Leitsatz (amtlich)
Haben eine Berufskrankheit (ein Arbeitsunfall) und ein anderes Leiden den Tod des Versicherten gemeinsam verursacht, so besteht Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn die Berufskrankheit (der Arbeitsunfall) den Tod des Versicherten in einem zumindest nicht unerheblichen Maße mitverursacht hat, ohne daß es darauf ankommt, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt die Berufskrankheit (der Arbeitsunfall) oder das andere Leiden für sich allein den Tod herbeigeführt haben würde. In solchen Fällen ist die Berufskrankheit (der Arbeitsunfall) als rechtlich wesentliche Teilursache anzusehen.
Unberührt bleibt die ständige Rechtsprechung des RVA und des BSG, nach welcher in Fällen, in denen die Berufskrankheit (der Arbeitsunfall) den Tod des Versicherten nur unerheblich mitverursacht hat, Anspruch auf Hinterbliebenenrente dennoch besteht, wenn festgestellt werden kann, daß die Berufskrankheit (der Arbeitsunfall) für sich allein das Leben des Versicherten wenigstens um 1 Jahr verkürzt hat.
Normenkette
RVO § 542 Fassung: 1942-03-09, § 545 Fassung: 1942-03-09, § 555 Fassung: 1939-02-17, § 586 Fassung: 1924-12-15
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Juli 1960 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der am 27. Juni 1886 geborene Ehemann der Klägerin war längere Zeit als Hauer im Steinkohlenbergbau tätig. Er starb am 19. Oktober 1952. Die Obduktion ergab neben einem Herzfehler und anderen Leiden eine bis dahin nicht festgestellte schwere Silikose. Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Gewährung der Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit Bescheid vom 6. Februar 1954 ab. Die Silikose sei weder unmittelbare noch mittelbare Todesursache gewesen. Sie habe die zum Tode führende Krankheit auch nicht so beeinflußt, daß dadurch das Leben des Versicherten um mindestens ein Jahr verkürzt worden sei. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Klage.
Das Sozialgericht (SG) hat durch Urteil vom 14. Dezember 1955 die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 6. Februar 1954 verurteilt, der Klägerin ab 19. Oktober 1952 Witwenrente zu gewähren. Das SG hat angenommen, die Silikose habe den Tod des Versicherten wesentlich mitverursacht.
Durch Urteil vom 21. Juli 1960 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und hat die Revision zugelassen.
Es hat in Übereinstimmung mit dem SG den Anspruch der Klägerin auf Witwenrente für gegeben angesehen. Nach dem insoweit überzeugenden Obduktionsgutachten von Prof. Dr. di B seien die silikotischen Einlagerungen ursächlich für ein ausgeprägtes Lungenemphysem und eine Hypertrophie der rechten Herzkammer gewesen. Außerdem habe die Silikose eine Bronchitis unterhalten, sich also auf diese verschlimmernd ausgewirkt. Unter diesen Umständen müsse als gesichert angesehen werden, daß die Silikose und ihre Folgen zu Insuffizienzerscheinungen geführt hätten. Diese schwere Silikose habe zwar den Tod nicht allein herbeigeführt, jedoch sei sie daran wesentlich mitbeteiligt gewesen. Überwiegende und auslösende Ursache möchten die silikoseunabhängigen Herzveränderungen gewesen sein. Die Silikose und ihre Folgen seien aber für den Eintritt des Todes nicht ohne Bedeutung gewesen, sondern hätten ihn in naturwissenschaftlichem Sinne, wenn vielleicht auch in geringerem Ausmaß als die silikoseunabhängigen Leiden mitverursacht. Auch die Ärzte, die eine wesentliche Mitwirkung der Silikose verneint hätten, schlössen nicht jede, sondern eben nur die wesentliche Beteiligung aus.
Nicht jede mitwirkende Ursache sei allerdings in der gesetzlichen Unfallversicherung von rechtlicher Bedeutung, wenn vielleicht auch die silikoseunabhängigen Herzveränderungen die überwiegende Todesursache gewesen seien, so könne daraus doch nicht gefolgert werden, daß sie allein den Tod wesentlich verursacht hätten; denn der Begriff der wesentlichen Verursachung sei nicht mit der überwiegenden Verursachung identisch. Die Silikose scheide als wesentliche Ursache nur dann aus. wenn den anderen Ursachen eine überragende Bedeutung zukomme, so daß die Silikose und ihre Folgeerscheinungen demgegenüber derart in den Hintergrund träten, daß sie als unwesentlich angesehen werden müßten.
Die Ärzte Prof. Dr. di B, Prof. Dr. B, Dr. M, Dr. Z und Dr. S sowie der Staatliche Gewerbearzt hätten zwar die Ansicht vertreten, daß nur die silikoseunabhängigen Gesundheitsstörungen wesentliche Ursachen für den Tod gewesen seien. Dem könne jedoch nicht gefolgt werden, zumal diese Ärzte nicht hinreichend die Frage beantwortet hätten, welchen Anteil die Silikose im Verhältnis zu den anderen Gesundheitsstörungen am Tode gehabt habe. Hinzu komme, daß mit der Beantwortung der Wesentlichkeit bereits eine rechtliche Wertung vorgenommen werde, die in den ärztlichen Stellungnahmen nicht bedenkenfrei erscheine. Prof. Dr. di B glaube irrtümlich, in seinem Obduktionsgutachten lediglich die Frage beantworten zu müssen, ob die Silikose den Ablauf der krankhaften Veränderungen am linken Herzteil in einer Weise begünstigt habe, daß hierdurch der Tod um mindestens ein Jahr früher eingetreten sei. Prof. Dr. B und Dr. M hätten zu Unrecht dem Umstand wesentliche Bedeutung beigemessen, daß die Silikose nach den klinischen Befunden bis kurz vor dem Tode nicht erheblich in Erscheinung getreten sei. Wenn auch am 12. Dezember 1946 noch keine silikotischen Veränderungen festgestellt worden seien, so könne aus diesem Umstand doch nicht geschlossen werden, daß zu diesem Zeitpunkt noch keine Silikose mit Ausfallserscheinungen vorhanden gewesen sei. Offenbar sei bei der Untersuchung eine Röntgenaufnahme nicht angefertigt worden. Jedenfalls sei schon damals eine erhebliche Lungenblähung festgestellt worden, die nach dem Obduktionsgutachten mit der Silikose ursächlich verknüpft gewesen sei. Es liege daher nahe, die im Jahre 1946 geklagte Atemnot mindestens teilweise auf die Lungenblähung und die schon damals unerkannt bestehende silikotische Veränderung zurückzuführen. Zwar seien auch am 8. November 1949 keine sicheren und am 22. Juli 1950 lediglich silikotische Veränderungen ersten Grades festgestellt worden. Bei beiden Untersuchungen seien aber tuberkulöse Veränderungen in den Oberlappen beschrieben worden, von denen sich bei der Obduktion herausgestellt habe, daß es sich in Wirklichkeit um silikotische Veränderungen gehandelt habe, von denen also angenommen werden müsse, daß sie auch schon im Jahre 1949 vorhanden gewesen seien. Die Silikose sei also bis kurz vor dem Tode des Versicherten erheblich unterbewertet worden, so daß den zu Lebzeiten des Versicherten erhobenen Befunden nicht die Bedeutung zukomme, die ihnen Prof. Dr. B und Dr. M beigemessen hätten. Dr. Z sei in seiner Stellungnahme irrtümlich davon ausgegangen, daß lediglich eine leichte Hypertrophie des rechten Herzens bestanden habe. Prof. Dr. di B habe in seinem Obduktionsgutachten dagegen von einer stärkeren Hypertrophie der rechten Herzkammer und des rechten Vorhofes berichtet.
Unter diesen Umständen seien die Gutachten von Prof. Dr. P und Prof. Dr. H überzeugender. Es könne zwar nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß eine Rechtsherzinsuffizienz die auslösende Ursache für den Tod gewesen sei. Prof. Dr. H habe aber überzeugend dargetan, daß auch bei einem primären Linksherzversagen die silikosegeschädigte rechte Herzhälfte erheblich mitbeteiligt gewesen sein müsse, weil das rechte Herz nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Linksherzinsuffizienz zu kompensieren. Entscheidend sei allein eben die Frage, ob und in welchem Umfang die Silikose an dem Tod, so wie er tatsächlich eingetreten ist, beteiligt gewesen sei. Dabei könne die Herzschädigung durch die Silikose nicht ausgeklammert werden. Die von Prof. Dr. H und Prof. Dr. P vertretene Ansicht, daß die Schädigung des Herzens durch die Silikose erheblich zum Tode beigetragen habe, erscheine dem Senat um so überzeugender, als Prof. Dr. di B in seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 1955 eingeräumt habe, daß auch die Silikose zum Tode hätte führen können. Wenn die Silikose aber das Herz bereits so sehr geschädigt gehabt habe, daß diese Schädigung den Tod bereits erkläre, leuchte es ein, daß sie an einem Herzversagen jedenfalls nicht unwesentlich beteiligt gewesen sei. Die silikoseunabhängigen Gesundheitsstörungen hätten vielleicht das zum Tode führende Herzversagen ausgelöst und überwiegend verursacht. Ihnen gegenüber seien jedoch die Silikose und ihre Folgeerscheinungen nicht so weit zurückgetreten, daß die anderen Ursachen als überragend und als rechtlich allein wesentlich angesehen werden könnten.
Sei danach die Silikose mit ihren Folgeerscheinungen als wesentliche Teilursache anzusehen, so komme es nicht mehr auf die Frage an, ob der Tod des Versicherten durch die Silikose um ein Jahr vorverlegt worden sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie rügt, das Berufungsgericht habe die Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung (§ 128 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) verletzt, indem es die vorliegenden Gutachten hinsichtlich der Frage, welche Bedeutung die Silikose neben dem Herzleiden als Ursache für den Tod des Ehemannes der Klägerin gehabt habe, unrichtig ausgelegt und verwertet habe. Es habe außerdem den Begriff der wesentlichen Teilursache verkannt, indem es ausgeführt habe, es komme nicht darauf an, ob der Tod des Versicherten durch die Silikose um mehr als ein Jahr beschleunigt worden sei oder ob das nicht der Fall sei.
Sie beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Juli 1960 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
dieses Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit unter Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils an das Landessozialgericht zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wenn der Senat allerdings an seiner bisherigen Rechtsprechung zur Kausalitätsfrage festhalte, würde eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht unvermeidbar sein.
Die zulässige Revision hatte keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin deren Anspruch auf Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zuerkannt. Es durfte ohne Bedenken annehmen, daß die schwere Silikose eine rechtlich wesentliche Teilursache des Todes des Ehemannes der Klägerin gewesen ist.
Die Rügen der Beklagten gegen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, insbesondere soweit diese das Bestehen des Kausalzusammenhangs zwischen der Berufskrankheit und dem Tode des Versicherten betreffen, greifen nicht durch. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatsachengerichts; das Revisionsgericht kann nur prüfen, ob das Tatsachengericht hierbei die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens eingehalten hat (§ 128 SGG). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß das Berufungsgericht bei den angegriffenen Feststellungen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder daß es nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens berücksichtigt hätte. Insbesondere durfte es sich bei seinen Feststellungen den Gutachten des Prof. Dr. P und des Prof. Dr. H anschließen, die annehmen, daß die Silikose den Tod des Ehemannes der Klägerin im medizinischen Sinne in erheblichem Maße mitverursacht habe. Prof. Dr. P und Prof. Dr. H sind erfahrene Sachverständige auf dem hier in Betracht kommenden medizinischen Fachgebiet. Ihre gutachtlichen Darlegungen, mit denen sich das LSG in verfahrensrechtlich unangreifbarer Weise auseinandergesetzt hat, sind widerspruchsfrei; in ihnen ist auch nichts Wesentliches außer acht gelassen. Der Umstand, daß andere, ebenfalls auf diesem medizinischen Fachgebiet allgemein anerkannte Gutachter zu einem abweichenden Ergebnis gekommen sind, berechtigt nicht zu der Annahme, daß das Berufungsgericht gegen § 128 SGG verstoßen habe, indem es diesen Gutachten keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat. Bei abweichenden Gutachten ist es grundsätzlich Sache des Tatsachengerichts, welchen Gutachten es sich anschließen will. Das Berufungsgericht hat somit für das Revisionsgericht bindend festgestellt, daß der durch das Herzversagen eingetretene Tod des Ehemannes der Klägerin im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne durch die vorhandenen silikotischen Veränderungen der Lunge (schwere Silikose) und durch das davon unabhängige Leiden verursacht ist.
Die Entscheidung über den Hinterbliebenenanspruch der Klägerin hängt allerdings davon ab, ob der schweren Silikose (Berufskrankheit) die Bedeutung einer rechtlich wesentlichen Mitursache an dem Eintritt des Todes des Ehemannes der Klägerin beizumessen ist. Das LSG hat dies ohne Rechtsirrtum bejaht. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe hierbei die auf dem Gebiete der gesetzlichen Unfallversicherung geltende Kausalitätsnorm insofern unrichtig angewandt, als es nicht darauf abgestellt habe, ob der Tod des Versicherten durch die von der Berufskrankheit unabhängigen Leiden allein innerhalb eines Jahres eingetreten wäre, ist nicht berechtigt.
Nach § 585 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF wird Hinterbliebenenrente gewährt, wenn der Tod des Versicherten durch die Berufskrankheit (den Arbeitsunfall) verursacht worden ist; es wird also allein auf diesen Kausalzusammenhang abgestellt. Das Berufungsgericht geht daher zu Recht davon aus, daß es bei der Frage, ob eine Berufskrankheit - das Entsprechende gilt für den Arbeitsunfall - den Tod des Versicherten verursacht hat, nur darauf ankommt, ob das konkrete, örtlich und zeitlich fixierte Todesereignis durch dieses Leiden verursacht worden ist, daß es also nicht angeht, bei Beantwortung dieser Frage u. U. darauf abzustellen, ob ein, wenn auch gleichartiges, so doch örtlich oder zeitlich anders fixiertes, lediglich hypothetisches Todesereignis durch dieses Leiden verursacht sein würde. Denn es ist nur zu entscheiden, ob die Folgen des konkreten Todesereignisses, so wie es sich, örtlich und zeitlich fixiert, ereignet hat, und nicht, ob die Folgen eines anderen, wenn auch gleichartigen, hypothetischen Todesereignisses, das sich vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt ereignet haben könnte, zu entschädigen sind. Ob die Berufskrankheit für das andere, hypothetische Todesereignis vielleicht kausal gewesen wäre, ist hier also ohne Interesse. Dies ist um so mehr der Fall, als ein Leiden für das konkrete Todesereignis auch praktisch eine ganz andere Bedeutung haben kann wie für ein, wenn auch gleichartiges, so doch erst später eingetretenes, hypothetisches Todesereignis, da nicht auszuschließen ist, daß sich dieses Leiden inzwischen verändert, insbesondere verschlimmert oder gebessert haben könnte.
Ist der Tod des Versicherten allein durch eine Berufskrankheit verursacht, so ist die Entscheidung somit eindeutig zu treffen. Schwierig dagegen ist die Zusammenhangsfrage in den Fällen, in welchen die Berufskrankheit den Tod des Versicherten neben anderen - versicherungsrechtlich unerheblichen - Schädigungen nur mitverursacht hat. Haben beide Leiden gemeinsam den Tod des Versicherten im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne verursacht, so ist die Entschädigungspflicht des Versicherungsträgers nur begründet, wenn die Berufskrankheit den Tod des Versicherten im medizinischen Sinne mindestens in einem erheblichen Maße mitverursacht hat. Wann dies der Fall ist, hat das Tatsachengericht vor allem auf Grund der ärztlichen Gutachten zu entscheiden. Allgemeine Regeln lassen sich nicht aufstellen. Allerdings kann gesagt werden, daß die Berufskrankheit den Tod des Versicherten jedenfalls dann nicht im medizinischen Sinne mindestens erheblich mitverursacht hat, wenn das von der Berufskrankheit unabhängige Leiden in überragender Weise den Tod des Versicherten herbeigeführt hat, wobei jedoch zu beachten ist, daß eine bloß überwiegende oder gar lediglich gleichwertige Mitverursachung dieses Leidens der überragenden Verursachung nicht gleichsteht. Hat die Berufskrankheit den Tod des Versicherten in medizinisch mindestens erheblicher Weise mitverursacht, so muß sie als rechtlich wesentliche Ursache anerkannt und Hinterbliebenenrente gewährt werden.
Damit soll allerdings nicht gesagt sein, daß die Grundsätze des Reichsversicherungsamtes (RVA) über die Entschädigungspflicht in den Fällen, in welchen die Berufskrankheit zur Folge gehabt hat, daß das Leben des Verstorbenen um mindestens ein Jahr verkürzt worden ist, nicht mehr gelten. Die Berufskrankheit ist also, wenn durch sie das Leben des Verstorbenen um mindestens ein Jahr verkürzt worden ist, als rechtlich wesentliche Ursache des Todes selbst dann anzusehen, wenn sie im medizinischen Sinne nicht in wenigstens erheblichem Maße den Tod des Verstorbenen mitverursacht hat. Sie hat das Leben des Verstorbenen um mindestens ein Jahr verkürzt, wenn das von der Berufskrankheit unabhängige Leiden für sich allein den Tod des Verstorbenen erst nach einem Jahr, nicht aber wenn es ihn für sich allein schon vorher bereits innerhalb eines Jahres herbeigeführt haben würde. Diese Grundsätze stehen nicht mit den obigen Ausführungen in Widerspruch, wonach der Kausalzusammenhang zwischen der Berufskrankheit und einem auf einen späteren Zeitpunkt angenommenen Todesereignis keine Bedeutung haben kann. Denn hier handelt es sich letztlich nur um die Entscheidung der Frage, ob der Berufskrankheit wenigstens deshalb eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, weil durch sie der Tod des Verstorbenen zu dem Zeitpunkt, in welchem er sich tatsächlich ereignet hat, und nicht zu einem erheblich späteren Zeitpunkt herbeigeführt worden ist, wobei dem angenommenen Verlauf des von der Berufskrankheit unabhängigen Leidens lediglich die Bedeutung eines Maßstabes zukommt.
Für diese Möglichkeit, den Begriff der wesentlichen Ursache zu bestimmen, ist im vorliegenden Streitfall allerdings kein Raum, da die Entschädigungspflicht der Beklagten schon deshalb zu bejahen ist, weil die Berufskrankheit den Tod des Ehemannes der Klägerin im medizinischen Sinne erheblich mitverursacht hat, also schon ohnedies die Berufskrankheit als rechtlich wesentliche Ursache des Todes des Ehemannes der Klägerin anzusehen ist.
Die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats zu dieser Frage (BSG 13, 175 = SozR RVO Nr. 32 zu § 542 aF; SozR RVO Nr. 69 zu § 542 aF) bleibt nur insoweit aufrechterhalten, als sie mit den Grundsätzen der vorliegenden Entscheidung im Einklang steht.
Da, wie oben ausgeführt ist, der Tod des Ehemannes der Klägerin die Folge einer Entschädigungsansprüche begründenden schweren Silikose gewesen ist, hat das LSG die Beklagte zu Recht zur Gewährung der Witwenrente an die Klägerin verurteilt.
Die Revision mußte daher als unbegründet zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen