ 52 Nr. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung).
Die Entscheidung über die Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens bleibt in entsprechender Anwendung des § 98 Abs. 3 SGG dem Verwaltungsgericht überlassen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27.11.64 in BVBl. 1965, 46 am Ende und BSG 2, 29).
Fundstellen