Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz. Diplomingenieur bei VEB Gebäudewirtschaft (ehemals VEB Kommunale Wohnungsverwaltung). volkseigener Produktionsbetrieb bzw. gleichgestellter Betrieb. Abgrenzung von volkseigenem Betrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Der VEB Gebäudewirtschaft ist weder ein volkseigener Produktionsbetrieb noch ein durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellter Versorgungsbetrieb (Gas, Wasser, Energie).
2. Volkseigene Produktionsbetriebe waren nur solche der Industrie und des Bauwesens. Sie wurden gerade von den “volkseigenen Betrieben” sowie den Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) und den anderen wirtschaftsleitenden Organen in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. Handel, Dienstleistungen, Landwirtschaft etc.) wegen ihres Aufgabenschwerpunktes der industriellen Produktion oder der Erstellung von Bauwerken abgegrenzt.
Normenkette
AAÜG § 1 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 5, § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1, 3 S. 1; EinigVtr Art. 9 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 20. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 23. Juli 1964 bis zum 30. April 1979 als Zugehörigkeitszeiten iS von § 5 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) und die hieraus erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.
Der am 20. Mai 1938 geborene Kläger, ein gelernter Bauglaser, bestand am 23. Juli 1964 die staatliche Technikerprüfung und durfte die Berufsbezeichnung „Techniker” führen, ferner legte er am 25. Mai 1973 die staatliche Ingenieurprüfung in der Fachrichtung Hochbau an der Ingenieurschule für Bauwesen in L. ab und durfte seither die Berufsbezeichnung „Ingenieur” führen. Ab April 1963 war er beim VEB Kommunale Wohnungsverwaltung, dem späteren VEB Gebäudewirtschaft K. zunächst als technischer Sachbearbeiter, ab Januar 1968 als Abteilungsleiter, ab November 1973 als Leiter der Bautechnischen Abteilung und stellvertretender Direktor für Produktion und Technik, von Juni bis Oktober 1976 als amtierender Direktor für Produktion und Technik sowie von November 1976 bis zum 30. April 1979 als Bereichsleiter Technik beschäftigt. Danach war er von Mai 1979 über den 30. Juni 1990 hinaus beim VEB Schraubenwerk K. als Mitarbeiter Investvorbereitung angestellt.
Der beklagte Versorgungsträger stellte in dem Bescheid vom 21. Januar 2000 die Beschäftigungszeit vom 1. Mai 1979 bis zum 30. Juni 1990 beim VEB Schraubenwerk K. als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die während dieser Zeit erzielten Entgelte fest. Den Antrag, auch Beschäftigungszeiten vor Mai 1979 und die daraus erzielten Entgelte festzustellen, lehnte die Beklagte ab, weil der Kläger damals in einem Betrieb gearbeitet habe, der kein Produktionsbetrieb gewesen und einem volkseigenen Produktionsbetrieb auch nicht gleichgestellt gewesen sei. Der Widerspruch, der VEB Gebäudewirtschaft habe mit seinen vier Betriebsteilen für Produktionsleistungen fachlich der bezirksgeleiteten volkseigenen Bauindustrie des Bezirkes K. angehört, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2000 zurückgewiesen, weil es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb gehandelt habe.
Das Sozialgericht (SG) Chemnitz hat die Klage durch Urteil vom 19. Januar 2001 abgewiesen. Der Kläger habe keine Versorgungszusage erhalten. Die kommunale Wohnungsverwaltung K., später VEB Gebäudewirtschaft K., sei kein volkseigener Produktionsbetrieb und einem solchen nicht gleichgestellt gewesen.
Mit seiner Berufung trug der Kläger vor, der VEB Gebäudewirtschaft sei für die Errichtung und Betreibung von Wärmeenergieerzeugungs-, Wärmeenergiefortleitungs- und Wärmeumformungsanlagen zur Versorgung aller Objekte des komplexen Wohnungsneubaues und staatlicher Einrichtungen im Bereich Wohnungswesen, Bildungswesen, Gesundheitswesen, Sozialwesen, Kultur und Sport zuständig gewesen. Er sei deshalb als Versorgungsbetrieb iS von § 1 Abs 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung (≪2. DB≫ zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben) vom 24. Mai 1951 (GBl Nr 62 S 487) ein gleichgestellter Betrieb gewesen. Das Sächsische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung durch Urteil vom 20. Juni 2001 zurückgewiesen. Im streitigen Zeitraum sei der Kläger nicht in einem Produktionsbetrieb und auch nicht in einem diesem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Betriebe der Wohnungswirtschaft, wie der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung und der spätere VEB Gebäudewirtschaft K., seien im Rahmen der Gleichstellungsregelung nicht benannt. Es sei auch unerheblich, wenn der VEB Gebäudewirtschaft für die von ihm zu erbringenden Produktionsleistungen fachlich der bezirksgeleiteten volkseigenen Bauindustrie zugeordnet gewesen sei; eine derartige fachliche Zuordnung sei auf Grund der Aufgaben des VEB Gebäudewirtschaft, als Hauptauftraggeber für Bauleistungen zu fungieren, nicht ungewöhnlich. Der Betrieb habe zB bezüglich der Verwaltung des Wohnungsbestandes dem Bereich Wohnungspolitik der örtlichen Räte unterstanden. Aus einer solchen aus der Sicht der sozialistischen Planwirtschaft erfolgten Zuordnung ließen sich keine Schlüsse auf das Profil der betrieblichen Tätigkeit ziehen. Unerheblich sei auch, dass die Tätigkeit des Klägers, wäre sie in einem Energiekombinat erbracht worden, der Zusatzversorgung zuzuordnen wäre.
Mit seiner – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 5 bis 8 AAÜG. Ferner werde eine falsche Auslegung der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl Nr 93 S 844) iVm der 2. DB zu dieser Verordnung gerügt. Es komme auf die Zielsetzungen der DDR-Gesetzgebung und auf die DDR-Problemstellungen an, die mit den DDR-gesetzlichen Formulierungen gelöst werden sollten. Der DDR-Gesetzgeber habe durch die Verwendung des Begriffes der volkseigenen Produktionsbetriebe nur deutlich machen wollen, dass private Eigentumsformen von Produktionsbetrieben nicht erfasst werden sollten. Eine Ausgrenzung volkseigener Betriebe, die nicht schwerpunktmäßig selbst Produktionsbetriebe gewesen seien, könne auch der 2. DB nicht entnommen werden. Aus der Sicht der DDR-Führung hätten aber die vorliegenden Verordnungen aus den Jahren 1950/51 nicht an die gesellschaftlichen Veränderungen angepasst werden müssen, weil Möglichkeiten vorgesehen gewesen seien, den Kreis der Versorgungsberechtigten sehr zu erweitern. Die Auslegung der Verordnung und der 2. DB zeige aber eindeutig, dass alle volkseigenen Betriebe gemeint gewesen seien. Der Ausdruck „volkseigene Produktionsbetriebe” finde sich nur einmal, während die Versorgungsregelungen sonst nur von den volkseigenen Betrieben sprächen. Es gehe um die Anerkennung einer Lebensleistung.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Sächsischen LSG vom 20. Juni 2001 und des SG Chemnitz vom 19. Januar 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Ablehnung der erhobenen Feststellungsansprüche zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 23. Juli 1964 bis zum 30. April 1979 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr 1 zum AAÜG) sowie die in dieser Zeit tatsächlich bezogenen Entgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das LSG habe bindend festgestellt, dass der fragliche Betrieb der Wohnungsverwaltung/Gebäudewirtschaft kein Versorgungsbetrieb (Gas, Wasser, Energie) sei. Die zweifelsohne erbrachten Versorgungsleistungen hätten dem Gesamtbetrieb nicht das Gepräge eines Versorgungsbetriebes gegeben. Bezogen auf den Einzugsbereich (Betriebe) komme es darauf an, dass einschlägige Beschäftigungen nur dann als Zeiten der Zugehörigkeit festgestellt werden könnten, wenn auf erste Sicht (generell) erkennbar sei, dass es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder einen explizit gleichgestellten Betrieb gehandelt habe.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig. In der Revisionsbegründung wurde noch hinreichend verdeutlicht, dass der Kläger eine Verletzung von Bundesrecht im Blick auf die §§ 5 bis 8 AAÜG rügt. Das Revisionsgericht darf das Urteil des LSG nur daraufhin überprüfen, ob es Bundesrecht iS von § 162 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verletzt hat. Hierzu gehören von der DDR oder ihren Untergliederungen erlassene Vorschriften nur soweit und nur in dem Sinne, wie sie auf Grund eines Bundesgesetzes zu Bundesrecht erklärt worden und inhaltlich bundesrechtskonform sind (Art 9 des Einigungsvertrages ≪EinigVtr≫).
Die Revision ist unbegründet. Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen, weil dieses die zulässigen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen im Einklang mit dem Bundesrecht abgewiesen hat. Denn die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind rechtmäßig, weil dem Kläger die erhobenen Ansprüche auf Daten-Feststellungen nicht zustehen.
Einzige Anspruchsgrundlage ist § 8 Abs 3 Satz 1 AAÜG.
Dieses Gesetz ist hier nach seinem § 1 Abs 1 Satz 1 anwendbar, obwohl der Kläger in der DDR in kein Versorgungssystem einbezogen worden war. Ihm war durch keine Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelentscheid, Einzelvertrag) eine konkretisierte Aussicht auf Versorgungsleistungen zuerkannt worden, die gemäß Art 19 EinigVtr bundesrechtlich hätte bindend werden können.
Gleichwohl stand ihm ausschließlich nach Bundesrecht bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 eine Versorgungsanwartschaft zu, weil die von der DDR erlassenen Regelungen des Versorgungssystems am 3. Oktober 1990 partielles und sekundäres (sowie nur insoweit revisibles) Bundesrecht geworden waren, soweit sie gemäß Art 9 Abs 2 EinigVtr mit dem originären Bundesrecht, insbesondere mit dem GG und dem unmittelbar anwendbaren europäischen Recht, vereinbar waren. Danach aber stand von diesem Zeitpunkt ab nach Maßgabe bundesrechtskonform ausgelegten Versorgungsrechts derjenige einem von der DDR in ein Versorgungssystem Einbezogenen rechtlich gleich, der auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen Tatsachen nach den abstrakt-generellen Regelungen der Versorgungssysteme, soweit sie bundesrechtlich ausgelegt eine gebundene Verwaltung vorsahen, einen Anspruch auf Einbeziehung durch Einzelfallregelung (Anspruch auf Versorgungszusage) hatte. Denn nach dem ab 3. Oktober 1990 gültigen Bundesrecht kommt der Einbeziehung durch Einzelfallregelung seither keine rechtsbegründende, sondern nur rechtsfeststellende Bedeutung zu. Hierzu näher wie folgt:
Voraussetzung der Geltung des AAÜG ist nach § 1 Abs 1 Satz 1 dieses Gesetzes, dass der Betroffene zum 1. August 1991 nach Bundesrecht Ansprüche oder Anwartschaften auf Grund der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem hatte.
Am 1. August 1991 bestand eine „Zugehörigkeit” zu einem Versorgungssystem grundsätzlich nur, wenn jemand durch einen nach Art 19 EinigVtr bindend gebliebenen Verwaltungsakt (im bundesrechtlichen Sinn) der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art 19 Satz 2 oder 3 EinigVtr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Der EinigVtr (Art 9 Abs 2 iVm Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 ≪EV Nr 9≫ Buchst a; aaO Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8 ≪EV Nr 8≫) hat Neueinbeziehungen ab 3. Oktober 1990 ausdrücklich untersagt (EV Nr 9 Buchst a Satz 1) und durch EV Nr 8 iVm § 22 des Rentenangleichungsgesetzes (RAnglG) der DDR bekräftigt, dass Neueinbeziehungen seit dem 1. Juli 1990 (Beginn der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion) nicht wirksam werden könnten. Die Anordnung, bis zum 31. Dezember 1991 „die leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Versorgungssysteme weiter anzuwenden”, bezog sich daher grundsätzlich nur auf Personen, die am Tag vor dem 1. Juli 1990 in ein Versorgungssystem konkret einbezogen waren (stRspr seit BSGE 72, 50, 61 ff), ferner hier auf solche, die an diesem Stichtag in eine „Versorgungsanwartschaft” iS von EV Nr 9 ohne spezifische Versorgungszusage einbezogen waren, weil in dem System ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war (BSG SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9, dort Nr 2).
§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG hat das grundsätzliche Verbot der Neueinbeziehung nicht aufgehoben, aber modifiziert. Dieses Gesetz spricht (anders als EV Nr 9) nicht von der Einbeziehung in ein Versorgungssystem, die nur durch einen DDR-Akt erfolgt sein konnte, sondern von einer Berechtigung „auf Grund der Zugehörigkeit” zu einem Versorgungssystem. Dies bedeutet eine rechtliche Erweiterung des potenziell vom AAÜG ab 1. August 1991 erfassten Personenkreises. Zum einen wird der möglichen Korrektur von Unrechtsakten durch Art 19 Satz 2 und 3 EinigVtr sowie der Möglichkeit von Rehabilitierungsentscheidungen Rechnung getragen; zum anderen wird dadurch ein Wertungswiderspruch zu § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG vermieden; danach gilt das Gesetz auch für einige Personen, die am maßgeblichen Tag vor der Schließung der Versorgungssysteme am 1. Juli 1990 in der DDR Nichteinbezogene waren und stellt sie den einbezogenen Anwartschaftsberechtigten unter der Voraussetzung gleich, dass sie früher von der DDR konkret einbezogen worden waren, aber inzwischen nach den Regeln der Systeme (also nicht durch einen unter Art 19 Satz 2 oder 3 fallenden Unrechtsakt der DDR) ausgeschieden waren.
Wegen dieser bundesrechtlichen Erweiterung des persönlichen Geltungsbereichs des AAÜG über den EV Nr 9 hinaus drohte ein Wertungswiderspruch zwischen § 1 Abs 1 AAÜG und den zu sekundärem Bundesrecht gewordenen, also inhaltlich mit dem originären Bundesrecht gemäß Art 9 Abs 2 EinigVtr vereinbaren Regelungen der Versorgungssysteme, die auch noch am 31. Juli 1991 (und bis zu Beginn des 31. Dezember 1991) galten. Der Widerspruch hätte in einer nach den bundesrechtlichen Kriterien des Art 3 Abs 1 GG sachlich nicht zu rechtfertigenden, weil DDR-Willkür in den bundesrechtlichen Maßstabsnormen fortführenden Unterscheidung innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen bestanden. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen waren, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme ausgeschieden waren, wurden anders behandelt als am 30. Juni 1990 Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hatten, aber im Regelfall aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürfen (Art 3 Abs 3 GG), nicht einbezogen waren.
Deswegen ist § 1 Abs 1 AAÜG verfassungskonform ausdehnend so auszulegen, dass eine Versorgungsanwartschaft „aufgrund der Zugehörigkeit” bei am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen nicht nur in den Fällen der Gleichstellung durch Abs 1 Satz 2 aaO und der Versorgungsanwartschaften aus Systemen ohne konkreten Einbeziehungsakt (wie allein auf Grund des EinigVtr – siehe oben) besteht, sondern auch dann, wenn jemand auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach der am 31. Juli 1991 gegebenen bundesrechtlichen Rechtslage einen „Anspruch auf Versorgungszusage” nach den bundesrechtlichen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hätte.
Im Blick auf die AVItech ergeben sich diese Regeln aus den Texten der Verordnung vom 17. August 1950 und aus der 2. DB hierzu, während die Erste DB (1. DB) vom 26. September 1950 (GBl Nr 111 S 1043) nur historisch-heuristische Bedeutung für die Auslegung hat. Dabei kommt es für das Sprachverständnis auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR grundsätzlich am 2. Oktober 1990 an, an welchen der Bundesgesetzgeber angeschlossen hat. Die Regelungen über die Zuteilung von Versorgungszusagen (§ 3 der 2. DB) sind nicht Bundesrecht geworden, weil sie schon wegen des Einbeziehungsverbots gegenstandslos und ferner elementar rechtsstaatswidrig waren. Ebenso wurden alle Regelungen kein Bundesrecht, die eine bewertende oder Ermessensentscheidung eines Betriebes, Direktors, einer staatlichen Stelle der DDR etc vorsahen, weil die dafür erforderlichen Entscheidungen nur auf der Grundlage des von der SED-Ideologie geprägten Systems getroffen werden könnten, wie die Revisionsbegründung zutreffend darstellt; es ist im Bundesrecht schlechthin ausgeschlossen, solches nachzuholen. Dadurch sollte, wie der Kläger anschaulich vorträgt, dem Regime ermöglicht werden, jemanden einzubeziehen, der die – scheinbar obligatorischen – Voraussetzungen nicht erfüllte, während solche, die sie erfüllt hatten, ua schon durch das von ihnen nicht beeinflussbare Antragsverfahren ausgeschlossen werden konnten. Dieses Machtmittel willkürlicher Zuteilung und Vorenthaltung von Begünstigungen (Belohnungen) diente im totalitären Staat erstrangig der Förderung von „Wohlverhalten” und sanktionierte erkennbar gewordene Distanz zum SED-Regime. Schon deshalb sind nur solche Regelungen überhaupt am 3. Oktober 1990 Bundesrecht geworden, die bundesrechtlich als zwingende Bestimmungen gebundenen Verwaltungshandelns der Funktionsnachfolger verstanden werden konnten. Hierzu gehören im Blick auf die „Zugehörigkeit” und „Versorgungsanwartschaft” iS von § 1 Abs 1 AAÜG für den Bereich der AVItech im Wesentlichen § 1 der Verordnung vom 17. August 1950 in der Bedeutung, die er durch § 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 sowie § 2 der 2. DB gefunden hat. Die anderen Texte haben hierfür nur ergänzende Bedeutung im Zusammenhang mit der „historischen” Auslegung dieses dem Deutschen Bundestag zuzurechnenden Bundesrechts.
Auf Grund dieser – auf die Lage beim Übergang vom DDR-Recht zum Bundesrecht begrenzten, weil sonst das (in sich verfassungsgemäße) Verbot der Neueinbeziehung unterlaufende – verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs 1 AAÜG ist dieses Gesetz überhaupt auf den Kläger anwendbar. Sie vermeidet – entgegen der Ansicht der Beklagten – zugleich, den am 3. Oktober 1990 gegebenen Kreis der einbezogenen Versorgungsberechtigten unabsehbar und mit unkalkulierbaren finanziellen Folgen zu erweitern.
Der Kläger hatte am 30. Juni 1990 sämtliche Voraussetzungen für eine obligatorische Einbeziehung in das Versorgungssystem erfüllt; es hätte also „nur noch” das nicht zu Bundesrecht gewordene Zuteilungsverfahren des § 3 der 2. DB durch Erteilung der Versorgungszusage abgeschlossen werden müssen. Auf Grund der in dem Bescheid vom 21. Januar 2000 vom beklagten Versorgungsträger getroffenen Feststellungen steht für den Senat bindend (§ 77 SGG) fest, dass der Kläger am 30. Juni 1990 nach beruflicher Qualifikation, ausgeübter Beschäftigung und Qualität des Arbeitgebers alle Voraussetzungen für eine obligatorische Einbeziehung nach § 1 der 2. DB erfüllt hatte. Er hat im maßgeblichen Zeitpunkt als Ingenieur eine qualifikationsgemäße Beschäftigung bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb verrichtet. Der Kläger gehörte somit am 1. August 1991 wegen seines Anspruchs auf Versorgungszusage gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG zu dem Versorgungssystem der AVItech; hieraus hatte er bundesrechtlich an diesem Tage eine Versorgungsanwartschaft.
Die Entscheidung der Beklagten, dass die umstrittenen Beschäftigungszeiten keine Zugehörigkeitszeiten iS von § 5 Abs 1 AAÜG und damit keine Tatbestände von gleichgestellten Pflichtbeitragszeiten iS des SGB VI sind, ist nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG richtig. Das Berufungsgericht hat in allen für die Entscheidung des Rechtsstreits insoweit wesentlichen Fragen richtig und mit zutreffender Begründung entschieden. Die Revision verkennt, dass bei Anwendung des § 5 AAÜG (anders als in § 1 Abs 1 AAÜG) die von der DDR erlassenen Regelungen nur faktische Anknüpfungspunkte, historische Erkenntnisquellen dafür sind, ob in der DDR nach dem Stand der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 (vgl § 5 Abs 2 AAÜG) eine Beschäftigung ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war. Daher ist die materielle Rüge der Verletzung von Regeln der Versorgungssysteme in diesem Zusammenhang unzulässig.
Die streitigen Beschäftigungszeiten vom 23. Juli 1964 bis zum 30. April 1979 könnten nur dann Zugehörigkeitszeiten iS von § 5 Abs 1 AAÜG sein, wenn die Beschäftigungen bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder bei einem der Art nach in § 1 Abs 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb verrichtet worden wären. Das Berufungsgericht, hat festgestellt: Der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung/VEB Gebäudewirtschaft K. ist vorwiegend für die Organisation und die reibungslose Abwicklung der Maßnahmen zur komplexen Instandsetzung und Rekonstruktion der Gebäude und Wohnungen verantwortlich gewesen. Die das Profil des Betriebes bestimmende Hauptarbeit hat sich auf verwaltende Bereiche beschränkt und nicht auf die Produktion gerichtet. Dies ist ebenso wenig mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen worden wie die Feststellung, dass es sich bei dem Betriebsteil „Wärmeversorgung” nicht um einen selbständigen Betrieb gehandelt, sondern dieser nur Teilaufgaben des Gesamtbetriebs realisiert hat. Das gleiche gilt für die Feststellung, dem VEB Gebäudewirtschaft seien eindeutig die Aufgaben der rationellen Verwaltung, Bewirtschaftung und Erhaltung des ihm übertragenen Wohnbestandes einschließlich der unbebauten Grundstücke übertragen worden.
Vor diesem Hintergrund ist die rechtliche Folgerung, die der Kläger angreift, nicht zu beanstanden, es habe kein Produktionsbetrieb (und auch kein durch § 1 Abs 2 der 2. DB gleichgestellter Versorgungsbetrieb ≪Gas, Wasser, Energie≫) vorgelegen. Hierauf kommt es aber für die bundesrechtliche Frage an, ob die Beschäftigung „ihrer Art nach” von diesem Versorgungssystem erfasst war. Für die Antwort kann nur auf die sprachlich abstrakt-generellen und ihrem Wortlaut nach zwingenden Texte der 2. DB abgestellt werden. Diese erfassen nur Beschäftigungen bei „volkseigenen Produktionsbetrieben” und bei diesen durch § 1 Abs 2 der 2. DB (der Art nach) gleichgestellten Betrieben. Die 2. DB konkretisiert im Übrigen nur, was schon in § 1 der 1. DB angesprochen worden war, nämlich die Sicherung eines gehobenen Lebensstandards für ua Techniker, die in einem „Produktionsbetrieb” verantwortlich sind. Volkseigene Produktionsbetriebe waren aber nur solche der Industrie und des Bauwesens (jedenfalls seit § 49 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten des volkseigenen Produktionsbetriebes vom 9. Februar 1967 ≪GBl II Nr 21 S 121, 133≫; dazu näher Senatsurteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R – zur Veröffentlichung vorgesehen). Die „volkseigenen Produktionsbetriebe” wurden gerade den „volkseigenen Betrieben” sowie den Vereinigungen Volkseigener Betriebe (VVB) und den anderen wirtschaftsleitenden Organen in den anderen Bereichen der Volkswirtschaft (zB Handel, Dienstleistungen, Landwirtschaft etc) wegen ihres Aufgabenschwerpunktes der industriellen Produktion oder der Erstellung von Bauwerken gegenübergestellt (zuletzt § 41 der Verordnung vom 8. November 1979, GBl Teil I Nr 38, S 355, 366).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen