Leitsatz (amtlich)
Soweit der Anspruch der Witwe (des Witwers) eines landwirtschaftlichen Unternehmers auf vorzeitiges Altersgeld nach verstorbene Ehegatte "Anspruch auf vorzeitiges Altersgeld hatte", genügt es, daß bei dem verstorbenen Ehegatten die materiellen Voraussetzungen für das vorzeitige Altersgeld (GAL § 2 Abs 2) vorgelegen haben; es ist nicht erforderlich, daß der verstorbene Ehegatte das vorzeitige Altersgeld beantragt hatte (Fortführung der Rechtsprechung des 7. Senats in dem nicht veröffentlichen Urteil BSG 1967-06-15 7 RLw 16/66-).
Normenkette
GAL § 2 Abs. 2 Fassung: 1965-09-14, § 3 Abs. 2 Buchst. a Fassung: 1965-09-14
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 8. Dezember 1967 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin, geboren am 8. Februar 1910, ist die Witwe des Landwirts H H (H.H.). Sie war mit ihm seit 1931 verheiratet. H.H., geboren am 27. Mai 1901, übergab durch notariellen Vertrag vom 16. Juni 1965 seinen über 20 ha großen landwirtschaftlichen Betrieb mit Wirkung vom 1. Juli 1965 an seinen Sohn. Nach wiederholten Krankenhausaufenthalt wurde er am 5. Juli 1965 erneut zur stationären Behandlung in das F Krankenhaus N eingewiesen. Dort starb er am 7. Juli 1965. Einen Antrag auf vorzeitiges Altersgeld hatte er nicht gestellt. Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse hatte er seit 1. Oktober 1957 entrichtet.
Die Klägerin stellte am 22. Juli 1965 "als Ehefrau" Antrag auf vorzeitiges Altersgeld für H.H. und gab an, dieser habe sich seit März 1964 wegen Herz- und Schilddrüsenleiden für erwerbsunfähig gehalten. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Klägerin nicht erwerbsunfähig sei (Bescheid vom 25. August 1965). Mit der Klage machte die Klägerin geltend, Anspruch auf vorzeitiges Altersgeld stehe ihr schon deshalb zu, weil ihr verstorbener Ehemann wegen seines schlechten Gesundheitszustandes Anspruch auf vorzeitiges Altersgeld gehabt habe; im übrigen sei sie auch selbst nicht mehr in der Lage, nennenswerte Arbeiten in der Landwirtschaft zu verrichten. Das Sozialgericht (SG) Kiel wies die Klage ab, weil H.H. selbst keinen Antrag auf vorzeitiges Altersgeld gestellt, daher auch zur Zeit seines Todes keinen Anspruch darauf gehabt habe und weil die Klägerin nach den ärztlichen Gutachten nicht erwerbsunfähig sei (Urteil vom 7. August 1967). Das Landessozialgericht (LSG) hob dagegen das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin vom 1. Juli 1965 an vorzeitiges Altersgeld zu gewähren (Urteil vom 8. Dezember 1967). Es führte aus: Es brauche nicht abschließend geprüft zu werden, ob das SG zu Recht die Anspruchsvoraussetzung des § 3 Abs. 2 Buchst. b des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL), nämlich die Erwerbsunfähigkeit der Klägerin, verneint habe. Der Klägerin stehe vielmehr Anspruch auf vorzeitiges Altersgeld nach § 3 Abs. 2 Buchst. a GAL zu, weil ihr verstorbener Ehemann, der die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Buchst. b und c (Beitragsentrichtung für mindestens 60 Kalendermonate und Abgabe des Unternehmens) erfüllt habe, nach den Unterlagen des Krankenhauses und den Äußerungen des vom LSG gehörten ärztlichen Sachverständigen mindestens seit Juni 1965 erwerbsunfähig gewesen sei (§ 2 Abs. 2 Buchst. a) und damit Anspruch auf vorzeitiges Altersgeld gehabt habe. Es sei unerheblich, daß er vorzeitiges Altersgeld weder bezogen noch beantragt habe. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15. Juni 1967 - 7 RLw 16/66 - sei der Antrag keine materielle Voraussetzung für den Anspruch auf Altersgeld; dieses Urteil habe zwar einen Fall des § 3 Abs. 1 Buchst. a betroffen (Anspruch des verstorbenen Ehegatten auf Altersgeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres), der Begriff "Anspruch auf" vorzeitiges Altersgeld in § 3 Abs. 2 Buchst. a könne jedoch keine andere Bedeutung haben als der Begriff "Anspruch auf" Altersgeld in § 3 Abs. 1 Buchst. a. Nach der Rechtsprechung des BSG sei der Antrag nur dann materielle Voraussetzung eines Anspruchs, wenn er im Gesetz ausdrücklich als Voraussetzung aufgeführt sei. Dies sei weder in § 3 Abs. 1 Buchst. a noch in Abs. 2 Buchst. a geschehen. Die Einfügung des nunmehrigen § 3 Abs. 2 Buchst. a über den sogenannten "abgeleiteten" Anspruch der Witwe auf vorzeitiges Altersgeld durch das Dritte Änderungsgesetz vom 13. August 1965 solle der Beseitigung von Härten für die noch nicht erwerbsunfähigen Witwen dienen, sofern der frühere Ehemann als landwirtschaftlicher Unternehmer seinen Hof bereits abgegeben habe; es wäre mit einer sozialstaatlichen Ordnung kaum zu vereinbaren, der Witwe das vorzeitige Altersgeld nur deshalb vorzuenthalten, weil ihr bereits erwerbsunfähiger Ehemann vor seinem Tode den ihm zustehenden Anspruch auf vorzeitiges Altersgeld - sei es aus Unkenntnis, wegen Zweifeln an seiner Erwerbsunfähigkeit oder auch wegen schwerer Erkrankung - noch nicht geltend gemacht habe. Das LSG ließ die Revision zu.
Die Beklagte legte Revision ein und beantragte,
unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 8. Dezember 1967 die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Kiel vom 7. August 1967 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Sie rügte die unrichtige Anwendung des § 3 Abs. 2 Buchst. a GAL 1965 und der §§ 103, 106, 117, 118, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG): Schon das Urteil des BSG vom 15. Juni 1967 - 7 RLw 16/66 - erscheine bedenklich, weil es der freien Entschließung eines Staatsbürgers überlassen bleiben müsse, ob er Altersgeld beziehen wolle oder nicht. Über diesen Willen dürfe man sich nicht dadurch hinwegsetzen, daß der Antrag nach seinem Tod gestellt werde. Insbesondere dürfe aber das vorzeitige Altersgeld an die Witwe nicht ohne einen Antrag des früheren Ehemannes auf vorzeitiges Altersgeld gewährt werden, weil schon die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit eines landwirtschaftlichen Unternehmers zu Lebzeiten Schwierigkeiten bereite. H.H. sei nicht erwerbsunfähig gewesen. Das LSG habe zur Beurteilung seiner Erwerbsunfähigkeit nicht alle erreichbaren ärztlichen Unterlagen des Krankenhauses beigezogen, es habe auch noch die Krankenhausärzte, den Hausarzt und Nachbarn dazu hören müssen, in welchem Umfang H.H. noch in der Landwirtschaft gearbeitet habe; da das LSG Erwerbsunfähigkeit nur für wenige Wochen vor dem Tode bejaht habe, hätte auch geklärt werden müssen, ob H.H. "auf nicht absehbare Zeit" erwerbsunfähig gewesen sei.
Die Beklagte berief sich für ihre Rechtsauffassung auch noch auf das Urteil des 12. Senats des BSG vom 23. Januar 1969, BSG 29, 116, zu § 1268 Abs. 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Die Klägerin beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet. Das LSG hat zu Recht den Anspruch der Klägerin auf vorzeitiges Altersgeld bejaht.
Der Anspruch der Klägerin ist nach § 3 Abs. 2 GAL idF des Dritten Änderungsgesetzes vom 13. August 1965 (BGBl I 801) = GAL 1965 zu beurteilen; das Änderungsgesetz ist mir Wirkung vom 1. Mai 1965 in Kraft getreten (Art. 6 § 2 Abs. 1). Da die Klägerin nicht selbst landwirtschaftlicher Unternehmer i.S. des § 1 GAL ist und da sie die Ehe mit H.H. vor Vollendung seines 65. Lebensjahres geschlossen hatte, erhält sie nach § 3 Abs. 2 Buchst. a GAL 1965 vorzeitiges Altersgeld, wenn der verstorbene Ehegatte "Anspruch auf vorzeitiges Altersgeld hatte". Diese Vorschrift entspricht der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Buchst. a, nach der bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Witwe eines landwirtschaftlichen Unternehmers Altersgeld erhält, wenn der verstorbene Ehegatte "Anspruch auf Altersgeld hatte". Zu der gleichlautenden Vorschrift des § 3 Abs. 1 Buchst. a GAL 1961 (= GAL 1963) hat der 7. Senat des BSG in dem Urteil vom 15. Juni 1967 - 7 RLw 16/66 - (dort in Verbindung mit § 27 Abs. 5 Buchst. a GAL 1961) ausgeführt, es sei nicht erforderlich, daß der verstorbene Ehegatte Altersgeld bezogen habe, es sei aber auch nicht erforderlich, daß er vor seinem Tode das Altersgeld beantragt habe; es genüge vielmehr, daß die materiellen Voraussetzungen für das Altersgeld in der Person des Verstorbenen erfüllt gewesen seien; zu diesen materiellen Voraussetzungen gehöre der Antrag nicht; er sei nach der Rechtsprechung des BSG zum Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, zu den Rentenversicherungsgesetzen und zum Bundesversorgungsgesetz nur dann materielle Voraussetzung eines Anspruchs, wenn er in den materiell-rechtlichen Vorschriften, in denen die Voraussetzungen eines bestimmten Leistungsanspruchs geregelt seien, ausdrücklich als Anspruchsvoraussetzung bezeichnet werde. Der erkennende Senat hält diese Auffassung grundsätzlich für zutreffend und schließt sich ihr für das Recht der Altershilfe für Landwirte nach eigener Prüfung an. Zwar wird nach § 29 Abs. 1 Satz 1 GAL 1965 das Altersgeld "auf Antrag" bewilligt. Der Antrag ist jedoch hier nur Voraussetzung für das Tätigwerden der Verwaltung überhaupt, er hat außerdem nach § 19 Abs. 2 GAL 1965 Bedeutung für den Beginn der Rente. Hat ein landwirtschaftlicher Unternehmer zur Zeit seines Todes die Voraussetzungen für das Altersgeld nach § 2 Abs. 1 (oder nach den §§ 33 Abs. 1, 34 Abs.1) GAL 1965 erfüllt, einen Antrag jedoch nicht gestellt, so hat er zwar "Anspruch auf" Altersgeld gehabt, für ihn selbst hat aber Altersgeld nicht mehr gewährt werden können, weil die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 für den Beginn des Altersgeldes, die an den Zeitpunkt der Antragstellung anknüpfen, nicht erfüllt sind und nicht mehr erfüllt werden können. Der Anspruch der Witwe oder des Witwers nach § 3 Abs. 1 Buchst. a (und nach den §§ 33 Abs. 10 Buchst. a, 34 Abs. 5 Buchst. a) GAL 1965 ist aber nicht davon abhängig, daß der verstorbene Ehegatte Altersgeld "erhalten" oder "bezogen" hat, sondern nur davon, ob er einen "Anspruch" gehabt hat. Dieses Tatbestandsmerkmal entspricht dem Tatbestandsmerkmal der 1. Alternative des § 1263 Abs. 2 RVO = § 40 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes idF des (1.) Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (RVÄndG) vom 9. Juni 1965, wonach Hinterbliebenenrenten gewährt werden, "wenn dem Verstorbenen zur Zeit seines Todes Versichertenrente zustand"; auch insoweit genügt es, daß kraft Gesetzes ein Rentenanspruch bestanden hat (vgl. RVO, Gesamtkommentar, 6. Auflage, Anm. 1 zu § 1263; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1.-7. Auflage, Band III 666 v und 688 a; RVO, Verbandskommentar, 6. Auflage, Anm. 7 zu § 1263). Das von der Beklagten erwähnte Urteil des BSG vom 23. Januar 1969 (BSG 29, 116) steht dieser Auffassung nicht entgegen, weil auch dort gesagt ist, der Begriff des "Zustehens" einer Rente sei nicht eindeutig und könne immer nur im Zusammenhang mit dem jeweiligen Inhalt und Zweck der einzelnen Vorschriften ausgelegt werden. Die beiden Alternativen des § 1268 Abs. 5 RVO, die in dem Urteil des 12. Senats erörtert sind, lassen sich mit der allgemeinen Voraussetzung des "Zustehens" eines Anspruchs auf Hinterbliebenenrenten nach den Rentenversicherungsgesetzen und mit dem Begriff des "Anspruchs" des verstorbenen Ehegatten "auf" Altersgeld nach dem GAL 1965 nicht vergleichen (insoweit ist auch auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 13.11.1969 - 4 RJ 15/69 - zu verweisen).
Was für die Voraussetzungen des Anspruchs der Witwe oder des Witwers auf Altersgeld nach § 3 Abs. 1 Buchst. a gilt, muß entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch für den Anspruch auf vorzeitiges Altersgeld nach § 3 Abs. 2 Buchst. a gelten; es ist nicht anzunehmen, daß das Tatbestandsmerkmal des "Anspruchs auf ..." in Abs. 2 eine andere Bedeutung haben soll als in Abs. 1. Die Bedenken der Beklagten gegen diese Auffassung greifen nicht durch. Es trifft zwar zu, daß die Vollendung des 65. Lebensjahres, die nach § 2 Abs. 1 Buchst. a (und nach den §§ 33 Abs. 1, 34 Abs. 1) GAL 1965 zu den Voraussetzungen für den Anspruch des früheren landwirtschaftlichen Unternehmers auf das ("normale") Altersgeld gehört, ohne weiteres festzustellen ist, während die Voraussetzung der Erwerbsunfähigkeit, die nach § 2 Abs. 2 Buchst. a zu den Voraussetzungen des Anspruchs auf vorzeitiges Altersgeld gehört, sich nach dem Tod des landwirtschaftlichen Unternehmers möglicherweise nur schwierig oder gar nicht mehr feststellen läßt. Hieraus läßt sich aber gegen die hier vertretene Auffassung nichts herleiten. Lassen sich nämlich die Tatsachen, auf die es für die Erwerbsunfähigkeit des verstorbenen landwirtschaftlichen Unternehmers ankommt, nicht feststellen, so führt dies nach dem auch im Recht der Altershilfe geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) dazu, daß der Witwe oder dem Witwer das vorzeitige Altersgeld deshalb nicht gewährt werden darf, weil sie bzw. er die Folgen der objektiven Beweislosigkeit oder des Nichtfestgestelltseins der Tatsachen, aus denen die Erwerbsunfähigkeit hergeleitet werden soll, tragen muß (Urteil des BSG vom 24. Oktober 1957, BSG 6, 70). Ebensowenig greift der Einwand der Beklagten durch, daß ein landwirtschaftlicher Unternehmer auch dann, wenn er die gesetzlichen Voraussetzungen für das Altersgeld oder für das vorzeitige Altersgeld erfülle, nicht immer Antrag auf Altersgeld oder vorzeitiges Altersgeld stelle und daß sein damit bekundeter "Wille", einen Anspruch auf Altersgeld nicht geltend zu machen, "respektiert" werden müsse. Selbst wenn ein früherer landwirtschaftlicher Unternehmer - aus welchen Gründen auch immer - Altersgeld oder vorzeitiges Altersgeld trotz Vorliegens der Voraussetzungen nicht beziehen wollte und deshalb keinen Antrag auf Altersgeld gestellt hat, so läßt sich daraus nichts für die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse entnehmen, die mit seinem Tod für die Witwe (oder den Witwer) eintreten.
Auch bei dem sogenannten "abgeleiteten" vorzeitigen Altersgeld der Witwe (oder des Witwers) nach § 3 Abs. 2 Buchst. a GAL 1965 handelt es sich um einen selbständigen Anspruch des hinterbliebenen Ehegatten, der nicht durch einen entgegenstehenden Willen des verstorbenen landwirtschaftlichen Unternehmers ausgeschlossen werden kann. Gerade in den Fällen, in denen ein vorzeitiges Altersgeld in Betracht kommt, läßt sich schon aus der Tatsache der Abgabe des Unternehmens, die zu den Voraussetzungen des Anspruchs auf das vorzeitige Altersgeld gehört (§ 2 Abs. 2 Buchst. c GAL 1965), in der Regel wohl auch der Schluß ziehen, daß der Unternehmer - früher oder später - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch seinen Anspruch auf das vorzeitige Altersgeld "realisieren" werde, jedenfalls aber Leistungen an die Witwe bzw. den Witwer nicht ausschließen wolle, weil sich mit der Abgabe des Unternehmens die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse, soweit sie durch die Einnahmen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb bestimmt worden sind, in der Regel verschlechtern. Schließlich steht die hier vertretene Auffassung aber auch - wie das LSG zutreffend dargelegt hat - mit den allgemeinen agrarpolitischen und sozialpolitischen Zielsetzungen im Einklang, die der Einführung einer Altershilfe für landwirtschaftliche Unternehmer und deren Witwen oder Witwer zugrunde liegen. Der landwirtschaftliche Unternehmer, der entweder wegen seines Alters oder wegen seines Gesundheitszustandes den landwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr sachgerecht führen kann, soll dazu veranlaßt werden, das Unternehmen an jüngere Kräfte abzugeben, weil damit die auch im allgemeinen Interesse liegende Intensivierung und Rationalisierung des Betriebes gefördert wird. Der Entschluß zur Abgabe soll ihm dadurch erleichtert werden, daß ihm (unbeschadet der Leistungen, die er in der Regel aufgrund des Übergabevertrags weiterhin - überwiegend als Sachleistungen - von dem Übernehmer zu beanspruchen hat) für seinen zusätzlichen Bargeldbedarf, der im modernen Sozialstaat gestiegen ist und durch etwaige Bargeldleistungen des Übernehmers nicht mehr gedeckt werden kann, ein Altersgeld gewährt wird (vgl. dazu Noell-Rüller, Die Altershilfe für Landwirte, Vorworte zur 1. bis 4. Aufl. 1961, und Urteil des BSG vom 28. August 1969 - 11/7 RLw 15/65 -). Diese Erwägungen gelten aber nicht nur für den landwirtschaftlichen Unternehmer und zu dessen Lebzeiten für seinen Ehegatten, sondern gleichermaßen auch nach dem Tod des Unternehmers für die Witwe oder den Witwer. Es wäre weder aus agrarpolitischen noch aus sozialpolitischen Gründen zu rechtfertigen, der Witwe oder dem Witwer den Anspruch auf das Altersgeld und ebenso auch auf das vorzeitige Altersgeld zu versagen, wenn der Unternehmer selbst in seiner Person alle Voraussetzungen für den Altersgeldanspruch erfüllt, insbesondere die für diesen Anspruch gesetzlich vorgeschriebenen Beiträge geleistet und seinen Hof abgegeben hat (vgl. auch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 15. April 1969 in "Die Sozialgerichtsbarkeit" 1969, 452), einen Antrag jedoch (noch) nicht gestellt hat.
Entscheidend ist deshalb für den Anspruch der Klägerin nach § 3 Abs. 2 Buchst. a iVm § 2 Abs. 2 Buchst. a GAL 1965 im vorliegenden Fall allein, ob ihr verstorbener Ehemann H.H. vor seinem Tode erwerbsunfähig i.S. des § 1247 Abs. 2 RVO gewesen ist. Hierzu hat das LSG anhand der von ihm beigezogenen Krankenunterlagen des Friedrich-Ebert-Krankenhauses, zu denen es in der Verhandlung am 8. Dezember 1967 Oberregierungsmedizinalrat i.R. Dr. F als Sachverständigen gehört hat, festgestellt, H.H. habe bereits seit Frühjahr 1964 an einer zunehmenden Herzinsuffizienz gelitten, die auch während einer Behandlung wegen eines Lungeninfarktes im April 1964 nicht habe behoben werden können. Schon 1964 habe auch eine fortgeschrittene Cardiosklerose nachgewiesen werden können. Auch bei der erneuten Aufnahme im Krankenhaus am 5. Juli 1965 hätten deutliche Zeichen einer Herzinsuffizienz bestanden. H.H. habe glaubhaft damals auch über eine seit einigen Wochen bestehende deutliche Atemnot auch in der Ruhe geklagt. Nach der Auffassung von Dr. F hätten die Kreislaufverhältnisse auch nach der intensiven Herzbehandlung von April bis Juni 1964 keine ernsthafte körperliche Tätigkeit mehr zugelassen, mindestens habe dies für die Zeit etwa ab Anfang Juni 1965 gegolten. Diese Feststellungen sind für das BSG bindend (§ 163 SGG). Die Beklagte hat insoweit zwar Verstöße des LSG gegen die §§ 103, 106, 117, 118, 128 SGG gerügt, keine dieser Verfahrensrügen entspricht jedoch der durch § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG gebotenen Form. Für eine Verletzung des § 118 SGG ist überhaupt nichts vorgetragen. § 117 SGG (Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme) ist nicht wie die Beklagte offenbar meint, deshalb verletzt, weil das LSG die Unterlagen des Friedrich-Ebert-Krankenhauses aus den Jahren 1964 und 1965 (u.a. das Abschlußschreiben des Krankenhauses an den behandelnden Arzt vom 8. Juli 1965 unmittelbar nach dem Tod des H.H.) beigezogen und zu diesen Unterlagen in der mündlichen Verhandlung als Sachverständigen hinsichtlich der für die Erwerbsunfähigkeit erheblichen Tatsachen Oberregierungsmedizinalrat i.R. Dr. F gehört hat, dieser H.H. jedoch nicht selbst gekannt und nicht behandelt hatte. Die Beklagte hat in der Revisionsbegründung zwar behauptet, H.H. sei entgegen der Auffassung des LSG nicht mindestens von Anfang Juni 1965 an erwerbsunfähig gewesen, sie hat aber nicht die Tatsachen bezeichnet, die das LSG zu der Auffassung hätten drängen müssen, daß die beigezogenen Unterlagen des Krankenhauses und die Aussagen des Sachverständigen anhand dieser Unterlagen eine Beurteilung der Erwerbsfähigkeit des H.H. nicht zuließen; sie hat auch nicht dargetan, daß und inwiefern die Anhörung der Krankenhausärzte, des behandelnden Arztes oder der Nachbarn des H.H. "bessere" Beweismittel gewesen wären und diese Ermittlungen zu anderen Feststellungen des LSG geführt hätten. Die weiter von der Beklagten geltend gemachten Verstöße des LSG gegen die §§ 103, 106 und 128 SGG liegen nicht deshalb vor, weil das LSG nicht alle überhaupt "erreichbaren" Unterlagen beigezogen hat; es hat dies nicht tun müssen, wenn es die von ihm erhobenen Beweise für ausreichend und eine weitere Beweisaufnahme nicht für erforderlich hat halten dürfen. Wenn die Beklagte mit ihrem Vorbringen unter V 1 der Revisionsbegründung möglicherweise auch die Versagung oder die nicht ausreichende Gewährung des rechtlichen Gehörs rügen wollte, so hätte sie mindestens dartun müssen, daß und inwiefern die für die Erwerbsunfähigkeit des H.H. erheblichen medizinischen Tatsachen vom LSG anders beurteilt und festgestellt worden wären, wenn die Beklagte ihren hauptamtlichen Arzt zur Erörterung und Auswertung der ärztlichen Unterlagen in der mündlichen Verhandlung hätte beiziehen können. Die Beklagte hat sich auch nicht darauf verlassen dürfen, das LSG werde den Anspruch der Klägerin nur unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 3 Abs. 2 Buchst. b GAL 1965 (eigene Erwerbsunfähigkeit der Klägerin) prüfen. Sowohl nach dem Urteil des SG als auch nach der Berufungsbegründung der Klägerin hat für die Beklagte kein Zweifel darüber bestehen können, daß für den Anspruch der Klägerin auf vorzeitiges Altersgeld beide Alternativen des § 3 Abs. 2 in Betracht kommen können; sie hat sich mit ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren hierauf auch ohne einen vorherigen Hinweis des LSG auf § 3 Abs. 2 Buchst. a einstellen müssen.
Schließlich greift auch die Rüge der Beklagten nicht durch, das LSG habe keine ausreichenden Unterlagen dafür gehabt, daß der Gesundheitszustand des H.H. "auf nicht absehbare Zeit" (§ 2 Abs. 2 Buchst. a GAL 1965 iVm § 1247 Abs. 2 RVO) beeinträchtigt gewesen sei. Gegen die Feststellung des LSG, daß "keinerlei begründete Aussicht mehr bestanden habe, daß die zumindest seit Anfang Juni 1965 bestehende schwerwiegende Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit hätte behoben werden können", sind keine substantiierten Verfahrensrügen geltend gemacht; sie ist im übrigen dadurch, daß der Tod des H.H. infolge der Leiden, wegen deren das LSG die Erwerbsunfähigkeit bejaht hat, wenige Tage nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus eingetreten ist, bestätigt worden.
Da das LSG sonach zu Recht die Beklagte zur Gewährung des vorzeitigen Altersgeldes an die Klägerin ab 1. Juli 1965 verurteilt hat, ist die Revision der Beklagten unbegründet und zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen