Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, ob antiallergene Kissen- und Matratzenbezüge Heilmittel sind
Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Krankenkasse die Kosten für die Versorgung des Klägers mit antiallergenen Matratzen- und Kissenbezügen zu tragen hat.
Der 1987 geborene Kläger, der bei der Beklagten familienversichert ist, leidet an einer schweren atopischen Dermatitis, allergischen Konjunktivitis und an beginnendem Asthma bronchiale. Unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung des Oberarztes Dr. N und einer Verordnung von Prof. Dr. W beantragte er mit Schreiben vom 16. November 1991 die Kostenübernahme für antiallergene Matratzen- und Kissenbezüge. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 3. Dezember 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 1992 ab und führte zur Begründung aus: Es handele sich bei den Matratzen- und Kissenbezügen um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens und nicht um Hilfsmittel.
Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Kosten für die Versorgung des Klägers mit antiallergenen Matratzen- und Kissenbezügen zu übernehmen. Auf die - vom SG zugelassene - Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird u.a. ausgeführt: Entgegen der Auffassung des SG seien antiallergene Matratzen- und Kissenbezüge weder als Heil- noch als Hilfsmittel anzusehen. Unter Heilmitteln i.S. von § 32 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) könnten nur persönliche medizinische Leistungen wie Maßnahmen der physikalischen Therapie, Sprachtherapie und Beschäftigungstherapie verstanden werden. Darunter fielen die hier streitigen Bezüge nicht. Aber auch zu den sächlichen Mitteln gehörten sie nicht. Denn diese würden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Behandlung der Krankheit angewendet und dienten der therapeutischen Einflußnahme auf die Krankheit. Eine solche therapeutische Wirkung komme den antiallergenen Matratzen- und Kissenbezügen nicht zu. Denn eine Krankheit werde durch sie nicht unmittelbar beeinflußt. Sie hätten infolge ihrer speziellen Beschichtung die Wirkung, den Austritt von Milbenpartikeln zu verhindern. Dadurch hielten die Bezüge derartige Partikel vom Allergiker fern, so daß es bei ihm nicht zu der bronchialen Hyperreagibilität komme. Damit entfalteten die Bezüge eine vorbeugende, gesundheitserhaltende Wirkung und ihre Verwendung lasse es erst gar nicht zum Ausbruch von Krankheitserscheinungen kommen. Die Leistungspflicht der Krankenkasse setze indessen dann ein, wenn im Krankheitsfalle Mittel und Maßnahmen zur Heilung oder Linderung der Krankheit notwendig würden, die der Arzt gezielt zur Krankheitsbekämpfung einsetze. Aber selbst wenn man in Anwendung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. November 1991 - 3 RK 18/90 - für den Heilmittelbegriff die nur mittelbare und vorbeugende Wirkungsweise genügen lassen wollte, ergäbe sich keine Leistungsverpflichtung der Krankenkasse. Denn die streitigen Matratzen- und Kissenbezüge müßten zu den Mitteln des allgemeinen Lebensbedarfs gerechnet werden. Für solche Gegenstände seien die Krankenkassen aber grundsätzlich auch dann nicht leistungspflichtig, wenn diese Gegenstände gleichzeitig therapeutischen Zwecken dienten. So liege es hier. Matratzen- und Kissenbezüge seien Haushaltsgegenstände. Diese Funktion hätten auch die besonders beschichteten Bezüge, deren Kostenübernahme der Kläger begehre. Daß ihnen wegen ihrer besonderen Beschichtung und Webart gleichzeitig eine therapeutische Wirkung zukomme, ändere an ihrem Charakter als Bettbezüge und somit als Gegenstände des allgemeinen Lebensbedarfs nichts. Einem Versicherten sei es zuzumuten, seine Lebensführung auf seinen Gesundheitszustand einzustellen und unter den sonst üblichen Matratzen- und Kissenbezügen diejenigen auszuwählen und sich zu beschaffen, die seinem Gesundheitszustand förderlich seien und die gleichzeitig einen für ihn sinnvollen therapeutischen Zweck erfüllten. Anders könnte der Fall liegen, wenn die Kosten der Bezüge die Aufwendungen für übliche derartige Gegenstände in einem solchen Maß überstiegen, daß die Anschaffung auf eigene Kosten dem Versicherten unter Berücksichtigung auch der Interessen der Solidargemeinschaft nicht zugemutet werden könne. Diese Voraussetzungen lägen hier jedoch nicht vor. So kosteten nach den von dem Kläger eingereichten Prospekt der Firma H GmbH antiallergene Kissenbezüge zwischen 65, 00 DM und 98, 00 DM und antiallergene Matratzenbezüge zwischen 266, 80 DM und 348, 65 DM. Die Anschaffung der Bezüge sei somit einem Versicherten nicht unzumutbar. Die streitigen Gegenstände stellten auch keine Hilfsmittel dar. Ein Hilfsmittel solle unmittelbar einen Ausgleich einer körperlichen Behinderung bewirken. Als körperliche Beeinträchtigung sei hier die eingeschränkte Atemfähigkeit des Klägers in Betracht zu ziehen. Diese werde aber durch den Einsatz der Überzüge für die Matratzen und Kissen nicht unmittelbar erleichtert.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision macht der Kläger u.a. geltend: Das LSG habe aus der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung von Prof. Dr. W vom 11. Dezember 1991 eine unrichtige Schlußfolgerung gezogen. Wie sich aus dieser Bescheinigung ergebe, hätten die verlangten Matratzenbezüge die bronchiale Hyperreagibilität über einige Monate reduzieren können. Sie wirkten also i.S. eines Heilmittels lindernd. Es treffe auch nicht zu, wenn das LSG feststelle, daß die Leistungsfähigkeit der Krankenkasse erst dann einsetze, wenn im Krankheitsfall Mittel und Maßnahmen zur Heilung oder Linderung der Krankheit notwendig würden, die gezielt zur Krankheitsbekämpfung eingesetzt werden könnten. Gerade das liege hinsichtlich der antiallergenen Bezüge vor. Sie dienten gerade nach Ausbruch der schwer zu bekämpfenden Krankheit ihrer Linderung und damit der gezielten Krankheitsbekämpfung. Es sei auch nicht notwendig, daß ein Mittel direkt auf den Organismus einwirken müsse. Wie in Fortentwicklung der Entscheidung des BSG vom 21. November 1991 - 3 RK 18/90 - anzunehmen sei, fielen unter den Begriff auch andere indirekte Hausstaubmilbenbekämpfungsmittel, so daß die Krankenkassen für diese aufzukommen hätten. Soweit das LSG die antiallergenen Bezüge den Mitteln des allgemeinen Lebensbedarfs zuordne, werde hierbei gänzlich die Dominanz der therapeutischen Wirkung übersehen. Es handele sich hierbei nicht um einen schlichten, gern hingenommenen Nebeneffekt, sondern die angestrebte therapeutische Wirkung stehe im Vordergrund. Kostenabwägungsgründe könnten deshalb nicht entscheidend sein.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 11. Mai 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Versorgung des Klägers mit speziellen antiallergenen Matratzen- und Kissenbezügen zu tragen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG. Die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, um über den geltend gemachten Anspruch abschließend zu entscheiden.
Nach § 13 Abs. 2 SGB V i.d.F. vor Änderung durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) sind dem Versicherten die Kosten für eine notwendige selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind, läßt sich bisher nicht sagen. Aus den Tatsachenfeststellungen des LSG ergibt sich nicht, ob sich der Kläger bereits vor Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte oder später die antiallergenen Matratzen- und Kissenbezüge selbst beschafft hat. Das LSG hat auch nicht festgestellt, ob Prof. Dr. W Kassen- bzw. Vertragsarzt ist und ob er als solcher die Verordnung der antiallergenen Matratzen- und Kissenbezüge vorgenommen hat. Insoweit wird auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 16. Dezember 1993 (BSGE 73, 271 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 4) Bezug genommen, in dem die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 2 SGB V a.F. im einzelnen dargelegt sind.
Sollte sich der Kläger die streitigen antiallergenen Matratzen- und Kissenbezüge nicht schon vor Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte beschafft haben, dann könnte der Klage uU teilweise stattzugeben sein.
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 SGB V ist nur gegeben, wenn die Beklagte verpflichtet wäre, eine entsprechende Sachleistung zu gewähren (vgl. § 13 Abs. 1 SGB V). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln.
Antiallergene Matratzen- und Kissenbezüge sind keine Hilfsmittel, können aber Heilmittel sein.
Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 3 SGB V ausgeschlossen sind. Ein Gegenstand ist nur dann ein Hilfsmittel, wenn er den Ausgleich der körperlichen Behinderung selbst bezweckt, also unmittelbar gegen die Behinderung gerichtet ist (vgl. BSGE 45, 133, 136 = SozR 2200 § 182b Nr. 4; BSG SozR 2200 § 182b Nr. 12). Die hiernach gebotene Unmittelbarkeit ist vor allem dann gegeben, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Funktion - z.B. Greifen, Gehen, Sitzen, Hören, Sehen usw - ermöglicht, ersetzt, erleichtert oder ergänzt (vgl. dazu BSGE 33, 263, 264f. = SozR § 187 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ Nr. 2; BSG SozR 2200 § 187 Nr. 3; BSGE 39, 275 = SozR 2200 § 187 Nr. 4; SozR 2200 § 182b Nrn 9, 10 und 12). Die antiallergenen Matratzen- und Kissenbezüge haben nicht das Ziel, eine körperliche Behinderung auszugleichen, insbesondere die Ausübung beeinträchtigter Funktionen des Körpers zu ermöglichen, zu ersetzen, zu erleichtern oder zu ergänzen.
Die antiallergenen Bezüge können aber Heilmittel i.S. von § 32 Abs. 1 SGB V sein. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 46, 179, 182 = SozR 2200 § 182 Nr. 32; BSG SozR 2200 § 182 Nr. 60 und SozR 3-2200 § 182 Nr. 11) gehören zu Arznei- und Heilmitteln diejenigen Mittel, deren bestimmungsgemäße Wirkung darin liegt, Krankheitszustände zu heilen oder zu bessern. Diese Voraussetzungen erfüllen die antiallergenen Matratzen- und Kissenbezüge. Das LSG geht - gestützt auf ärztliche Bescheinigungen - davon aus, daß der besonderen Beschichtung und Webart der antiallergenen Bezüge eine therapeutische Wirkung zukommt. Die Bezüge sind in der Lage, Hausstaubmilbenallergene von Patienten fernzuhalten und sogar die bronchiale Hyperreagibilität über einige Monate zu reduzieren. Zwar wird in dem angefochtenen Urteil gleichwohl ihre Heilmitteleigenschaft verneint, weil sie nicht unmittelbar heilend wirken. Insoweit teilt der Senat jedoch nicht die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts. Denn zum Begriff des Heilmittels gehört nicht die unmittelbare Heilwirkung (so zu den Arzneimitteln schon BSG SozR 3-2200 § 182 Nr. 11). Es genügt, wenn das Mittel in bezug auf eine bestimmte Gesundheitsstörung schädigende Einflüsse vom Körper abhält und somit die konkrete Erkrankung zwar nur mittelbar, aber doch gezielt bekämpft. An einer derartigen gesundheitserhaltenden Wirkung der Bezüge besteht nach den vom LSG mitgeteilten ärztlichen Äußerungen kein Zweifel.
Die Frage, ob die Bezüge den Heilmitteln oder den Arzneimitteln zuzuordnen sind, ist in diesem Zusammenhang zweitrangig (zur Schwierigkeit der Abgrenzung bereits BSG a.a.O. sowie SozR 3-2200 § 182 Nr. 17). In der Tendenz unterscheiden sich Heilmittel von den Arzneimitteln dadurch, daß sie äußerlich angewendet werden (s dazu von Maydell, GemeinschaftsKomm-SGB V, § 32 RdNr 7; Schneider in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1 Krankenversicherungsrecht, § 22 RdNr 155; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Komm-SGB V, § 32 RdNr 2). Das ist bei den Bezügen der Fall, so daß der Senat sie mangels einer irgendwie gearteten inneren Wirkung den Heilmitteln zuordnet.
Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch scheitert - entgegen der Ansicht des LSG - nicht daran, daß es sich bei Kissen- und Matratzenbezügen um allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handelt. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben die gesetzlichen Krankenkassen allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens grundsätzlich selbst dann nicht als Sachleistung zur Verfügung zu stellen, wenn diese Gegenstände gleichzeitig therapeutischen Zwecken dienen (vgl. zum alten Recht BSGE 65, 154, 156f. = SozR 2200 § 368a Nr. 23). Auch wenn der Gesetzgeber dies nur im Rahmen des Hilfsmittelrechts ausrücklich geregelt hat, gilt entsprechendes für die Arznei- und Heilmittel (§§ 32 und 33 SGB V). Denn der Rechtsgedanke des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist auf andere Bereiche des Leistungsrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung übertragbar (vgl. dazu Schneider, a.a.O., § 22 RdNr 154; von Maydell, a.a.O., § 32 RdNr 14; Zipperer in Maaßen/Schermer/Wiegand/Zipperer, Komm-SGB V, 1200 § 32 SGB V RdNr 9), jedoch mit einer wichtigen Einschränkung, die bereits zum alten Recht entwickelt worden ist (BSGE 65, 154, 157 = SozR 2200 § 368a Nr. 23; 67, 36, 37 = SozR 3-2500 § 27 Nr. 2) : Der Versicherte hat dann - ausnahmsweise - Anspruch auf die Gewährung des verordneten Mittels bzw. im Falle des § 13 Abs. 2 SGB V a.F. auf Kostenerstattung, wenn der - zugleich auf Heilung gerichtete - Einsatz des Mittels den Versicherten übermäßig und unzumutbar belasten würde, aber auch dann nur insoweit, als die gewöhnlichen Kosten des allgemeinen Lebensbedarfs überschritten werden (vgl. dazu auch BSGE 63, 99, 100 = SozR 2200 § 182 Nr. 109).
Diese Rechtsprechung ist auch unter Geltung des ab 1. Januar 1989 geltenden Rechts beizubehalten. Deshalb muß bei der Doppelfunktion der Matratzen- und Kissenbezüge geprüft werden, ob der Versicherte durch deren Beschaffung übermäßig und unzumutbar belastet würde. Die durch das LSG erfolgte Feststellung der Preise für die antiallergenen Bezüge reicht hierzu allerdings nicht aus. Zwar haben die zum alten Recht ergangenen Entscheidungen des BSG nicht konkret festgelegt, wann eine übermäßige und unzumutbare Belastung des Versicherten vorliegt. Die bisherige Rechtsprechung ist aber dahin weiterzuentwickeln, daß die gesetzlichen Krankenkassen dann einen Kostenanteil zu übernehmen haben, wenn der Teil der Herstellungskosten überwiegt, der allein auf die therapeutische Wirkung des Mittels zurückzuführen ist, denn dadurch tritt die Bedeutung als Gebrauchsgegenstand für den Versicherten in den Hintergrund. Ist diese Voraussetzung erfüllt, müssen die Beschaffungskosten im Verhältnis des festgestellten Herstellungsaufwands auf den Versicherten und die Krankenkasse aufgeteilt werden. Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Entfallen von den Herstellungskosten in Höhe von 200, 00 DM auf die Beigabe der therapeutischen Wirkung 120, 00 DM und beträgt der Ladenpreis 400, 00 DM, so hätte der Versicherte, wenn er sich die Bezüge zu diesem Preis selbst beschafft hat, einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Krankenkasse in Höhe von 240, 00 DM (abzüglich einer eventuellen Zuzahlung, vgl. § 32 Abs. 2 Satz 1, § 61 SGB V).
Beschränkt man auf diese Weise die Kostenpflicht der gesetzlichen Krankenkassen auf den Kostenanteil, der "heilmittelrelevant" ist, wird gleichzeitig das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V beachtet. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Dies ist der entscheidende Gesichtspunkt der BSG-Rechtsprechung dafür gewesen, daß nach altem Recht bei Hilfs- oder Heilmitteln, die gleichzeitig entweder Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind oder einen allgemeinen Lebensbedarf decken, ein Eigenanteil von den Versicherten verlangt wurde (vgl. dazu BSGE 42, 229, 231f. = SozR 2200 § 182b Nr. 2; BSG, Urteil vom 19. Dezember 1978 - 3 RK 2/78 - USK 78195). Für diese Lösung spricht nach neuerem Recht insbesondere der Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ("soweit").
Der Auffassung des Senats steht nicht die Regelung des § 61 SGB V entgegen. Zwar wird in dieser Vorschrift die unzumutbare Belastung des Versicherten gesetzlich definiert. Diese Definition gilt indessen nur für die gesetzlich ausdrücklich angeordnete Zuzahlungspflicht der Versicherten für Arznei-, Verband- und Heilmittel (§ 31 Abs. 3 und § 32 Abs. 2 SGB V), für die Versorgung mit Zahnersatz (§ 30 SGB V) und für die Fahrkostenregelung (§ 60 SGB V). Der Gesetzgeber hat hier eine Härtefallregelung für häufig auftretende Fälle der generellen Kostentragungspflicht der Versicherten getroffen. Dabei ist maßgebliches Kriterium die wirtschaftliche Situation des Versicherten, insbesondere sein Einkommen. Er hat einen Anspruch auf vollständige Befreiung bzw. Kostenübernahme, wenn er in den genannten Fällen durch die generelle Kostentragungspflicht unzumutbar belastet würde. Bei Heilmitteln, die sowohl der Deckung eines allgemeinen Lebensbedarfes als auch therapeutischen Zwecken dienen, kommt es indessen nicht auf die wirtschaftliche Situation des Versicherten an, sondern allein darauf, welcher Zweck bei der Anschaffung im Vordergrund steht. Dafür ist der Kostenanteil für die Beigabe der therapeutischen Wirkung eines Mittels im Verhältnis zu den gesamten Herstellungskosten das wichtigste Indiz. Ist der genannte Kostenanteil höher, so überwiegt der Heilmittel-Charakter und dem Versicherten ist es nicht zumutbar, die Kosten für das Heilmittel allein zu tragen. Da er aber andererseits durch die gleichzeitige Nutzung des Mittels als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens daraus einen allgemeinen Lebensbedarf deckt, kann ihm - ohne Rücksicht auf sein Einkommen - zugemutet werden, einen dem Gebrauchswert des Mittels im täglichen Leben entsprechenden Kostenanteil zu tragen.
Demnach wird das Berufungsgericht für die Frage, ob dem Kläger die Beschaffung der antiallergenen Matratzen- und Kissenbezüge ganz aus eigenen Mittel zugemutet werden kann, zu ermitteln haben, wie hoch die Herstellungskosten der vom Versicherten selbstbeschafften Kissen- oder Matratzenbezüge sein würden, wenn diese nicht zu therapeutischen Zwecken besonders behandelt wären, und welche Kosten die Spezialbehandlung verursacht hat. Dies wird sich voraussichtlich durch Einholung einer Auskunft des Herstellers der antiallergenen Kissen- und Matratzenbezüge feststellen lassen, deren Kostenübernahme der Versicherte verlangt.
Das Landessozialgericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen