Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 7. November 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2001 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Kläger berechtigt ist, seine vertragspsychotherapeutische Praxis in Freiburg noch übergangsweise bis zum 30. Juni 2003 sowie beschränkt auf bereits begonnene Psychotherapien fortzuführen.
Der Kläger hat dem Beklagten dessen außergerichtliche Kosten auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren zu erstatten.
Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die bedarfsunabhängige Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung.
Der 1960 geborene Kläger erwarb 1987 den Abschluss als Diplom–Psychologe. Bis Ende 1994 war er an verschiedenen Krankenhäusern als klinischer Psychologe beschäftigt. Zum 1. Juli 1993 ließ er sich daneben in V… in eigener Praxis als Verhaltenstherapeut nieder und behandelte dort bis Ende 1994 in geringfügigem Umfang auch Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen (Gesamthonorar: 2.042 DM). Vom 1. Mai 1995 bis 30. April 1997 und vom 1. Juni 1997 bis 31. Januar 1999 war er mit einer Arbeitszeit von 19,25 Wochenstunden als klinischer Psychologe an der Universitätsklinik Freiburg angestellt. Zu seinen dortigen Aufgaben gehörte ua die stationäre und ambulante Durchführung von Verhaltenstherapien; von ihm in der Angestelltentätigkeit ambulant bei Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durchgeführte Therapien wurden als solche der Klinikambulanz abgerechnet. Im Dezember 1997 schloss der Kläger, der auch eine Ausbildung als Supervisor durchlief, seine Dissertation ab.
Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) erteilte dem Kläger 1993 sowie nochmals mit Bescheid vom 1. April 1997 die Berechtigung zur Durchführung der Verhaltenstherapie bei Erwachsenen sowie bei Kindern und Jugendlichen. Zum 1. April 1997 mietete der Kläger in Freiburg einen Raum in einer psychotherapeutischen Praxisgemeinschaft an. Ab dem 9. April 1997 behandelte er hier Versicherte der GKV. Er rechnete bei der Beigeladenen zu 1. für April 1997 zehn psychotherapeutische Behandlungsstunden (sämtlich sog probatorische Sitzungen), für Mai 1997 55 Behandlungsstunden (davon 42 probatorisch) und für die Zeit vom 1. Juni bis 24. Juni 1997 57 Behandlungsstunden (davon 22 probatorisch) ab. Zum 1. März 1999 verlegte der Kläger den Sitz seiner Praxis innerhalb der Stadt Freiburg.
Am 23. Dezember 1998 beantragte der Kläger, dem entsprechende Approbationen erteilt wurden, auf der Grundlage des § 95 Abs 10 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) die – bedarfsunabhängige – Zulassung als Psychologischer Psychotherapeut sowie als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in Freiburg, einem wegen Überversorgung für Psychologische Psychotherapeuten gesperrten Planungsbereich. Der Zulassungsausschuss lehnte diesen Antrag ab, da der Kläger im Zeitraum vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997 (sog Zeitfenster) an Versicherte der GKV nicht insgesamt 250 Behandlungsstunden in eigener Praxis erbracht habe (Bescheid vom 20. April 1999). Der beklagte Berufungsausschuss wies den Widerspruch des Klägers aus ähnlichen Gründen zurück. Er habe nur 126 in eigener Praxis erbrachte Behandlungsstunden gegenüber der Beigeladenen zu 1. abgerechnet. Die von ihm als Angestellter in der Universitätsambulanz durchgeführten Psychotherapien seien nicht berücksichtigungsfähig (Bescheid vom 21. Juli 1999).
Nach der Entscheidung des Zulassungsausschusses suchte der Kläger um einstweiligen Rechtsschutz nach. Das angerufene Sozialgericht (SG) lehnte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses ab. Das Landessozialgericht (LSG) ließ ihn auf seine Beschwerde hin vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zu (Beschlüsse vom 11. Oktober 1999 und 7. November 2001). Auf dieser Grundlage übte der Kläger in der Folgezeit eine entsprechende Tätigkeit aus und erhielt sie auch vergütet.
Im Verfahren der Hauptsache ist der Kläger in erster Instanz ohne Erfolg geblieben. Das SG hat die Möglichkeit der bedarfsunabhängigen Zulassung auf Psychologische Psychotherapeuten beschränkt, die im Zeitfenster niedergelassen gewesen seien und deren Praxis in dieser Zeit sowohl einen wesentlichen Beitrag zur Behandlung der Versicherten der GKV als auch zur Sicherung der eigenen wirtschaftlichen Existenz erbracht habe. An der danach erforderlichen Mindestzahl von Behandlungsstunden fehle es bei dem Kläger, weil er Versicherte bis zum Ende des Zeitfensters am 24. Juni 1997 im Umfang von weniger als 15 Wochenstunden durchschnittlich behandelt habe. Er habe zudem – außer im Mai 1997 – in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Eine im Zeitfenster nur zwei Monate lang betriebene Praxis könne noch keinen Bestandsschutz beanspruchen (Urteil vom 18. April 2001).
Auf die Berufung hat das LSG den Beklagten unter Aufhebung des SG-Urteils und des angefochtenen Bescheides zur Zulassung des Klägers verurteilt. Dieser habe an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung iS des § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V teilgenommen. Die “Teilnahme” setze keine feste Mindestzahl an Behandlungsstunden voraus; vielmehr komme es auf die Umstände des Einzelfalles an. Es genüge, dass eine Behandlung von Versicherten der GKV in eigener Praxis annähernd halbtägig erfolgt sei. Bei den anzurechnenden Behandlungsstunden seien die als eigene Leistungen des Klägers honorierten probatorischen Sitzungen mit zu berücksichtigen. Bezogen auf die Monate April bis Juni 1997 (10 + 52 + 51 Sitzungen von mindestens 50 Minuten Dauer und “weitere, teils in eigenen Sitzungen erbrachte Behandlungsleistungen”) lägen zwar durchschnittlich keine 15 Behandlungsstunden pro Woche vor. Dies könne bei einer neu gegründeten Praxis aber auch nicht erwartet werden. Die erreichten Zahlen hätten sich mit der Entwicklung der Praxis gesteigert. Das Beschäftigungsverhältnis sei für die Zulassung unschädlich, weil es nicht Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Klägers gewesen sei. Sein Praxisumsatz habe schon bald bei 60.000 DM gelegen und sei in der Folgezeit auf bis zu 90.000,- DM im Quartal gestiegen (Urteil vom 7. November 2001).
Mit seiner Revision rügt der Beklagte die Verletzung materiellen Rechts. Er macht geltend, die Zulassung des Klägers als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut – die nach § 12 Abs 5 Psychotherapeutengesetz (PsychThG) ein selbstständiges Fachgebiet sei – scheide schon deswegen aus, weil er insoweit nicht in eigener Praxis tätig geworden sei. Als Psychologischer Psychotherapeut könne er mangels hinreichender Vortätigkeit nicht zugelassen werden. Seine Praxis habe vor dem 24. Juni 1997 weder ein Vierteljahr lang bestanden, noch habe er bis dahin Versicherte der GKV im Umfang von durchschnittlich 15 Stunden pro Woche bzw 60 Stunden im Monat behandelt. Er weise überhaupt nur 49 Behandlungsstunden auf, da die 77 probatorischen Behandlungsstunden nicht mitzählten. Probatorische Sitzungen seien Teil der ärztlichen Diagnostik und keine eigenverantwortliche Tätigkeit des Psychotherapeuten. Angesichts der Halbtagsbeschäftigung an der Universität habe die Behandlung von Versicherten in eigener Praxis nie den Schwerpunkt seiner Berufsausübung gebildet. Selbst wenn man probatorische Sitzungen mitrechne, ergäben sich mit 126 Behandlungsstunden an 51 Arbeitstagen im Durchschnitt nur 2,4 Behandlungsstunden täglich bzw 12,35 Behandlungsstunden wöchentlich. Auf die Höhe der aus eigener Praxis erzielten Einkünfte komme es dabei nicht an. Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung bestehe ebenfalls nicht, weil der Planungsbereich der Stadt Freiburg mit + 426,9 % überversorgt sei. Die dort zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten seien auch in der Lage, zuvor stationär behandelte Patienten weiter zu versorgen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 7. November 2001 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2001 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er nimmt für den Fortbestand seiner schon vor Inkrafttreten des PsychThG eingerichteten und betriebenen Praxis den Schutz der Grundrechte aus Art 12 und Art 14 Grundgesetz (GG) in Anspruch. Maßgeblicher Stichtag für den Grundrechtsschutz sei der 27. November 1997, weil der Deutsche Bundestag das Gesetz über die Einbeziehung der Psychologischen Psychotherapeuten in die GKV erst an diesem Tag beschlossen habe. Sein beruflicher Werdegang habe stets auf die Tätigkeit als niedergelassener Psychotherapeut in eigener Praxis abgezielt. Die Qualität der Versorgung der Versicherten in Freiburg sei gefährdet, wenn dort nur Therapeuten tätig werden könnten, die – anders als er – nicht über klinische Berufserfahrung verfügten. Es dürfe ihm kein Nachteil daraus entstehen, dass er sich aus Verantwortung seinen Patienten gegenüber nicht ohne vorherige klinische Tätigkeit habe niederlassen wollen. – Die bedarfsunabhängige Zulassung auch für die psychotherapeutische Tätigkeit bei Kindern und Jugendlichen dürfe nicht davon abhängig sein, ob er im Zeitfenster diesen Personenkreis behandelt habe; sämtliche Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten behandelten nur in geringem Umfang. – Dass die freiberufliche Tätigkeit wesentlicher Bestandteil seiner Existenzgrundlage gewesen sei, zeige sich an dem bereits im Quartal II/1997 erzielten Honorarumsatz von 18.218,80 DM (zuzüglich Nachzahlungen); das Bruttoeinkommen aus der Beschäftigung als Angestellter habe in dieser Zeit nur 6.076 DM betragen. – Die probatorischen Sitzungen müssten bei den anzurechnenden Behandlungsstunden mitgezählt werden, weil diese ebenso vergütet worden seien wie seine anderen Leistungen auch. Die Versagung der Zulassung würde zu einer Versorgungslücke in Freiburg führen, da es dort nur noch einen weiteren Psychologischen Psychotherapeuten mit umfassender stationärer Berufserfahrung gebe. – Insgesamt müsse berücksichtigt werden, dass er inzwischen erfolgreich in Freiburg praktiziere (zB GKV-Umsatz der Praxis 1999 ca 240.000 DM, Umsätze in den Quartalen II und III/2001 jeweils deutlich über 80.000 DM), was auch einen entsprechenden Bedarf der von ihm erbrachten vertragspsychotherapeutischen Leistungen belege. Müsse er seine Tätigkeit in Freiburg beenden, so laufe dies auf eine Existenzvernichtung nach seiner 4 ½-jährigen Zulassung hinaus.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision des beklagten Berufungsausschusses ist begründet. Das Urteil des LSG ist aufzuheben und das klageabweisende erstinstanzliche Urteil wieder herzustellen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologischer Psychotherapeut am Sitz seiner Praxis im überversorgten Planungsbereich der Stadt Freiburg, da er die Voraussetzungen des § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V nicht erfüllt.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 95 Abs 10 SGB V (eingefügt durch Art 2 Nr 11 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 16. Juni 1998 ≪BGBl I 1311≫). Danach sind Psychologische Psychotherapeuten zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zuzulassen, wenn sie bis zum 31. Dezember 1998 die Voraussetzungen der Approbation nach § 12 PsychThG sowie des Fachkundennachweises nach § 95c Satz 2 Nr 3 SGB V erfüllt und den Antrag auf Erteilung der Zulassung gestellt haben (Satz 1 Nr 1); darüber hinaus müssen sie bis zum 31. März 1999 die Approbationsurkunde vorgelegt (Satz 1 Nr 2) und in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis zum 24. Juni 1997 (so genanntes Zeitfenster) an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der GKV teilgenommen haben (Satz 1 Nr 3 aaO). Die Regelung des § 95 Abs 10 SGB V ermöglicht damit eine bedarfsunabhängige Zulassung von Psychologischen Psychotherapeuten. Als Sondervorschrift zu § 95 Abs 12 SGB V verhindert sie nach ihrem Anwendungsbereich, dass ein Zulassungsantrag an Beschränkungen scheitern kann, die in einem Planungsbereich wegen Überversorgung bestehen. Mit der durch das Gesetz vom 16. Juni 1998 erfolgten Einbeziehung der Psychologischen Psychotherapeuten in die vertragsärztliche Versorgung gelten nämlich die für Ärzte eingeführten, auf § 103 SGB V beruhenden Zulassungsbeschränkungen entsprechend auch für Psychologische Psychotherapeuten (vgl BSGE 87, 158, 160 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 107; Schirmer, MedR 1998, 435, 439). Der Zulassungsanspruch des Klägers kann sich nur aus § 95 Abs 10 SGB V ergeben, weil das LSG – nach § 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ für den Senat bindend und im Revisionsverfahren nicht mit zulässigen Rügen angegriffen – festgestellt hat, dass der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für Baden-Württemberg mit Beschluss vom 27. Oktober 1999 (Ärzteblatt Baden-Württemberg 11/1999, S 448) Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, welche der freien Niederlassung von Psychologischen Psychotherapeuten im Planungsbereich der Stadt Freiburg entgegen stehen (zur Bindungswirkung vgl insoweit BSG SozR 3–2500 § 101 Nr 3 S 16).
Der Kläger, der die für eine bedarfsunabhängige Zulassung nötige fachliche Eignung (§ 95c Satz 2 Nr 3 SGB V iVm § 12 PsychThG) besitzt, erfüllt jedoch nicht die weiteren Voraussetzungen für eine bedarfsunabhängige vertragspsychotherapeutische Zulassung; denn er hat nicht iS von § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V in der Zeit vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997 im erforderlichen Maße an der Versorgung der Versicherten der GKV teilgenommen.
Wie der Senat mit mehreren Urteilen vom 8. November 2000 – B 6 KA 52/00 R – (ua) entschieden hat, wird die Auslegung des Merkmals der “Teilnahme” an der Versorgung iS des § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V durch die Funktion der Vorschrift bestimmt, für Härtefälle eine Ausnahme von dem Grundsatz der bedarfsabhängigen Zulassung der Psychologischen Psychotherapeuten zu ermöglichen (BSGE 87, 158, 164 = SozRSozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 111, unter Hinweis auf BT-Drucks 13/9212 S 40 und BVerfG SozR 3–2500 § 95 Nr 24 S 103). Es geht dabei nicht um den Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der GKV als solchen, sondern lediglich um die Möglichkeit, sich an einem Ort niederzulassen, der auf der Grundlage der im Rahmen der Bedarfsplanung getroffenen Feststellungen bereits überversorgt ist, dh für den Überkapazitäten auf Seiten der psychotherapeutischen Leistungserbringer bestehen. Zulassungsbewerbern, die sich bei der Auswahl des Praxissitzes typischerweise an ihrem bisherigen Lebensmittelpunkt orientieren, wird grundsätzlich zugemutet, dass sie den Ort ihrer Zulassung nicht nach eigenen Wünschen frei wählen können, sondern sich nach dem Versorgungsbedarf der Versicherten richten. Eine Ausnahme davon sieht § 95 Abs 10 SGB V nur für Zulassungsbewerber vor, die bereits im Zeitfenster an der Versorgung der Versicherten der GKV teilgenommen haben (Satz 1 Nr 3 aaO). Diese Begünstigung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Betroffene bereits unter Einsatz von Arbeitskraft und finanziellen Mitteln eine eigene Praxis eingerichtet und in einem rechtlich erheblichen Umfang betrieben hat. Sowohl in Bezug auf die Inanspruchnahme der Arbeitskraft des Psychologischen Psychotherapeuten als auch im Hinblick auf den wirtschaftlichen Ertrag seiner Tätigkeit muss dabei in eigener Praxis annähernd das für eine Berufstätigkeit typische Ausmaß erreicht worden sein. Erst dann hat sich der Zulassungsbewerber mit der bereits aufgebauten Praxis eine Existenzgrundlage für die von ihm angestrebte Art der Berufsausübung geschaffen. Der Zwang zur Aufgabe einer solchen Praxis würde ihn dann nämlich ungleich härter treffen als einen Zulassungsbewerber, der noch keine Praxis eingerichtet hat und sich erst noch in einer beruflichen Übergangs- und Orientierungsphase befindet (BSGE 87, 158, 165 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 112).
Aus dem Gesetzeszweck ergibt sich, dass der Begriff der “Teilnahme” die eigenverantwortliche Behandlung von Versicherten der GKV in anerkannten Behandlungsverfahren in eigener Praxis und mit einem bestimmten Behandlungsumfang erfordert. Die Voraussetzungen der “Teilnahme” unterliegen im vollen Umfang der gerichtlichen Nachprüfung, dh den Zulassungsgremien kommt insoweit kein Beurteilungsspielraum zu (BSGE 87, 158, 166 SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 113). Während das Gesetz den Zeitraum, in dem die Teilnahme erfolgt sein muss, selbst regelt (25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997), enthält es keine genaue Vorgabe dazu, welchen Umfang die Behandlung in diesem Zeitfenster gehabt haben muss, damit von einer rechtlich erheblichen Vortätigkeit ausgegangen werden kann. § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V verlangt zwar keine Mitwirkung an der Versorgung für die gesamten drei Jahre des Zeitfensters (BSGE 87, 158, 175 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 122 f unter Hinweis auf die Beratungen des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages, Ausschuss–Drucks Nr 941 S 6, und BT-Drucks 13/9212 S 40). Die der Rechtsprechung obliegende Konkretisierung des Begriffs der “Teilnahme” hat sich aber am Leitbild der vertragsärztlichen Tätigkeit zu orientieren (vgl § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V) und verlangt dementsprechend, dass der Behandlungstätigkeit während des Zeitfensters wenigstens in einem Umfang nachgegangen wurde, der annähernd zur Hälfte demjenigen entspricht, was ein niedergelassener Psychologischer Psychotherapeut typischerweise bewältigen kann, der seinen Beruf als Vollzeittätigkeit in eigener Praxis ausübt. Vergleichswert sind insoweit im Ausgangspunkt die in einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis pro Woche typischerweise anfallenden 35 bis 36 Behandlungsstunden von mindestens 50-minütiger Dauer (BSGE 87, 158, 178 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 126 unter Hinweis auf BSGE 84, 235, 240 = SozR 3–2500 § 85 Nr 33 S 255 f). Erreicht die berücksichtigungsfähige Tätigkeit des Zulassungsbewerbers nicht bereits zumindest die Hälfte dieses Ausmaßes, kann die Behandlung der Versicherten der GKV in eigener Praxis weder in persönlicher noch in wirtschaftlicher Sicht als im Wesentlichen abgeschlossene Festlegung auf diese Form der Berufsausübung eines Psychologen angesehen werden. Damit entfällt zugleich der Grund für die in § 95 Abs 10 SGB V vorgesehene Privilegierung. Entscheidend ist, dass sich der Zulassungsbewerber dem Leitbild des in eigener Praxis in Vollzeit tätigen Psychotherapeuten weitgehend angenähert hat. Dazu reicht es nicht aus, dass in geringem Umfang angefallene Einnahmen aus ambulanter Behandlungstätigkeit einen wesentlichen Bestandteil für den Lebensunterhalt des Betroffenen bilden; es entspricht dem Leitbild auch nicht, wenn Zeitaufwand und Ertrag zwar für sich genommen auf eine erhebliche Behandlungstätigkeit schließen lassen, diese aber gleichwohl hinter dem Umfang einer anderen, gleichzeitig ausgeübten und als Haupterwerb erscheinenden anderen Erwerbstätigkeit zurückbleiben. Die nachhaltig auf die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Versicherten der GKV ausgerichtete Tätigkeit muss vielmehr zumindest einen von zwei gleich zu gewichtenden Schwerpunkten der beruflichen Tätigkeit des Betroffenen gebildet haben (BSGE 87, 158, 177 f = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 126).
Vor diesem Hintergrund hat der Senat für eine “Teilnahme” iS von § 95 Abs 10 Satz 1 SGB V grundsätzlich eine Vortätigkeit gefordert, die sich auf 250 an Versicherte der GKV erbrachte Behandlungsstunden beläuft, welche – innerhalb des Zeitfensters – konzentriert in einem Halbjahreszeitraum erbracht wurden. Dieser Wert, der umgerechnet ca 11,6 Behandlungsstunden wöchentlich ergibt, erreicht bei großzügiger Betrachtung unter Berücksichtigung des Begleitaufwandes ungefähr die Hälfte des zeitlichen Aufwandes, der in der gleichen Zeit von einem ausschließlich in eigener voll ausgelasteter Praxis tätigen Psychotherapeuten im Regelfall bewältigt wird.
Unter dem Gesichtspunkt einer möglichst weit gehenden Gleichstellung von Berufsanfängern, die ihre psychotherapeutische Tätigkeit zwar noch innerhalb des Zeitfensters bis zum 24. Juni 1997 begonnen haben, die vorbeschriebenen zeitlichen Mindesterfordernisse wegen des erst kurzzeitigen Bestehens ihrer Praxis aber noch nicht erfüllen können, mit Psychologen, deren psychotherapeutische Praxis bereits länger besteht, hat der Senat die Anforderungen an das Merkmal der “Teilnahme” für den ersten Personenkreis allerdings gelockert. Er ist zu Gunsten von Berufsanfängern von der Möglichkeit ausgegangen, dass der Sechs-Monats-Zeitraum zwar auch unterschritten worden sein kann. In einem derartigen Fall müssen dann aber – um ebenfalls von einer nachhaltigen Tätigkeit und schützenswerten Praxissubstanz sprechen zu können – alle Umstände darauf hindeuten, dass eine bereits berufliche Orientierung des Betroffenen auf die psychotherapeutische Behandlung in eigener Praxis stattgefunden hat und kompensatorisch muss eine höhere Anzahl wöchentlicher Behandlungsstunden nachgewiesen sein. Konnten Versicherte der GKV nicht für mindestens sechs Monate durchschnittlich 11,6 Stunden wöchentlich in der eigenen psychotherapeutischen Praxis des Zulassungsbewerbers behandelt werden, weil die Praxis erst zu Beginn oder im Frühjahr des Jahres 1997 eröffnet wurde, müssen zur Bejahung einer “Teilnahme” zumindest im letzten Vierteljahr des Zeitfensters, dh von April 1997 bis Juni 1997, durchschnittlich 15 Behandlungsstunden pro Woche erbracht worden sein (so BSGE 87, 158, 179 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 127). Diese zeitliche Untergrenze erreicht der Kläger aus Rechtsgründen sowie nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht.
Als “Teilnahme” an der Versorgung der Versicherten der GKV im Zeitfenster können nur die vom Kläger nach Anmietung der eigenen Praxisräume in Freiburg zum 1. April 1997 in der Zeit bis zum 24. Juni 1997 erbrachten Behandlungsstunden Berücksichtigung finden. Dagegen scheidet die Anrechnung derjenigen Therapiestunden aus, welche er als angestellter Psychologe in der Ambulanz der Universitätsklinik erbracht hat, selbst wenn die entsprechende Behandlung GKV-Versicherter Gegenstand der dem Arbeitgeber geschuldeten Dienste war; denn bei der Behandlung durch angestellte Therapeuten tritt als Leistungserbringer im Verhältnis zu den Kostenträgern nicht der Angestellte, sondern sein Arbeitgeber bzw eine entsprechende Institution auf. Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem angestellten Therapeuten auf der einen und den Krankenkassen bzw deren Versicherten auf der anderen Seite bestehen nicht. Dass der angestellte Psychotherapeut die Behandlung fachlich ausführt, ist für § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V unerheblich; denn für die dadurch geschaffene Privilegierung reicht nicht schon das Vorhandensein einer bestimmten fachlichen Qualifikation aus. Als Bestandsschutz- und Härteregelung verlangt die Norm vielmehr, dass der Therapeut bereits in der Vergangenheit im Verhältnis zu den Kostenträgern einen Rechtsstatus inne hatte, der demjenigen der Vertragsärzte nahe kommt (so zum Ganzen bereits BSGE 87, 158, 172 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 119).
Bei alledem kann hinsichtlich der verbleibenden Therapiestunden dahin stehen, ob auch die probatorischen Sitzungen als “Teilnahme” iS von § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V gewertet werden können oder ob dieses – mit dem Beklagten – zu verneinen ist; denn selbst bei Einbeziehung der probatorischen Tätigkeit genügen die in eigener Praxis erbrachten psychologisch-psychotherapeutischen Leistungen des Klägers in der Zeit vom 1. April 1997 bis 24. Juni 1997 nicht, um von ihrem Umfang her als hinreichende “Teilnahme” angesehen werden zu können. Der Senat hat hinsichtlich der Behandlungsdauer und der Behandlungsintensität die oben aufgezeigten Grenzen gezogen, unterhalb derer eine rechtlich relevante Teilnahme verneint werden muss. An diesen hält er fest.
Da die Praxis des Klägers in Freiburg innerhalb des Zeitfensters nicht über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten bestanden hat, ist für ihn die Grenze von durchschnittlich 11,6 Behandlungsstunden wöchentlich nicht einschlägig. Weil er seine Praxis erst im Frühjahr des Jahres 1997 eröffnet hat, müsste er daher zumindest im letzten Vierteljahr des Zeitfensters (April bis Juni 1997) durchschnittlich 15 Behandlungsstunden pro Woche aufweisen; zudem müssten zu diesem Zeitpunkt alle Umstände auf eine berufliche Orientierung zu einer psychotherapeutischen Tätigkeit in niedergelassener Praxis hindeuten (BSGE 87, 158, 179 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 127). Daran fehlt es.
Die Ausrichtung der beruflichen Orientierung auf die Tätigkeit eines niedergelassenen Psychologischen Psychotherapeuten muss an äußeren Umständen kenntlich werden; zu den insoweit maßgeblichen Indizien gehören die Anmietung von Praxisräumen für einen längeren Zeitraum und die Aufgabe einer bisherigen Vollzeitbeschäftigung oder deren Reduzierung auf die Hälfte der für Vollzeitbeschäftigte geltenden Arbeitszeit (BSGE 87, 158, 179 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 127). Zwar sprechen die Anmietung eines Raumes in einer bereits bestehenden Praxisgemeinschaft von Psychotherapeuten und die in diesem Zusammenhang getätigten Investitionen hier dafür, dass der Kläger bestrebt war, einer niedergelassenen Berufstätigkeit auf Dauer nachzugehen. Auch fiel sein Umsatz aus der Praxis im Zeitfenster mit 18.218,80 DM höher aus als seine Bruttoeinkünfte aus der abhängigen Beschäftigung (die er mit monatlich 3.038 DM brutto, also 6.076 DM für zwei Monate, angibt); dieser Vergleich relativiert sich indessen bei einer Netto-Betrachtung, wenn man vom Praxisumsatz einen Kostensatz von ca 40 % oder die tatsächlichen hohen Praxisanfangskosten (im Revisionsverfahren mit 10.395 DM beziffert) subtrahiert. Es liegen darüber hinaus Indizien vor, die bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände der Annahme seiner eindeutigen beruflichen Orientierung auf die aufgenommene Praxistätigkeit schon im Zeitfenster entgegenstehen. So ist zu berücksichtigen, dass der Kläger (seit Mai 1995) bis Ende April 1997 und erneut vom 1. Juni 1997 an eine bereits längere Zeit vor seiner Niederlassung aufgenommene und anschließend noch über 1 ½ Jahre hinweg fortgesetzte abhängige Beschäftigung ausübte, und dass sich durch die Aufnahme der Praxistätigkeit an den insoweit maßgeblichen Arbeitsbedingungen nichts Wesentliches änderte; er ist seiner Erwerbstätigkeit als Angestellter der Universitätsklinik Freiburg noch bis in das Jahr 1999 hinein unverändert mit 19,25 Wochenstunden nachgegangen und hat sich (nach den Feststellungen des SG) lediglich im Mai 1997 freistellen lassen, um die Praxis einzurichten und seine freiberufliche Tätigkeit aufzubauen. Seine Dissertation schloss er ohnehin erst Ende 1997 ab. Er befand sich zudem in einer noch nicht beendeten Ausbildung zum Supervisor. Schließlich verlegte er erst 1999 – verbunden mit erneuten Investitionen – den Sitz seiner Praxis innerhalb Freiburgs an ihren endgültigen Ort. Aus alledem ergibt sich, dass seine berufliche Umbruch- und Orientierungsphase gegen Ende des Zeitfensters noch nicht erkennbar abgeschlossen war (vgl den ähnlichen, dem Urteil des Senats vom 8. November 2000 – B 6 KA 44/00 R – zu Grunde liegenden Sachverhalt sowie – nachfolgend – den Beschluss des BVerfG ≪Kammer vom 3. April 2001 –1 BvR 462/01). Darüber hinaus fällt auf, dass der Kläger innerhalb des Zeitfensters einen hohen Anteil probatorischer Sitzungen aufweist. Diese – im Gegensatz zur eigentlichen psychotherapeutischen Behandlung ohne vorherige Genehmigung der Krankenkassen abrechnungsfähigen – Sitzungen dienen nach § 7 Abs 12 der Psychotherapie-Vereinbarungen (in der seinerzeit geltenden Fassung, jetzt § 11 Abs 12) der Prüfung, ob ein Antrag auf Psychotherapie für einen Versicherten bei seiner Krankenkasse gestellt werden soll, dh auch der Abklärung, ob eine langfristige Psychotherapie angesichts des erforderlichen vertrauensvollen Therapeut-Patienten-Kontaktes erfolgversprechend ist. Mit Rücksicht darauf ließ sich zu dieser Zeit noch nicht ohne Weiteres mit sicheren Einnahmen aus langfristigen therapeutischen Bindungen kalkulieren.
Gegen eine bereits erfolgte berufliche Orientierung des Klägers auf eine psychotherapeutischen Tätigkeit in eigener Praxis in den letzten drei Monaten des Zeitfensters spricht ferner der nach wie vor dominierende zeitliche Umfang seines Beschäftigungsverhältnisses. Auch wenn eine abhängige Beschäftigung es nicht ausschließt, die zugleich erfolgende Behandlung von Versicherten der GKV als “Teilnahme” iS von § 95 Abs 10 SGB V zu bewerten – insbesondere, wenn die Beschäftigung den Umfang einer Halbtagsstelle nicht überschreitet –, muss die Niederlassung in eigener Praxis dann aber zumindest einer von zwei gleichgewichtigen Schwerpunkten der beruflichen Orientierung gewesen sein (BSGE 87, 158, 177 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 125). An einer solchen Gleichwertigkeit der in eigener Praxis erbrachten Therapieleistungen fehlt es bei dem Kläger offensichtlich im April 1997. Denn die für diesen Monat insgesamt abgerechneten zehn Behandlungsstunden bleiben selbst bei Einbeziehung des erforderlichen Nebenaufwandes deutlich hinter den 19,25 Stunden zurück, welche er in der Universitätsklinik allein wöchentlich abzuleisten verpflichtet war. Wenn aber die selbstständige Erwerbstätigkeit überhaupt erstmals im Mai 1997 zu seinem beruflichen Schwerpunkt geworden sein konnte und die Praxis gegen Ende des Zeitfensters am 24. Juni 1997 ohnehin noch nicht für volle drei Monate betrieben wurde, kann in diesem Stadium nicht bereits von einem dauerhaft geschützten Praxisbestand ausgegangen werden.
Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht zu Gunsten des Klägers, wenn man mit Rücksicht auf die im Vertragsarztrecht übliche quartalsweise Betrachtung auf den Gesamtzeitraum vom 1. April 1997 bis 24. Juni 1997 abstellt. Dann stehen sich eine Arbeitsverpflichtung von ca 8 Wochen mal 19,25 Wochenstunden (= ca 154 Stunden) in einem Beschäftigungsverhältnis einerseits und 126 Therapiestunden in der Praxis (so die Feststellungen des Beklagten und des SG, während sich das LSG – diese Zahlen nicht beanstandend – auf S 17 seines Urteils insoweit nicht auf konkrete Zahlen festlegt) andererseits gegenüber. Auch wenn die Führung einer Praxis mehr Zeit erfordert, als es in der reinen Addition der Therapiestunden zum Ausdruck kommt, ist dabei zu berücksichtigen, dass die Zahl der in abhängiger Beschäftigung angefallenen Arbeitsstunden in dieser Zeit lediglich zufällig und atypisch so niedrig ausfiel, weil der Kläger während des Monats Mai 1997 das Arbeitsverhältnis (nur) vorübergehend – also nicht etwa planmäßig einen neuen wirtschaftlichen Dauerzustand begründend – nicht ausübte. Die Summe der erbrachten Behandlungsstunden erreicht indessen selbst im günstigsten Fall – bei einer bereits im April 1997 beginnenden Betrachtung – bis zum Ende des Zeitfensters nicht den nach der Rechtsprechung des Senats für eine “Teilnahme” iS von § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V geforderten Mindestumfang von 15 Stunden in der Woche innerhalb eines Drei-Monats-Zeitraums. Davon ist auch das LSG – ohne die Zusammensetzung der nach seiner Auffassung im Einzelnen berücksichtigungsfähigen Behandlungsstunden näher zu erläutern – ausdrücklich ausgegangen (S 16 f der Entscheidungsgründe). Der Kläger hat mithin selbst unter diesem Gesichtspunkt im Zeitfenster nicht an der Versorgung der Versicherten der GKV in einem Ausmaß teilgenommen, das geeignet ist, ihm bereits Bestandsschutz zu gewähren und einen Härtefall zu begründen.
Die vorgenommene Auslegung des § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Prüfungsmaßstab ist insoweit vornehmlich Art 12 Abs 1 GG, da es darum geht, ob der Kläger seine psychotherapeutische Praxis in Freiburg in der Zukunft weiter betreiben kann, sodass die damit verbundenen Erwerbsmöglichkeiten im Vordergrund seines Begehrens stehen (vgl BVerfGE 30, 292, 334 f; 85, 360, 383). In Bezug auf Art 12 Abs 1 GG hat der Senat wiederholt entschieden, dass die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in überversorgten Gebieten in zulässiger Weise auf gesetzlicher Grundlage beschränkt worden ist. Es handelt sich dabei um Berufsausübungsregelungen, die vor allem zur Sicherung einer gleichmäßigen Versorgung der Versicherten im gesamten Bundesgebiet gerechtfertigt sind (vgl BSGE 82, 41, 44 = SozR 3–2500 § 103 Nr 2 S 13 ≪vertragsärztliche Versorgung≫; BSGE 81, 207, 212 = SozR 3–2500 § 101 Nr 2 S 13 ≪vertragszahnärztliche Versorgung≫; BSGE 87, 158, 163 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 110 ≪vertragspsychotherapeutische Versorgung≫).
Die mit den streitbefangenen Regelungen einhergehende Einflussnahme auf den Ort der Berufsausübung verstößt auch nicht unter dem Aspekt gegen den im Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG wurzelnden Vertrauensgrundsatz, dass das Zeitfenster des § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V bereits am 24. Juni 1997 endete; denn die Regelung greift nicht in schon bestehende Rechtspositionen betroffener Psychologischer Psychotherapeuten ein. Entscheidend ist insoweit, dass die Regelungen des Gesetzes vom 16. Juni 1998 über die bedarfsunabhängige Zulassung von Psychotherapeuten für den betroffenen Personenkreis zu einer erheblichen Verbesserung gegenüber dem zuvor bestehenden Rechtszustand geführt haben (vgl bereits BSGE 87, 158, 180 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 128; Beschluss des BVerfG ≪Kammer≫ vom 30. Mai 2000 –SozR 3–2500 § 95 Nr 24 S 103). Das gilt sowohl im Vergleich mit der bisherigen Teilnahme von Psychologen im Delegationsverfahren und als auch – noch stärker – in Bezug auf das Kostenerstattungsverfahren (BVerfG ≪Kammer≫, NJW 1999, 2729; SozR 3–2500 § 95 Nr 24 S 103; BSGE 87, 158, 180 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 128). Bei der vorgenommenen grundsätzlichen Neugestaltung können einzelne Modalitäten der Regelung keinen Eingriff in den vorherigen Rechtszustand darstellen. Da der Kläger vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 16. Juni 1998 keinen Anspruch auf Zulassung zur vertragpsychotherapeutischen Versorgung hatte, beseitigt dieses Gesetz keine von ihm schon inne gehabte bzw erworbene Rechtsposition, wenn es den auf einen bestimmten Ort bezogenen Zulassungsanspruch nur unter dem Vorbehalt der Gewährleistung einer annähernd gleichmäßigen Versorgung der Versicherten der GKV gewährt. Zwar ist der Gesetzgeber bei der Neuordnung von Berufsausübungsregeln aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gehalten, Übergangsregelungen für solche Personen zu schaffen, welche die von der Neuregelung betroffene Tätigkeit in der Vergangenheit in erlaubter Weise ausgeübt haben (BVerfGE 68, 272, 284; 75, 246, 279; 98, 265, 309 f). Solche Übergangsregelungen müssen aber nicht notwendig darauf hinauslaufen, dass die bisherige Tätigkeit in unveränderter Form beibehalten werden darf (BVerfGE 68, 272, 287). Ein Psychologischer Psychotherapeut hat daher nicht etwa allein deswegen Anspruch auf eine Zulassung ohne Berücksichtigung des Bedarfs, weil er bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 16. Juni 1998 die nach damaligem Recht erforderliche Qualifikation zur Behandlung von Versicherten der GKV besaß (BVerfG ≪Kammer&≫ SozR 3–2500 § 95 Nr 24 S 103). Auf den Umstand, dass das Rechtsstaatsprinzip Vertrauensschutz auch in Hinblick auf Dispositionen gewährt, die der Bürger in der berechtigten Erwartung getätigt hat, dass sich bestimmte rechtliche Ausgangsbedingungen nicht ändern werden (vgl BVerfGE 13, 39, 45 f; 30, 367, 389), musste der Gesetzgeber übergangsrechtlich nur dadurch reagieren, dass Psychologische Psychotherapeuten, die eine eigene Praxis aufgebaut und in diese in der Erwartung investiert hatten, sie zu alten Bedingungen unverändert weiterzuführen, einen gewissen Schutz genossen. Die sich unter diesem Gesichtspunkt ergebenden verfassungsrechtlichen Erfordernisse hat § 95 Abs 10 Satz 1 SGB V in angemessener Weise aufgenommen und verwirklicht (so bereits BSGE 87, 158, 161 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 108). Die Vorschrift ermöglicht nämlich den Fortbestand der Praxis an ihrem bisherigen Ort, soweit – wie ausgeführt – bereits vor dem Stichtag psychotherapeutische Behandlungen in einem rechtlich erheblichen Umfang erfolgt sind. Fehlt es an der im Tatbestandsmerkmerkmal “Teilnahme” zum Ausdruck kommenden rechtserheblichen Behandlungstätigkeit, ist das Vertrauen des Betroffenen auch nicht schützenswert. Dass das verfassungsrechtliche Gebot des Vertrauensschutzes dagegen eine über § 95 Abs 10 SGB V hinausgehende Regelung erfordern könnte, ist nicht ersichtlich.
Auch soweit § 95 Abs 10 Satz 1 Nr 3 SGB V mit dem 24. Juni 1997 einen Stichtag vorsieht, bis zu dem die schützenswerte Vortätigkeit erfolgt sein muss, scheidet ein Verstoß gegen höherrangiges Recht aus. Dieses Datum bezeichnet den Tag, an dem die damaligen Regierungsfraktionen einen Gesetzesentwurf des PsychThG in den Deutschen Bundestag eingebracht haben, der dann in seinen Grundstrukturen Gesetz geworden ist, auch wenn die konkret das Zeitfenster betreffende Regelung erst später als Ergänzung in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden ist (vgl dazu im Einzelnen BSGE 87, 158, 179 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 127 f). Für Eingriffe in geschützte Rechtspositionen gilt zwar der Grundsatz, dass sich der Bürger auf den Fortbestand der Rechtslage bis zu dem Tag verlassen darf, an dem der Bundestag ein änderndes Gesetz beschlossen hat (vgl BVerfGE 97, 271, 290 = SozR 3–2940 § 58 Nr 1 S 10). Da der Bundestag seinen Beschluss über die Einführung des Zeitfensters erst am 27. November 1997 gefasst hat (Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode, Protokoll der 207. Sitzung vom 27. November 1997, S 18930), besteht mithin die Möglichkeit, dass Psychologische Psychotherapeuten noch nach dem 24. Juni 1997 im Vertrauen auf den Fortbestand der bisher für die Behandlung in eigener Praxis geltenden Regelungen Dispositionen getroffen haben. Auch dies führt jedoch nicht dazu, dass das im Gesetz festgelegte Enddatum für das Zeitfenster als verfassungswidrig angesehen werden müsste. Denn nach der Rechtsprechung des BVerfG sind auch bereits Gesetzesinitiativen geeignet, das Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand rechtlicher Rahmenbedingungen zu erschüttern (BVerfGE 91, 252, 260). Selbst wenn aber die Inanspruchnahme von Vertrauen auch noch nach dem 24. Juni 1997 möglich war (dazu bereits BSGE 87, 158, 179 = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 128), musste diesem nicht notwendig der Vorrang vor dem Ordnungsbemühen des Gesetzgebers eingeräumt werden. Der Gesetzgeber verfolgt regelmäßig legitime Ziele, wenn er Stichtage so wählt, dass sich keine unerwünschten Ankündigungseffekte einstellen (BVerfGE 97, 67, 82; 101, 239, 271). Ein solcher Sachverhalt liegt hier vor. Hätte das Zeitfenster nämlich erst zu einem späteren Zeitpunkt geendet, so wäre zu besorgen gewesen, dass die Zahl der bedarfsunabhängig zuzulassenden Psychologischen Psychotherapeuten wesentlich höher ausgefallen wäre, weil angesichts der sich abzeichnenden Konkretisierung des gesetzgeberischen Vorhabens, die psychologisch-psychotherapeutische Behandlung von Versicherten der GKV auf eine neue Grundlage zu stellen, viele Psychologen die Gelegenheit zur Gründung einer eigenen Praxis ergriffen hätten, um auf diese Weise in den Genuss von Übergangsregelungen zu kommen. Gerade angesichts der im vertragsärztlichen Zulassungsrecht bei der Einführung der verschärften Bedarfsplanung durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 gesammelten Erfahrungen hatte der Gesetzgeber Anlass und einen sachlichen Grund, maßgeblich auf einen Zeitpunkt abzustellen, zu dem noch keine spekulativen Niederlassungen zu besorgen waren (BSGE 87, 158, 180 f = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 128 f). Da der Tag der Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens maßgeblichen Einfluss auf die Weiterentwicklung der für die Psychologischen Psychotherapeuten erheblichen Rechtsverhältnisse hatte, durfte der Gesetzgeber ihn zum Schlusstag des Zeitfensters bestimmen, ohne damit gegen das Gebot der sachverhaltsangemessenen Bestimmung von Stichtagen (vgl insoweit BVerfGE 79, 212, 219; 101, 239, 270 f) zu verstoßen.
Die in § 95 Abs 10 SGB V vom Gesetzgeber gewählte Regelung steht auch nicht in Widerspruch zu Art 3 Abs 1 GG, weil bei Einführung der Bedarfsplanung für Vertragsärzte 1992/93 großzügigere Übergangsregelungen Anwendung gefunden hatten als bei der Neuregelung des Rechts der Psychologischen Psychotherapeuten. Letztere sind mit der Gruppe der Vertragsärzte schon deswegen nicht in einer vergleichbaren Situation, weil das Gesetz vom 16. Juni 1998 ihnen als Berufsgruppe erstmals überhaupt planmäßig den Zugang zur Versorgung der Versicherten der GKV geboten hat (BSGE 87, 158, 162 f = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 109).
Soweit der Kläger schließlich geltend macht, die Ablehnung von Bestandsschutz bedeute in seinem Fall den Eintritt einer außerordentlich großen finanziellen Einbuße und habe im Ergebnis die Vernichtung seiner beruflichen Existenz “nach 4 ½ Jahren Zulassung” zur Folge, ist ebenfalls keine andere, ihm günstigere Entscheidung gerechtfertigt. Sofern sich derartige behauptete Auswirkungen nicht durch eine Verlegung des Praxissitzes in einen nicht gesperrten Planungsbereich vermeiden lassen sollten, ist darauf hinzuweisen, dass diese nicht unmittelbar auf die Auslegung des § 95 Abs 10 SGB V durch den Senat zurückgeführt werden könnten. Zwar trifft es zu, dass jegliche Grenzziehung (etwa durch Stichtagsregelungen des Gesetzgebers) Fälle mit sich bringt, in denen Personen die Kriterien für eine vorgesehene Begünstigung nicht erfüllen. Der Kläger gehört in diesem Sinne – wie dargelegt – wertungsmäßig zur Gruppe derjenigen Psychologischen Psychotherapeuten, die von dem Erfordernis einer bestimmten nachzuweisenden psychotherapeutischen Vortätigkeit im Zeitfenster – hinnehmbar, weil ihm die bedarfsabhängige Zulassung an einem anderen Ort offen stand und steht – negativ betroffen sind. Auf den Umstand, dass er inzwischen erfolgreich in Freiburg praktiziert, kommt es dabei im Rechtssinne nicht an. Entscheidend ins Gewicht fällt nämlich insoweit, dass der Kläger in Freiburg lediglich auf Grund der von ihm erlangten einstweiligen Anordnung des LSG vom 11. Oktober 1999 (vom LSG bestätigt nach Verkündung des angefochtenen Urteils am 7. November 2001) praktiziert hat, ohne dass bereits eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache zu seinen Gunsten ergangen war. Er hat seine im April 1997 bei nicht eindeutig klarer Rechtslage aufgenommene Praxistätigkeit über Jahre hinweg fortgesetzt und den Praxissitz innerhalb Freiburgs später verlegt, obwohl negative Entscheidungen der Zulassungsgremien vorlagen und das erstinstanzliche Urteil zu seinem Nachteil ausgefallen war. In einer rechtlich noch nicht abschließend geklärten, sich durch zahlreiche gegenläufige Beschlüsse und Urteile der Instanzgerichte auszeichnenden Situation (vgl die Übersicht bei BSGE 87, 158, 175 f = SozR 3–2500 § 95 Nr 25 S 123) verlegte er 1999 seine Praxis innerhalb des extrem überversorgten Planungsbereichs und tätigte erneute Investitionen, obwohl zu diesem Zeitpunkt weder die Senatsurteile vom 8. November 2000 noch das Urteil im Berufungsverfahren (vom 7. November 2001) ergangen waren. Angesichts dieses Hintergrundes kann er für die von ihm befürchteten Nachteile keinen Schutz unter Hinweis auf eine deshalb vermeintlich gebotene bestimmte Auslegung der streitbefangen gewesenen materiell-gesetzlichen Regelungen beanspruchen. Denn die sofortige Inanspruchnahme einer nur einstweilen, dh unter dem Vorbehalt der Überprüfung im Hauptsacheverfahren und auf der Grundlage glaubhaft gemachten Tatsachenvortrags sowie einer summarischen tatsächlichen und rechtlichen richterlichen Prüfung erteilten Berechtigung (vgl zB Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl 2002, § 86b RdNr 16, 40 mwN), stellt ein Handeln auf eigene Gefahr dar. Es birgt daher für den Betroffenen regelmäßig das von ihm selbst zu tragende Risiko, dass später im Hauptsacheverfahren unter Anwendung der dafür geltenden prozessualen und materiellen Prüfungsmaßstäbe ein auch gegenteiliges Endergebnis zu Stande kommen kann. § 86b Abs 2 Satz 4 SGG (in der ab 2. Januar 2002 geltenden Fassung des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 ≪BGBl I 2144≫) iVm § 945 Zivilprozessordnung sieht insoweit sogar verschuldensunabhängige Schadensersatzansprüche des einstweilen Obsiegenden und später in der Hauptsache Unterliegenden gegen seinen Prozessgegner vor.
In Ansehung der sich durch eine sofortige Beendigung der Praxistätigkeit für den Kläger und vor allem für die aktuell in seiner Behandlung befindlichen Versicherten der GKV ergebenden Härten hat der Senat hinsichtlich des Zeitpunktes der Beendigung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit einen angemessenen Interessenausgleich vorgenommen. Dem Kläger ist insoweit unter Beachtung des Verfassungsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie unter dem Gesichtspunkt des gebotenen möglichst weit gehenden Schutzes der Gesundheit der von ihm aktuell behandelten Patienten zur Abwicklung bereits von ihm begonnener Psychotherapien eine geräumige Auslauffrist für seine vertragspsychotherapeutische Praxistätigkeit zu gewähren, die der Senat auf die Zeit bis zum 30. Juni 2003 bemessen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum Inkrafttreten des 6. SGG-Änderungsgesetzes geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung. Danach besteht aus den Gründen, die der Senat in seinem Urteil vom 30. Januar 2002 (SozR 3 § 116 Nr 24 S 115 ff) im Einzelnen dargelegt hat, keine Verpflichtung des Klägers, neben den außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch diejenigen der Beigeladenen zu 1. bis 7. zu erstatten.
Fundstellen
Haufe-Index 871988 |
MedR 2003, 359 |
AuS 2002, 62 |