Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsschadensausgleich. Berücksichtigung des Besuchs einer Mittelschule. beruflicher Bezug
Orientierungssatz
Bei der Feststellung des Berufsschadensausgleichs eines selbständig Tätigen nach § 5 der Durchführungsverordnung idF vom 30.7.1964 (juris: BVG§30Abs3u4DV) kommt dem Besuch einer Mittelschule auch dann eine Bedeutung zu, wenn sie nicht die Grundlage für den Beruf bildet, auf dessen Ausübung sich die Schädigung nachteilig auswirkt.
Normenkette
BVG§30Abs3u4DV § 5 Fassung: 1964-07-30; BVG § 30 Abs. 3-4
Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 18.12.1968) |
SG Augsburg (Urteil vom 16.03.1967) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Dezember 1968 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. März 1967 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Der Kläger bezieht Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 50 v. H. (Bescheide vom 16. Februar 1953 und 28. Oktober 1955). Er hat nach dem Besuch der Volks- und der Fortbildungsschule von 1929 bis 1932 das Bäckerhandwerk erlernt und im Oktober 1938 die Meisterprüfung abgelegt. Nach Entlassung aus dem Wehrdienst wegen Dienstunfähigkeit war er ab Mai 1943 als Angestellter bei der Regierung von Schwaben beschäftigt, wo er 1965 im Wege des Bewährungsaufstiegs von der Vergütungsgruppe V in die Vergütungsgruppe IV b BAT aufgestiegen ist. Von 1954 bis 1957 hat der Kläger die Städtische Abendmittelschule für Berufstätige an der Höheren Handelsschule Augsburg besucht und das Zeugnis der mittleren Reife erhalten.
Am 27. Januar 1964 beantragte der Kläger die Gewährung von Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 11 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG), weil sein Einkommen als Verwaltungsangestellter niedriger sei als das Einkommen, das er ohne die Schädigungsfolgen als selbständiger Bäckermeister mit Mittelschulbildung erzielt hätte. Das Versorgungsamt versagte den Berufsschadensausgleich mit Bescheid vom 30. Juni 1966, weil seiner Berechnung nur das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 des BBesG zugrunde zu legen sei und sich daraus kein Einkommensverlust von monatlich mindestens 75,- DM ergebe; der erfolgreiche Besuch der Abendmittelschule für Berufstätige habe nicht berücksichtigt werden können, weil eine derartige Weiterbildung nach bereits lange vorher abgelegter Meisterprüfung bei einem selbständigen Bäckermeister weder verlangt werde noch üblich sei. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 15. September 1966).
Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten am 16. März 1967 verurteilt, dem Kläger vom 1. Januar 1964 an Berufsschadensausgleich unter Zugrundelegung des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 11 des BBesG zu gewähren. § 5 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 30 Abs. 3 und 4 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) sage nichts darüber aus, daß die Mittelschulbildung nur zu berücksichtigen sei, wenn ein solcher Schulbesuch vor der Berufsausbildung liege. Überdies wirke sich der Besuch der Mittelschule auch im Beruf eines Bäckermeisters günstig aus, weil ihm dadurch Kenntnisse insbesondere in der Buchhaltung und Kalkulation vermittelt würden, was zum Berufserfolg beitrage. Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG auf die Berufung des Beklagten am 18. Dezember 1968 aufgehoben, die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. § 5 der Verordnung (VO) zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG idF vom 30. Juli 1964 (BGBl I 574) enthalte keinerlei Hinweis, ob und inwieweit eine Schul- oder Berufsausbildung auch dann für die Einstufung nach § 5 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG maßgeblich sein könne, wenn diese Befähigungsnachweise einem anderen Beruf gegolten hätten als dem, in dem der Beschädigte wegen der Schädigungsfolgen beeinträchtigt worden sei. Der Gesetzgeber habe deshalb - wohl zur Klarstellung - im Dritten Neuordnungsgesetz (NOG) vom 28. Februar 1968 (BGBl I 194) die bisherigen Bestimmungen diesbezüglich dahin ergänzt, daß "eine abgeschlossene Berufsausbildung, eine abgelegte Meisterprüfung oder eine abgeschlossene Hochschulbildung nur zu berücksichtigen sei, wenn sie die Grundlage für den Beruf bilde, auf dessen Ausübung sich die Schädigung nachteilig auswirke, oder wenn sie das wirtschaftliche Ergebnis in diesem Beruf erheblich fördere". Diese Einschränkung gelte auch für die Mittelschule. § 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG basiere auf der Erfahrung, daß der Berufsausbildung eines selbständig Tätigen im allgemeinen der Schulbesuch vorangehe. In diesem Fall solle ein Volksschüler mit abgelegter Meisterprüfung im Rahmen des § 5 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG in A 9 und ein Mittelschüler mit abgeschlossener Berufsausbildung in A 11 eingestuft werden, weil eine bessere Schulbildung im allgemeinen zu einem besseren Berufserfolg mit beitrage. Hier habe der Kläger aber die Mittelschule erst im Alter von 40 Jahren besucht, als bereits viele Jahre festgestanden habe, daß er den Bäcker- oder einen artverwandten Beruf nie mehr ausüben werde. Nach seinen Darlegungen hinsichtlich des Zwecks des Besuchs der Mittelschule stehe fest, daß dieser nur der Vertiefung und Festigung des Allgemeinwissens habe dienen sollen, nicht, um ein besseres berufliches Fortkommen zu erreichen. Diese Schlußfolgerung ergebe sich aus der Tatsache, daß - wie der Kläger behaupte - die mittlere Reife keine Voraussetzung für ein berufliches Weiterkommen als Verwaltungsangestellter darstelle. So müsse auch unterstellt werden, daß es nicht der Bäckerberuf gewesen sei, der den Kläger veranlaßt habe, diese Schule in diesem Alter noch zu besuchen, denn er hätte dadurch auch in diesem Beruf keine größeren Berufschancen erzielt. Viel naheliegender als die Annahme, daß der Kläger als Bäckermeister die Mittelschule besucht hätte, um seinen Berufserfolg zu erhöhen, sei es, daß er zu diesem Zweck als Bäcker noch Fachschulen oder Kurse besucht hätte. Damit stehe aber fest, daß der Besuch der Mittelschule nach Aufgabe des Bäckerberufs in keiner Beziehung zu diesem im Rahmen des § 5 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG zu berücksichtigenden Beruf stehe. Es widerspräche dem Sinn und Zweck des Berufsschadensausgleichs, etwas zu entschädigen, was ohne die anerkannten Schädigungsfolgen nach den Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten des Beschädigten nicht eingetreten wäre (§ 30 Abs. 4 BVG und § 2 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG). Daß der Kläger als Bäckermeister im Alter von 40 Jahren ohne die Schädigungsfolgen noch die Abendschule besucht hätte, sei um so weniger wahrscheinlich, als er bereits vor dem Wehrdienst alle für seinen erlernten Bäckerberuf denkbaren und förderlichen Schulungen und Weiterbildungen mit großem Erfolg abgeschlossen gehabt habe, so die Berufsschule, die Gesellen- und Meisterprüfung mit einer dazugehörigen und auf die Belange der Handwerksbetriebe ausgerichteten kaufmännischen Fachausbildung. Letztere habe er nach der Bestätigung des Josef H aus Friedberg vom 6. Februar 1966 später sogar noch durch Teilnahme an Kalkulationskursen vertieft. Die Mittelschule habe ihm folglich in beruflicher Hinsicht keine neuen und erweiterten Kenntnisse vermitteln, sondern allenfalls die bei ihm bereits vorhandenen wieder auffrischen können. Deshalb könne diese Schulbildung im Rahmen des § 5 DVO ebensowenig berücksichtigt werden wie "eine abgeschlossene Berufsausbildung, eine abgelegte Meisterprüfung oder eine abgeschlossene Hochschulbildung, wenn sie nicht die Grundlage für den Beruf bilde, auf dessen Ausübung sich die Schädigung nachteilig auswirke, oder wenn sie nicht das wirtschaftliche Ergebnis in diesem Beruf erheblich fördere".
Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 5 Abs. 1 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG idF vom 30. Juli 1964. Er müsse entgegen den angefochtenen Bescheiden des Beklagten und der Entscheidung des Berufungsgerichts als selbständig Tätiger mit Mittelschulbildung und abgeschlossener Berufsausbildung bei der Berechnung des Berufsschadensausgleichs in die Besoldungsgruppe A 11 eingestuft werden. Dem stehe nicht entgegen, daß er die Abendmittelschule von 1954 bis 1957 erst nach Ablegung der Meisterprüfung und der schädigungsbedingten Aufgabe des Bäckerberufs besucht habe. Es sei unbestritten, daß er ohne die erlittenen Schädigungsfolgen selbständig als Bäckermeister tätig geworden wäre und sich folglich das für die Berechnung des Berufsschadensausgleichs maßgebliche Durchschnittseinkommen nach § 5 Abs. 1 DVO bestimme. Nach den zutreffenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts sei aber auch unbestritten davon auszugehen, daß er von 1954 bis 1957 erfolgreich eine Abendmittelschule besucht habe und das Zeugnis der mittleren Reife besitze. Damit seien nach der hier maßgebenden Vorschrift des § 5 DVO die Voraussetzungen für die Einstufung nach der Besoldungsgruppe A 11 erfüllt. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut des § 5 DVO, der die Berücksichtigung eines erfolgreichen Mittelschulbesuchs nicht davon abhängig mache, daß ein derartiger Schulbesuch für die in Frage kommende selbständige Handwerkstätigkeit zwingend vorgeschrieben sei; die Vorschrift stelle auch nicht darauf ab, daß eine solche Schulausbildung für den Beruf üblich sei, vielmehr fordere sie für die Berücksichtigung der Besoldungsgruppe A 11 neben der abgeschlossenen Berufsausbildung lediglich den Nachweis eines Zeugnisses über den erfolgreichen Besuch einer Mittelschule oder einer gleichwertigen Schulausbildung. Das LSG habe bestätigt, daß er sich bereits vor dem Wehrdienst mit großem Erfolg weitergebildet habe, daher könne ohne Zwang davon ausgegangen werden, daß er auch die Bildungsmöglichkeiten ergriffen hätte, die ihm vor allem für den Betrieb einer selbständigen Bäckerei nützlich gewesen wären. Unter diesen Umständen müsse es als ausreichend wahrscheinlich angesehen werden, daß er, sobald dies irgendwie möglich gewesen wäre, auch von den Vorteilen eines Besuchs einer Abendmittelschule Gebrauch gemacht hätte. Das LSG habe im übrigen die fachlichen Äußerungen des Zeugen G nicht einfach mit der Begründung abtun können, daß der Besuch einer Mittelschule in beruflicher Hinsicht keine neuen und erweiterten Kenntnisse vermittelt hätte. Bekanntermaßen seien die Abendmittelschulen zu dem Zweck geschaffen worden, Berufstätigen und insbesondere selbständig Tätigen das berufliche Fortkommen zu erleichtern. Entgegen der Auffassung des LSG hätte der Besuch der Mittelschule vorwiegend dem beruflichen Erfolg als selbständiger Bäckermeister gedient, während diesem Schulbesuch für den jetzigen Beruf als Angestellter der inneren Verwaltung, dessen Vergütung nicht auf die Vorbildung, sondern ausschließlich auf die Tätigkeitsmerkmale des BAT abgestellt sei, keine derartige besondere Bedeutung zukomme. Es könne nicht zweifelhaft sein, daß ein selbständig Tätiger ohne ständige Erweiterung seiner kaufmännischen Kenntnisse keinen nennenswerten Berufserfolg zu erzielen vermöge.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 18. Dezember 1968 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Augsburg vom 16. März 1967 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen LSG vom 18. Dezember 1968 als unbegründet zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die "eingehende und stichhaltige Begründung des angefochtenen Urteils", der er in vollem Umfange beitrete. Das LSG habe unter Berücksichtigung der authentischen Gesetzesinterpretation des § 5 DVO zu Recht festgestellt, daß der Berechnung des Berufsschadensausgleichs des Klägers trotz der als Angestellter im öffentlichen Dienst rd. neun Jahre nach Kriegsbeendigung 1954 begonnenen und 1957 mit Erfolg abgeschlossenen Mittelschulausbildung als Durchschnittseinkommen nur das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 des BBesG zugrunde zu legen sei. Zum gleichen Ergebnis komme man, wenn man beachte, daß es von vornherein nicht wahrscheinlich sei, daß der Kläger als Bäckermeister jemals eine Abendmittelschule besucht hätte. Nach der ratio legis und nach der Vorschrift des § 30 Abs. 4 Satz 1 BVG müsse es wenigstens wahrscheinlich sein, daß der Kläger ohne die anerkannten Schädigungsfolgen als selbständiger und praktizierender Bäckermeister eine Abendmittelschule besucht hätte. Die Möglichkeit des Besuches einer solchen Schule genüge nicht.
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden und deshalb zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -); sie ist sachlich auch begründet. Streitig ist, ob der Beklagte zur Feststellung des Berufsschadensausgleichs des Klägers in Anwendung des § 5 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG statt des Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A 9 des BBesG das der Besoldungsgruppe A 11 hätte zugrunde legen müssen. Dies ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Fall.
Zutreffend ist das LSG zunächst davon ausgegangen, daß § 5 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG in der hier anzuwendenden Fassung vom 30. Juli 1964 (BGBl I 574) aF keinerlei Hinweis zu der Frage enthält, ob und inwieweit eine Schul- oder Berufsausbildung auch dann für die Einstufung nach § 5 DVO maßgeblich sein kann, wenn diese Befähigungsnachweise einem anderen Beruf gegolten haben als dem, in welchem der Beschädigte wegen der Schädigungsfolgen beeinträchtigt worden ist. Zur Prüfung und Entscheidung dieser Frage hat es sodann die Neufassung des § 5 der DVO (3. NOG) vom 28. Februar 1968 (BGBl I 194) nF - die für die Zeit ab 1. Januar 1967 anzuwenden und von Amts wegen zu berücksichtigen ist - herangezogen, die die bisherigen Bestimmungen (der DVO vom 30. Juli 1964) dahin ergänzt hat, daß "eine abgeschlossene Berufsausbildung, eine abgelegte Meisterprüfung oder eine abgeschlossene Hochschulbildung nur zu berücksichtigen ist, wenn sie die Grundlage für den Beruf bildet, auf dessen Ausübung sich die Schädigung auswirkt, oder wenn sie das wirtschaftliche Ergebnis in diesem Beruf erheblich fördert"; eine solche Einschränkung - wie für die abgeschlossene Berufsausbildung, die abgelegte Meisterprüfung oder für die abgeschlossene Hochschulausbildung - hat nach der Auffassung des LSG auch hinsichtlich der Mittelschule zu gelten. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.
Dabei kann dahinstehen, ob die Neufassung des § 5 DVO der DVO vom 28. Februar 1968 für die Auslegung des § 5 DVO idF vom 30. Juli 1964 überhaupt herangezogen werden kann - wie das LSG offenbar im Hinblick auf das RdSchreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 27. Dezember 1965 (BVBl 1966 S. 10 Nr. 11) angenommen hat -. Denn selbst eine Auslegung des § 5 der DVO idF vom 28. Februar 1968 ergibt nichts, was die Auffassung des LSG rechtfertigen könnte. § 5 Abs. 1 Satz 3 DVO nF fordert ausdrücklich nicht, daß die Mittelschulbildung - wie eine abgeschlossene Berufsausbildung, eine abgelegte Meisterprüfung oder eine abgeschlossene Hochschulausbildung - "die Grundlage für den Beruf bildet", auf dessen Ausübung sich die Schädigung nachteilig auswirkt usw. Lediglich im § 5 Abs. 1 Satz 4 DVO nF ist die Mittelschulbildung überhaupt erwähnt, und dies auch nur im Zusammenhang mit der Frage der Gleichwertigkeit einer anderen, auf ein Berufsziel ausgerichteten Schulausbildung mit dieser. Vom Wortlaut her ist somit davon auszugehen, daß § 5 DVO weder in der alten noch in der neuen Fassung einen Hinweis darauf enthält, daß der Mittelschulbildung nur dann eine Bedeutung bei Feststellung des Berufsschadensausgleichs eines selbständig Tätigen zukommt, wenn sie die Grundlage für den Beruf bildet, auf dessen Ausübung sich die Schädigung nachteilig auswirkt. Dann ist es aber auch nicht gerechtfertigt, dem § 5 der DVO mit Hilfe eines "Erfahrungssatzes" einen anderen, dem Wortlaut nicht entsprechenden Inhalt zu geben. Das erhellt schon daraus, daß § 5 DVO nicht verlangt, die Mittelschulbildung müsse dem Handwerksmeister "in beruflicher Hinsicht" neue und erweiterte Kenntnisse vermitteln; vielmehr hat das Bundessozialgericht (BSG) im Gegenteil entschieden, daß die Mittelschule lediglich einen höheren Grad an Allgemeinbildung vermitteln soll und nicht unbedingt berufsbezogen sein muß (vgl. BSG in SozR Nr. 3 zu § 5 DVO vom 30. Juli 1964). Das LSG hat dies verkannt.
Entgegen seiner Auffassung kommt es nicht darauf an, ob der Besuch der Mittelschule und ihr erfolgreicher Abschluß erforderlich waren, sondern nur darauf, ob der Kläger heute ohne die Folgen seiner Schädigung als Bäckermeister selbständig tätig wäre. Hierüber besteht aber zwischen den Beteiligten kein Streit, so daß bei der Entscheidung des Rechtsstreits von folgenden tatsächlichen Feststellungen ausgegangen werden muß: Der Kläger wäre ohne die Folgen seiner Schädigung heute mit abgeschlossener Berufsausbildung und abgelegter Meisterprüfung selbständig tätig, und er besitzt das Abschlußzeugnis einer Mittelschule. Bei diesen Feststellungen nun aber wie das LSG nach der "Erfahrung" auf die übliche Reihenfolge von Schul- und Berufsausbildung (zuerst Schul- und dann Berufsausbildung) abzustellen und es einfach als nicht wahrscheinlich zu bezeichnen, daß der Kläger ohne die Schädigungsfolge als Bäckermeister im Alter von 40 Jahren noch die Abendmittelschule besucht hätte, geht nicht an. Die vorgenannten, vom LSG getroffenen Feststellungen allein rechtfertigen es, nach § 5 DVO alter und neuer Fassung der Berechnung des Berufsschadensausgleichs die Besoldungsgruppe A 11 zugrunde zu legen, ohne daß es einer Prüfung bedarf, ob der Kläger wahrscheinlich auch ohne die Schädigungsfolgen die mittlere Reife erworben hätte oder nicht. Es kommt weder auf die nach der "Erfahrung" eingehaltene übliche Reihenfolge von Schul- und Berufsausbildung noch darauf an, was ohne die anerkannten Schädigungsfolgen nach den Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten des Beschädigten eingetreten oder nicht eingetreten wäre, sondern allein darauf, ob in der Person des Klägers die beiden die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 rechtfertigenden Voraussetzungen - abgeschlossene Berufsausbildung und erfolgreicher Besuch einer Mittelschule als allgemeiner Befähigungsnachweis - erfüllt sind. Das aber ist der Fall. Dabei geht der Hinweis des LSG auf § 30 Abs. 4 BVG und § 2 DVO schon deshalb fehl, weil in diesen Vorschriften nur allgemeine Merkmale und Anhaltspunkte für die Einreihung in Berufs- oder Wirtschaftsgruppen zur Berechnung des Durchschnittseinkommens und des Einkommensverlustes, nicht aber auch die Maßstäbe für die Konkretisierung des im Einzelfall zugrunde zu legenden Durchschnittseinkommens enthalten sind. Dies geschieht wie zB für selbständig Tätige erst in § 5 DVO. Wollte man wie das LSG beim Kläger nur die Besoldungsgruppe A 9 zugrunde legen, dann stünde er einem selbständig Tätigen mit Volksschulbildung mit abgelegter Meisterprüfung gleich, die nachgewiesene Mittelschulbildung als Bildungs- und damit für alle Berufe förderlicher Faktor bliebe aber unberücksichtigt. Im übrigen hat der Gesetzgeber, als er in der Neufassung des § 5 DVO zur Frage der Berufsausbildung einschließlich der Hochschulausbildung einschränkende berufsbezogene Vorschriften erlassen hat, offenbar bewußt zwischen eigentlicher Berufsausbildung und reiner Schulbildung (Allgemeinbildung) unterscheiden wollen. Diese Absicht ist bereits im RdSchreiben des BMA vom 27. Dezember 1965 aaO zum Ausdruck gekommen, in dem eine Berufsbezogenheit lediglich hinsichtlich einer abgeschlossenen Berufsausbildung, einer Meisterprüfung und einer Hochschulbildung (als eigentlichen Berufsausbildungsmerkmalen), nicht aber bezüglich einer Mittelschulbildung angenommen worden ist. Wenn nach allem das LSG trotzdem gefolgert hat, daß die Mittelschulbildung des Klägers nicht berücksichtigt werden könne, dann hat es damit gegen § 5 DVO alter und neuer Fassung verstoßen. Wie es sich schließlich verhalten würde, wenn der nachträgliche Besuch einer Mittelschule nur erfolgt wäre, um einen höheren Berufsschadensausgleich zu erhalten, kann hier dahinstehen, weil der Kläger die Abendschule von 1954 bis 1957 besucht hat, also zu einer Zeit, als es noch keinen Berufsschadensausgleich gab.
Nach alledem war das Urteil des LSG auf die Revision des Klägers wegen einer Verletzung des § 5 DVO aufzuheben und das Urteil des SG durch Zurückweisung der Berufung des Beklagten zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen