Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Brandenburg vom 11. März 1998 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin gegen die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Versorgungsträger „Anspruch auf eine zusätzliche Rente” aus der zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVI) hat.
Die 1928 geborene Klägerin war nach ihrer Ausbildung zur Krankenschwester und einem Studium der Medizin von März 1959 bis 1991 als Ärztin beschäftigt. Mit sog Überführungsbescheid vom 5. April 1995 stellte die beklagte BfA als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nrn 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem fest, und zwar – beginnend mit der Approbation der Klägerin im Oktober 1961 – die Zeit vom 1. Oktober 1961 bis 30. Juni 1988 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI (= Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr 4 zum AAÜG) und die Zeit vom 1. Juli bis 31. Oktober 1988 als Zeit der Zugehörigkeit zu der freiwilligen zusätzlichen Versorgung für Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und andere Hochschullehrer in konfessionellen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens ≪FZVmed≫ (= Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr 7 zum AAÜG). Für die Jahre 1981, 1982 bis 1986 und 1988 führte sie Arbeitsausfalltage auf, die sie jeweils bestimmten Zeiträumen zum Ende des entsprechenden Jahres zuordnete. Ferner übernahm sie in der Rubrik „nachgewiesene Brutto-Entgelte” die vom Arbeitgeber bescheinigten jährlichen Bruttoverdienste von 1962 bis 1987 in unveränderter Höhe, diejenigen für die Jahre 1961 und 1988 folgende nur zum Teil. Diesen stellte sie in der Rubrik „berücksichtigt” niedrigere Entgelte gegenüber. Dabei verdeutlichte die weitere Rubrik „maßgebliche Anlage” und die dort angegebene Ziff „3”, daß die niedrigeren Arbeitsentgelte den Werten der Anlage 3 zum AAÜG entsprechen. Für die Jahre, in denen die Beklagte Ausfalltage aufgelistet hatte, stellte sie die „berücksichtigten” Arbeitsentgelte noch niedriger fest, weil sie die jährlichen Werte der Anlage 3 unter Berücksichtigung der zeitlichen Unterbrechungen proportional weiter kürzte. Der Widerspruch der Klägerin, mit dem sie sich gegen die Begrenzung ihrer tatsächlich erzielten Brutto-Entgelte auf Werte unterhalb derjenigen der Anlage 3 zum AAÜG und gegen den Beginn der festgestellten Zugehörigkeitszeiten zur AVI wandte, hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 1995). Hiergegen hat die Klägerin am 6. November 1995 Klage erhoben.
Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Bescheides verurteilt, die Entgelte der Klägerin in den Jahren 1981, 1983 bis 1986 und vom 1. Januar bis 31. Oktober 1988 ohne die Ermittlung einer anteiligen Beitragsbemessungsgrenze aufgrund von Arbeitsausfalltagen festzustellen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Klage sei (insgesamt) zulässig aber nur insoweit begründet, als die Beklagte die anteilige Kürzung der Tabellenwerte entsprechend den im Sozialversicherungsausweis pauschal ausgewiesenen Arbeitsausfalltagen vorgenommen habe; hierzu sei die Beklagte nicht befugt gewesen (Hinweis auf Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 18. Juli 1996 – 4 RA 7/95, SozR 3-8570 § 8 Nr 2). Die Klage sei unbegründet, soweit die Klägerin die Feststellung beantragt habe, „daß die Ansprüche auf Rente aus der AVI und auf Zusatzrente in Höhe der AVI bzw. der FZV-Med., die die Klägerin rechtmäßig in der DDR erworben hat, gegenüber der Beklagten in der Höhe, wie sie dauerhaft zugesichert waren und angepaßt an die neuen wirtschaftlichen Verhältnisse bestandskräftig auch über den 30.06.1990 bzw. den 02.10.1990 hinaus geblieben sind”; insoweit führt das SG aus, die sog Systementscheidung sei verfassungsgemäß (Hinweis ua auf BSGE 72, 50 f).
Die Klägerin hat gegen das Urteil des SG Berufung eingelegt, dabei aber den Klageantrag zu Spiegelstrich 2 im sozialgerichtlichen Verfahren (Beginn der Zusatzversorgung) nicht mehr aufrechterhalten. Sie hat zuletzt nur noch die Feststellung beantragt, daß ihre Ansprüche auf Rente und auf Zusatzversorgung der AVI bzw der FZVmed, die sie in der DDR erworben habe, gegenüber der Beklagten in der Höhe, wie sie dauerhaft zugesichert waren, und angepaßt an die neuen wirtschaftlichen Verhältnisse bestandskräftig auch über den 30. Juni 1990 bzw den 2. Oktober 1990 hinaus geblieben sind.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, die Klage gegen den feststellenden Verwaltungsakt der Beklagten sei jedenfalls bis zur Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 18. Juli 1996 statthaft gewesen. Die Anfechtungsklage sei jedoch unbegründet. Das Gesetz habe die Entscheidung darüber, welche Leistungsansprüche auf Altersversorgung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) den Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten zustehen, ausschließlich in die Entscheidungskompetenz der Beklagten als Rentenversicherungsträger gelegt. Die von der Klägerin geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken beträfen ihr Begehren auf weitere Erhöhung ihrer Leistungsansprüche; hierüber sei aber von der Beklagten als Versorgungsträger weder zu entscheiden gewesen noch entschieden worden. Ihr Rechtsschutz werde auch nicht unangemessen beeinträchtigt. Die von der Klägerin erhobene „Feststellungsklage”, mit der sie gerade nicht die Feststellung bestehender Ansprüche, sondern deren Anpassung an „neue wirtschaftliche Verhältnisse” begehre, sei unzulässig (Urteil vom 11. März 1998).
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und eine Verletzung der Art 2, 3, 14, 19 und 20 Grundgesetz (GG) sowie der Art 6 und 14 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention ≪EMRK≫) und Art 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK gerügt. Sie trägt vor, die Rechtsprechung habe § 8 AAÜG, auf den die Beklagte den sog Überführungsbescheid stütze, in einer Weise ausgelegt, die das Rechtsstaatsprinzip verletze, und zwar den Bestimmtheitsgrundsatz und den Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes. Das Urteil des BSG vom 18. Juli 1996 sehe diese belastenden Regelungen (Begrenzung auf Arbeitsentgelt entsprechend den Werten in Anlage 3 zum AAÜG bzw deren anteilige Kürzung bei Vorliegen von Arbeitsausfalltagen) als unverbindlich und hierauf bezogene Klagen grundsätzlich als unzulässig an; dies mache den Überführungsbescheid der Beklagten zu einem Nichtbescheid. Diese Rechtsprechung erschwere es ihr, sich gegen die Entscheidung der Beklagten, die vom Rentenversicherungsträger als verbindlich bei einer zukünftigen Rentenberechnung angesehen würde, auf dem Rechtsweg zur Wehr zu setzen. Bei einer derartigen Auslegung der Norm sei die Rechtsweggarantie verletzt und im übrigen sei für den Adressaten der Sinn der Vorschrift nicht mehr erfaßbar, so daß sie nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot entspreche.
Darüber hinaus beinhalteten die Regelungen des AAÜG, die sowohl im Rahmen des Entgeltbescheides als auch eines zukünftigen Rentenbewilligungsbescheides zu beachten seien, im Widerspruch zum Titel des Gesetzes keine Überführung von Ansprüchen aus Zusatzversorgungssystemen der DDR in die Rentenversicherung der Bundesrepublik. Auf der Basis des angefochtenen Bescheides würde sie eine nur geringfügig differierende Einheitsrente erhalten, die ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensleistungen allen Bürgern aus der früheren DDR zugestanden würde. Im Ergebnis seien ihre in der DDR in der Zusatzversorgung erworbenen Ansprüche und Anwartschaften nicht überführt, sondern ersatzlos „liquidiert” worden. Dieser Eingriff diskriminiere sie zum einen im Vergleich zu Bürgern der alten Bundesländer, die durch Ansprüche bzw Anwartschaften aus der 2. Säule gesichert seien, und verletze zum anderen ihre bereits in der DDR eigentumsgeschützten Rechtspositionen, die als solche auch grundgesetzlich geschützt seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG für das Land Brandenburg vom 11. März 1998 aufzuheben und das Urteil des SG Potsdam vom 11. Juni 1997 abzuändern und unter Aufhebung des Überführungsbescheides vom 5. April 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 1995
festzustellen,
daß die Ansprüche auf Rente aus der Sozialpflichtversicherung sowie auf Zusatzrente in Höhe der AVI bzw der FZVmed, die die Klägerin rechtmäßig in der DDR erworben hat, gegenüber der Beklagten in der Höhe, wie sie dauerhaft zugesichert waren, und angepaßt an die neuen wirtschaftlichen Verhältnisse bestandskräftig auch über den 30. Juni 1990 bzw den 2. Oktober 1990 hinaus geblieben sind;
hilfsweise festzustellen,
daß die Ansprüche auf eine zusätzliche Rente aus der zusätzlichen Altersversorgung, die ihre gesetzliche Rente zu einer Gesamtversorgung vervollständigt, kontinuierlich und dauerhaft sowie an die neuen wirtschaftlichen Bedingungen angepaßt gegenüber der Beklagten weiterbestehen;
hilfsweise,
das Verfahren wegen Verletzung des Amtsermittlungsprinzips und Unterlassung der von der Klägerin beantragten Beweiserhebung an das LSG zur Nachholung einer ordnungsgemäßen Ermittlung des Sachverhalts und der Rechtslage zurückzuverweisen.
Nochmals hilfsweise,
die grundsätzlichen Rechtsfragen dieses Rechtsstreites wegen Verfassungswidrigkeit des Entgeltbescheides sowie der zugrundeliegenden Regelungen des § 6 Abs 1 AAÜG und der derzeitigen Handhabung der Systementscheidung des Renten-Überleitungsgesetzes (RÜG), die das Versorgungsunrecht, dh die ersatzlose Liquidierung aller in der DDR rechtmäßig erworbener Gesamtversorgungsansprüche, bewirkt, gemäß Art 100 GG dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Entscheidung vorzulegen.
Hilfsweise beantragt die Klägerin, das Verfahren zum Ruhen zu bringen bzw auszusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie bezieht sich in der Begründung auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil des LSG sowie auf die Entscheidung des BSG vom 4. August 1998 (B 4 RA 74/96 R).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
1.a) Soweit die Klägerin sinngemäß die Feststellungen über das „berücksichtigungsfähige” Arbeitsentgelt nach Werten der Anlage 3 zum AAÜG angefochten hat, sind diese Anfechtungsklagen zulässig (§ 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫), insbesondere ist die Klagebefugnis zu bejahen. Zwar verletzten die angefochtenen Verwaltungsakte die Klägerin insoweit nicht einmal möglicherweise in eigenen Rechten auf Rentenleistungen des Rentenversicherungsträgers, als die Feststellungen des Versorgungsträgers, der selbst nach § 8 AAÜG keine Rentenleistungen schulden kann, den Rentenversicherungsträger nicht binden (dazu unten). Dies ist § 8 Abs 3 iVm Abs 1 Satz 1 und Satz 3 AAÜG jedoch nicht ohne nähere Auslegung zu entnehmen. Die zugleich prozeß- und materiell-rechtliche Rechtsfrage (qualifizierte Prozeßvoraussetzung), ob derartige Angaben des Versorgungsträgers Bindungswirkung gegenüber dem Versicherten und/oder dem Rentenversicherungsträger entfalten, wurde erst mit Urteil des Senats vom 18. Juli 1996 (BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 2) revisionsgerichtlich beantwortet und eine solche Bindungswirkung verneint (nunmehr stRspr des Senats, vgl ua Urteile vom 24. Oktober 1996 – 4 RA 80/95 – sowie vom 5. Dezember 1996 – 4 RA 84/95 und 4 RA 94/95). Des weiteren wurde geklärt, daß der Versorgungsträger (hier: die Beklagte) gemäß § 8 Abs 1 AAÜG in einem dem Rentenfeststellungsverfahren vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs 5 SGB VI ähnlichen Verfahren nur einzelne Daten verbindlich festzustellen hat, die für die spätere Feststellung des Wertes der SGB VI-Rente oder -Anwartschaften von Bedeutung sein können, und zwar Daten über
- die Zeiten der sog Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem,
- die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (vgl §§ 6 und 7 AAÜG),
- die Summe der Arbeitsausfalltage, soweit diese nicht in einem Sozialversicherungsausweis eingetragen sind (§ 8 Abs 1 Satz 3 AAÜG) sowie
- die Höhe des Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, soweit es in der vom Versorgungssystem erfaßten Beschäftigung oder Tätigkeit erzielt worden ist (vgl hierzu zuletzt Urteile des Senats vom 23. Juni 1998 – B 4 RA 61/97 R – und vom 4. August 1998 – B 4 RA 74/96 R).
Zu Feststellungen über andere Anspruchselemente rentenversicherungsrechtlicher Leistungen oder zu Feststellungen hinsichtlich der Höhe und des Wertes der solchen Leistungen zugrundeliegenden (novierten) Ansprüche und Anwartschaften ist der Versorgungsträger weder verpflichtet noch befugt; die aus § 8 AAÜG Berechtigten haben daher aus dieser Norm, die allein einschlägig ist, auch keine Ansprüche hierauf gegen den Versorgungsträger.
Da im Zeitpunkt der Klageerhebung am 6. November 1995 der Klägerin die genannten Entscheidungen des Senats naturgemäß noch nicht bekannt gewesen sein konnten, konnte sie insoweit zu jenem Zeitpunkt noch von einer Klärungsbedürftigkeit der Fragen ausgehen, ob und in welchem Umfang Angaben des Versorgungsträgers Bindungswirkung und Bedeutung für das Verfahren über die Bewilligung einer Rente, mithin den Rentenwert haben. Zu jenem Zeitpunkt mußte ihr daher im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Satz 2 GG) die Möglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte für das vorliegende Verfahren zugestanden werden (vgl BSG, Urteil vom 4. August 1998 – B 4 RA 74/96 R).
Die Anfechtungsklagen der Klägerin sind auch nach Ergehen des og Urteils des Senats vom 18. Juli 1996 nicht unzulässig geworden. Wie das BSG in anderem Zusammenhang entschieden hat, ist das Vertrauen in den Fortbestand der Zulässigkeit eines bereits eingelegten Rechtsmittels in der Regel nicht nur bei Rechtsänderungen (durch die Legislative) zu schützen (vgl dazu BVerfG vom 7. Juli 1992 – 2 BvR 1631/90, DVBl 1992, 1531), sondern auch dann, wenn der Zugang zur Rechtsmittelinstanz nicht durch den Gesetzgeber, sondern durch eine Änderung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung erschwert wird. Auch in diesem Fall verlangt das Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als Gebot des vorhersehbaren und fairen gerichtlichen Verfahrens, daß solche Rechtsmittel, die nach den bisher geltenden Grundsätzen als formgerecht eingelegt anzusehen waren, nicht nachträglich für unzulässig erklärt werden (BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 3; vgl auch Urteil des 9. Senats des BSG vom 18. März 1987 – in BSGE 61, 213, 214 = SozR 1500 § 67 Nr 18). Gleiches gilt, wenn sich die Rechtsprechung des BSG zur Zulässigkeit bestimmter Klagearten ändert oder erstmals eine solche Klärung herbeigeführt wird. Den Rechtsuchenden ist insoweit zudem eine Übergangszeit bis zur Veröffentlichung des maßgeblichen Urteils in der von den Richtern des BSG herausgegebenen Entscheidungssammlung „Sozialrecht” (SozR) zuzugestehen, in der sie sich auf die aktuelle Rechtslage und deren Beurteilung durch das BSG einstellen können (vgl BSG SozR 3-1500 § 161 Nr 3). Diese Übergangsfrist endete vorliegend nicht vor Dezember 1996.
b) Die Anfechtungsklagen sind jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte, die die Feststellungen der vom Arbeitgeber der Klägerin mitgeteilten Arbeitsentgelte betreffen, verletzen die Klägerin nicht in ihrem Recht auf (richtige) Feststellung versorgungsspezifischer Daten iS des § 8 Abs 3 iVm Abs 1 und 2 AAÜG. Es lag nicht in der Kompetenz der Beklagten, Feststellungen zu (anteiligen) Werten der Anlage 3 zum AAÜG zu treffen, denn gemäß § 8 Abs 5 Satz 2 AAÜG erstreckt sich die gesetzlich beschränkte Bindungswirkung des Bescheides nach § 8 Abs 3 AAÜG gegenüber dem Rentenversicherungsträger nur auf die Feststellung der versorgungsspezifischen Daten. Demgegenüber hat der Rentenversicherungsträger eine eventuelle „Begrenzung” des kalenderjährlich erzielten Arbeitsentgeltes auf die (anteiligen) Werte der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze – deren Maßgeblichkeit für die Rentenberechnung das Gesetz selbst anderweitig bestimmt hat (vgl Urteil des Senats vom 18. Juli 1996, aaO, S 12) – in eigener Kompetenz vorzunehmen. Insoweit entfalten Angaben des Versorgungsträgers, die über dessen (Feststellungs-)Kompetenz nach § 8 Abs 3 iVm Abs 1 und 2 AAÜG hinausgehen, keine Bindungs- oder auch nur Tatbestandswirkung. Die Klägerin ist daher durch die kompetenzwidrigen und überflüssigen „Mitteilungen” (so § 8 Abs 2 und 3 AAÜG) der Beklagten insoweit nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt (vgl BSG, Urteil vom 4. August 1998 – B 4 RA 74/96 R). Im übrigen ist diese Begrenzung auch nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens, nachdem das SG den angefochtenen Entgeltbescheid insoweit bereits aufgehoben und dem Begehren der Klägerin entsprochen hat.
c) Die Kompetenzregelungen des § 8 AAÜG und die daraus resultierende – begrenzte – Überprüfbarkeit von Entscheidungen der Beklagten im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens, verletzt die Klägerin nicht in Grundrechten. Der rechtsstaatliche Bestimmtheitsgrundsatz (Art 20 Abs 3 GG) ist nicht verletzt, weil insbesondere im Hinblick auf die genannte ständige Rechtsprechung des Senats eindeutig feststeht, welche Feststellungen der Versorgungsträger im Rahmen seiner Kompetenz nach § 8 AAÜG zu treffen hat. Auch der Anspruch auf effektiven und damit auch möglichst raschen Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 Satz 1 GG, Art 6 Abs 1 Satz 1 EMRK, wobei dahinstehen kann, ob die letztgenannte Norm in sozialgerichtlichen Verfahren überhaupt Beachtung findet) wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Klägerin ihre verfassungsrechtlichen Bedenken, zB gegen die in § 6 Abs 1 AAÜG angesprochene „Begrenzung” der Arbeitsentgelte auf die Werte der Anlage 3 zum AAÜG, erst dann zur gerichtlichen Prüfung stellen kann, wenn der Rentenversicherungsträger in zulässiger Weise durch abschließenden Verwaltungsakt darüber entschieden hat, wie hoch der Anspruch auf eine nach dem individuellen Versicherungsverlauf berechnete Rente nach dem SGB VI ist (vgl hierzu Urteil des Senats vom 18. Juli 1996, aaO, S 12). Die Klägerin verkennt insoweit das Wesen eines Vormerkungsverfahrens, wie es gerade auch für das Feststellungsverfahren nach § 8 AAÜG typisch ist. In diesen Verfahren geht es lediglich um die Feststellungen von bestimmten Daten, die später einmal für die Rentenberechnung von Bedeutung sein können. Ihre rentenrechtliche Bewertung hat zwangsläufig erst bei Eintritt des Leistungsfalles nach den dann für das Leistungsrecht geltenden Vorschriften zu erfolgen.
Schließlich wird die Klägerin durch die angefochtenen Festsetzungen weder in ihrem Eigentumsrecht (Art 14 Abs 1 GG, Art 1 des Zusatzprotokolls zur EMRK) noch in ihrem Grundrecht auf Gleichbehandlung (Art 3 Abs 1 GG, Art 14 EMRK) beeinträchtigt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit wiederum auf seine Ausführungen in dem Urteil vom 18. Juli 1996 (aaO, S 10 f). Neue, in der genannten Rechtsprechung des Senats noch nicht berücksichtigte Argumente hat die Klägerin nicht vorgetragen (zum Ganzen vgl Urteil des Senats vom 4. August 1998 – B 4 RA 74/96 R).
2. Soweit die Klägerin mit ihrem Antrag die Feststellung begehrt, daß ihre in der AVI bzw FZVmed der DDR erworbenen Anwartschaften kontinuierlich, dauerhaft und dynamisierbar gegenüber der Beklagten weiterbestünden, ist die Klage unzulässig. Worauf der mit der Feststellungsklage gestellte Antrag letztlich zielen soll, ergibt sich nicht eindeutig aus dem Wortlaut. Soweit die Klägerin die Feststellung von nach DDR-Recht erworbenen Rechtspositionen begehrt, würde dies im Ergebnis darauf hinauslaufen, ein in der DDR bestehendes Zusatzversorgungssystem als weiterbestehend zu behandeln und dort eventuell erworbene Rechtspositionen festzuschreiben. Hierfür bietet das geltende Recht keine Rechtsgrundlage.
Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung zur sog Systementscheidung dargelegt hat (vgl Urteil vom 27. Januar 1993 – 4 RA 40/92, BSGE 72, 50, 67 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1; zuletzt Urteil vom 31. Juli 1997 – 4 RA 35/97, BSGE 81, 1, 3 ff = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 14), werden die in der DDR erworbenen Rechte, Ansprüche und Anwartschaften aus der Sozialpflichtversicherung, der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung sowie aus Zusatz- und Sonderversorgungen auf Renten wegen Alters, Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit oder wegen Todes ab 1. Januar 1992 durch die entsprechenden Rechte, Ansprüche und Anwartschaften nach dem SGB VI ersetzt (gesetzliche Novation; vgl dazu Urteil des Senats vom 27. Januar 1993, BSGE 72, 56). Auf versorgungsrechtliche Sachverhalte der vorliegenden Art findet damit ab 1. Januar 1992 das SGB VI Anwendung, soweit das als Art 3 RÜG in Kraft getretene AAÜG als spezielles, das Überführungsprogramm des Einigungsvertrages modifiziert fortführendes Gesetz keine abweichenden Regelungen enthält. Wenn die Klägerin daher geltend macht, das Bundesrecht müsse ausgleichende Regelungen enthalten, die ihre in der AVI bzw FZVmed der DDR erworbenen Ansprüche – unverändert – festschreiben, beruft sie sich nicht auf geltendes Bundesrecht, sondern sie macht einen sog Anspruch auf Gesetzgebung geltend, für den der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeiten nicht eröffnet ist (vgl Urteil des Senats vom 27. Januar 1993, BSGE 72, 52 f; Urteil vom 31. Juli 1997, BSGE 81, 12).
3. Die weiter hilfsweise gestellten Anträge, wegen Verfassungswidrigkeit der hier einschlägigen Normen das Verfahren nach Art 100 GG durchzuführen bzw den Rechtsstreit wegen Verfahrensfehlern zurückzuweisen, stellen keine Sachanträge im prozessualen Sinne dar, da der Senat eine derartige Prüfung ohnehin von Amts wegen vorzunehmen hat. Ob die Klägerin im Berufungsverfahren (insbesondere mit Schriftsatz vom 7. September 1997) über bloße Beweisanregungen hinaus konkrete Beweisanträge gestellt hat, kann dahingestellt bleiben, da es auf die von der Klägerin damit aufgeworfenen Fragen vorliegend nicht ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1175600 |
SGb 1999, 78 |
SozSi 1999, 344 |