Leitsatz (amtlich)
1. Nimmt die See-Berufsgenossenschaft einen Gemeindeverband oder eine Gemeinde auf Grund der Haftungsvorschrift des RVO § 1184a für uneinziehbare Beiträge in Anspruch, so handelt es sich dabei weder um einen Anspruch auf Leistungen im Sinne des SGG § 144 Abs 1 noch um eine Ersatz- oder Erstattungsstreitigkeit im Sinne des SGG § 149 S 1. Die Berufung ist daher nicht nach SGG §§144, 149 ausgeschlossen.
2. Beansprucht ein Träger der Sozialversicherung die Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht von einer Körperschaft öffentlichen Rechts, so kann er seine Forderung nicht durch Erfolg eines Verwaltungsaktes geltend machen.
In einem derartigen Fall kann daher das Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer Leistungsklage nach SGG § 54 Abs 5 nicht verneint werden.
3. Die Gemeindeverbände oder Gemeinden haften nach dem Gesetz über die Ausdehnung der Invalidenversicherung auf Küstenschiffer und Küstenfischer (Ausdehnungsgesetz) § 4 Abs 5 vom 1940-08-20 (RGBl 1 1940, 1153) iVm RVO § 1184a auch in der Invalidenversicherung für die uneinziehbaren Beiträge.
Leitsatz (redaktionell)
"Ersatzansprüche" sind nur solche Ansprüche, die das Gesetz einem öffentlichen Rechtsträger gegen einen anderen öffentlichen Rechtsträger zugesteht.
Normenkette
SGG § 149 S. 1 Fassung: 1953-09-03, § 54 Abs. 5 Fassung: 1953-09-03, § 144 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03; RVO § 1184a Abs. 2 Fassung: 1940-08-20; IVKSchifferG § 4 Abs. 5
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Juli 1955 wird zurückgewiesen mit Ausnahme der Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils, die aufgehoben wird.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Verschiedene in der beklagten Stadt Flensburg ansässige selbstständige Küstenfischer hatten ihre an die Klägerin zu entrichtenden Pflichtbeiträge zur Invalidenversicherung nicht gezahlt. Die im Auftrag der Klägerin von der Beklagten bei diesen Versicherten durchgeführten Zwangsversteigerungsmaßnahmen waren erfolglos. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte nach § 4 Abs. 5 des Gesetzes über die Ausdehnung der Invalidenversicherung auf Küstenschiffer und Küstenfischer (Ausdehnungsgesetz) vom 20. August 1940 (RGBl. I, Seite 1153) in Verbindung mit § 1184 a Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) für die uneinziehbaren Beiträge hafte und verlangte daher von dieser die Zahlung der rückständigen Beiträge. Auf die Weigerung der Beklagten erhob die Klägerin am 12. November 1954 Klage bei dem Sozialgericht in Hamburg mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung von 387,29 DM zu verurteilen. Die Klägerin ermäßigte die Klageforderung im Laufe des Verfahrens vor dem Sozialgericht auf 283,04 DM, weil die restlichen Beiträge inzwischen noch gezahlt waren.
Das Sozialgericht verurteilte die Beklagte am 13. Juli 1955 zur Zahlung der beantragten Summe und zur Erstattung der der Klägerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Kosten. Es ist der Auffassung, dass die Beklagte für die uneinziehbaren Beiträge der in ihrem Bezirk wohnenden Küstenfischer hafte. Nach § 4 Abs. 5 des "Ausdehnungsgesetzes" seien die Beiträge der Küstenfischer und Küstenschiffer zur Invalidenversicherung wie Beiträge zur Unfallversicherung zu entrichten. Damit sei der § 1184 a RVO nicht nur hinsichtlich der Art und Weise der Beitragszahlung, sondern auch hinsichtlich der Haftung der Gemeinden entsprechend anwendbar. Das Wort "entrichten" a. a. O. habe, da es isoliert stehe, nicht - wie im § 1184 a Abs. 1 RVO - die Bedeutung von "abführen". Es bezeichne nicht den technischen Zahlungsvorgang, sondern schließe, wie im allgemeinen Sprachgebrauch und im Steuerrecht, die Verpflichtung zur Zahlung ein; daher sei auch der § 1184 a Abs. 2 RVO entsprechend anwendbar. § 4 Abs. 5 a. a. O. verstoße auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, da die Vorschrift offenbar gerade mit Rücksicht auf die besondere Notlage des betroffenen Personenkreises erlassen sei.
