Entscheidungsstichwort (Thema)
Schlechtwettergeld nur für Ausfallstunden innerhalb der Arbeitszeit im Lohnabrechnungszeitraum. tarifliche Arbeitszeit von Bauarbeitern
Leitsatz (redaktionell)
1. Bauarbeiter, die vor und nach achtstündiger Bauarbeit Mitarbeiter von zu Hause abholen und dorthin zurückbringen, gehören nicht zu den Kraftwagenfahrern iS des § 3 Nr 1 BauRTV; ihre tarifliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt daher 40 Stunden.
2. Auf Aufhebungsbescheide gemäß § 151 Abs 1 AFG, die vor dem Inkrafttreten des SGB 10 (1.1.1981) ergingen, ist das bis zum 31.12.1980 geltende Recht anzuwenden.
Orientierungssatz
1. Beim Schlechtwettergeld ist sowohl eine auf den Ausfalltag als auch eine auf den Lohnabrechnungszeitraum abgestellte Prüfung vorzunehmen, ob die Ausfallstunden zusammen mit Entgeltstunden die Arbeitszeit iS des § 69 AFG überschreiten. Dabei sind auch solche Entgeltstunden einzubeziehen, die ein Bauarbeiter innerhalb des Arbeitsverhältnisses durch das Abholen und Zurückbringen der Mitarbeiter zurückgelegt hat.
2. Die Ausrichtung des Schlechtwettergeldes auf Ergänzung des Arbeitslohnes zur Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse ist sachgerecht. Die Folge, daß der Arbeitnehmer, der Entgeltstunden aufzuweisen hat, ein geringeres Schlechtwettergeld erhält als der Arbeitnehmer der keinen Lohnanspruch erwerben konnte, obwohl beide "am Bau" die gleiche Zahl von Ausfallstunden zu beklagen haben, ist mithin nicht willkürlich. Sie verletzt daher nicht Art 3 Abs 1 GG.
3. Tariflich ist eine solche Arbeitszeit, die den Regelungen eines Tarifvertrages entspricht. Das ist jedenfalls die in dem Tarifvertrag unmittelbar allgemein vereinbarte Arbeitszeit, aber auch eine andere (längere oder kürzere) Arbeitszeit, wenn der Tarifvertrag sie vorsieht oder ermöglicht und die Voraussetzungen, die nach dem Tarifvertrag für ihre Geltung vereinbart worden sind, vorliegen (vgl BSG 1980-09-23 7 RAr 109/79 = SozR 4100 § 112 Nr 14).
4. Eine Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit nach dem BauRTV kommt nur in Betracht, wenn die Tätigkeit, die die Bestimmung einer längeren regelmäßigen Arbeitszeit erlaubt, hier mithin die eines Kraftwagenfahrers, zumindest überwiegend ausgeübt wird.
Normenkette
AFG § 68 Fassung: 1974-12-21, § 69 Fassung: 1969-06-25, § 85 Abs. 3 Fassung: 1972-05-19, § 86 Abs. 1 Fassung: 1972-05-19; BauRTV §§ 3, 5; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23; BauRTV § 3 Nr. 1; AFG § 151 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; SGB 10
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin, ein Bauunternehmen, wendet sich gegen die Entziehung und Rückforderung von Schlechtwettergeld.
Auf Antrag der Klägerin, bei der eine Betriebsvertretung nicht mehr besteht, gewährte die Beklagte durch Bescheide vom 17. Februar und 15. Mai 1975 den Arbeitnehmern der Klägerin ua Schlechtwettergeld (SWG) für November und Dezember 1974 sowie März 1975 vorbehaltlich einer Überprüfung der Abrechnungslisten mit den Arbeitszeit- und Lohnunterlagen der Klägerin. Anläßlich dieser Überprüfung stellte die Beklagte eine Überschreitung einer werktäglichen Arbeitszeit von acht Stunden bei solchen Bauarbeitern fest, die normalerweise acht Stunden auf der Baustelle arbeiteten, davor und danach mit firmeneigenen Kleinbussen die Mitarbeiter zu Hause abholten und zurückbrachten und für die Fahrzeiten den auch sonst gezahlten Tariflohn erhielten, der von der 41. Wochenstunde an um einen Überstundenzuschlag erhöht wurde. Die Tagesausfallstunden dieser Arbeitnehmer hatte die Klägerin ermittelt, indem sie zu den acht Stunden die üblichen Fahrstunden hinzugezählt und von der Summe die Zeit abgezogen hatte, für die Arbeitsentgelt zu zahlen war. Im einzelnen handelte es sich meistens um Überschreitungen einer achtstündigen Arbeitszeit von einer Stunde, teils von einer halben und teils von anderthalb Stunden. So waren für den Bauarbeiter N, der am 20. und 27. März 1975 nicht gearbeitet hatte, jeweils neun Ausfallstunden angegeben worden; ihm war für März 1975 bei einem SWG-Stundensatz von 6,39 DM für insgesamt 22,5 Stunden SWG in Höhe von 143,80 DM gewährt worden.
Durch den angefochtenen Bescheid vom 1. September 1975 hob die Beklagte die ergangenen Bewilligungen in Höhe von zusammen 157,40 DM auf, da SWG nur für die Ausfallstunden zu gewähren sei, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt werde, die tarifliche Arbeitszeit nicht überschritten. Der Widerspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 4. November 1975). Das Sozialgericht (SG) hob Bescheid und Widerspruchsbescheid auf (Urteil vom 25. April 1978). Auf die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG abgeändert (Urteil vom 25. Oktober 1979). Es hat die angefochtenen Bescheide nur insoweit aufgehoben gelassen, als die Beklagte die Erstattung von 144,60 DM verlangt; in Höhe eines von der Klägerin zu erstattenden Betrags von 12,80 DM hat das LSG die Bescheide aufrecht erhalten und die Klage abgewiesen. Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, die Beklagte dürfe das unter Vorbehalt gezahlte SWG zurückfordern, soweit die Voraussetzungen für die Gewährung nicht vorgelegen hätten. Das sei hinsichtlich von 12,80 DM der Fall. Ein Anspruch auf SWG bestehe nur für Ausfallstunden, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt werde oder zu zahlen sei, die Arbeitszeit iS des § 69 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) nicht überschritten. Die im Falle der Klägerin mit der betriebsüblichen Arbeitszeit übereinstimmende tarifliche wöchentliche Arbeitszeit habe 40 Stunden bei einer regelmäßigen werktäglichen Arbeitszeit von acht Stunden betragen (§ 3 Nr 1.1 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe vom 1. April 1971 idF der Änderungstarifverträge vom 16. Oktober 1972 und 8. April 1974 -BRTV-Bau-). Diese Arbeitszeit sei auch für die Bauarbeiter maßgebend, die zusätzlich als Fahrer der Kleinbusse eingesetzt worden seien. Aufgrund ihrer Fahrtätigkeit seien sie nicht zu Kraftwagenfahrern iS des § 3 Nr 1.2 BRTV-Bau geworden, für die die regelmäßige Arbeitszeit bis zu fünf Stunden über die in § 3 Nr 1.1 festgelegte Arbeitszeit hinaus verlängert werden dürfe. Sie seien nämlich nicht hauptberuflich innerhalb des normalen achtstündigen Betriebsablaufs im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ausführung von Bauarbeiten als Kraftwagenfahrer tätig geworden. Dieses Ergebnis entspreche der übereinstimmenden Ansicht der Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden und des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie eV. Daher sei für den Bauarbeiter N am 20. und 27. März 1975 nur ein Ausfall von je acht Stunden, nicht aber ein solcher von neun Stunden anzusetzen. Hieraus ergebe sich eine Überzahlung von 12,80 DM, die die Klägerin zu erstatten habe. Entsprechend sei zwar auch im übrigen die Berechnung der Ausfallstunden durch die Klägerin im Ansatz unrichtig; jedoch sei das Ergebnis zutreffend, weil für die Feststellung der Zahl der Ausfallstunden die entlohnten Fahrstunden völlig unerheblich seien. Das ergebe sich aus dem Schutzzweck der SWG-Regelung. Das SWG solle sicherstellen, daß Bauarbeitern, die auf der Baustelle wegen Schlechtwetters einen Ausfall hätten, ein Ausgleich gewährt werde. Da auch die "Busfahrer" auf der Baustelle einen Ausfall gehabt hätten, sei dieser Ausfall maßgebend. Sie dürften gegenüber den anderen Bauarbeitern nicht schlechtergestellt werden. Ihr zusätzliches Entgelt hätten diese Bauarbeiter auch nach normaler Tätigkeit erhalten. Aus dem Schutzzweck folge andererseits auch, daß Zeiten einer zusätzlichen Tätigkeit, die normalerweise außerhalb der tariflichen Arbeitszeit auf der Baustelle lägen, unberücksichtigt zu bleiben hätten; für diese Aufwendungen könne allenfalls der Bauunternehmer selbst über die Wintergeld-Gewährung einen Ausgleich erhalten. Da die anderen Ausfallstunden tatsächlich auf der Baustelle eingetreten seien, könne die Beklagte die Erstattung der restlichen 144,60 DM nicht verlangen.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung von § 86 Abs 1 iVm § 68 Abs 1 Satz 2 Nr 2, § 85 Abs 3 AFG und bringt hierzu insbesondere vor: Bei der SWG-Bemessung blieben Stunden mit Arbeitsentgelt, die am Ausfalltage innerhalb des zeitlichen Rahmens der regelmäßigen betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit geleistet seien, unberücksichtigt. Die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit habe nach den Feststellungen des LSG 40 Stunden betragen. Sie stimme, wie das LSG zutreffend entschieden habe, mit dem BRTV-Bau überein. Es sei daher von 40 Stunden auszugehen, die mit den mit Entgeltbelegten Stunden auszufüllen seien. Dabei seien auch die Fahrstunden heranzuziehen. Der vom LSG unterstellte Schutzzweck, nach dem Arbeitszeiten als Kraftfahrer den SWG-Anspruch nicht mindern dürften, lasse sich aus § 68 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG nicht herleiten. Das SWG sei gegenüber dem erzielten Arbeitsentgelt vielmehr nachrangig (vgl BT-Drucks VI/3261 zu § 85 Abs 2a). Das zusätzliche Arbeitsentgelt der hier betroffenen Arbeitnehmer sei auch kein Einkommen aus einer anderen unselbständigen Tätigkeit iS von § 86 Abs 1, § 68 Abs 5 AFG, weil auch diese Tätigkeit, wie sich beim vollen Arbeitsausfall zeige, vom witterungsbedingten Arbeitsausfall auf der Baustelle betroffen werde. Die Fahrtätigkeit stehe mit der Produktion auf der Baustelle in unmittelbarem Zusammenhang, da sie dem Transport der dort tätigen Arbeitnehmer zur und von der Arbeitsstelle diene. Schließlich ließen sich auch aus der Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse keine Hinweise dafür entnehmen, daß die Tätigkeiten als Bauarbeiter und als Kraftfahrer so unabhängig von einander verrichtet würden, daß von einer "anderen" Tätigkeit gesprochen werden könne. So sei der gleiche Stundenlohn gezahlt worden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG, soweit der Berufung nicht stattgegeben
worden ist, und das Urteil des SG in vollem Umfange
aufzuheben und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor, in der Bauwirtschaft sei es im allgemeinen üblich, die Bauarbeiter vom Bauhof zu einer jeweiligen Baustelle zu bringen. Dabei habe sich die Praxis entwickelt, die Arbeitnehmer nicht erst zum Bauhof kommen zu lassen, sondern von zu Hause bzw an verabredeten Einstiegstellen mit Firmenfahrzeugen abzuholen. Das als Fahrer eingesetzte Kolonnenmitglied habe für die Fahrzeit einen Lohnanspruch; das gelte auch, wenn in der Schlechtwetterzeit wegen unklarer Witterungslage die Baustelle letztlich vergeblich angefahren werden müsse. Dieser Lohnanspruch sei in die Produktive Winterbauförderung einzugliedern. Es biete sich an, die Verlängerung der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von Kraftfahrern und Maschinenpersonal auf die Fahrer anzuwenden. Der unbillige Abzug des Fahrerlohns vom SWG werde so vermieden. Der § 5 Nr 2.2 BRTV-Bau stehe dem nicht entgegen; § 3 Nr 1.2 BRTV-Bau sei keinesfalls ausschließlich auf die Maschinenpersonal-Lohngruppen anzuwenden, wie sich schon aus der Erwähnung des "Beifahrers" ergebe. Falls aber § 3 Nr 1.2 BRTV-Bau nicht Platz greife, ergebe sich aus den vom LSG angegebenen Gründen, daß ein Abzug der unvermeidbaren zusätzlichen Arbeitsleistung der als Fahrer eingesetzten Kolonnenmitglieder im Rahmen des § 69 AFG nicht mit dem Gesetzeszweck vereinbart werden könne, solange der Fahrereinsatz regelmäßig und betriebsüblich anfalle.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Streitgegenstand der Revision der Beklagten ist die Anfechtung des Bescheides vom 1. September 1975 idF des Widerspruchsbescheides vom 4. November 1975, soweit das LSG die Aufhebung des Bescheides durch das SG bestätigt hat. Dieser Bescheid enthält zwei Regelungen (Verfügungssätze). Zum einen hebt der Bescheid teilweise die in den an die Klägerin gerichteten Bescheiden vom 17. Februar und 15. Mai 1975 ausgesprochenen Bewilligungen von SWG für die Lohnabrechnungszeiträume November, Dezember 1974 und März 1975 auf, soweit diese Bewilligungen Bauarbeiter betrafen, die zusätzlich vor und nach der Arbeit am Bau die firmeneigenen Kleinbusse lenkten. Zum anderen enthält der Bescheid die Rückforderung aller Beträge von der Klägerin, die den fraglichen Bauarbeitern zu Unrecht bewilligt worden sein sollen.
Rechtsgrundlage der Aufhebung der Bewilligungen ist § 151 Abs 1 AFG. Diese Vorschrift ist zwar durch Art II § 2 Nr 1 Buchst a des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) gestrichen worden. Das SGB 10 ist jedoch gem Art II § 40 Abs 1 SGB 10 erst am 1. Januar 1981 in Kraft getreten. Die Rechtmäßigkeit der vor dem 1. Dezember 1981 erfolgten Aufhebungen von Bewilligungen im Arbeitsförderungsrecht ist daher weiterhin nach § 151 Abs 1 AFG zu beurteilen. Danach sind Entscheidungen, durch die Leistungen bewilligt worden sind, insoweit aufzuheben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben. Ob den vom angefochtenen Bescheid betroffenen Bauarbeitern in den drei Lohnabrechnungszeiträumen im Ergebnis neben den 12,80 DM, die die Beklagte rechtsbeständig dem Bauarbeiter N für März 1975 entzogen hat, weitere 144,60 DM zu viel SWG bewilligt worden sind, wogegen sich die Klägerin als Prozeßstandschafterin der betroffenen Arbeitnehmer wehrt, läßt sich aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden.
Das LSG hat angenommen, der angefochtene Bescheid sei in Höhe von 144,60 DM rechtswidrig, weil bei der Berechnung der Zahl der Ausfallstunden, nach der das SWG zu bemessen ist, die entlohnte zusätzliche Tätigkeit als Fahrer vor und nach der werktäglichen tariflichen Arbeitszeit nicht zu berücksichtigen sei. Dem kann nicht gefolgt werden.
Ob und in welcher Höhe den Arbeitnehmern der Klägerin für November, Dezember 1974 und März 1975 SWG zu gewähren war, richtet sich nach den §§ 83 ff AFG idF des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AFG (2. ÄndG-AFG) vom 19. Mai 1972 (BGBl I 791), der sog Winterbaunovelle. Nach § 86 Abs 1 AFG gilt für die Bemessung und Höhe des SWG § 68 AFG mit Ausnahme von Abs 2 Satz 1 entsprechend. Das SWG wird daher wie das Kurzarbeitergeld für die Ausfallstunden gewährt (§ 68 Abs 1 Satz 1 AFG), dh für einen durch die Ausfallstunden bedingten Lohnausfall (vgl BSGE 50, 116 = SozR 4100 § 64 Nr 4). Allerdings ist die Zahl der Ausfallstunden ohne Arbeitsentgelt, für die SWG gewährt wird, nicht unbeschränkt. Gem § 86 Abs 1 iVm § 68 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG bemißt sich das SWG ua nach der Zahl der Arbeitsstunden, die der Arbeitnehmer am Ausfalltag innerhalb der Arbeitszeit (§ 69) geleistet hätte; Stunden, für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht oder für die Arbeitsentgelt gezahlt wird, sind nicht zu berücksichtigen. Hieraus folgt, wie der Senat schon entschieden hat, daß Ausfallstunden innerhalb der betriebsüblichen Schichtzeit nicht berücksichtigt werden, die sich durch entlohnte oder zu entlohnende Arbeitsstunden (Entgeltstunden) ausgleichen lassen, die am gleichen Tage nach Schichtende zurückgelegt worden sind; denn in einem solchen Falle entstehe kein witterungsbedingter Lohnausfall innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeitdauer (Stundenzahl), der durch SWG zu vergüten wäre (BSG SozR Nr 1 zu § 68 AFG). Während das AFG neben der Regelung des § 68 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG nicht vorsieht, daß die Zahl der angefallenen Ausfallstunden, für die Kurzarbeitergeld zu gewähren ist, um sonstige Entgeltstunden im Gewährungszeitraum (insbesondere etwa um Überstunden an Tagen, an denen die Arbeit nicht ausgefallen ist) zu vermindern ist (vgl BSGE 50, 116, 119 = SozR 4100 § 64 Nr 4), besteht Anspruch auf SWG nur für Ausfallstunden, die zusammen mit Zeiten, für die Arbeitsentgelt gezahlt wird oder für die ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, in einem Lohnabrechnungszeitraum von mindestens vier Wochen die Arbeitszeit iS des § 69 AFG nicht überschreitet (§ 85 Abs 3 AFG); das SWG ist damit gegenüber dem im Lohnabrechnungszeitraum erzielten Arbeitsentgelt aus dem Beschäftigungsverhältnis nachrangig (vgl Bericht des Abgeordneten Kohlberger zum Entwurf eines 2. ÄndG-AFG, BT-Drucks VI/3261 S 6). Beim SWG ist demnach sowohl eine auf den Ausfalltag als auch eine auf den Lohnabrechnungszeitraum abgestellte Prüfung vorzunehmen, ob die Ausfallstunden zusammen mit Entgeltstunden die Arbeitszeit iS des § 69 AFG überschreiten.
Dabei sind auch solche Entgeltstunden einzubeziehen, die ein Bauarbeiter innerhalb des Arbeitsverhältnisses durch das Abholen und Zurückbringen der Mitarbeiter zurückgelegt hat. Der Einsatz der Bauarbeiter zum Lenken der Firmenbusse ist, wie sich aus der Vergütung der dafür aufgewendeten Arbeitszeit ergibt, im Rahmen der jeweiligen Arbeitsverhältnisse erfolgt; es handelt sich somit nicht um eine andere unselbständige oder selbständige Tätigkeit iS des § 68 Abs 5 AFG, sondern um die übliche Tätigkeit im Zusammenhang mit der normalen Tätigkeit innerhalb der Arbeitsverhältnisse. Die Entgeltstunden haben daher nicht deshalb außer Ansatz zu bleiben, weil die Hälfte des durch das Lenken der Firmenbusse erzielten Nettoentgelts als Einkommen aus einer anderen unselbständigen oder selbständigen Tätigkeit an SWG-Tagen nach § 68 Abs 5 AFG auf das SWG anzurechnen wäre. Auch erlaubt es der Schutzzweck der SWG-Regelung nicht, diese Entgeltstunden unberücksichtigt zu lassen. Die SWG-Regelung bezweckt, die Beschäftigungsverhältnisse der Arbeiter in Betrieben des Baugewerbes trotz unvermeidbarer witterungsbedingter Unterbrechungen der Bautätigkeit aufrechtzuerhalten (vgl A III 2 der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des 2. ÄndG-AFG, BT-Drucks VI/2689 S 10; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Anm vor § 83, 11. Ergänzungslieferung; Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, RdNr 4 vor § 83, August 1973). Dieser Zweck fordert lediglich eine Lohnausfallvergütung, die zusammen mit dem anfallenden Arbeitslohn die Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse gewährleistet. Entsprechend vergütet das AFG nur den witterungsbedingten Lohnausfall, der im Rahmen der regelmäßigen betriebsüblichen und tariflichen Arbeitszeit in dem Beschäftigungsverhältnis entstanden ist; ein weiterer Lohnausfall, zB der witterungsbedingte Ausfall von Überstundenvergütungen, wird nicht ausgeglichen. Folgerichtig verkürzt jede entlohnte Arbeitsstunde, die der Arbeitnehmer in seinem Beschäftigungsverhältnis zurücklegt, die Zahl der am Ausfalltag (§ 68 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG) bzw im Lohnabrechnungszeitraum (§ 85 Abs 3 AFG) innerhalb der Arbeitszeit (§ 69 AFG) angefallenen Ausfallstunden, nach denen das SWG zu bemessen ist. Die Ausrichtung des SWG auf Ergänzung des Arbeitslohnes zur Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse ist sachgerecht. Die Folge, daß der Arbeitnehmer, der Entgeltstunden aufzuweisen hat, ein geringeres SWG erhält als der Arbeitnehmer der keinen Lohnanspruch erwerben konnte, obwohl beide "am Bau" die gleiche Zahl von Ausfallstunden zu beklagen haben, ist mithin nicht willkürlich. Sie verletzt daher nicht Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes, so daß dem LSG, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht zu folgen ist.
Die Entscheidung des LSG stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Mit Recht ist das LSG davon ausgegangen, daß der Berechnung der zu vergütenden Ausfallstunden eine Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden bei einer regelmäßigen werktäglichen Arbeitszeit von acht Stunden zugrunde zu legen ist. Maßgebend ist die Arbeitszeit iS des § 69 AFG; auf dessen Begriffsbestimmung nehmen sowohl § 68 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG als auch § 85 Abs 3 AFG Bezug. Nach § 69 AFG ist Arbeitszeit die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit, soweit sie die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit oder, wenn eine solche nicht besteht, die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gleicher oder ähnlicher Betriebe nicht überschreitet. Welche Arbeitszeit betriebsüblich ist, ist individuell für die betroffenen Arbeitnehmer zu ermitteln; maßgebend ist jedenfalls die Arbeitszeit, die nach der Übung im Betrieb die Gruppe zu leisten hat, der derjenige Arbeitnehmer angehört, dessen Anspruch geltend gemacht wird (BSG SozR 4100 § 69 Nr 2). Regelmäßig ist eine Arbeitszeitregelung, wenn sie für eine gewisse Dauer gilt und geübt wird, also nicht nur den Charakter des Vorübergehenden trägt, vielmehr Regel im Betrieb ist (BSG aaO). Ob nach diesen Kriterien die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer der Klägerin, die vor und nach der Arbeit auf dem Bau zusätzlich die Kleinbusse lenkten, mehr als 40 Stunden betrug, bedarf keiner Entscheidung. Der SWG-Gewährung ist nämlich höchstens die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit zugrunde zu legen, die hier wöchentlich 40 Stunden und werktäglich acht Stunden betrug.
Tariflich ist eine solche Arbeitszeit, die den Regelungen eines Tarifvertrages entspricht. Das ist jedenfalls die in dem Tarifvertrag unmittelbar allgemein vereinbarte Arbeitszeit, aber auch eine andere (längere oder kürzere) Arbeitszeit, wenn der Tarifvertrag sie vorsieht oder ermöglicht und die Voraussetzungen, die nach dem Tarifvertrag für ihre Geltung vereinbart worden sind, vorliegen (vgl BSG SozR 4100 § 69 Nr 2; Urteil des Senats vom 1. Dezember 1976 - 7 RAr 27/75 - Dienstbl C BA § 112 Nr 2127a; Urteil des Senats vom 23. September 1980 - 7 RAr 109/79 -, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl ferner BSG SozR 4100 § 112 Nr 2). Den Arbeitsverhältnissen der Bauarbeiter der Klägerin lagen die Bestimmungen des BRTV-Bau zugrunde. Ob das LSG den BRTV-Bau richtig auf den Sachverhalt angewendet hat, hat der Senat zu prüfen. Der BRTV-Bau ist zwar kein Bundesrecht; normative Bestimmungen in Tarifverträgen sind jedoch revisible Rechtsvorschriften iS des § 162 Abs 2 SGG, wenn sich ihr Geltungsbereich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt (vgl BSGE 6, 41, 43; BSG SozR 4100 § 117 Nr 3; vgl ferner das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil des Senats vom 23. September 1980 - 7 RAr 109/79), wie das beim BRTV-Bau der Fall ist (vgl § 1 Nr 1 BRTV-Bau).
Nach § 3 Nr 1.1 Satz 1 BRTV-Bau beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen acht Stunden, die wöchentliche 40 Stunden. Für Kraftwagenfahrer darf zwar die regelmäßige Arbeitszeit nach § 3 Nr 1.2 Satz 1 BRTV-Bau wöchentlich bis zu fünf Stunden über die in § 3 Nr 1.1 BRTV-Bau festgelegte Arbeitszeit hinaus verlängert werden. Diese Vorschrift läßt sich jedoch auf die Bauarbeiter, die vor und nach achtstündiger Bauarbeit Mitarbeiter von zu Hause bzw einer Einsteigestelle abholen und dorthin zurückbringen, nicht anwenden. Der BRTV-Bau hat die von der allgemeinen Arbeitszeit abweichende Bestimmung einer längeren regelmäßigen Arbeitszeit für Kraftwagenfahrer sowie für bestimmte andere abschließend aufgezählte Tätigkeiten zugelassen, weil die Tarifvertragsparteien nur bei ihnen, zB wegen einer in die Arbeitszeit fallenden Arbeitsbereitschaft oder wegen Vor- und Abschlußarbeiten (vgl § 3 Nr 2.1 BRTV-Bau), ein Bedürfnis hierfür anerkannt haben. Deshalb kann entgegen der Ansicht der Klägerin eine Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit nur in Betracht kommen, wenn die Tätigkeit, die die Bestimmung einer längeren regelmäßigen Arbeitszeit erlaubt, hier mithin die eines Kraftwagenfahrers, zumindest überwiegend ausgeübt wird. Entsprechend erfolgt nach § 5 Nr 2.2 Satz 2 BRTV-Bau die Eingruppierung des Arbeitnehmers in die Berufsgruppe, die der überwiegenden Tätigkeit des Arbeitnehmers entspricht, wenn er Tätigkeiten ausübt, die in mehreren Gruppen beschrieben sind. Da die Arbeitnehmer der Klägerin, deren SWG streitig ist, nur vor und nach ihrer werktäglichen achtstündigen Tätigkeit noch als Kraftfahrer tätig werden, sind sie nach den Feststellungen des LSG nicht überwiegend als Kraftwagenfahrer tätig. Ihre tarifliche Arbeitszeit beträgt daher gem § 3 Nr 1.1 BRTV-Bau (in Übereinstimmung mit der Ansicht der Tarifvertragsparteien) 40 Stunden wöchentlich bzw acht Stunden werktäglich. Das den von dem angefochtenen Bescheid betroffenen Arbeitnehmern der Klägerin gewährte SWG ist daher unrichtig berechnet worden, soweit Ausfallstunden vergütet worden sind, die zusammen mit Entgeltstunden die werktägliche Arbeitszeit nach § 3 Nr 1.1 BRTV-Bau bzw zusammen mit den Entgeltstunden in den jeweiligen Abrechnungszeiträumen die Arbeitszeit nach § 3 Nr 1.1 BRTV-Bau überschreiten. Die Beklagte hat deshalb das SWG der betroffenen Arbeitnehmer der Klägerin zu Recht um insgesamt weitere 144,60 DM entzogen, wenn der unrichtige Ansatz zu Zuvielbewilligungen in dieser Höhe geführt hat und die Bewilligungen für die einzelnen betroffenen Arbeitnehmer sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als zutreffend erweisen.
Ob und in welchem Umfange dies der Fall ist, kann dem Urteil des LSG, das von seinem Rechtsstandpunkt aus hierzu keine Feststellungen zu treffen hatte, nicht entnommen werden. Da die Rechtmäßigkeit der Rückforderung die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligungen voraussetzt, ist das Urteil des LSG gem § 170 Abs 2 Satz 2 SGG aufzuheben, soweit die Revision der Beklagten reicht. Insoweit ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, das auch über die Erstattung aller im Revisionsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu entscheiden haben wird.
Fundstellen