Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung und Bestandskraft von Verwaltungsakten. rechtliches Gehör. Anwendung des § 151 Abs 1 AFG bei Gesetzesänderungen. Verfassungsmäßigkeit des AFGHStruktG. Subsidiarität der Feststellungsklage

 

Orientierungssatz

1. Für die Auslegung von Verwaltungsakten sind die Grundsätze heranzuziehen, die für die Auslegung von Willenserklärungen allgemein gelten (vgl BSG 1962-06-20 1 RA 66/59 = BSGE 17, 124). Für eine Auslegung ist danach kein Raum, wenn die Auffassung des Erklärungsempfängers mit der des Erklärenden übereinstimmt, und zwar auch dann, wenn ein unbeteiligter Dritter der Erklärung objektiv einen anderen Sinn beilegen würde (vgl BGH 1978-03-1VIII ZR 180/76 = NJW 1978, 1050).

2. Die Anhörungspflicht des § 34 Abs 1 SGB 1 entspricht dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der für das gerichtliche Verfahren in Art 103 Abs 1 GG statuiert ist. Ein Verstoß gegen dieses Gebot durch ein Gericht wird nach der Rechtsprechung des BVerfG geheilt, wenn das rechtliche Gehör im Rechtsmittelzug gewährt wird und das Rechtsmittelgericht die Möglichkeit hatte, das Vorbringen zu berücksichtigen.

3. Die Anforderungen bei der Anhörung im Verwaltungsverfahren können nicht höher sein als die, die für die Wahrung des rechtlichen Gehörs bei Gerichtsverfahren gestellt werden. Wenn daher die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das erstinstanzliche Gericht im Berufungsverfahren geheilt werden kann, so muß die vor Erlaß eines Verwaltungsaktes unterlassene Anhörung im Vorverfahren nachgeholt und damit geheilt werden können.

4. § 151 Abs 1 AFG erfaßt auch den Wegfall von Anspruchsvoraussetzungen als Folge gesetzlicher Änderungen (vgl BSG 1979-02-15 7 RAr 93/78).

5. Der § 77 SGG sichert den Bestand bindender Verwaltungsakte nur soweit, als durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Im Bereich des AFG enthält aber § 151 Abs 1 AFG aF eine solche - abweichende - gesetzliche Bestimmung. Er wird ergänzt durch die Regelung in § 152 AFG aF, wodurch der Vertrauensschutz in die Bestandskraft von Verwaltungsakten im Bereich des AFG auf bestimmte Fälle der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen beschränkt war (vgl BSG 1976-03-25 12/7 RAr 135/74 = BSGE 41, 260).

6. Die mit dem AFGHStruktG für die Arbeitslosenhilfe eingeführten Regelungen (Art 1 § 1 Nr 33 Buchst b und Art 1 § 2 Abs 11 AFGHStruktG) verstoßen nicht gegen Art 3 Abs 1, 14 Abs 1, Art 20 Abs 1 und 3 GG.

7. Die Subsidiarität der Feststellungsklage gilt auch im verfahren.

 

Normenkette

AFG § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst c Fassung: 1975-12-18, § 134 Abs 1 S 2 Nr 4 Buchst c Fassung: 1975-12-18, § 151 Abs 1 Fassung: 1969-06-25, § 152 Fassung: 1969-06-25; AFGHStruktG Art 1 § 1 Nr 33 Buchst b Fassung: 1975-12-18, § 2 Abs 11 Fassung: 1975-12-18, § 2 Abs 12 Fassung: 1975-12-18; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 14 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 20 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 20 Abs 3 Fassung: 1949-05-23; SGG §§ 55, 62; GG Art 103 Abs 1; SGG §§ 77, 78 Abs 1; SGB 1 § 34 Abs 1 Fassung: 1975-12-11

 

Verfahrensgang

LSG Hamburg (Entscheidung vom 12.05.1980; Aktenzeichen V ARBf 101/78)

SG Hamburg (Entscheidung vom 02.10.1978; Aktenzeichen 6 AR 726/76)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin Arbeitslosenhilfe (Alhi) über den 30. Juni 1976 hinaus zusteht.

Am 9. Dezember 1975 meldete sich die Klägerin arbeitslos und beantragte Alhi. Sie hatte zuvor von Oktober 1972 bis November 1975 an der Hochschule für Wissenschaft und Politik in H studiert. Vor ihrem Studium hatte sie bis zum 12. Januar 1972 in entlohnter Beschäftigung gestanden.

Mit Bescheid vom 1. April 1976 wurde der Klägerin Alhi für unbegrenzte Zeit ab 9. Dezember 1975 bewilligt und bis zum 30. Juni 1976 gezahlt. Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid wegen der Höhe der Leistung Widerspruch ein. Diesem gab die Beklagte teilweise statt (Bescheid vom 15. Juli 1976). Im übrigen wies sie den Widerspruch durch Bescheid vom 6. August 1976 hinsichtlich der Höhe der bis zum 30. Juni 1976 zu zahlenden Alhi zurück. Zuvor hatte sie die Bewilligung dieser Leistung mit Bescheid vom 8. Juli 1976 mit Wirkung vom 1. Juli 1976 aufgehoben. Zur Begründung wurde angeführt, die Rechtsgrundlage für die Gewährung der Leistung sei mit dem 1. Januar 1976 entfallen. Der durch das Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 - BGBl I 3113 - neu eingefügte § 134 Abs 1 Nr 4 c setze voraus, daß im letzten Jahr vor Beginn der schulischen Ausbildung mindestens 26 Wochen lang eine entlohnte Beschäftigung ausgeübt worden sei, was für die Klägerin nicht zutreffe. Alhi könne ihr aufgrund der Übergangsregelung des Art 1 § 2 Abs 1 HStruktG-AFG längstens bis zum 30. Juni 1976 gewährt werden. Der Bescheid ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach gegen ihn Widerspruch eingelegt werden könne. Widerspruch gegen ihn wurde nicht erhoben.

Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 2. Oktober 1978 antragsgemäß die Bescheide vom 1. April 1976 und 15. Juli 1976 idF des Widerspruchsbescheides vom 6. August 1976 abgeändert, den Bescheid vom 8. Juli 1976 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin höhere Alhi mit Wirkung vom 9. Dezember 1976 über den 30. Juni 1976 hinaus zu gewähren.

Die Berufung der Beklagten, mit der sie sich nur noch gegen die Zahlung von Alhi über den 30. Juni 1976 hinaus wandte, hatte Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat das erstinstanzliche Urteil antragsgemäß aufgehoben. Zur Begründung seines Urteils vom 12. Mai 1980 hat es ausgeführt, der Bescheid vom 8. Juli 1976, der Gegenstand des Vorverfahrens geworden sei, sei nicht rechtswidrig. Der Klägerin stehe seit dem 1. Juli 1976 aus den von der Beklagten angeführten Gründen kein Anspruch auf Alhi mehr zu. Die Beklagte habe, obwohl sie die Klägerin vor der Entziehung der Alhi nicht gehört habe, nicht gegen § 34 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) verstoßen. Diese Vorschrift verlange nur die Anhörung über Tatsachen, die für die Entscheidung erheblich seien. Bei Wegfall einer Leistung kraft Gesetzes sei eine Anhörung grundsätzlich nicht erforderlich, weil die Tatsachen, die der früheren Entscheidung zugrundegelegen hätten, schon bekannt gewesen wären und sich nicht geändert hätten. Geändert habe sich nur die Rechtslage. Eine Ausnahme könne sich nur dann ergeben, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, daß der Empfänger aufgrund anderer Tatsachen auch nach neuem Recht einen Leistungsanspruch haben könnte. Im vorliegenden Falle seien solche Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und bringt hierzu vor: Das Berufungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, daß der Bescheid vom 8. Juli 1976 rechtmäßig sei. Es habe nicht beachtet, daß dieser Bescheid durch den Bescheid vom 15. Juli 1976 ersetzt worden sei. Letzterer bewilligte der Klägerin ab 9. Dezember 1975 für unbegrenzte Zeit Alhi. Er sei Gegenstand des Vorverfahrens geworden wie der Entziehungsbescheid vom 8. Juli 1976. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 6. August 1976 seien die Leistungsbescheide vom 1. April und 15. Juli 1976 ausdrücklich bestätigt worden, nicht dagegen der Aufhebungsbescheid vom 8. Juli 1976. Dieser sei nicht einmal erwähnt worden. Hiernach müsse davon ausgegangen werden, daß der Aufhebungsbescheid vom 8. Juli 1976 nicht mehr existent sei. Er sei durch den später erlassenen Bescheid vom 1. Juli 1976 vollständig ersetzt worden. Dabei sei unbeachtlich, daß er nicht förmlich aufgehoben worden sei. Die im Bescheid vom 15. Juli 1976 zeitlich unbefristete Zuerkennung der Leistung sei gemäß § 77 SGG bindend geworden. Ein Verwaltungsakt, der diesen Bescheid wieder aufhebe, sei bisher nicht ergangen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 12. Mai 1980

aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des

Sozialgerichts Hamburg vom 2. Oktober 1978 zurückzuweisen,

hilfsweise,

festzustellen, daß der Klägerin aufgrund des Änderungsbescheides der

Beklagten vom 15. Juli 1976 ein Anspruch auf Alhi ab 9. Dezember 1975

für unbegrenzte Zeit zugebilligt worden sei und daß die Zubilligung

der Leistung über den 30. Juni 1976 hinaus wirksam sei.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie ist der Auffassung, der Bescheid vom 8. Juli 1976 habe durch den Änderungsbescheid vom 15. Juli 1976 nicht ersetzt werden sollen; das sei auch dem Wortlaut und Erklärungssinn des Änderungsbescheides zu entnehmen. Geändert habe durch ihn nur der Bescheid vom 1. April 1976 hinsichtlich der Leistungshöhe werden sollen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf Alhi über den 30. Juni 1976 hinaus.

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß der Bescheid vom 8. Juli 1976 wirksam ist. Er ist durch den Bescheid vom 15. Juli 1976 weder aufgehoben noch sonst irgendwie in seiner Wirksamkeit beeinträchtigt worden. Mit dem Bescheid vom 8. Juli 1976 hat die Beklagte die Entscheidung vom 1. April 1976 über die Bewilligung der Alhi mit Wirkung vom 1. Juli 1976 aufgehoben. Der Bescheid vom 15. Juli 1976 änderte hingegen den Bescheid vom 1. April 1976 lediglich hinsichtlich der Leistungshöhe ab. Das folgt einmal aus seiner Bezeichnung als Änderungsbescheid und zum anderen durch den Hinweis mittels eines besonderen Kennzeichens (*), daß sich lediglich die Leistungshöhe ändern sollte. Der übrige Teil dieses Bescheides war nur eine Wiederholung des Bewilligungsbescheides vom 1. April 1976. Daß die Beklagte mit dem Änderungsbescheid auch den Bescheid vom 8. Juli 1976 aufheben wollte, ist ihm nicht zu entnehmen. Das folgt, worauf das LSG zutreffend hingewiesen hat, im übrigen auch aus der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 6. August 1976, wonach die Nachzahlung bis zum 30. Juni 1976 richtig berechnet worden ist.

Ob wegen der in dem Bescheid vom 15. Juli 1976 enthaltenen Erklärung, die Leistung werde unbegrenzt gewährt, entgegen dem Willen der Beklagten eine andere Auslegung des Verwaltungsaktes in dem Sinne, wie sie die Klägerin im Revisionsverfahren begehrt, möglich wäre, kann dahingestellt bleiben. Für die Auslegung von Verwaltungsakten sind die Grundsätze heranzuziehen, die für die Auslegung von Willenserklärungen allgemein gelten (BSGE 11, 248, 249 f; 17, 124, 126; Stelkens/Bonk/Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 35 Anm 52). Für eine Auslegung ist danach kein Raum, wenn die Auffassung des Erklärungsempfängers mit der des Erklärenden übereinstimmt, und zwar auch dann, wenn ein unbeteiligter Dritter der Erklärung objektiv einen anderen Sinn beilegen würde (BAG BB 65, 630; BGH NJW 78, 1050; Palandt/Heinrichs, Kommentar zum BGB, 40. Aufl, Einf v § 116 Anm 2a). Hier hat die Klägerin aber, wie aus ihrem bisherigen prozessualen Verhalten in der ersten und zweiten Instanz hervorgeht, die Regelungen, die in den Bescheiden vom 8. und 15. Juli 1976 jeweils enthalten sind, nicht anders verstanden, als sie von der Beklagten gewollt waren. Sie hat sich sowohl vor dem SG aus auch vor dem LSG nie darauf berufen, daß der Bescheid vom 8. Juli 1976 nicht mehr existent oder unwirksam sei, weil der Bescheid vom 15. Juli 1976 der Klägerin ab 9. Dezember 1975 Alhi für unbegrenzte Zeit bewilligt habe. Sie ist vielmehr von der Existenz des Aufhebungsbescheides ausgegangen und hat diesen deshalb für rechtswidrig gehalten, weil sie vor seinem Erlaß nicht gehört worden sei.

Ist mithin davon auszugehen, daß der Aufhebungsbescheid vom 8. Juli 1976 in vollem Umfang wirksam geworden ist, so steht einer Entscheidung in der Sache nicht entgegen, daß die Klägerin nicht ausdrücklich gegen ihn Widerspruch erhoben hat. Das gemäß § 78 Abs 1 SGG erforderliche Vorverfahren - eine Prozeßvoraussetzung, die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfen ist - ist durchgeführt worden.

Die Klägerin hatte gegen den Bescheid vom 1. April 1976 Widerspruch wegen der Höhe der Alhi eingelegt. Als der Bescheid vom 8. Juli 1976 erging, war dieses Vorverfahren noch nicht abgeschlossen und dieser Bescheid daher gemäß § 86 SGG auch von ihm erfaßt. Der Bescheid vom 8. Juli 1976 hat den Bescheid vom 1. April 1976 insoweit aufgehoben, als der Klägerin die Alhi nicht mehr für unbegrenzte Zeit, sondern nur noch bis zum 30. Juni 1976 bewilligt wurde. Unerheblich ist, daß in dem Widerspruchsbescheid nicht über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 8. Juli 1976 entschieden worden ist. Dies ist eine Frage der Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheides. Ein solcher Mangel allein rechtfertigt aber nicht schon seine Aufhebung. Dies würde zu einer Zurückverweisung an die Verwaltung führen, was nicht zulässig ist. Die Beteiligten haben einen Anspruch darauf, daß das Gericht in der Sache selbst entscheidet (BSG, Urteil vom 22. März 1979 - 7 RAr 18/78 -).

Ob der Bescheid vom 8. Juli 1976 deshalb rechtswidrig war, weil die Beklagte der Klägerin vor Entzug der Leistung nicht Gelegenheit gegeben hat, sich zu äußern, und damit gegen den noch hier anzuwendenden Ä 34 Abs 1 SGB I verstoßen hat, kann dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte dieser Mangel keine Wirkung mehr entfalten, weil die Klägerin Gelegenheit hatte, vor Erhebung der Klage, die am 25. August 1976 bei dem SG einging, sich zu der Aufhebung der Alhi-Bewilligung zu äußern. Auf diese Möglichkeit war sie durch die - wenn auch fehlerhafte - Rechtsbehelfsbelehrung in dem Aufhebungsbescheid hingewiesen worden. Damit hatte sie insbesondere noch die Möglichkeit, sich während des Vorverfahrens, dessen Gegenstand der Bescheid geworden war, zu äußern. Damit war aber nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (SozR 1200 § 34 Nr 1, 7 und 13), der sich der Senat anschließt, der Mangel einer fehlenden Anhörung, mit dem der Bescheid vom 8. Juli 1976 behaftet sein könnte, geheilt. Die Anhörungspflicht des § 34 Abs 1 SGB I entspricht, wie der 5. Senat des BSG in seinem Urteil vom 27. Juli 1980 (SozR 1200 § 34 Nr 13) hervorgehoben hat, dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der für das gerichtliche Verfahren in Art 103 Abs 1 Grundgesetz (GG) statuiert ist. Ein Verstoß gegen dieses Gebot durch ein Gericht wird nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) geheilt, wenn das rechtliche Gehör im Rechtsmittelzug gewährt wird und das Rechtsmittelgericht die Möglichkeit hatte, das Vorbringen zu berücksichtigen. Die Anforderungen bei der Anhörung im Verwaltungsverfahren können nicht höher sein als die, die für die Wahrung des rechtlichen Gehörs bei Gerichtsverfahren gestellt werden. Wenn daher die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das erstinstanzliche Gericht im Berufungsverfahren geheilt werden kann, so muß die vor Erlaß eines Verwaltungsaktes unterlassene Anhörung im Vorverfahren nachgeholt und damit geheilt werden können. Voraussetzung ist, daß der Betroffene von der ihm gebotenen Möglichkeit Gebrauch macht. Ist dies nicht der Fall, so genügt es, wenn er hierzu Gelegenheit hatte. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß nach der im Bescheid vom 8. Juli 1976 beigefügten Belehrung die Klägerin Gelegenheit hatte, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes Widerspruch einzulegen, also sich zu äußern, und der Widerspruchsbescheid vom 6. August 1976 schon vor Ablauf dieser Monatsfrist ergangen ist. Der Aufhebungsbescheid war der Klägerin nach ihrem Vorbringen am 18. Juli 1976 bekanntgemacht worden. Die Monatsfrist hätte also bis zum 18. August 1976 gedauert. Dennoch hatte die Klägerin Gelegenheit, im Verwaltungsverfahren innerhalb dieser Frist hinsichtlich der mit dem angefochtenen Bescheid beabsichtigten Regelung angehört zu werden. Ihre Klage ist erst später bei Gericht eingegangen. Das Verwaltungsverfahren war daher noch bei der Beklagten anhängig und damit auch die Möglichkeit der Verwaltung gegeben, der Klägerin Gehör zu gewähren. Erst mit der Klageerhebung ist das Vorverfahren beendet (BSG SozR 1200 § 34 Nr 13; 1500 § 86 Nr 1).

In der Sache selbst ist der Aufhebungsbescheid vom 8. Juli 1976 nicht zu beanstanden. Die Beklagte war zur Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 1. April 1976 gemäß § 151 Abs 1 AFG in der hier noch geltenden Fassung vom 25. Januar 1969 berechtigt. Danach werden Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem AFG bewilligt worden sind, insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.

Auf den Antrag vom 9. Dezember 1975 hat die Beklagte der Klägerin zu Recht Alhi gewährt. Nach der damals geltenden Rechtslage hatte gemäß § 134 Abs 1 AFG idF des Gesetzes vom 19. Mai 1972 Anspruch auf Alhi, wer, wie die Klägerin, die Voraussetzungen der Nrn 1-3 des Abs 1 dieser Vorschrift erfüllte und gemäß seiner Nr 4 b innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorausging, mindestens 10 Wochen in entlohnter Beschäftigung gestanden hatte. Dem letzteren Erfordernis genügte die Klägerin zwar nicht, denn sie ist in der Zeit vom 10. Dezember 1974 bis 9. Dezember 1975 keiner entlohnten Beschäftigung nachgegangen. Sie erfüllte aber die Voraussetzungen von § 2 Nr 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (Alhi-VO) vom 7. August 1974, wonach eine vorherige entlohnte Beschäftigung iSd § 134 Abs 1 Nr 4 b AFG aF zur Begründung des Anspruchs auf Alhi nicht erforderlich ist, wenn der Arbeitslose eine Ausbildung abgeschlossen oder nicht nur vorübergehend aufgegeben hat und innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung ua mindestens ein Semester im Geltungsbereich des AFG eine Hochschule besucht hat.

Diese Rechtslage hat sich durch die Regelungen des HStruktG-AFG geändert. Durch Art 1 § 1 Nr 33b HStruktG-AFG wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1976 an (Art 5 § 1 HStruktG-AFG) in den Abs 1 des § 134 AFG die neue Nr 4c eingefügt. Hiernach hat nunmehr nur noch Anspruch auf Alhi, wer mindestens 26 Wochen oder 6 Monate oder ein Semester im Geltungsbereich des AFG eine Hochschule besucht und diese Ausbildung abgeschlossen oder nicht nur vorübergehend aufgegeben hat und innerhalb des letzten Jahres vor Beginn der Ausbildung mindestens 26 Wochen in entlohnter Beschäftigung iSd Buchstaben d gestanden hat. Innerhalb des letzten Jahres vor ihrer im Oktober 1972 beginnenden Hochschulausbildung hat die Klägerin keine 26 Wochen in entlohnter Beschäftigung gestanden. Sie war nur bis zum 12. Januar 1972 erwerbstätig. Aus der Alhi-VO kann sie diese fehlende Anspruchsvoraussetzung nicht herleiten, weil nach Art 1 § 2 Abs 12 HStruktG-AFG Vorschriften in Rechtsverordnungen und Anordnungen der Bundesanstalt für Arbeit (BA), die dem Art 1 HStruktG-AFG entgegenstehen, außer Kraft getreten sind. Die Klägerin hatte deshalb nur noch Anspruch auf Alhi bis zum 30. Juni 1976. Nach der Übergangsregelung des Art 1 § 2 Abs 1 HStruktG-AFG wird einem Arbeitslosen, der vor Inkrafttreten des HStruktG-AFG die Voraussetzungen für den Alhi-Anspruch nach § 2 Nr 1 und Nr 2 Alhi-VO erfüllt hat, ohne die Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Nr 4c AFG nF zu erfüllen, die Alhi bis zum Ablauf eines halben Jahres nach Inkrafttreten des HStruktG-AFG weitergewährt.

Die Beklagte mußte diese Rechtsänderung nach § 151 Abs 1 AFG aF berücksichtigen. Diese Vorschrift erfaßte auch den Wegfall von Anspruchsvoraussetzungen als Folge gesetzlicher Änderungen (vgl BSG Urteil vom 15. Februar 1979 - 7 RAr 93/78 -; BSG SozR 4460 § 24 Nr 2; BSGE 41, 260 = SozR 4100 § 151 Nr 3). Das entspricht auch der Rechtsprechung zu anderen vergleichbaren Regelungen (vgl zB BSGE 10, 202, 203 zu § 62 BVG; BSGE 28, 227, 228 zu § 622 RVO).

Demgegenüber kann sich die Klägerin nicht auf die Bestandskraft von Verwaltungsakten nach § 77 SGG oder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen. Der § 77 SGG sichert den Bestand bindender Verwaltungsakte nur soweit, als durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Im Bereich des AFG enthält aber § 151 Abs 1 AFG aF eine solche - abweichende - gesetzliche Bestimmung.

Er wird ergänzt durch die Regelung in § 152 AFG aF, wodurch der Vertrauensschutz in die Bestandskraft von Verwaltungsakten im Bereich des AFG auf bestimmte Fälle der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen beschränkt war (vgl (BSGE 38, 63, 68 = SozR 4100 § 151 Nr 1 und BSGE 41, 260, 261 = SozR 4100 § 151 Nr 3).

Die die Klägerin benachteiligenden Regelungen des HStruktG-AFG verstoßen auch nicht gegen den allgemeinen Vertrauensschutz, der dem Bürger aufgrund des in Art 20 Abs 3 GG normierten Rechtsstaatsprinzips zusteht. Hiernach dürfen belastende Gesetze nicht rückwirkend ergehen. Das ist im vorliegenden Falle auch nicht geschehen. Der Gesetzgeber hat nicht in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen. Allerdings wirkte die durch das HStruktG-AFG getroffene Neuregelung auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft ein. Insoweit liegt eine sogenannte unechte Rückwirkung vor. Die Rechtsposition des Betroffenen wird nachträglich im ganzen entwertet (BVerfGE 14, 288, 297; 30, 250, 267; 36, 73, 82). In solchen Fällen ist der Vertrauensschutz verletzt, wenn das Gesetz einen entwertenden Eingriff vornimmt, mit dem der Staatsbürger nicht zu rechnen brauchte, und die Abwägung zwischen dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand der gesetzlichen Regelung und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit ergibt, daß das Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Regelung den Vorrang verdienst (BVerfGE 22, 241, 252; 24, 220, 230).

Es kann dahingestellt bleiben, ob bei der Klägerin überhaupt ein Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen - für sie günstigen - Regelung entstehen konnte, da sie ihren Anspruch hierauf nur für wenige Wochen zu gründen vermochte. Selbst wenn dies der Fall wäre, muß sie eine Beeinträchtigung ihrer bisherigen Rechtsposition in Kauf nehmen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht nicht soweit, daß er - insbesondere, wenn die beeinträchtigte Rechtsposition auf staatlicher Gewährung beruht - den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung bewahrt. Der einzelne kann sich hierauf nicht berufen, wenn er billigerweise vom Gesetzgeber den Fortbestand der bisherigen Regelung nicht erwarten darf (BVerfGE 24, 220, 230). So liegt es hier. Das gesetzgeberische Anliegen des HStruktG-AFG bestand allgemein in der Einsparung von Bundesmitteln und der Vermeidung einer Überbeanspruchung der Kreditmärkte durch die öffentliche Hand (siehe BT-Drucks 7/4127 S 1). Die Neuregelung des § 134 Abs 1 Nr 4c AFG bezweckte außerdem eine Beschränkung der Leistungen auf Personen, die vor Beginn des Studiums bzw des Schulbesuchs noch einen relativ engen Bezug zum Berufsleben hatten (vgl BT-Drucks 7/4127 S 53). Bei Abwägung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der allgemein durch den Wegfall der bisherigen Regelung entsteht, und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens ergibt sich, daß dem Anliegen des Gesetzgebers der Vorrang gebührt. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß die Alhi-Leistung Elemente einer Fürsorgeleistung enthält (§§ 134 Abs 1 Nr 3, 137, 138, 188, 240 Abs 1 Nr 1 AFG), und der von der Neuregelung betroffene Personenkreis Leistungen nach dem Sozialhilferecht erlangen kann.

Der Gesetzgeber hat im übrigen dem Rechtsstaatsprinzip durch die Schaffung einer angemessenen Übergangsregelung Genüge getan (BVerfGE 43, 242, 288).

Auch das in Art 20 Abs 1 GG statuierte Sozialstaatsprinzip wird durch die hier in Betracht kommenden Regelungen des HStruktG-AFG nicht verletzt. Hierzu hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 2. Oktober 1979 - 7 RAr 101/78 - ausgeführt, daß das Sozialstaatsprinzip des Art 20 GG staatliche Vor- und Fürsorge für Einzelne oder für Gruppen der Gesellschaft, die aufgrund persönlicher Lebensumstände oder gesellschaftlicher Benachteiligung in ihren persönlichen oder sozialen Entfaltungen behindert sind, verlangt (BVerfGE 45, 376, 387). Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG obliegt die Ausgestaltung des Sozialstaatsgrundsatzes im wesentlichen dem Gesetzgeber. Dabei sind sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers hinzunehmen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlerhaft noch mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind (BSG SozR 2200 § 1268 Nr 6 mwN). Insbesondere darf er nicht dahin ausgelegt werden, daß mit seiner Hilfe jede Einzelregelung, deren Anwendung in bestimmten Fällen zu Härten oder Unbilligkeiten führt, modifiziert werden könnte (vgl BVerfGE 26, 44, 61 f; 34, 118, 136; 36, 73, 84). Der Gesetzgeber hat im sozial- und gesellschaftspolitischen Bereich einen weiten Raum zur freien Gestaltung (BVerfGE 29, 221, 235; 36, 73, 84). Zum Tätigwerden ist der Gesetzgeber aus dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG insbesondere dann verpflichtet, wenn bei sozialer Bedürftigkeit keinerlei staatliche Hilfe zur Verfügung stände. Die Alhi enthält, wie bereits ausgeführt wurde, sowohl hinsichtlich ihrer Ausgestaltung wie auch hinsichtlich der Finanzierung Elemente des Fürsorgewesens. Wenn der Gesetzgeber sich entschieden hat, den Personenkreis, zu dem auch die Klägerin gehört, nämlich alle diejenigen, die zwar möglicherweise langjährig beruflich tätig waren, aber jedenfalls nicht im letzten Jahr von der Aufnahme des Hochschulstudiums 26 Wochen entlohnter Beschäftigung verrichtet hatten, nicht durch die Gewährung von Alhi, sondern allenfalls dadurch zu schützen, daß er ihnen den Weg zur Sozialhilfe offen gelassen hat, so liegt darin kein Verstoß gegen das Sozialstaatsprinzip.

Auch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG verstößt die mit dem HStruktG-AFG für die Alhi eingeführte gesetzliche Regelung nicht. Dies hat der Senat gleichfalls bereits in seinem oa Urteil vom 2. Oktober 1979 entschieden. Hiernach liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG dann vor, wenn der Gesetzgeber es versäumt, tatsächliche Gleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (BVerfGE 48, 227, 234, 235; 45, 376, 386, 387). So liegt zB bei einer systemwidrigen Ungleichbehandlung ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor, dh, wenn das Gesetz durch eine Regelung von der vom Gesetz selbst gewählten Sachgesetzlichkeit abweicht (BVerfGE 18, 366, 372; 13, 331, 340 f; 15, 313, 318). So ist es hier aber nicht. Dem AFG ist die Anknüpfung an die letzte Tätigkeit vor der Arbeitslosigkeit eigentümlich. In bezug auf das Arbeitslosengeld (Alg) erwirbt derjenige eine Anwartschaft, der in den letzten drei Jahren vor dem ersten Tage der maßgebenden Arbeitslosigkeit mindestens 26 Wochen in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat (§ 104 AFG). Für den Anspruch auf Alhi kommt es, abgesehen vom Tatbestand des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4c AFG, der allein bei der Klägerin einschlägig wäre, darauf an, ob der Antragsteller innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorausgeht, Alg bezogen hat oder mindestens 10 Wochen in entlohnter Beschäftigung gestanden hat (§ 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4a, b AFG). Auch bei diesen Tatbeständen ist ausschließlich die Tätigkeit innerhalb der Rahmenfrist von Bedeutung, während die übrigen Zeiten mit etwa jahrelangen beitragspflichtigen oder entlohnten Tätigkeiten vor der Rahmenfrist außer Betracht bleiben. Das Gesetz will nämlich nur demjenigen einen Anspruch gegen die BA einräumen, der zur Arbeitslosenversicherung und zur Gemeinschaft der Beitragszahler eine nähere Beziehung hat, und es benutzt zur Verwirklichung dieser Idee das System bestimmter Tätigkeiten innerhalb bestimmter, dem Versicherungsfall zeitlich noch nahestehender "Rahmenfristen". Dem entspricht auch die Regelung in § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 4c AFG. Infolgedessen kann diese Regelung nicht allein deshalb als willkürlich bezeichnet werden, weil sie von ihrem sachlichen Inhalt her nicht in jeder Hinsicht überzeugend oder befriedigend ist.

Gegen Art 14 Abs 1 GG verstößt der Wegfall der bisherigen gesetzlichen Regelung für die Gewährung von Alhi gleichfalls nicht; denn diese Leistung beruhte hiernach ausschließlich auf staatlicher Gewährung und war nicht auf eine eigene Leistung zurückzuführen. Damit konnte die Klägerin nach der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 45, 142, 170) durch die bisherige Gewährung der Alhi-Leistungen keine Rechtsstellung erlangen, die der eines Eigentümers entspricht.

Der Aufhebungsbescheid der Beklagten muß daher, wie das LSG richtig erkannt hat, bestehen bleiben. Das LSG hat dabei zutreffend das Urteil des SG insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von Alhi über den 30. Juni 1976 hinaus verurteilt worden ist. Aus den Entscheidungsgründen des Urteils des LSG geht weiterhin hervor, daß es das erstinstanzliche Urteil auch insoweit aufgehoben hat, als dieses den Bescheid vom 8. Juli 1976 aufgehoben hat, und daß es weiterhin die Klage gegen den Bescheid vom 8. Juli 1976 abgewiesen hat. Da sich dieser nach den vorstehenden Ausführungen zutreffende Urteilsausspruch, der zum Teil im Tenor des Urteils des LSG fehlt, eindeutig durch die Auslegung der Urteilsformel und durch die Entscheidungsgründe ergibt, hat es der Senat für zweckmäßig angesehen, den Tenor des Urteils des LSG nicht noch ausdrücklich zu vervollständigen.

Auch dem Hilfsantrag muß der Erfolg versagt bleiben. Das Feststellungsbegehren ist unzulässig.

Eine Feststellung (§ 55 SGG) kann nur dann begehrt werden, wenn der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage nicht verfolgen kann oder hätte nicht verfolgen können. Diese sogenannte Subsidiarität der Feststellungsklage wird in § 43 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung statuiert. In § 55 SGG wird dieser Grundsatz ausdrücklich nicht erwähnt. Er gilt aber nach allgemeiner Meinung auch für das Sozialgerichtsverfahren (vgl BSGE 43, 148, 150 f; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 240k; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 55 Anm 8; Meyer-Ladewig, SGG, § 55 Anm 19). Hier verfolgt die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag die gleichen Ziele wie mit dem Hauptantrag. Wenn sie mit dem Hauptantrag Erfolg gehabt hätte, hätte das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen werden müssen. Es wäre der Zustand hergestellt, wie er durch das erstinstanzliche Urteil geschaffen worden war, dh, der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 8. Juli 1976 bliebe aufgehoben und die Beklagte wäre zur Alhi-Zahlung über den 30. Juni 1976 hinaus verpflichtet. Gerade diese Feststellung begehrt die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag.

Da sie aber das gleiche Ziel schon mit einer Gestaltungsklage verfolgen kann (und verfolgt hat), ist das Feststellungsbegehren wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig.

Die Revision muß deshalb zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657189

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