Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Kostenersatz durch Erben. Ersatz darlehensweise gewährter Leistungen. Ersatz übernommener Bestattungskosten
Leitsatz (amtlich)
Ist dem Erblasser Sozialhilfe nur darlehensweise gewährt worden, scheidet ein Kostenersatz durch Erben aus.
Orientierungssatz
Vom Sozialhilfeträger übernommene Bestattungskosten anlässlich des Todes des Erblassers gehören nicht zu den Kosten der Sozialhilfe, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall aufgewendet worden sind; sie können erst mit dem Tod des Erblassers und damit nach dem Erbfall entstehen. Die Kosten der Bestattung sind vielmehr vom Wert des Nachlasses abzusetzen (§ 1968 BGB; vgl bereits BSG vom 23.3.2010 - B 8 SO 2/09 R = SozR 4-5910 § 92c Nr 1 RdNr 24).
Normenkette
SGB XII § 102 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Sätze 1-2, §§ 74, 91 S. 1; BGB § 1967 Abs. 2, § 1968
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 2018 und des Sozialgerichts Schleswig vom 2. Oktober 2013 aufgehoben und der Bescheid des Beklagten vom 24. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2010 insoweit aufgehoben, als hierin ein Kostenersatz von mehr als 7632,49 Euro festgesetzt wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens zu neun Zehnteln sowie die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 68 306,51 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit ist die Heranziehung der Klägerin zum Kostenersatz als Erbin.
Die Klägerin, der verstorbene Leistungsempfänger L (im Folgenden L) sowie vier weitere Schwestern (von denen eine während des Revisionsverfahrens verstorben ist) sind bzw waren Erben ihrer am 30.3.2005 verstorbenen Mutter zu je einem Sechstel (Erbschein vom 12.9.2007). Die Auseinandersetzung des Erbes ist bislang nicht erfolgt. Eine Klage von zwei Schwestern gegen die Klägerin und eine weitere Schwester auf Auseinandersetzung ist seit September 2008 anhängig. Aus dem Nachlass nach der Mutter sind 544 368,86 Euro beim Amtsgericht (AG) hinterlegt.
L erhielt seit dem 22.12.2004 Leistungen der stationären und teilstationären Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Seit dem Tod der Mutter erbrachte der Beklagte diese Leistungen unter Hinweis auf § 91 SGB XII nur noch darlehensweise. Zur Sicherung der Sozialhilfeansprüche trat L den Anspruch aus dem Erbe an den Beklagten ab (Erklärung des Betreuers vom 13.7.2005; Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht mit Beschluss vom selben Tag); eine notarielle Beglaubigung dieser Erklärung erfolgte nicht.
L verstarb am 23.6.2007; die fünf Geschwister sind bzw waren seine Erben in ungeteilter Erbengemeinschaft zu je einem Fünftel (Erbschein vom 9.4.2008).
Der Beklagte forderte zunächst auf Grundlage der Abtretungserklärung erfolglos von der Erbengemeinschaft nach der Mutter die Auszahlung von 70 460,75 Euro. Sodann setzte er gegenüber der Klägerin als Erbin des L einen Kostenersatz nach § 102 SGB XII in Höhe von 75 939,24 Euro fest. Insgesamt habe er an L Leistungen in Höhe von 78 093,24 Euro erbracht, und zwar Leistungen der teilstationären und stationären Eingliederungshilfe für die Zeit vom 22.12.2004 bis zum 29.3.2005 zuschussweise in Höhe von 7632,49 Euro und solche Leistungen für die Zeit vom 30.3.2005 bis zum Tod als Darlehen sowie Bestattungskosten als Darlehen in Höhe von (insgesamt) 70 460,75 Euro. Der geforderte Betrag ergebe sich hieraus abzüglich des dreifachen Grundfreibetrags nach § 85 Abs 1 Nr 1 SGB XII in Höhe von 2154 Euro. Er (der Beklagte) habe sich im Rahmen seines Ermessens dafür entschieden, die Kosten allein von der Klägerin zu verlangen, weil nur an ihrem Widerspruch eine Auszahlung der Summe aus dem Nachlass nach der Mutter gescheitert sei (Bescheid vom 24.8.2009; Widerspruchsbescheid vom 21.5.2010).
Die Klage hiergegen hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Schleswig vom 2.10.2013; Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 13.6.2018). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG unter anderem ausgeführt, die Voraussetzungen des § 102 Abs 1 Satz 1 SGB XII seien erfüllt. Die Leistungen der Eingliederungshilfe und die Bestattungskosten seien rechtmäßig und innerhalb von zehn Jahren vor dem Erbfall erbracht worden. Die Klägerin gehöre auch zum erstattungspflichtigen Personenkreis. Der Wert des Nachlasses des L entspreche mindestens seinem Anteil am Nachlass der Mutter (90 728,14 Euro); der geforderte Kostenersatz liege darunter. Ein Ausnahmefall iS des § 102 Abs 3 SGB XII liege nicht vor. Die Klägerin habe der Beklagte in Ausübung seines Ermessens allein in Anspruch nehmen können; denn sie hafte für die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldnerin (§ 2058 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫) und sie allein habe sich auf die fehlende Beglaubigung der Abtretungserklärung berufen und sich gegen die Freigabe des Anteils des L aus dem Erbe seiner Mutter gewandt.
Mit ihrer Revision wendet sich die Klägerin noch gegen den festgesetzten Kostenersatz als Erbin, soweit der Beklagte mehr als 7632,49 Euro verlangt. Sie macht eine Verletzung von § 102 SGB XII geltend und ist der Auffassung, dass Ansprüche, die der Träger der Sozialhilfe nur darlehensweise erbracht hat, nicht der Regelung des § 102 SGB XII unterfielen. Insoweit sei der Beklagte bereits Gläubiger des Rückgewähranspruchs, der den Nachlass mindere. Wollte man davon ausgehen, dass ein Anspruch nach § 102 SGB XII daneben gleichwohl bestehe, habe das LSG jedenfalls nicht beachtet, dass sie sich auf § 2059 Abs 1 BGB berufen habe, sodass die Haftung bis zur Teilung des Nachlasses nach L auf ihren Anteil daran beschränkt sei.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 13. Juni 2018 und des Sozialgerichts Schleswig vom 2. Oktober 2013 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 24. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2010 insoweit aufzuheben, als hierin ein Kostenersatz von mehr als 7632,49 Euro festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit der Beklagte im Wege des Erbenersatzes die Kosten für die darlehensweise an L erbrachten Leistungen der Eingliederungshilfe sowie die Kosten für dessen Bestattung (insgesamt 70 460,75 Euro) geltend macht. Ob und in welcher Höhe über diesen Betrag hinaus eine Ersatzpflicht als Erbin besteht, kann offenbleiben, weil sich die Klägerin im Revisionsverfahren nicht mehr gegen eine Ersatzpflicht in Höhe von 7632,49 Euro wendet.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 24.8.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.5.2010 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte einen Kostenersatz in Höhe von 75 939,24 Euro fordert und gegen den sich die Klägerin zutreffend mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) wendet. Im Streit ist im Revisionsverfahren noch die Verpflichtung zum Kostenersatz in Höhe von 68 306,75 Euro; denn die Klägerin hat die Klage mit Einlegung der Revision auf die Anfechtung des Teils beschränkt, der 7632,49 Euro übersteigt.
Die Zuständigkeit des Beklagten für die Geltendmachung des Ersatzanspruchs ergibt sich, ohne besonders geregelt sein zu müssen und mangels anderweitiger Regelung, aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass der Erstattungsanspruch als actus contrarius die Kehrseite des Leistungsanspruchs darstellt (zuletzt Bundessozialgericht ≪BSG≫ vom 27.2.2019 - B 8 SO 15/17 R - SozR 4-3500 § 102 Nr 3 RdNr 10 mwN). Ob der Bescheid im Übrigen formell rechtmäßig ist, kann dahinstehen. Jedenfalls ist er materiell rechtswidrig, soweit die Klägerin ihn noch angreift.
Die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids misst sich an § 102 SGB XII. Danach ist der Erbe der leistungsberechtigten Person zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet, die innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet worden sind und die das Dreifache des Grundbetrages nach § 85 Abs 1 SGB XII übersteigen. Dabei ist die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für die Kostenersatzpflicht des Erben (im Einzelnen BSG vom 27.2.2019 - B 8 SO 15/17 R - SozR 4-3500 § 102 Nr 3 RdNr 16 mwN). Die Ersatzpflicht gehört als "den Erben als solchen" treffenden Schulden (sog "Erbfallschulden"; vgl auch Steimer in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und der Sozialhilfe, Stand August 2013, § 102 SGB XII, RdNr 4; Simon in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl 2020, § 102 RdNr 7; Adams in BeckOK Sozialrecht, Stand September 2020, § 102 SGB XII RdNr 6; Bienert in Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, 2. Aufl 2019, § 102 SGB XII RdNr 10; Klinge in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand März 2018, § 102 RdNr 16) zu den Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 Abs 2 BGB). Der Erbe haftet mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses (§ 102 Abs 2 Satz 2 SGB XII).
Eine Ersatzpflicht auf dieser Rechtsgrundlage scheidet unter jedem denkbaren Gesichtspunkt aus, soweit der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid den Ersatz von erbrachten Bestattungskosten (vgl § 74 SGB XII) geltend gemacht hat. Zwar kann der Senat die Einzelheiten der Bewilligung von Bestattungskosten nicht überprüfen. Das LSG hat lediglich festgestellt, dass in der Summe von 70 460,75 Euro Bestattungskosten enthalten und diese im Wege des Kostenersatzes geltend gemacht worden seien. Seine weitere Annahme, die Gewährung der Bestattungskosten sei rechtmäßig erfolgt, lässt sich in keiner Weise nachvollziehen. Dem Urteil des SG, auf das das LSG insoweit zur Begründung Bezug genommen hat (vgl § 153 Abs 2 SGG), sind Ausführungen zu Bestattungskosten jedenfalls nicht zu entnehmen. Im Ergebnis kann die Überprüfung einer solchen Bewilligung aber dahinstehen. Vom Sozialhilfeträger übernommene Bestattungskosten anlässlich des Todes des Erblassers gehören nicht zu den Kosten der Sozialhilfe, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall aufgewendet worden sind (vgl Klinge in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand März 2018, § 102 RdNr 11); sie können erst mit dem Tod des Erblassers und damit nach dem Erbfall entstehen. Die Kosten der Bestattung sind vielmehr vom Wert des Nachlasses abzusetzen (§ 1968 BGB; vgl bereits BSG vom 23.3.2010 - B 8 SO 2/09 R - SozR 4-5910 § 92c Nr 1 RdNr 24).
Auch soweit der Beklagte Leistungen der Eingliederungshilfe als Darlehen (vgl § 91 Satz 1 SGB XII) erbracht hat, besteht kein Ersatzanspruch auf Grundlage von § 102 SGB XII(vgl Hohm in Schellhorn/Hohm/Scheider/Legros, SGB XII, 20. Aufl 2020, § 10 RdNr 22 für sämtliche Ansprüche auf Kostenersatz nach dem Ersten Abschnitt des Dreizehnten Kapitels; anders Karl in Adolph, SGB II, SGB XII, AsylbLG, Stand März 2018, § 102 SGB XII RdNr 57; zur Problematik auch Simon in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl 2020, § 102 RdNr 19) . Der Darlehensrückgewähranspruch mindert als vom Erblasser herrührende Schuld den Wert des Nachlasses von L im Zeitpunkt des Erbfalls (sog Erblasserschuld; vgl § 1967 Abs 2 BGB). Insoweit gelten bei der Bestimmung des Werts des Nachlasses die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen, wie der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 92c Bundessozialhilfegesetz (BSHG), der Vorgängernorm von § 102 SGB XII, bereits entschieden hat (BSG vom 23.3.2010 - B 8 SO 2/09 R - SozR 4-5910 § 92c Nr 1 RdNr 24 unter Hinweis auf BVerwG vom 23.9.1982 - 5 C 109/81 - BVerwGE 66, 161, 163). Der "Wert des Nachlasses" wird damit in Anwendung von § 1934b BGB und § 2311 BGB bestimmt, und es ist der Aktivbestand dem Passivbestand im Zeitpunkt des Todes gegenüberzustellen. Es mindern zwar nicht sämtliche Nachlassverbindlichkeiten iS von § 1967 Abs 2 BGB den (hier nur geschätzten) Wert des Aktivbestands, insbesondere nicht der Anspruch nach § 102 SGB XII selbst (vgl bereits BVerwG vom 23.9.1982 - 5 C 109/81 - BVerwGE 66, 161, 163). Die Erblasserschulden gehören aber im Grundsatz zum Passivbestand (vgl nur Röthel in Erman, BGB, 16. Aufl 2020, § 2311 RdNr 8 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts ≪RG≫; so auch LSG Nordrhein-Westfalen vom 20.7.2017 - L 9 SO 240/16 - juris RdNr 44; zur gleichgelagerten Prüfung im Anwendungsbereich von § 1836e Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB vgl Bundesgerichtshof ≪BGH≫ vom 27.8.2014 - XII ZB 133/12 - FamRZ 2014, 1775, RdNr 14). Zu solchen Erblasserschulden zählt auch die vom Erblasser herrührende Restschuld der Hauptforderung aus einem Darlehen (vgl § 488 Abs 1 Satz 2 BGB), wie sie am Todestag besteht (vgl Birkenheier in jurisPK-BGB, 9. Aufl 2020, § 2311 BGB RdNr 24 mwN auch zum Streitstand wegen der Abzugsfähigkeit von Vorfälligkeitsentschädigungen und künftig entstehenden Zinsverbindlichkeiten).
Der Rückgewähranspruch aus dem gewährten Darlehen, der Grundlage der Erblasserschuld ist, schließt einen auf denselben Gegenstand gerichteten Kostenersatzanspruch (als Erbfallschuld) aber aus. Die darlehensweise erbrachte Sozialleistung kann vom Sozialhilfeträger nicht nochmals (bzw wahlweise) im Wege des Kostenersatzes durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden. Sinn und Zweck des § 102 SGB XII entsprechen diesem Ergebnis. § 102 SGB XII bezweckt im öffentlichen Interesse in erster Linie eine möglichst umfassende Refinanzierung aufgewendeter Sozialhilfekosten bzw dient der Wiederherstellung des Nachrangs der Sozialhilfe. Dazu soll das Vermögen des Erblassers, auch soweit es ggf zu seinen Lebzeiten geschützt war, dem Wert nach eingesetzt werden (im Einzelnen zuletzt BSG vom 27.2.2019 - B 8 SO 15/17 R - SozR 4-3500 § 102 Nr 3 RdNr 19 mwN). Der Einsatz des eigenen Vermögens des Erben kann dagegen nicht verlangt werden; der Ersatz ist deshalb auf den Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls beschränkt. Ist das gesetzgeberische Ziel - Wiederherstellung des Nachrangs durch Einsatz des Vermögens des Erblassers - aber schon durch einen Anspruch des Sozialhilfeträgers gegen den Nachlass gesichert, bedarf es eines Kostenersatzanspruchs auf Grundlage von § 102 SGB XII nicht. Andernfalls käme es zu einer Übersicherung des Sozialhilfeträgers.
Dabei braucht nicht überprüft zu werden, ob die Bewilligung der Leistung als Darlehen rechtmäßig erfolgt ist. Bei der Entscheidung, Leistungen als Darlehen statt als Zuschuss zu gewähren, handelt es sich nicht um eine Nebenbestimmung, bei deren Rechtswidrigkeit eine (dann zuschussweise) Leistungsbewilligung verbliebe. Vielmehr ist die zuschussweise im Verhältnis zur darlehensweise gewährten Sozialhilfe ein Aliud (zuletzt BSG vom 9.12.2016 - B 8 SO 15/15 R - SozR 4-3500 § 90 Nr 8 RdNr 13 mwN). Sollte angesichts der tiefgreifenden Zerwürfnisse in der Erbengemeinschaft nach der Mutter schon 2005 prognostisch davon auszugehen gewesen sein, dass die Verfügungsbeschränkung als Miterbe (vgl § 2033 Abs 2 BGB) dauerhaft der Verwertung entgegenstand, und sollte auch die anderweitige Verwertbarkeit (durch Abtretung oder Verpfändung des Erbteils) ausgeschlossen gewesen sein (wofür wenig spricht), hätte die Eingliederungshilfe zwar ohne die Berücksichtigung von Vermögen als Zuschuss bewilligt werden müssen (vgl zu dieser Prognoseentscheidung BSG vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 23 ff). Der Rechtsgrund für den Rückgewähranspruch, der zur Minderung des Werts des Nachlasses führt und damit den Kostenersatzanspruch ausschließt, steht aufgrund der vom Beklagten ausgesprochenen Bewilligung gegenüber L als Darlehen im Verhältnis zur Erbengemeinschaft aber bindend fest.
Der Beklagte ist damit darauf verwiesen, seine Ansprüche auf Rückzahlung der darlehensweise gewährten Leistungen auf dem Zivilrechtsweg durchzusetzen. Unerheblich ist, dass im vorliegenden Fall die Sicherung des Darlehens nicht auf andere Weise ausreichend gelungen ist (vgl aber § 91 Satz 2 SGB XII). Die vom Beklagten als Sicherheit für das Darlehen verlangte Abtretung des Erbteils am Nachlass seiner Mutter hatte L erklärt. Das Versäumnis des Beklagten, für eine notarielle Beglaubigung dieser Erklärung zu sorgen, um ihre Wirksamkeit herbeizuführen (vgl § 2033 Abs 1 Satz 2 BGB), kann im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu Lasten der Klägerin gehen.
Auf die Frage, ob die Klägerin bei ungeteiltem Nachlass wegen der Nachlassverbindlichkeiten aus § 102 SGB XII bis zur Teilung die aufschiebende Einrede der beschränkten Erbenhaftung (§ 2059 Abs 1 Satz 2 BGB) geltend machen kann und welche Rechtsfolgen sich hieraus ergeben würden, kommt es nach alldem nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 52 Abs 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Fundstellen
ZEV 2021, 455 |
FEVS 2021, 508 |
NDV-RD 2022, 100 |
NZS 2021, 660 |
SGb 2020, 685 |
ZfF 2021, 166 |
br 2021, 94 |
Breith. 2021, 699 |
SAR 2021, 14 |
info-also 2021, 90 |