Leitsatz (amtlich)
1. Die Aufgaben des Bundes als Träger der Unfallversicherung nimmt für den Bereich der Deutschen Bundespost die Bundespost- Ausführungsbehörde für Unfallversicherung wahr (RVO § 766 S 1).
2. In einem Rechtsstreit, der ein laufendes Verwaltungsgeschäft betrifft, wird der Bund als Träger der Unfallversicherung für den Bereich der Deutschen Bundespost durch den Geschäftsführer der Ausführungsbehörde für Unfallversicherung - nicht durch den Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen - gesetzlich vertreten (SVwG § 15 Abs 4).
3. Zu den laufenden Verwaltungsgeschäften des Bundes als Träger der Unfallversicherung gehört grundsätzlich auch ein Rechtsstreit, in dem eine BG die Übernahme eines Unternehmens durch den Bund geltend macht (RVO § 653 Abs 3).
4. Zur Frage der Unternehmensübernahme iS des RVO § 653 Abs 3 S 1.
Normenkette
RVO § 653 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1963-04-30, § 766 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1963-04-30; PostVwG § 4 Abs. 1 Fassung: 1953-07-24, Abs. 2 Fassung: 1953-07-24; SVwG § 15 Abs. 4 Fassung: 1967-08-23, § 1 Fassung: 1967-08-23; PostVwG § 27 Abs. 1 Fassung: 1953-07-24
Tenor
Das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 10. November 1971 wird aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Streitig ist, ob der Bund ein Unternehmen übernommen und deshalb die Entschädigungsansprüche zu befriedigen hat, die gegen die klagende Berufsgenossenschaft (BG) aus Arbeitsunfällen in diesem Unternehmen entstanden sind.
Am 14./19. Juli 1967 haben die Deutsche Eisenbahn-Betriebsgesellschaft AG (DEBG), ein Mitgliedsunternehmen der Klägerin, und die Bundesrepublik Deutschland - BRD - (Deutsche Bundespost - DBP -), vertreten durch den Präsidenten der Oberpostdirektion H…, einen Vertrag mit im wesentlichen folgenden Inhalt geschlossen: Die DEBG übertrug die aus den Genehmigungen für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen von Duingen nach Eschershausen sowie von Voldagsen nach Alfeld/Leine und für den Berufsverkehr mit Kraftfahrzeugen von Duingen nach Marienau sowie von Duingen nach Lauenstein erwachsenden Rechte und Pflichten auf die DBP und verkaufte zugleich sieben Kraftomnibusse an die DBP; sie erklärte sich ferner damit einverstanden, daß die DBP in die von ihr mit Firmen, Schulverbänden u. ä. geschlossenen Beförderungsverträge eintrat. Als Termin für die Übernahme der Liniengenehmigungen und der Kraftomnibusse wurde der 1. Oktober 1967 vereinbart.
Die von der DEBG ua betriebene Kleinbahn ...-... (VDD) - eine nebenbahnähnliche Kleinbahn mit einer Eisenbahnwerkstätte, einem Kraftomnibus- und Lastkraftwagenbetrieb, einer Kraftwagen-Werkstatt und einem Werkstättendienst - stellte Ende Mai 1967 den Eisenbahnbetrieb ein, führte den Kraftverkehrsbetrieb jedoch bis zum 30. September 1967 im bisherigen Umfang weiter. Der Kraftverkehrsbetrieb der Kleinbahn VDD war mit zwei Arbeitsunfällen des Versicherten Willi B... (B.) vom 8. März 1958 und 17. Juli 1962 belastet, deren Folgen die Klägerin mit Verletztenrenten nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um je 10 v.H. entschädigt.
Im September 1967 wandte sich die Klägerin an die Bundespost-Ausführungsbehörde für Unfallversicherung (AfU) und machte geltend, vom 1. Oktober 1967 an seien die dem Verletzten B. zustehenden Renten gegen Überweisung entsprechender Vermögensanteile der Klägerin von der AfU zu zahlen, da der Bund (DBP) mit Wirkung von diesem Zeitpunkt an durch den Vertrag vom 14./19. Juli 1967 den Kraftwagenbetrieb der Kleinbahn VDD - ein Unternehmen im Sinne der Reichsversicherungsordnung (RVO) - übernommen habe. Die AfU sah die Voraussetzungen der Übernahme eines Unternehmens durch den Bund (§ 655 Abs. 3 RVO) nicht als gegeben an, da die DBP lediglich die aus den Genehmigungen für den Linienverkehr erwachsenden Rechte und Pflichten erworben sowie sieben Omnibusse gekauft habe. An dieser Auffassung hielt die AfU in einem über zwei Jahre sich erstreckenden Schriftwechsel fest. Im Juni 1970 hat die Klägerin Klage auf Feststellung erhoben, daß die BRD (DBP) ab 1. Oktober 1967 für die Zahlung der Renten des Verletzten B. zuständig sei.
Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 27. Oktober 1970 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kraftfahrzeugbetrieb der Kleinbahn VDD sei kein Unternehmen oder Nebenunternehmen, sondern lediglich ein unselbständiger Betriebsteil gewesen, auf den die Vorschrift des § 653 Abs. 3 RVO nicht anzuwenden sei. Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 10. November 1971 die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Nicht der Kraftwagenbetrieb, sondern lediglich die Kleinbahn VDD als Teilbetrieb der DEBG sei ein Unternehmen i. S. des § 653 Abs. 3 RVO gewesen; den Gegenstand des von der DEBG betriebenen Verkehrsunternehmens der Kleinbahn VDD habe der Verkehr mit Eisenbahnen sowie mit Kraftomnibussen und Lastwagen gebildet. Selbst wenn beide Verkehrsbetriebe in Verhältnis von Haupt- und Nebenunternehmen gestanden hatten und der Kraftomnibusbetrieb im Kataster der Klägerin als Nebenunternehmen eingetragen sei, ändere sich nichts an der rechtlichen Beurteilung. Damit wäre vielmehr nur klargestellt, daß der Omnibusbetrieb ein Nebenunternehmen der Kleinbahn VDD gewesen sei. Der Bund habe das Unternehmen jedoch nicht übernommen. Schon der Inhalt des Vertrages vom 14./19. Juli 1967 ergebe, daß der Bund nicht Gesamtrechtsnachfolger der DEBG geworden sei, sondern nur einige Rechte und Sachen des Kraftfahrunternehmens übernommen habe. Es brauche aber nicht entschieden zu werden, ob die Übernahme eines Unternehmens i. S. des § 653 Abs. 3 RVO stets eine Gesamtrechtsnachfolge voraussetze; denn jedenfalls reichten hierfür die Übertragung der nach dem Personenbeförderungsgesetz vom 21. März 1961 - PBefG - (BGBl I 241) erforderlichen Genehmigungen für den Linien- und Berufsverkehr mit Kraftfahrzeugen sowie die Veräußerung von sieben Kraftomnibussen nicht aus. Da der Bund weder das Personal des Kraftfahrbetriebes noch die zu diesem Betriebsteil gehörenden Gebäude, die Kraftwagenhallen und die technischen Einrichtungen zur Pflege und Instandhaltung der Fahrzeuge übernommen habe, ohne die ein ordnungsgemäßer Fährbetrieb überhaupt nicht durchgeführt werden könne, fehle es an der in § 653 Abs. 3 RVO vorausgesetzten Übernahme eines in sich funktionsfähigen Unternehmens. Dem stehe nicht entgegen, daß die Beklagte später einen Teil des Personals aufgrund eigener Bewerbungen eingestellt habe. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob das Kraftfahrunternehmen nach der Stillegung des Schienenverkehrs am 31. Mai 1967 zum Hauptunternehmen geworden sei.
Die Klägerin hat die - vom LSG- zugelassene - Revision eingelegt und wie folgt begründet:
Bei dem Omnibus- und Lastwagenbetrieb der Kleinbahn VDD habe es sich um ein Nebenunternehmen gehandelt, auf das die Vorschrift des § 633 Abs. 3 Satz 1 RVO anzuwenden sei. Der Kraftverkehrsbetrieb sei seit jeher im Kataster der Klägerin als Nebenunternehmen der Kleinbahn VDD geführt worden. Diese habe mit ihren Nebenbetriebseinrichtungen ein Gesamtunternehmen gebildet und sei ihrerseits ein Teilunternehmen des Gesamtunternehmens DEBG gewesen. Im Rahmen des Gesamtunternehmens Kleinbahn VDD habe das Kraftverkehrsunternehmen einem selbständigen Zweck gedient und sei nicht als Hilfsunternehmen des Schienenverkehrs anzusehen. Es habe dem Eisenbahnbetrieb keine Personen und Güter zur Weiterbeförderung zugeführt, sondern mit dem Eisenbahnunternehmen nicht zusammenhängende Personenbeförderungen und Gütertransporte aufgrund eigener Konzessionen und in selbständiger Linienführung vorgenommen. Das Gesamtunternehmen Kleinbahn VDD hätte katastermäßig durchaus in zwei einander gleichwertige Teilunternehmen aufgeteilt werden können. Das Nebenunternehmen sei im übrigen mit Einstellung des Eisenbahnbetriebes zum 31. Mai 1967 Hauptunternehmen der Kleinbahn VDD geworden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts habe der Bund dieses Unternehmen übernommen. Der im Juli 1967 zwischen der DEBG und der DBP geschlossene Vertrag enthalte eine in verschiedene, rechtlich notwendige Übertragungstatbestände aufgeteilte Übernahme des eingerichteten und ausgeübten Kraftverkehrsbetriebes der Kleinbahn VDD. Die DBP sei nach dem Sinn und Zweck des Vertrages unter bürgerlich-rechtlichen Gesichtspunkten als Gesamtrechtsnachfolgerin der DEBG anzusehen. Für das Gebiet der Unfallversicherung sei hieraus zu schließen, daß das gesamte Kraftverkehrsunternehmen vom Bund übernommen worden sei. Die DBP habe alles erhalten, was für das Kraftverkehrsunternehmen der Kleinbahn VDD wesentlich gewesen sei: den Kundenkreis, den eingerichteten Geschäftsbetrieb, die sieben Kraftomnibusse, die Lizenzen für vier Verkehrslinien, die Zustimmung zum Eintritt in bestehende Beförderungsverträge sowie den überwiegenden Teil des bisherigen Fahrpersonals. Entscheidend sei die Übertragung der Lizenzen für den Linien- und Berufsverkehr in einem bestimmten Einzugsgebiet und damit der Übergang einer Monopolstellung auf die DBP. Insgesamt habe die DBP ein fast vollständiges und in jeder Beziehung funktionsfähiges Verkehrsunternehmen übernommen. Sie setze den früher von der Kleinbahn VDD durchgeführten Linien- und Berufsverkehr mit denselben Mitteln fort und verfolge wirtschaftlich denselben Zweck. Es bestehe mithin ein innerer Zusammenhang zwischen dem früher von der Kleinbahn VDD und jetzt von der DBP durchgeführten Kraftverkehr. Die Nichtübernahme von Wartungseinrichtungen mit den dazugehörenden Gebäuden sei für die Beurteilung der Unternehmensübernahme unerheblich. Die Übernahme oder Wichtübernahme vorhandenen Personals sei ebenfalls nicht entscheidend; es sei selbstverständlich, daß die DBP sich ihr Personal aufgrund von Bewerbungen in eigener Verantwortung aussuche. Der Feststellung des LSG, ein Teil des Personals der DEBG sei später aufgrund eigener Bewerbungen eingestellt worden, komme daher eine rechtlich wesentliche Bedeutung nicht zu.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen zu ändern und festzustellen, daß die Beklagte ab 1. Oktober 1967 der für die Zahlung der Unfallrenten des Versicherten B. (Unfälle vom 8. März 1958 und 17. Juli 1962) zuständige Versicherungsträger ist,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen (BFMin) hat in den Vorinstanzen die Beklagte vertreten. In Revisionsverfahren hat er seine Auffassung dargelegt, daß die AfU und deren Geschäftsführer zur gerichtlichen Vertretung im anhängigen Rechtsstreit nicht befugt seien. Er trägt insoweit vor: Die AfU habe zwar nach § 766 Abs. 1 RVO für den Bereich der DBP des Bundes die Aufgaben der DBP als Träger der Unfallversicherung wahrzunehmen. Hierzu gehöre ggf. auch das Führen von Rechtsstreitigkeiten im Rahmen der in § 537 RVO angeführten Aufgaben der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung; insoweit vertrete der Geschäftsführer der AfU nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 10 Abs. 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften des BFMin vom 4. Juli 1969 (Amtsbl. 1969 Nr. 87 Vfg. Nr. 425) die DBP als Träger der Versicherung. Im anhängigen Rechtsstreit sei jedoch allein entscheidend, ob der Bund (DBP) ein Unternehmen übernommen habe; zur Entscheidung dieser Frage sei nicht die AfU befugt, deren Aufgaben - nach Bejahung der Übernahme - lediglich die Befriedigung der Ansprüche gegen die Versicherten in dem übernommenen Unternehmen sei. In den Bestimmungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften habe er - der BPMin - zu erkennen gegeben, daß er für Fälle, die nicht die laufende Geschäftsführung betreffen, die Vertretung des Versicherungsträgers nicht dem Geschäftsführer habe übertragen wollen. Es wäre darüber hinaus unzweckmäßig gewesen, der AfU die Prozeßführung zu überlassen, da sie die Vorgänge, die den Rechtsstreit auslösten, sachlich nicht beurteilen könne - es seien ua Rechtsfragen aus dem PBefG zu klären - und als weisungsgebundene unselbständige Dienststelle der DBP dem Weisungsrecht des Ministeriums unterliege. Das Weisungsrecht könne selbst dann in Anspruch genommen werden, wenn die AfU darüber zu bestimmen hätte, ob der Bund ein Unternehmen übernommen habe und der Rechtsstreit zur Klärung dieser Frage zu den laufenden Verwaltungsgeschäften zu rechnen sei.
An der mündlichen Verhandlung vom 9. August 1973 hat auf Anordnung des Vorsitzenden des erkennenden Senats auch der Geschäftsführer der AfU teilgenommen und nach Bejahung der Frage, ob er sich über die Vorgänge im gerichtlichen Verfahren für ausreichend informiert halte, die bisherige Prozeßführung des durch einen Bevollmächtigten ebenfalls vertretenen BPMin genehmigt.
Dem in der Sache gestellten Antrag,
die Revision zurückzuweisen,
hat er sich angeschlossen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend. Sie trägt ergänzend vor: Die Verpflichtung des Bundes, bei der Übernahme eines Unternehmens die gegen eine BG entstandenen Entschädigungsansprüche zu befriedigen (§ 653 Abs. 3 RVO), sei erst durch das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz - UVNG - vom 30. April 1963 (BGBl I 241) begründet worden. Die Vorschrift des § 658 Abs. 2 Nr. 1 RVO mit der Begriffsbestimmung des Unternehmens i. S. der RVÖ wäre vom Gesetzgeber anders zu fassen gewesen, wenn er auch den Erwerb der nach dem schon früher als das UVNG in Kraft getretenen PBefG aus der Genehmigung zur Personenbeförderung erwachsenden Rechte und Pflichten als Unternehmensübernahme hätte gewertet wissen wollen. Es sei nicht entscheidend, daß der DBP aus der Übernahme von Rechten und Pflichten zur Personenbeförderung die wirtschaftlichen Erträge zufließen könnten, die bisher die DEBG, der die Genehmigung zuvor erteilt worden sei, erzielt habe; denn dies sei in jedem Fall die Auswirkung einer Genehmigungsübertragung nach dem PBefG, selbst wenn Fahrzeuge des Unternehmens, das die Kraftverkehrslinie vorher betrieben habe, nicht übernommen würden.
II
Die zugelassene Revision der Klägerin ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist.
Beklagte im anhängigen Rechtsstreit ist die Bundesrepublik Deutschland (BRD), wie auch die Beteiligten und die Vorinstanzen insoweit zutreffend angenommen haben. Die auf § 653 Abs. 3 RVO gestützte Klage der BG, mit der die Übernahme eines Unternehmens durch den Bund (Deutsche Bundespost - DBP) und die sich daraus für den Bund als Träger der Unfallversicherung ergebende Verpflichtung zur Befriedigung der gegen die klagende BG aus Arbeitsunfällen in dem Unternehmen entstandenen Entschädigungsansprüche geltend gemacht wird, richtet sich gegen den Bund als Träger der Eigenunfallversicherung für den Bereich der DBP (§ 653 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Die Beklagte ist somit in Urteil des LSG als Bundesrepublik Deutschland (Deutsche Bundespost) zutreffend bezeichnet worden.
In den Tatsacheninstanzen war die Beklagte durch den Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen (BPMin) nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten. Dem BPMin fehlt die Vertretungsmacht für den beklagten Bund in anhängigen Rechtsstreit.
Nach § 766 Abs. 1 Satz 1 RVO nimmt die Aufgaben des Bundes als Träger der Versicherung mit Ausnahme der Sorge für die Unfallverhütung und Erste Hilfe die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung (BAfU)wahr, soweit nichts anderes bestimmt ist. Wie schon früher - seit 1886 - die Postversicherungskommission für die damalige Postverwaltung besteht für den Bereich der DBP eine eigene Ausführungsbehörde (Bundespost-Ausführungsbehörde für Unfallversicherung - AfU -), die ua in diesem Bereich anstelle der BAfU die Aufgaben wahrnimmt, die dem Bund als Träger der Unfallversicherung obliegen (zur geschichtlichen Entwicklung vgl. Kniepmeyer/Otto im Jahrbuch des Postwesens 1960 S. 115, 127, 128). Hierin liegt insbesondere auch die Bedeutung des § 27 Abs. 1 des Postverwaltungsgesetzes - PVwG - vom 24. Juli 1953 (BGBl I 676), der sicherstellt, daß die DBP für ihren Bereich ua auf dem Gebiet der Unfallversicherung die Aufgaben der früheren Deutschen Reichspost weiterführt. Dagegen läßt sich aus dieser Vorschrift entgegen der Ansicht des BPMin nicht herleiten, die DBP selbst sei Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. §§ 3, 646, 653 bis 657, 790, 850 RVO). Soweit die AfU im Rahmen des § 766 RVO für den Bund in dessen Eigenschaft als Träger der Versicherung tätig wird, wirkt ihr Handeln unmittelbar für und gegen den Versicherungsträger selbst; sie vertritt ihn auch im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (vgl. ua RVO- Gesamtkommentar, Anm, 2 zu § 766; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 4 und 5 zu § 766).
Die gesetzliche Regelung des § 766 RVO über die Vertretung des Bundes als Versicherungsträger für den Bereich der DBP ist zu unterscheiden von den auf § 4 Abs. 2 PVwG gestützten Regelungen in der Verordnung über die Vertretung der DBP vom 1. August 1953 (BGBl I 715) in den Fällen, in denen die DBP nach § 4 Abs. 1 PVwG unter ihrem eigenen Kamen klagen und verklagt werden kann; nur auf diese Fälle bezieht sich ua § 5 der Verordnung vom 1. August 1953 i. d. F. vom 5. Mai 1960 (BGBl I 304) über die Vertretung der DBP in Angelegenheiten der Sozialgerichtsbarkeit. Der Bund als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für den Bereich der DBP ist somit im Rechtsstreit durch die AfU zu vertreten, nicht durch den BPMin.
Im anhängigen Rechtsstreit muß die AfU durch ihren Geschäftsführer vertreten werden. Aus § 15 Abs. 4 des Selbstverwaltungsgesetzes - SVwG - i. d. P. vom 23. August 1967 (BGBl I 918) ergibt sich auch für den Bereich der Ausführungsbehörden des Bundes zwingend, daß der Geschäftsführer die laufenden Verwaltungsgeschäfte des Versicherungsträgers zu führen hat und ihn insoweit gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Dieser Rechtslage tragen auch die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Durchführung der Selbstverwaltung und für die Geschäftsführung bei der AfU Rechnung, die der BFMin am 4. Juli 1969 (Amtsbl. 1969 Nr. 87 Vfg. Kr. 425) aufgrund des § 768 Abs. 1 RVO und des SVwG erlassen hat; § 10 Abs. 3 dieser Allgemeinen Verwaltungsvorschriften bestimmt, daß der Geschäftsführer die laufenden Verwaltungsgeschäfte führt und insoweit den Versicherungsträger gerichtlich und außergerichtlich vertritt. Eine auch nur teilweise Übertragung dieser Aufgaben und Befugnisse an Stellen außerhalb der AfU ist nach der Gesetzeslage nicht vorgesehen (§ 766 RVO). Das vom BFMin gegenüber dem Geschäftsführer der AfU in Anspruch genommene Weisungsrecht hebt die gerichtliche Vertretungsmacht des Geschäftsführers nicht auf.
Nach der Ansicht des Senats betrifft der anhängige Rechtsstreit ein laufendes Verwaltungsgeschäft im Sinne des § 15 Abs. 4 SVwG (§ 10 Abs. 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften). Was unter den Begriff der laufenden Verwaltungsgeschäfte fällt, in denen der Geschäftsführer aus eigenem Recht und nicht aufgrund eines Auftrags tätig wird, hat der Gesetzgeber nicht festgelegt. Zu den laufenden Verwaltungsgeschäften dürften schon dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend die in der Verwaltung mehr oder weniger regelmäßig wiederkehrenden Tätigkeiten zu rechnen sein; auch wird man davon ausgehen können, daß es sich bei den dem Geschäftsführer zur Erledigung aus eigenem Recht nicht zugewiesenen sonstigen Verwaltungsgeschäften im allgemeinen um solche handelt, die - insbesondere wirtschaftlich - für den Verwaltungsträger von erheblicher Bedeutung sind. Andererseits ist dem Begriff der laufenden Verwaltungsgeschäfte mangels jeglicher Einschränkung nicht unbedingt eigentümlich, daß die Geschäfte stets nur von minderer Bedeutung sein dürfen (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. -7, Aufl. S. 156 i). Einer Entscheidung darüber, wie die Abgrenzung der laufenden Verwaltungsgeschäfte im einzelnen vorzunehmen ist, bedarf es aus Anlaß dieses Rechtsstreits jedoch nicht. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob im Bereich der Träger der Sozialversicherung Verwaltungsgeschäfte, die im Rahmen gesetzlich übertragener Pflichtaufgaben getätigt werden und sich in der Auslegung und Anwendung von Rechtsnormen erschöpfen - wie zB die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen zwischen Sozialversicherungsträgern - in der Regel unabhängig davon zu den laufenden Verwaltungsgeschäften gehören, ob und wie häufig sich diese Vorgänge in der Verwaltungspraxis des Versicherungsträgers wiederholen und welche - wirtschaftliche - Bedeutung ihnen im Einzelfall für den Geschäftsbetrieb des Versicherungsträgers zukommt (vgl. Urteil des 3. Senats des BSG vom 28. Februar 1967 in BSG 26, 129, 131 f). Denn im anhängigen Rechtsstreit geht es um die Anwendung und Auslegung des § 653 Abs. 3 RVO und dabei im wesentlichen um die im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung nicht nur selten anstehende Frage, ob eine Unternehmensübernahme stattgefunden hat, die im vorliegenden Fall zudem lediglich die Verpflichtung des übernehmenden Versicherungsträgers - des Bundes - zur Entschädigung zweier Verletztenrenten nach einer MdE um je 10 v.H. auslösen würde. Es liegt somit ein laufendes Verwaltungsgeschäft vor. Daran ändert nichts, daß nach der Ansicht des BFMin ua Rechtsfragen aus dem PBefG vom 21. März 1961 (BGBl I 241) zu klären sind, weil es sich insoweit jedenfalls nur um Vorfragen für die Entscheidung des Rechtsstreits handelt.
Dem Mangel der gesetzlichen Vertretung in den Vorinstanzen ist dadurch abgeholfen, daß der Geschäftsführer der AfU in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat für den beklagten Bund aufgetreten ist und die bisherige Prozeßführung durch den BFMin genehmigt hat (vgl. RGZ 126, 261, 263; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl., Anm. 4 zu § 71, S. 251).
Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist zulässig; es kann dahinstehen, ob sie sich auf § 55 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - stützt (vgl, BSG in SozR Nr. 26 zu § 55 SGG und BSG 15, 52, 54 f = SozR Nr. 28 zu § 55 SGG). Wegen ihrer noch andauernden Verpflichtung zur Rentengewährung gegenüber dem Verletzten B. hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung der Entschädigungspflicht der Beklagten. Da die endgültige Höhe der nach Ansicht der Klägerin von der Beklagten zu tragenden Leistungen noch nicht feststeht, bestehen auch aus dem Gesichtspunkt der Möglichkeit einer Leistungsklage keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage. Darüber hinaus kann erwartet werden, daß der beklagte Bund die Ansprüche der Klägerin bei deren Obsiegen auch ohne Leistungsurteil erfüllen wird (vgl. BSG 10, 21, 24; 12, 44, 46).
In der Sache hängt die Entscheidung über die Klage davon ab, ob der beklagte Bund ein bei der klagenden BG versichertes Unternehmen übernommen hat (§ 653 Abs. 3 RVO), das mit den Entschädigungsansprüchen des Verletzten B. belastet ist. Zur Entscheidung dieser Frage reichen die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG jedoch nicht aus.
Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist eine planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten, die auf einen einheitlichen Zweck gerichtet sind und mit einer gewissen Regelmäßigkeit ausgeübt werden (vgl, BSG 16, 79, 81; Berufsgenossenschaftliche Schiedsstelle in BG 1950, 224; Brackmann aaO S. 502; Lauterbach aaO § 643 Anm. 3 b). Das Reichsversicherungsamt und die frühere berufsgenossenschaftliche Schiedsstelle haben in mehreren Entscheidungen Grundsätze zum Betriebsübergang im versicherungsrechtlichen Sinne entwickelt (vgl. ua EuM 11, 207; 30, 13; 32, 24; 36, 19; 37, 299; 38, 363; 50, 196). Die Frage, inwieweit diese Grundsätze auch heute noch anwendbar sind und zur Beurteilung dessen herangezogen werden können, was als Übergang eines Unternehmens im Sinne des § 653 Abs. 3 RVO anzusehen ist, ist aus Anlaß dieses Falles nicht zu entscheiden. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß der Begriff des Unternehmens infolge der Ausdehnung der Unfallversicherung durch das Sechste Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung (6. ÄndG) vom 9. März 1942 (RGBl I 107) eine erweiterte Bedeutung insofern erhalten hat, als die Verfolgung eines wirtschaftlichen Zwecks nicht mehr notwendig ist (vgl. BSG 16, 79, 81). Darüber hinaus werden die früheren Entscheidungen vor der Übernahme ihrer Grundsätze auf die heutigen Verhältnisse ua daraufhin zu prüfen sein, ob sie dem derzeitigen Stand der wirtschaftlichen Verhältnisse noch gerecht werden und ob sie nicht durch den Wandel der Anschauungen teilweise überholt sind. Bereits in früheren Entscheidungen ist aber die Frage, ob ein Betrieb übergegangen war, auf die vernünftige Verkehrsanschauung abgestellt worden (vgl. ua EuH 30, 13; 57, 299 in Anlehnung an RAG in EuH 26, 190), die dem Wandel unterliegen kann. Zu weitgehend erscheinen den erkennenden Senat die an einen Unternehmensübergang gestellten Anforderungen jedenfalls insoweit, als die Gleichartigkeit der Betriebsstätte, die Gleichartigkeit der Betriebsmittel, die Übernahme der Beschäftigten sowie die gleiche Gattung der Erzeugnisse noch nicht die Annahme einer Fortsetzung des Unternehmens rechtfertigen (EuM 37, 299). Für begründet hält der Senat auch die Bedenken, die Noack (ZfS 1970, 258) dagegen erhebt, daß für einen Unternehmensübergang in jedem Fall kumulativ die Übernahme der Einrichtungen (Betriebs- anlagen und -gerate), die Übernahme der Materialien (Rohstoffe, Halb- und Fertigprodukte), die Übernahme des Kundenstammes und die Übernahme des Personals als erforderlich angesehen werden.
Der Senat kann offenlassen, unter welchen Voraussetzungen im einzelnen eine Unternehmensübernahme im Sinne des § 653 Abs. 3 RVO vorliegt, da jedenfalls aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG die Entscheidung, ob der Bund ein Unternehmen übernommen hat, nicht möglich ist. Es bedarf insbesondere noch eingehender Feststellungen darüber, was in Ausführung des am 14./19. Juli 1967 zwischen der DEBG und der DBP geschlossenen Vertrages im einzelnen tatsächlich auf die DBP (Unternehmen des Bundes im Sinne des § 653 Abs. 1 Nr. 1 RVO) übergegangen ist und in welcher Art und Weise die DBP das Erworbene verwertet hat. Es muß außerdem eindeutig festgestellt werden, in welcher Art und in welchem Umfang, mit welchem Personal und welchen Betriebsmitteln insbesondere der Kraftverkehr der DEBG betrieben worden ist. Erst wenn ebenfalls klargestellt ist, wie das Verhältnis des Kraftverkehrsbetriebes zum Eisenbahnbetrieb der VDD und zur DEBG in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Zeitpunkt des fraglichen Übergangs gestaltet war, läßt sich beurteilen, ob der Kraftverkehrsbetrieb ein Unternehmen - oder wenigstens ein Nebenunternehmen - im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung war und ob der Bund (DBP) dieses Unternehmen übernommen hat.
Die Sache war deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Fundstellen