Leitsatz (amtlich)
Das Erfordernis, in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind, bezieht sich auf die Tatsachenfeststellungen, nicht auf die Rechtsanwendung.
Normenkette
SGG § 128 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17.Januar 1967 wird als unzulässig verworfen. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Revision ist von dem Landessozialgericht (LSG) nicht zugelassen worden; sie ist auch nicht wegen eines ordnungsgemäß gerügten wesentlichen Verfahrensmangels statthaft (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1 bis 3; 164 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Dafür gegeben habe, warum die vom Kläger zwischen November 1940 und Juni 1943 in Lettland verbrachte Beschäftigungszeit als Versicherungszeit zu bewerten sei; sie vermißt ferner, daß das LSG auf ihre Ausführungen in der Berufungsbegründung nicht näher eingegangen sei.
Mit diesem Revisionsvorbringen ist kein Verfahrensmangel i.S. des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG gerügt. Die Norm des § 128 Abs. 1 Satz 2 SGG, welche die Revision als verletzt ansieht, ist insoweit nicht maßgebend. An dieser Gesetzesstelle wird der Umfang des für eine Beweiswürdigung heranzuziehenden Prozeßstoffs näher umrissen. Hier handelt es sich hingegen nicht um die Behandlung des Tatsachenmaterials und um die Erläuterung einer Tatsachenfeststellung sondern um die rechtliche Seite des Berufungsurteils. Die Anforderungen an die Urteilsbegründung sind nicht ohne weiteres in beiden Fällen gleichzusetzen.
Wäre das angefochtene Urteil nicht mit Gründen versehen, so könnte gegen § 136 Abs. 1 Nr. 6 SGG verstoßen sein. Jedoch entbehrt das Urteil nicht schon deshalb der Gründe, weil diese sachlich unvollständig, unzureichend, unrichtig oder sonst rechtsfehlerhaft sein mögen. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn erhebliche Elemente der zu treffenden Entscheidung übergangen worden wären. Es muß nur ersichtlich sein, warum das Gericht zu der von ihm gefällten Entscheidung gelangt ist. Es braucht nicht bis in alle Gedankengänge hinein erkennbar zu sein, welche Rechtsauffassung das Gericht zu den Ausführungen eines Beteiligten einnimmt. Selbstverständlich soll das Gericht sich mit dem Vorbringen der Beteiligten und auch mit deren Rechtsausführungen auseinandersetzen. Die Grenze, die den Bestand eines Urteils in Frage stellt, ist jedoch nicht schon überschritten, wenn noch aus dem Gesamtzusammenhang des angefochtenen Urteils entnommen werden kann, warum einem bestimmten Vorbringen nicht entsprochen worden ist. Das geht aus dem Berufungsurteil mit noch hinreichender Deutlichkeit hervor, in dem es ausführt, im November 1940 sei in Lettland das soziale Sicherungssystem der Sowjets tatsächlich eingeführt worden.
Die Revisionsbegründung ist sonach nicht geeignet, der Beklagten das Rechtsmittel zu eröffnen (§§ 169, 193 SGG).
Fundstellen