Das Sozialgericht ließ in seinem Urteil die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der vorhandenen Rechtsfragen zu.
Gegen das ihr am 23. Juli 1955 zugestellte Urteil legte die Beklagte am 22. August 1955 unter Stellung eines Antrags Sprungrevision ein; gleichzeitig fügte sie die schriftliche Erklärung der Klägerin bei, in der diese sich mit der Einlegung der Sprungrevision einverstanden erklärte, und begründete die Revision.
Die Beklagte rügt die Verletzung des § 4 Abs. 5 des "Ausdehnungsgesetzes" in Verbindung mit § 1184 a RVO und die Verletzung des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Sie ist der Ansicht, dass das Wort "entrichten" im § 4 Abs. 5 nicht gleichbedeutend sei mit Zahlungsverpflichtung, sondern dass damit nur die verwaltungsmäßige Unterstützung der Klägerin durch die Gemeinden bei der Einziehung der Beiträge gesichert werden solle. Das ergäbe sich insbesondere daraus, dass das gedachte Wort im § 1184 a Abs. 1 RVO ebenfalls in diesem Sinne gebraucht werde; es müsse jedoch davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber denselben Begriff in einem Gesetz. auch mit einer einheitlichen Bedeutung verwende. Falls § 4 Abs. 5 a. a. O. die Gemeinden jedoch für uneinziehbare Beiträge der Küstenfischer zur Invalidenversicherung haften lassen wolle, so verstoße diese Vorschrift gegen den Gleichheitsgrundsatz, denn für andere Bevölkerungskreise in einer wirtschaftlich gleichwertigen Lage (Klein- und Kleinsthandwerker) sei eine derartige Haftung der Gemeinden nicht festgelegt.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klägerin abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuverweisen.
Sie ist der Ansicht, dass § 1184 a Abs. 2 RVO auf die Invalidenversicherung der Küstenfischer entsprechende Anwendung finde. § 4 Abs. 5 des "Ausdehnungsgesetzes" wolle nicht nur eine Verwaltungsvereinfachung bei der Beitragseinziehung herbeiführen, sondern er wolle auch - ebenso wie in der Unfallversicherung - die Entrichtung der Beiträge sicherstellen. Da die von der Bestimmung erfaßten Personenkreise oft nicht zur Zahlung in der Lage seien, wäre der Zweck des "Ausdehnungsgesetzes", diesen armen Bevölkerungsteil sozial ausreichend zu sichern, ohne die Haftung der Gemeinden nicht gewährleistet. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor, da dieser eine unterschiedliche Regelung für verschiedene Berufsgruppen nicht verbiete.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
I. Die mit Einwilligung der Klägerin eingelegte Revision ist statthaft.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG. 1, Seite 69; 2, Seite 135) ist die Einlegung einer Sprungrevision zwar nur in den Fällen des § 150 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, nicht dagegen dann, wenn das Urteil des Sozialgerichts schon nach § 143 SGG mit der Berufung angefochten werden konnte. Das Sozialgericht hat im vorliegenden Fall die Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG ausdrücklich zugelassen, offensichtlich deswegen, weil es die Berufung an sich als ausgeschlossen ansah. Diese Auffassung ist jedoch rechtsirrig. Weder aus § 144 Abs. 1 noch aus § 149 SGG - andere Vorschriften kommen hier nach Lage der Sache offenbar nicht in Frage - war die Berufung ausgeschlossen.
a) § 144 Abs. 1 SGG ist nur anwendbar, wenn es sich bei der mit der Klage geltend gemachten Forderung um einen Anspruch auf eine einmalige oder auf eine wiederkehrende Leistung für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen handelt. Wie der 8. Senat des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 30. August 1956 (BSG. 3, Seite 234) dargelegt hat, sind unter einmaliger Leistung im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG nur die Sozialleistungen des Staates oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verstehen. Ansprüche eines Versicherungsträgers gegen einen Versicherten oder gegen eine für die Schuld des Versicherten haftende Person sind dagegen keine Leistungen im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an; das erwähnte Urteil beschränkt sich zwar auf eine Erörterung des Begriffs "einmalige Leistungen"; es besteht jedoch kein Anlaß, die dort entwickelten Grundsätze nicht gleichermaßen auch auf wiederkehrende Leistungen anzuwenden, denn beide Arten von Leistungen sind, soweit es im § 144 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG auf den Begriff "Leistung" ankommt, durchaus gleichartig und nicht wesensverschieden.
Da es sich also im vorliegenden Fall nicht um einen Anspruch eines Versicherten auf eine Leistung im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG handelt, ist die Berufung nach dieser Vorschrift nicht ausgeschlossen.
b) § 149 Satz 1 SGG ist nur anwendbar, wenn es sich um eine zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts schwebende Ersatz- oder Erstattungsstreitigkeit mit einem Beschwerdewert von weniger als 300,- DM handelt. Im vorliegenden Fall sind die Parteien zwar Körperschaften des öffentlichen Rechts, der Beschwerdewert liegt - nach seiner Herabsetzung im Verfahren vor dem Sozialgericht durch die Klägerin - auch unter der Grenze von 200,- DM, doch handelt es sich nicht um eine der im § 149 Satz 1 SGG erwähnten Streitigkeiten. Nach der im Recht der Sozialversicherung und Versorgung üblichen Terminologie werden als "Ersatzansprüche" nicht Ansprüche auf Ersatzleistungen aller Art, sondern nur solche Ansprüche bezeichnet, die das Gesetz einem öffentlichen Rechtsträger gegen einen anderen öffentlichen Rechtsträger zugesteht, weil er eine Sozialleistung gewährt hat, deren wirtschaftlicher Wert nicht ihm sondern, dem anderen endgültig zur Last fallen soll. Es sind dies in der Hauptsache die Ersatzansprüche der Fürsorgeverbände gegen die Versicherungsträger wegen der einem Leistungsberechtigten gewährten Unterstützung (§§ 1531 ff. RVO), die Ansprüche der Versicherungsträger untereinander (z. B. §§ 224 Nr. 2, 486, 1505, 1518, 1524 RVO) und die Ansprüche der Krankenkassen nach § 21 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Der Ersatzanspruch im Sinne des § 149 SGG setzt eine Vorleistung des Ersatz Beanspruchenden voraus. Der § 149 SGG knüpft offenbar an den früheren § 1778 RVO an, der den Ausschluß der Revision bei Erstattungs- oder Ersatzansprüchen wegen vorübergehender Leistung kannte, wobei Leistungen im Sinne von Unterstützungen (Sozialleistungen) zu verstehen waren (vgl. Lehmann, Komm. zur RVO, Bd. 5, 4. Aufl. 1926, § 1778 Anm. 2). Der Ausschluß der Revision im § 1778 RVO hat denselben Zweck wie der Ausschluß der Berufung im § 149 SGG. Hat ein öffentlicher Rechtsträger eine Leistung erbracht, für die er selbst von einem anderen öffentlichen Rechtsträger Ersatz beansprucht, so soll der Streit über diesen Ersatzanspruch nicht mit einem unverhältnismäßigen Kostenaufwand ausgetragen werden, weil er wirtschaftlich für die öffentliche Hand keine große Bedeutung hat. Anders ist es bei dem vorliegenden Streit um die Haftung der Gemeinden. Hier begehrt die Klägerin keinen Ersatz für eine von ihr dem Versicherten gegenüber bereits erbrachte Leistung, bei der von dem Ausgang des Rechtsstreites nur finanzielle Belange öffentlicher Rechtsträger berührt würden, sondern die Zahlung der Versicherungsbeiträge durch die Beklagte anstelle der Versicherten; für diese kann daher die Entscheidung maßgeblich sein für Fragen der Erfüllung der Wartezeit, der Erhaltung der Anwartschaft und der Höhe der späteren Leistungen. Sie stellen also die Grundlage für einen Anspruch auf eine Leistung überhaupt dar; für derartige Haftungsansprüche ist die Berufung daher nicht ausgeschlossen.
Im vorliegenden Fall handelt es sich demnach nicht um eine Ersatzstreitigkeit im Sinne des § 149 SGG.
Eine Erstattungsstreitigkeit liegt aus den gleichen Gründen ebenfalls nicht vor, denn unter "Erstattung" ist die Rückgabe einer empfangenen Leistung oder der Ersatz für Auslagen zu verstehen.
c) Das Urteil des Sozialgerichts war somit nach § 143 SGG mit der Berufung anfechtbar, ohne dass eine besondere Zulassung der Berufung durch das Sozialgericht notwendig war oder erfolgen durfte. Damit war also nach § 161 SGG die Sprungrevision an sich nicht statthaft. Die Unrechtmäßigkeit der Zulassung ist jedoch nicht offensichtlich und verstößt für die Beteiligten nicht ohne weiteres erkennbar gegen das Gesetz. Daher ist das Revisionsgericht - entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (z. B. BSG. 2, Seite 135; 3, Seite 276) - aus Gründen des Vertrauensschutzes der Berechtigten an die - sachlich unzutreffende - Entscheidung des Sozialgerichts über die Zulassung der Berufung gebunden, so dass die Revision statthaft ist.
II. Die Revision ist in der Hauptsache auch begründet.
a) Die Klage war zulässig, so dass das Sozialgericht zu Recht sachlich darüber entschieden hat (vgl. hierzu BSG. 3, Seite 293). Es handelt sich um eine reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG; diese kann erhoben werden, wenn die öffentlich-rechtliche Körperschaft ihre Forderung nicht durch Verwaltungsakt geltend machen kann. Ein solcher Verwaltungsakt kann jedoch nur gegenüber solchen Adressaten erlassen werden, die der Hoheitsgewalt der öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf dem fraglichen Gebiet unterworfen sind. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Ob die Beklagte ihre Forderung durch Verwaltungsakt geltend machen könnte, wenn der erhobene Anspruch nicht auf einer hoheitlichen, sondern auf einer fiskalischen Betätigung der Beklagten beruhte, kann hier dahingestellt bleiben. Denn die Haftung des § 1184 a Abs. 2 RVO trifft die Beklagte, wenn überhaupt, so nicht, weil sie sich fiskalisch betätigt hat, sondern gerade in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger; die Erfüllung einer Schuld aus § 1184 a Abs. 2 RVO ist eine gesetzliche Aufgabe, die die Gemeinden als Träger obrigkeitlicher Rechte und Pflichten zu erfüllen haben, ähnlich wie die Erfüllung eines Ersatzanspruchs nach §§ 1531 ff. RVO eine Hoheitsaufgabe des Versicherungsträgers ist. Wo sich zwei Rechtsträger des öffentlichen Rechts in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger begegnen, ist ein Verwaltungsakt nicht denkbar. Es ist deshalb auch nicht zweifelhaft, dass die Fürsorgeverbände und Versicherungsträger ihre Ersatzansprüche gegen eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht durch Verwaltungsakte geltend machen können; die Ersatzstreitigkeit wird vielmehr als der typische Fall der reinen Leistungsklage angesehen, weil hier ein Verwaltungsakt nicht ergehen kann (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 1, Seite 241 d; Peters-Sautter-Wolff, Komm. zum SGG, § 54 SGG Anm. 6 c). Nicht anders als die Ersatzstreitigkeiten sind die Fälle zu beurteilen, in denen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in ihrer Eigenschaft als Träger hoheitlichen Rechts von einem anderen Hoheitsträger aus einem sonstigen Grund auf Leistungen in Anspruch genommen wird. Die Klägerin konnte die Forderung daher nicht durch Verwaltungsakt geltend machen; die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG entbehrt daher nicht des Rechtsschutzinteresses; sie ist deshalb zulässig.
b) Der Revision musste jedoch der Erfolg versagt werden, weil die vom Sozialgericht getroffene Entscheidung im Ergebnis keine Gesetzesverletzung erkennen lässt.
Es ist der Revision zwar zuzugeben, dass der Wortlaut des § 4 Abs. 5 des "Ausdehnungsgesetzes" nicht so eindeutig ist, wie das Sozialgericht annimmt und daß insbesondere der Ausdruck "entrichten" nicht ohne weiteres in einem bestimmten Sinne verstanden werden muss; dies ergibt sich besonders daraus - worauf auch das Sozialgericht hinweist - daß das Wort "entrichten" keinen rechtlichen Fachbegriff (terminus technicus) darstellt und mit verschiedener Bedeutung gebraucht werden kann und vom Gesetzgeber - insbesondere auch in sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften - auch verschieden gebraucht worden ist (siehe z. B. § 1426 ff. RVO a. F.).
Unter diesen Umständen erscheint eine Auslegung des Sinngehalts des Wortes "entrichten" in § 4 Abs. 5 des "Ausdehnungsgesetzes" zulässig und auch geboten.
Klarzustellen ist somit, ob mit jener Vorschrift des § 4 Abs. 5 des "Ausdehnungsgesetzes" nur auf den rein technischen Zahlungsvorgang des § 1184 a RVO verwiesen werden sollte oder ob über jene Verweisung auch noch weitere Vorschriften des besonderen Beitragsrechts der See-Unfallversicherung für den in Frage kommenden Personenkreis anwendbar sein sollten. Beide Bestimmungen beruhen gleichermaßen auf dem "Ausdehnungsgesetz". Dieses Gesetz bezeichnet sich zwar selbst nur als ein Gesetz "über die Ausdehnung der Invalidenversicherung auf Küstenschiffer und Küstenfischer", tatsächlich führt es jedoch für den hier in Frage kommenden Personenkreis nicht nur die Invalidenversicherungspflicht neu ein, sondern verbessert und vereinfacht gleichzeitig auch deren bereits bestehende Unfallversicherung, indem es insbesondere die bisher für diesen Versicherungszweig bestehende, der See-Berufsgenossenschaft angegliederte Zweiganstalt auflöste und deren Versicherte in die genannte Berufsgenossenschaft unmittelbar überführte. Im Rahmen dieser Änderungen musste nach der Aufhebung der bisherigen Vorschriften auch die Beitragszahlung neu geregelt werden, was durch eine entsprechende Ergänzung des mit "Umlage- und Erhebungsverfahren" überschriebenen III. Unterabschnitts (§§ 1165 bis 1184 a RVO vorheriger Fassung) erfolgte; hierbei wurde ein neuer § 1184 a eingefügt, der mit anderem Wortlaut inhaltlich insoweit die bisherige Regelung der fortfallenden §§ 1195, 1196 RVO vorheriger Fassung übernahm. In diesem § 1184 a RVO wird für die Beitragsleistung im einzelnen bestimmt, dass (Abs. 1) beitragspflichtig die beteiligten Unternehmer sind, dass die Einziehung und Abführung dieser Beiträge den Gemeinden bezw. Gemeindeverbänden obliegt und dass (Abs. 2) letztere für uneinziehbare Beiträge selbst haften, schließlich dass sie darüber hinaus befugt sind, die Beiträge aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Im Rahmen dieser Regelung wird der Ausdruck "entrichten" einzig für die Beitragsabführung verwandt. Die Auffassung der Beklagten, es sei anzunehmen, dass der Gesetzgeber einem in demselben Gesetz mehrfach verwandten Ausdruck jeweils auch denselben Sinn habe beilegen wollen, müsste daher zu der Annahme führen, dass hinsichtlich der Beiträge zur Invalidenversicherung nicht einmal die Beitragseinziehung (Vermittlung der "Aufbringung") der Beklagten obliege; eine derartige Regelung würde jedoch keinen Sinn mehr erkennen lassen und kann daher nicht gemeint sein. Auch die Beklagte ist der Auffassung, dass die "Entrichtung" im § 4 Abs. 5 des "Ausdehnungsgesetzes" den gesamten technischen Zahlungsvorgang, demnach die Einziehung ebenso wie die Abführung, umfasst.
Wenn daher der Begriff des Entrichtens im § 4 Abs. 5 a. a. O. nicht in dem auf die Beitragsabführung allein beschränkten Sinn des durch § 21 a. a. O. eingefügten § 1184 a RVO gemeint sein kann, so steht damit fest, dass der in beiden Bestimmungen gebrauchte Begriff "entrichten" jedenfalls beide Male einen unterschiedlichen Sinn hat, aus seiner Bedeutung im § 1184 a RVO daher keine Rückschlüsse für die Auslegung des § 4 Abs. 5 a. a. O. möglich sind.
Der die Durchführung der Invalidenversicherung für den Personenkreis der Küstenschiffer und Küstenfischer regelnde Abschnitt I des "Ausdehnungsgesetzes" beschränkt sich auf einige wenige Vorschriften; nur vier Paragraphen - die §§ 5 und 7 enthalten reine Übergangsvorschriften - umfassen die gesamte Regelung. Unter diesen Umständen ist es verständlich, dass einzelne Vorschriften recht kurz gefasst sind und für ihre richtige Anwendung entscheidendes Gewicht auf den mit jener Neuregelung erstrebten Zweck zu legen ist.
Der Anlass für die Einbeziehung der an sich als selbstständige Unternehmer außerhalb der Invalidenversicherungspflicht stehenden Küstenschiffer und Küstenfischer war derselbe, der wesentlich früher bereits zur Einbeziehung jenes Personenkreises in die Unfallversicherung und zu der dabei getroffenen, finanzielle Erleichterungen gewährenden Sonderregelung geführt hatte: Die im allgemeinen recht ungünstigen Einkommensverhältnisse, die für eine Sicherung gegen Alter, Invalidität und Unfall keine irgendwie ausreichenden Ersparnisse ermöglichten und die deshalb - wenn anders man die betreffenden Personen mit ihren Angehörigen nicht für alle jene von ihnen selbst nicht zu bewältigenden Schicksalsfälle allein auf die öffentliche Fürsorge verweisen wollte - eine Einbeziehung in den Schutz der Unfall- und Invalidenversicherung erforderlich machten. Die gleichen Umstände führten in der Unfallversicherung bereits frühzeitig dazu, die Gemeindeverbände mit der Hälfte der Beiträge, die eigentlich den betroffenen Personen oblagen, zu belasten (§ 1196 Abs. 1 RVO in der Fassung vor dem "Ausdehnungsgesetz"); ebenfalls aus diesem Grunde wurde schon damals davon abgesehen, den Küstenschiffern und Küstenfischern neben ihrer eigenen Beitragslast auch noch die Haftung für uneinziehbare Beiträge anderer Mitglieder aufzubürden, wie dies sonst nach § 762 RVO in der Unfallversicherung vorgeschrieben ist, sondern auch insoweit wurden die Gemeindeverbände zur Haftung herangezogen (§ 1196 Abs. 3 RVO jener Fassung). Diese ausnahmsweise Einbeziehung der Gemeindeverbände und Gemeinden erschien dem Gesetzgeber deshalb vertretbar, weil durch die Ausdehnung der Unfallversicherung auf jenen Personenkreis die kommunalen Körperschaften als Träger der öffentlichen Fürsorge durch die nunmehr zu Lasten der See-Berufsgenossenschaft gehenden Unfallfolgen von sonst etwa erforderlichen Ausgaben dafür entlastet wurden.
Im "Ausdehnungsgesetz" beließ es der Gesetzgeber bei der Unfallversicherung - abgesehen davon, dass er im § 1163 Abs. 1 RVO a. F. die Feststellung der Höhe des von den Gemeindeverbänden als Zuschuß zu leistenden Beitragsanteils elastischer gestaltete - sachlich bei der die kommunalen Körperschaften finanziell einbeziehenden früheren Regelung. Wenn unter diesen Umständen im § 4 Abs. 5 für die Entrichtung der Beiträge zur Invalidenversicherung auf die Vorschriften der Unfallversicherung verwiesen wird, ohne dass in dieser Beziehung irgendwelche Einschränkungen gemacht werden, so muss diese Vorschrift nach Auffassung des erkennenden Senats dahin ausgelegt werden, dass die für die Beitragsleistung zur Unfallversicherung für den behandelten Personenkreis vorgesehene Regelung gleichermaßen für die Invalidenversicherung Platz greifen sollte, soweit sie für diese überhaupt in Frage kommt. Die allein auf die besondere Lage der betroffenen Personen zurückzuführende sehr weitgehende Einschaltung der kommunalen Körperschaften würde dem beabsichtigten Zweck nur recht unvollkommen genügen, wenn die zentrale Haftungsvorschrift nicht gleichermaßen anwendbar sein sollte. Dies umso mehr, als die Nichtzahlung von Beiträgen in der Invalidenversicherung in vielen Fällen zu einem Fortfall der Versicherungsansprüche überhaupt führt und daher die Gemeindeverbände und Gemeinden als Träger der Fürsorge sogar viel unmittelbarer und weitgehender als in der Unfallversicherung durch die Zahlung nicht einziehbarer Beiträge von sonst anfallenden Fürsorgeleistungen entlastet werden. Auch die enge organisatorische Verbindung der See-Berufsgenossenschaft und der ihr angegliederten See-Kasse und die daraus folgende weitgehende Vereinheitlichung der Beitragserhebung für beide Versicherungszweige spricht eindeutig dafür, dass der Gesetzgeber eine möglichst gleichartige Regelung für beide Gebiete beabsichtigt hat.
Hinzuweisen ist schließlich noch darauf, dass vor der Neuregelung der fraglichen Vorschriften im "Ausdehnungsgesetz" die Bestimmungen über die Entrichtung der berufsgenossenschaftlichen Beiträge durch die Gemeindeverbände und diejenigen über die Haftung dieser Verbände in den §§ 1195 Abs. 2 und 1196 Abs. 3 RVO getrennt ihren Platz gefunden hatten, während sie bei der Neufassung des § 1184 a RVO vom Gesetzgeber aus ihrem bisherigen Zusammenhang gelöst wurden und in einer einzigen Bestimmung eine wesentlich engere Verbindung fanden. Wenn der Gesetzgeber diese Neufassung in demselben Gesetz vornimmt, in dem er die umstrittene Verweisungsvorschrift hinsichtlich der Entrichtung der Beiträge zur Invalidenversicherung (§ 4 Abs. 5 a. a. O.) neu geschaffen hat, so spricht auch dies dafür, dass er die Vorschriften der Unfallversicherung, die gerade diese von ihm in Bezug genommene "Entrichtung" regeln, bewußt einheitlich zusammenfassen wollte.
Es ist demnach anzunehmen, dass auch Absatz 2 des § 1184 a RVO für die Invalidenversicherung der Küstenschiffer und Küstenfischer entsprechend anzuwenden ist.
c) Durch das Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) wird die Beitragsentrichtung der Küstenschiffer und Küstenfischer abweichend von dem früheren Recht geregelt (§ 405 RVO n. F.); diese Regelung ist nach Art. 3 § 8 ArVNG jedoch erst am 1. Januar 1957 in Kraft getreten, so dass auf die für eine frühere Zeit zu entrichtenden Beiträge noch das alte Recht anzuwenden ist.
d) Schließlich wird durch die Regelung des § 4 Abs. 5 des "Ausdehnungsgesetzes" in Verbindung mit § 1184 a Abs. 2 RVO auch der Gleichheitssatz nicht verletzt. Der durch die weitgehende finanzielle Heranziehung der Gemeindeverbände unzweifelhaft begünstigte Kreis der Küstenschiffer und Küstenfischer mag sich wirtschaftlich in ähnlichen Verhältnissen wie andere Berufsgruppen, insbesondere auch wie die von der Beklagten erwähnten Klein- und Kleinsthandwerker befinden. Die verbleibende Verschiedenheit der besonderen Verhältnisse der Küstenschiffer und Küstenfischer gegenüber allen sonstigen Berufsgruppen reicht jedoch aus, um die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung der Vorschriften nicht als willkürlich erscheinen zu lassen, denn bei einem Vergleich des vom "Ausdehnungsgesetz" erfassten Personenkreises mit jenem anderer Berufsgruppen darf nicht etwa allein auf die finanzielle Lage der Betroffenen, die ähnlich sein mag, abgestellt, sondern es müssen daneben auch die besonders schwierigen und unsicheren, in weit größerem Umfang als bei Handwerkern von äußeren unbeeinflussbaren Umständen (Jahreszeiten, Wetter, Meereszustand usw.) abhängigen Erwerbsverhältnisse und die dadurch gerade für die Küstenfischer und Küstenschiffer eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die damit zusammenhängende besondere Notlage jenes Personenkreises berücksichtigt werden. Dann ergibt sich jedoch, dass durch die Vorschrift des § 4 Abs. 5 a. a. O. keine ungleiche Behandlung gleicher Verhältnisse, sondern eine differenzierte Behandlung einer bestimmten, mit keinem anderen Personenkreis gleichzusetzenden Gruppe selbstständiger Gewerbetreibender erfolgt ist; eine derartige unterschiedliche gesetzliche Regelung ist zulässig. § 4 Abs. 5 a. a. O. in Verbindung mit § 1184 a Abs. 2 RVO verstößt daher nicht gegen den Grundsatz des Art. 3 Abs. 1 des GG.
Da die Beklagte mithin für die uneintreibbaren Beiträge, für die sie in Anspruch genommen ist, haftet, hat das Sozialgericht sie zu Recht zur Zahlung von 283,04 DM verurteilt, so dass die Revision unbegründet ist.
III. Unrichtig ist dagegen die Kostenentscheidung, da die Aufwendungen der Klägerin nach § 193 Abs. 4 nicht erstattungsfähig waren. Insoweit war das Urteil daher aufzuheben.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsinstanz rechtfertigt sich aus § 193 SGG.
Fundstellen