Beteiligte
Betriebskrankenkasse des Landes Berlin |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 15. März 1995 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten nur noch darüber, ob die beklagte Krankenkasse die Kosten für einen antiallergenen Matratzenüberzug in Höhe von 273,60 DM übernehmen muß.
Die Klägerin ist bei der Beklagten familienversichert. Sie leidet an Asthma bronchiale und an einer Allergie gegen Hausstaubmilben. Im Juni 1992 beantragte sie bei der Beklagten die Kostenübernahme für antiallergene Bettwäsche und für einen Matratzenüberzug der Firma H.. Ihr Antrag, dem ein Attest der Ärzte für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. und Dr. S. beigefügt war, wurde von der Beklagten abgelehnt (Bescheid vom 19. August 1992 und Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 1992).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Auch die – vom Landessozialgericht (LSG) zugelassene – Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg (Urteil des LSG Berlin vom 15. März 1995). In den Entscheidungsgründen wird ua ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die im Berufungsverfahren nur noch verlangte Kostenübernahme für den antiallergenen Matratzenüberzug. Selbst wenn man davon ausgehe, daß ein solcher Bezug ein Heilmittel darstelle, ergebe sich keine Leistungsverpflichtung der Krankenkasse. Denn der Matratzenüberzug sei jedenfalls den Mitteln des allgemeinen Lebensbedarfs zuzurechnen. Auf solche Gegenstände bestehe grundsätzlich auch dann kein Anspruch, wenn sie gleichzeitig therapeutischen Zwecken dienten. Anders könne der Fall liegen, wenn die Kosten der antiallergenen Bezüge die Aufwendungen für übliche Matratzenbezüge in einem Maß überstiegen, daß dem Versicherten die Anschaffung auf eigene Kosten nicht zuzumuten sei. Diese Voraussetzungen lägen hier aber in Anbetracht der verhältnismäßig geringen Anschaffungskosten nicht vor.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision macht die Klägerin ua geltend: Der Anspruch auf Kostenübernahme ergebe sich aus § 27 Abs 1 Nr 1 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V). Antiallergene Matratzenüberzüge fielen unter den Begriff Heilmittel. Sie hätten eine therapeutische Wirkung. Die Krankheitssymptome der Allergie, hier insbesondere die bronchialen Beschwerden, verminderten sich unmittelbar nach Anwendung des Matratzenüberzuges und trügen somit unmittelbar zur Linderung des Leidens bei. Bei den antiallergenen Matratzenüberzügen handele es sich auch nicht um Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Der Überzug ersetze – entgegen der Auffassung des LSG – weder ein handelsübliches Bettlaken noch ein Spannbettlaken. Vielmehr umspanne der Überzug die gesamte Matratze und ähnele mit seiner Paspellierung dem Drillichmaterial, das die Außenhaut jeder Matratze bilde. Zusätzlich sei aber die Benutzung eines üblichen Bettlakens oder Spannbettlakens erforderlich. Im übrigen überstiegen die Kosten des Matratzenüberzuges die Kosten eines üblichen Bettlakens um das Neunfache, so daß auch unter diesem Gesichtspunkt dem Versicherten eine Anschaffung auf eigene Kosten nicht zugemutet werden könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 15. März 1995, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 25. März 1994 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. August 1992 idF des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 1992 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten von 273,60 DM für den antiallergenen Matratzenüberzug – H. – zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
II
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG. Die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts reichen nicht aus, um über den geltend gemachten Anspruch abschließend zu entscheiden.
Nach § 13 Abs 2 SGB V idF vor Änderung durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S 2266) sind dem Versicherten die Kosten für eine notwendige selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind, läßt sich bisher nicht sagen. Aus den Tatsachenfeststellungen des LSG ergibt sich nicht, ob sich die Klägerin bereits vor Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte oder später den antiallergenen Matratzenüberzug selbst beschafft hat. Das LSG hat auch nicht festgestellt, ob die Ärzte für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. und Dr. S. Kassen- bzw Vertragsärzte sind und ob sie als solche die Verordnung des antiallergenen Matratzenüberzugs vorgenommen haben. Insoweit wird auf das Urteil des 4. Senats des BSG vom 16. Dezember 1993 (BSGE 73, 271 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4) Bezug genommen, in dem die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 2 SGB V aF im einzelnen dargelegt sind.
Durch § 13 Abs 2 SGB V aF (jetzt § 13 Abs 3 SGB V) sind die Fälle, in denen die Krankenkassen Kostenerstattung statt Sach- oder Dienstleistungen gewähren dürfen (abgesehen von der seit dem 1. Januar 1993 in Kraft getretenen, nur für freiwillige Mitglieder und ihre Familienangehörigen geltenden Vorschrift des § 13 Abs 2 SGB V nF), abschließend geregelt (BSGE 73, 271, 273 = SozR 3- 2500 Nr 4 S 12). Ausnahmen – wie sie die Rechtsprechung zum alten Recht zuließ (vgl BSG SozR 2200 § 182 Nr 86 S 179; s dazu BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 15 S 69) – sind nach § 13 SGB V auch für den Fall nicht mehr möglich, daß von vornherein festgestanden hat, daß die Krankenkasse dem Versicherten die Leistung verweigern würde, und er daher die Ablehnung der Sachleistung nicht abgewartet hat. Eine andere Auslegung ist insbesondere im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 13 Abs 2 aF bzw Abs 3 SGB V nF nicht möglich.
Sollte sich die Klägerin den streitigen antiallergenen Matratzenüberzug nicht schon vor Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte beschafft haben, dann könnte der Klage uU teilweise stattzugeben sein.
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 SGB V ist nur gegeben, wenn die Beklagte verpflichtet wäre, eine entsprechende Sachleistung zu gewähren (vgl § 13 Abs 1 SGB V). Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt gemäß § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln.
Antiallergene Matratzenbezüge sind keine Hilfsmittel, können aber Heilmittel sein. Das hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 10. Mai 1995 – 1 RK 18/94 – (zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden.
Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 3 SGB V ausgeschlossen sind. Ein Gegenstand ist nur dann ein Hilfsmittel, wenn er den Ausgleich der körperlichen Behinderung selbst bezweckt, also unmittelbar gegen die Behinderung gerichtet ist (vgl BSGE 45, 133, 136 = SozR 2200 § 182b Nr 4; BSG SozR 2200 § 182b Nr 12). Die hiernach gebotene Unmittelbarkeit ist vor allem dann gegeben, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Funktion – zB Greifen, Gehen, Sitzen, Hören, Sehen usw – ermöglicht, ersetzt, erleichtert oder ergänzt (vgl dazu BSGE 33, 263, 264 f = SozR § 187 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ Nr 2; BSG SozR 2200 § 187 Nr 3; BSGE 39, 275 = SozR 2200 § 187 Nr 4; SozR 2200 § 182b Nrn 9, 10 und 12). Der antiallergene Matratzenüberzug hat nicht das Ziel, eine körperliche Behinderung auszugleichen, insbesondere die Ausübung beeinträchtigter Funktionen des Körpers zu ermöglichen, zu ersetzen, zu erleichtern oder zu ergänzen.
Der antiallergene Bezug kann aber Heilmittel iS von § 32 Abs 1 SGB V sein. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 46, 179, 182 = SozR 2200 § 182 Nr 32; BSG SozR 2200 § 182 Nr 60 und SozR 3-2200 § 182 Nr 11) gehören zu Arznei- und Heilmitteln diejenigen Mittel, deren bestimmungsgemäße Wirkung darin liegt, Krankheitszustände zu heilen oder zu bessern. Diese Voraussetzungen erfüllt der antiallergene Matratzenüberzug. Das LSG geht davon aus, daß der Matratzenüberzug in der Lage ist, Hausstaubmilbenallergene von Patienten fernzuhalten und allergische Reaktionen zu verhindern. Gleichwohl wird in dem angefochtenen Urteil ihre Heilmitteleigenschaft verneint, weil der Bezug nicht unmittelbar heilend wirkt. Insoweit teilt der Senat jedoch nicht die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts. Denn zum Begriff des Heilmittels gehört – entgegen der Ansicht des LSG – nicht die unmittelbare Heilwirkung (so zu den Arzneimitteln schon BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 11). Es genügt, wenn das Mittel in bezug auf eine bestimmte Gesundheitsstörung schädigende Einflüsse vom Körper abhält und somit die konkrete Erkrankung zwar nur mittelbar, aber doch gezielt bekämpft. Hiervon ist aufgrund der – insoweit nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) – Feststellungen des LSG auszugehen.
Die Frage, ob der Matratzenüberzug den Heilmitteln oder den Arzneimitteln zugeordnet werden muß, ist in diesem Zusammenhang zweitrangig (zur Schwierigkeit der Abgrenzung bereits BSG aaO sowie SozR 3-2200 § 182 Nr 17). In der Tendenz unterscheiden sich Heilmittel von den Arzneimitteln dadurch, daß sie äußerlich angewendet werden (s dazu von Maydell, GemeinschaftsKomm-SGB V, § 32 RdNr 7; Schneider in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1 Krankenversicherungsrecht, § 22 RdNr 155; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Komm-SGB V, § 32 RdNr 2). Das ist bei dem Matratzenüberzug der Fall, so daß der Senat ihn mangels einer irgendwie gearteten inneren Wirkung den Heilmitteln zuordnet.
Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch scheitert – entgegen der Ansicht des LSG – nicht daran, daß es sich bei Matratzenbezügen, die der Bettwäsche und damit den Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens zuzuordnen sind, um Mittel des allgemeinen Lebensbedarfs handelt. Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben die gesetzlichen Krankenkassen allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens grundsätzlich selbst dann nicht als Sachleistung zur Verfügung zu stellen, wenn diese Gegenstände gleichzeitig therapeutischen Zwecken dienen (vgl zum alten Recht BSGE 65, 154, 156 f = SozR 2200 § 368a Nr 23). Auch wenn der Gesetzgeber dies nur im Rahmen des Hilfsmittelrechts ausdrücklich geregelt hat, gilt entsprechendes für die Arznei- und Heilmittel (§§ 32 und 33 SGB V). Denn der Rechtsgedanke des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V ist auf andere Bereiche des Leistungsrechts in der gesetzlichen Krankenversicherung übertragbar (vgl dazu Schneider, aaO, § 22 RdNr 154; von Maydell, aaO, § 32 RdNr 14; Zipperer in Maaßen/Schermer/Wiegand/Zipperer, Komm-SGB V, 1200 § 32 SGB V RdNr 9), jedoch mit einer wichtigen Einschränkung, die bereits zum alten Recht entwickelt worden ist (BSGE 65, 154, 157 = SozR 2200 § 368a Nr 23; 67, 36, 37 = SozR 3-2500 § 27 Nr 2): Der Versicherte hat dann – ausnahmsweise – Anspruch auf die Gewährung des verordneten Mittels bzw im Falle des § 13 Abs 2 SGB V aF auf Kostenerstattung, wenn der – zugleich auf Heilung gerichtete – Einsatz des Mittels den Versicherten übermäßig und unzumutbar belasten würden, aber auch dann nur insoweit, als die gewöhnlichen Kosten des allgemeinen Lebensbedarfs überschritten werden (vgl dazu auch BSGE 63, 99, 100 = SozR 2200 § 182 Nr 109).
Diese Rechtsprechung ist auch unter Geltung des ab 1. Januar 1989 geltenden Rechts beizubehalten. Zwar macht die Klägerin mit der Revision geltend, der Matratzenüberzug habe allein therapeutische Wirkung, weil zusätzlich ein Laken verwendet werden müsse. Sie übersieht dabei aber, daß neben Laken häufig auch Matratzenauflagen Verwendung finden, die der Schonung der Matratzen dienen. Diese Funktion wird auch von dem antiallergenen Matratzenüberzug gleichzeitig erfüllt, so daß die Feststellung des LSG, es handele sich um ein Mittel des allgemeinen Lebensbedarfs nicht als unzutreffend angesehen werden kann, unabhängig von der Frage, ob die Klägerin diese Feststellung des LSG mit einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge angegriffen hat.
Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, daß für die Frage, ob ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens vorliegt und ob dem Versicherten die Anschaffung aus eigenen Mitteln ganz oder teilweise zugemutet werden kann, nicht immer nur die Funktion des Gegenstandes in Betracht zu ziehen ist. So kann es ua auch darauf ankommen, inwieweit der Gegenstand bereits als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens Verwendung findet (vgl dazu BSG, Urteil vom 23. August 1995 – 3 RK 7/95 – zur Veröffentlichung bestimmt) und welchen Preis der Versicherte für die Anschaffung zahlen müßte. Im vorliegenden Fall ist es jedoch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß der Tatrichter allein die Funktion für maßgebend hält. Denn angesichts der nicht allzu hohen Anschaffungskosten und dem tatsächlichen täglichen Gebrauch wäre die Heranziehung weiterer Kriterien unangemessen. Danach kann es nicht zweifelhaft sein, daß ein antiallergener Matratzenüberzug einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstellt und daß dem Versicherten die Übernahme eines Teils der Kosten zumutbar ist.
Wegen der Doppelfunktion des Matratzenüberzugs muß deshalb geprüft werden, ob die Versicherte durch dessen Beschaffung übermäßig und unzumutbar belastet würde. Hierzu hat das LSG jedoch keine Feststellungen getroffen, die eine Kontrolle der Rechtsanwendung zuließen. Im angefochtenen Urteil ist lediglich von „verhältnismäßig geringen Anschaffungskosten” die Rede, während die Revision geltend macht, die Kosten des Matratzenüberzugs überstiegen die Kosten eines üblichen Bettlakens um das Neunfache. Zwar haben die zum alten Recht ergangenen Entscheidungen des BSG nicht konkret festgelegt, wann eine übermäßige und unzumutbare Belastung des Versicherten vorliegt. Die bisherige Rechtsprechung ist aber – wie dies schon im Urteil vom 10. Mai 1995 – 1 RK 18/94 – entschieden worden ist – dahin weiterzuentwickeln, daß die gesetzlichen Krankenkassen dann einen Kostenanteil zu übernehmen haben, wenn der Teil der Herstellungskosten überwiegt, der allein auf die therapeutische Wirkung des Mittels zurückzuführen ist, denn dadurch tritt die Bedeutung als Gebrauchsgegenstand für den Versicherten in den Hintergrund. Ist diese Voraussetzung erfüllt, müssen die Beschaffungskosten im Verhältnis des festgestellten Herstellungsaufwands auf den Versicherten und die Krankenkasse aufgeteilt werden (s dazu das Beispiel im Urteil vom 10. Mai 1995).
Beschränkt man auf diese Weise die Kostenpflicht der gesetzlichen Krankenkassen auf den Kostenanteil, der „heilmittelrelevant” ist, wird gleichzeitig das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 Satz 1 SGB V beachtet. Danach müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Dies ist der entscheidende Gesichtspunkt der BSG-Rechtsprechung dafür gewesen, daß nach altem Recht bei Hilfs- oder Heilmitteln, die gleichzeitig entweder Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind oder einen allgemeinen Lebensbedarf decken, ein Eigenanteil von den Versicherten verlangt wurde (vgl dazu BSGE 42, 229, 231 f = SozR 2200 § 182b Nr 2; BSG, Urteil vom 19. Dezember 1978 – 3 RK 2/78 – USK 78195). Für diese Lösung spricht nach neuerem Recht insbesondere der Wortlaut des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V („soweit”).
Der Auffassung des Senats steht nicht die Regelung des § 61 SGB V entgegen. Zwar wird in dieser Vorschrift die unzumutbare Belastung des Versicherten gesetzlich definiert. Diese Definition gilt indessen nur für die gesetzlich ausdrücklich angeordnete Zuzahlungspflicht der Versicherten für Arznei-, Verband- und Heilmittel (§ 31 Abs 3 und § 32 Abs 2 SGB V), für die Versorgung mit Zahnersatz (§ 30 SGB V) und für die Fahrkostenregelung (§ 60 SGB V). Der Gesetzgeber hat hier eine Härtefallregelung für häufig auftretende Fälle der generellen Kostentragungspflicht der Versicherten getroffen. Dabei ist maßgebliches Kriterium die wirtschaftliche Situation des Versicherten, insbesondere sein Einkommen. Er hat einen Anspruch auf vollständige Befreiung bzw Kostenübernahme, wenn er in den genannten Fällen durch die generelle Kostentragungspflicht unzumutbar belastet würde. Bei Heilmitteln, die sowohl der Deckung eines allgemeinen Lebensbedarfes als auch therapeutischen Zwecken dienen, kommt es indessen nicht auf die wirtschaftliche Situation des Versicherten an, sondern allein darauf, welcher Zweck bei der Anschaffung im Vordergrund steht. Dafür ist der Kostenanteil für die Beigabe der therapeutischen Wirkung eines Mittels im Verhältnis zu den gesamten Herstellungskosten das wichtigste Indiz. Ist der genannte Kostenanteil höher, so überwiegt der Heilmittel-Charakter und dem Versicherten ist es nicht zumutbar, die Kosten für das Heilmittel allein zu tragen. Da er aber andererseits durch die gleichzeitige Nutzung des Mittels als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens daraus einen allgemeinen Lebensbedarf deckt, kann ihm – ohne Rücksicht auf sein Einkommen – zugemutet werden, einen dem Gebrauchswert des Mittels im täglichen Leben entsprechenden Kostenanteil zu tragen.
Demnach wird das Berufungsgericht für die Frage, ob der Klägerin die Beschaffung des antiallergenen Matratzenüberzugs ganz aus eigenen Mitteln zugemutet werden kann, auch zu ermitteln haben, wie hoch die Herstellungskosten des Matratzenüberzuges sein würden, wenn diese nicht zu therapeutischen Zwecken besonders behandelt wären, und welche Kosten die Spezialbehandlung verursacht hat. Dies wird sich voraussichtlich durch Einholung einer Auskunft des Herstellers des antiallergenen Matratzenüberzugs, dessen Kostenübernahme die Klägerin verlangt, oder durch Vernehmung eines Sachverständigen feststellen lassen.
Das LSG wird auch über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen