Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmer iS des KSVG. Abgabepflicht. Volksbildungswerk. Konzertdirektion
Orientierungssatz
1. Unternehmer, die einen der in § 24 Abs 2 Nr 2 KSVG genannten Zwecke verfolgen, unterliegen auch dann der Abgabepflicht, wenn sie nicht privatrechtlich, sondern öffentlich-rechtlich organisiert sind.
2. Für die Eigenschaft eines Unternehmers iS des § 24 KSVG ist jede nachhaltige, dh nicht nur gelegentliche Tätigkeit ausreichend, mit der Einnahmen erzielt werden sollen, ohne daß darüber hinaus auch ein Gewinn erstrebt zu werden braucht.
3. Verfügt ein Volksbildungswerk nicht über ein eigenes Orchester, sondern veranstaltet es die Konzerte mit fremden, in den meisten Fällen dafür honorierten Musikern, betätigt es sich insoweit wie eine Konzertdirektion. Es erfüllt damit sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 24 Abs 1 Nr 2 KSVG und unterliegt deshalb grundsätzlich der Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung.
Normenkette
KSVG § 24 Abs 1 Nr 2 Fassung: 1981-07-27; KSVG § 24 Abs 2 Nr 2 Fassung: 1981-07-27
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Entscheidung vom 26.11.1987; Aktenzeichen L 4 Kr 30/86) |
SG Nürnberg (Entscheidung vom 08.04.1986; Aktenzeichen S 7 Kr 26/84) |
Tatbestand
Der klagende Landkreis wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem seine Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung festgestellt worden ist. Er ist Träger eines Volksbildungswerks, das auch Musikaufführungen veranstaltet (von März 1983 bis Ende 1985 ua zwölf Konzerte); den Musikern werden in den meisten Fällen Honorare gezahlt, überwiegend wird auch Eintrittsgeld erhoben.
Nach Ansicht der Beklagten betätigt sich das Volksbildungswerk als Konzertdirektion; es sei deshalb nach § 24 Abs 1 Nr 2 des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) abgabepflichtig (Bescheid vom 8. November 1983 und Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 1984).
Das Sozialgericht (SG) Nürnberg hat die Klage abgewiesen, das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteile vom 8. April 1986 und vom 26. November 1987). Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt: Das Volksbildungswerk des Klägers werde mit der Veranstaltung von Konzerten, für die es Eintrittsgeld verlange, wie eine Konzertdirektion tätig, auch wenn es sich nicht so bezeichne. Es handele auch als Unternehmer iS des § 24 KSVG. Dafür genüge, wie im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung und im Umsatzsteuerrecht, jede auf Erzielung von Einnahmen gerichtete Tätigkeit, wenn sie nachhaltig, dh nicht nur gelegentlich, ausgeübt werde; das treffe bei der Aufführung von sechs bis acht Konzerten im Jahr zu.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger, das Berufungsgericht habe § 24 KSVG unrichtig angewendet. Der erste Absatz der Vorschrift erfasse nur sog professionelle Vermarkter von künstlerischen und publizistischen Leistungen, dies seien in der Regel private Unternehmer; der zweite Absatz beziehe darüber hinaus auch Einrichtungen ein, die vorrangig öffentliche Aufgaben zu erfüllen hätten. Da die vom Volksbildungswerk wahrgenommenen öffentlichen Aufgaben in der abschließenden Aufzählung des § 24 Abs 2 KSVG nicht genannt seien, sei der Kläger nicht abgabepflichtig, zumal die Absicht der Erzielung von Einnahmen bei ihm völlig in den Hintergrund trete.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. November 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 1984 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie widerspricht der Auslegung des § 24 KSVG durch den Kläger. Ihrer Ansicht nach soll die zusätzliche Erwähnung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts in § 24 Abs 2 Nr 2 KSVG nur klarstellen, daß auch solche Unternehmer abgabepflichtig seien, die eine öffentliche Aufgabe erfüllten; damit solle jedoch nicht die Anwendung des ersten Absatzes des § 24 KSVG auf private Unternehmer beschränkt werden.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat - wie schon das SG - den angefochtenen Bescheid der Beklagten, mit dem die Abgabepflicht des Klägers nach § 24 Abs 1 Nr 2 KSVG - dieses in der hier noch anzuwendenden Fassung vom 27. Juli 1981 mit den Änderungen vom 18. Dezember 1987 (BGBl I 1981 S 705 und 1987 S 2794) - festgestellt worden ist, zutreffend für rechtmäßig erklärt.
Das LSG ist mit Recht davon ausgegangen, daß die Beklagte über die Abgabepflicht nach § 24 KSVG gesondert entscheiden, sie also zunächst nur dem Grunde nach feststellen durfte. Die Zulässigkeit dieses Verfahrens hat der Senat in einem Urteil vom selben Tage bejaht und näher begründet, darauf wird verwiesen (12 RK 1/86).
Dem LSG ist auch in der Sache zuzustimmen. Der Senat folgt nicht der Ansicht des Klägers, der seine Abgabepflicht nach dem KSVG vor allem deswegen bestreitet, weil das von ihm getragene Volksbildungswerk öffentliche Aufgaben zu erfüllen habe; die Wahrnehmung solcher Aufgaben führe, wie der Kläger meint, nur bei den in Absatz 2 des § 24 KSVG Genannten zur Abgabepflicht, zu denen gehöre er aber nicht.
Wenn § 24 KSVG in Absatz 1 nur "Unternehmer", in Absatz 2 Nr 2 dagegen neben Unternehmern auch noch "juristische Personen des öffentlichen Rechts" ausdrücklich erwähnt, so dient dies, wie in dem genannten Urteil des Senats dargelegt ist, lediglich der Klarstellung. Der Gesetzgeber hat damit nur Zweifel darüber beseitigen wollen, daß Unternehmer, die einen der in § 24 Abs 2 Nr 2 KSVG genannten Zwecke verfolgen, auch dann der Abgabepflicht unterliegen, wenn sie nicht privatrechtlich, sondern öffentlich-rechtlich organisiert sind. Die Anwendung der Vorschrift beschränkt sich jedoch nicht auf öffentlich-rechtliche Unternehmer, wie umgekehrt der Absatz 1 des § 24 KSVG nicht nur für privatrechtliche Unternehmer gilt. Um Mißverständnisse dieser Art auszuschließen, sollen deshalb künftig die beiden ersten Absätze des § 24 KSVG in einem einzigen Absatz zusammengefaßt werden; dabei wird eine ausdrückliche Erwähnung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht mehr für erforderlich gehalten, weil "auch sie unter den Begriff des Unternehmens im sozialversicherungsrechtlichen Sinne fallen"; für die Frage der Abgabepflicht sei "unerheblich, ob die unternehmerische Tätigkeit in privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Form betrieben wird" (BT-Drucks 11/2964, S 18, zu Nr 5).
Kann somit auch der Kläger trotz der von ihm wahrgenommenen öffentlichen (kulturpolitischen) Aufgaben ein Unternehmer iS des § 24 KSVG sein, dann ist auf ihn auch Absatz 1 Nr 2 dieser Vorschrift anwendbar, der Unternehmer betrifft, die Theater- und Konzertdirektionen betreiben, sofern sie nicht ausschließlich eine vermittelnde Tätigkeit ausüben, was beim Volksbildungswerk des Klägers nicht der Fall ist.
Daß für die Eigenschaft eines Unternehmers iS des § 24 KSVG jede nachhaltige, dh nicht nur gelegentliche Tätigkeit ausreicht, mit der Einnahmen erzielt werden sollen, ohne daß darüber hinaus auch ein Gewinn erstrebt zu werden braucht, hat das LSG zutreffend ausgeführt. Es hat dazu festgestellt, daß der Kläger bei den von seinem Volksbildungswerk veranstalteten Konzerten (sechs bis acht jährlich) überwiegend Einnahmen erzielt. Da er nicht über ein eigenes Orchester verfügt, sondern die Konzerte mit fremden, in den meisten Fällen dafür honorierten Musikern veranstaltet, betätigt er sich insoweit wie eine Konzertdirektion. Er erfüllt damit sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 24 Abs 1 Nr 2 KSVG und unterliegt deshalb grundsätzlich der Abgabepflicht zur Künstlersozialversicherung. Inwieweit ihn auch eine konkrete Abgabeschuld trifft, hängt davon ab, in welchem Umfange er für die von ihm beanspruchten künstlerischen Leistungen Entgelte zahlt (§ 25 KSVG). Der Senat hat hiernach die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG als unbegründet zurückgewiesen und über die Kosten nach § 193 SGG entschieden.
Fundstellen