Beteiligte
Prothetik-Einigungs-Beschwerdeausschuß |
AOK Baden-Württemberg –Hauptverwaltung– |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 25. August 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Der als Vertragszahnarzt zugelassene Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des beklagten Prothetik-Einigungs-Beschwerdeausschusses, mit dem ihm aufgegeben wird, die Kosten für eine als fehlerhaft bewertete Unterkieferversorgung der Patientin S. im Jahre 1994 zu erstatten. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben.
Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger, das Landessozialgericht (LSG) sei falsch besetzt gewesen, weil als ehrenamtlicher Richter Herr W G mitgewirkt habe, der als Mitglied des Beklagten die angefochtene Beschwerdeentscheidung mit getroffen habe. Im übrigen macht er geltend, das LSG sei seinen Beweisanträgen nicht nachgegangen. Wäre das LSG ihnen gefolgt, hätte sich ergeben, daß die prothetische Versorgung nicht fehlerhaft gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zwar habe Herr G sowohl bei seiner Entscheidung wie auch bei der Entscheidung im Berufungsverfahren mitgewirkt, doch könne daraus nicht auf einen Verfahrensfehler geschlossen werden. Im Berufungsrechtszug sei in erster Linie das sozialgerichtliche Urteil und nur indirekt sein – des Beklagten – Bescheid überprüft worden. Im übrigen habe Herr G in beiden Gremien in amtlicher Eigenschaft mitgewirkt, so daß davon auszugehen sei, daß seine Einflußnahme auf die Entscheidungen an den Interessen des Gemeinwohls orientiert gewesen sei. Seine Mitwirkung am Berufungsurteil lasse nicht erkennen, daß er in irgendeiner Weise Interessen der Krankenkassen vertreten bzw die von ihm mitzuverantwortende Verwaltungsentscheidung besonders nachhaltig verteidigt habe.
Die Beigeladene hält jedenfalls die Revisionsrüge unzureichender Sachaufklärung für nicht gerechtfertigt.
II
Die Revision des Klägers hat iS der Zurückverweisung Erfolg (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Die Besetzung der Richterbank des LSG hat nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprochen (§ 202 SGG iVm § 551 Nr 1 Zivilprozeßordnung ≪ZPO≫). Dies hat der Kläger mit seiner Revision zutreffend gerügt (zur Rügepflicht vgl zB BSGE 72, 238, 239 = SozR 3-2500 § 15 Nr 3 S 24).
Der ehrenamtliche Richter G hätte nach § 60 Abs 2 SGG an der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht mitwirken dürfen. Nach dieser Vorschrift ist von der Ausübung des Amtes als Richter ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat. Herr G hat, wie sich aus dem in den Akten enthaltenen Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 28. März 1996 ergibt, an der Entscheidung in der Sitzung vom 19. März 1996 mitgewirkt. Er war ebenfalls an der Entscheidung des Berufungsgerichts beteiligt, wie sich aus der vom Senat im Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahme des Vorsitzenden des 5. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 2. Februar 2000 ergibt. Daß Herr G bei der Beschlußfassung des Beklagten in „amtlicher Eigenschaft” mitgewirkt hat, ändert an seinem Ausschluß bei der gerichtlichen Überprüfung einer von ihm im Verwaltungsverfahren mitbeschlossenen Entscheidung nichts. Dasselbe gilt für den vom Beklagten angesprochenen Umstand, daß Herr G sowohl bei der Beschlußfassung des Beklagten wie bei derjenigen des Berufungssenates nur eine von mehreren zur Entscheidung berufenen Personen gewesen ist.
Auf der fehlerhaften Besetzung der Richterbank des LSG beruht das Berufungsurteil. Die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts stellt nach § 202 SGG iVm § 551 Nr 1 ZPO einen absoluten Revisionsgrund dar; es wird deshalb unwiderleglich vermutet, daß die Entscheidung auf der Gesetzesverletzung beruht. Dies führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits, weil der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden kann (vgl § 170 Abs 1 und 2 SGG). Unter welchen Voraussetzungen das Revisionsgericht trotz eines auf einer Gesetzesverletzung beruhenden Berufungsurteils von einer Zurückverweisung absehen kann, bedarf hier keiner näheren Erörterung (vgl dazu zuletzt BSGE 82, 150, 156 = SozR 3-1500 § 60 Nr 4 S 19). Von einer Zurückverweisung kann jedenfalls nicht abgesehen werden, wenn der Erfolg des Revisionsführers im Rechtsstreits (auch) von der Richtigkeit der Tatsachenfeststellung durch das LSG abhängt und diese durch einen fehlerhaft besetzten Senat erfolgt ist. So liegen die Dinge hier, weil der Kläger im Berufungsrechtszug vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, er habe die prothetische Versorgung des Unterkiefers der Patientin S. korrekt ausgeführt, so daß kein Schadensregreß gegen ihn festgesetzt werden dürfe.
Das Berufungsgericht wird bei seiner neuen Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 547560 |
AusR 2001, 80 |