Leitsatz (amtlich)
Bei Umwandlung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit kann die höhere Leistung auch dann erst vom Beginn des Antragsmonats an verlangt werden, wenn der Antrag innerhalb von drei Monaten nach dem Eintritt der Erwerbsunfähigkeit gestellt wird; die Umwandlung ist insoweit als "Erhöhung" der Rente iS von RKG § 82 Abs 3 anzusehen.
Normenkette
RKG § 82 Abs. 3 Fassung: 1957-05-21; RVO § 1290 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16. Juli 1963 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Umwandlung einer Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit in eine solche wegen Erwerbsunfähigkeit die höhere Rente - wenn der Antrag innerhalb der Dreimonatsfrist gestellt ist - erst vom Beginn des Antragsmonats an zu gewähren ist oder bereits vom Beginn des Monats an, in dem die Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist.
Der Kläger, der Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit bezog, wurde bei einer Nachuntersuchung am 25. November 1961 vom Knappschaftsarzt für erwerbsunfähig gehalten. Der Vertrauensarzt bestätigte am 13. Februar 1962, daß der Kläger seit der knappschaftsärztlichen Untersuchung als erwerbsunfähig anzusehen sei. Inzwischen hatte der Kläger am 10. Februar 1962 die Gewährung der Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit beantragt, die ihm von der Beklagten ab 1. Februar 1962 bewilligt wurde. Sein Widerspruch, mit dem er die Gewährung der Rente bereits ab 1. November 1961 verlangte, blieb erfolglos. Das Sozialgericht verurteilte die Beklagte, die Erwerbsunfähigkeitsrente bereits ab 1. November 1961 zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat unter Revisionszulassung das sozialgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Zwar sei die Erwerbsunfähigkeit des Klägers am 25. November eingetreten und sein Antrag auf Gewährung der höheren Rente innerhalb der Dreimonatsfrist (§ 82 Abs. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes - RKG -) gestellt worden; die Vorschrift des § 82 Abs. 1 RKG, wonach in solchen Fällen die Rente bereits ab Beginn des Monats zu zahlen ist, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, könne hier jedoch keine Anwendung finden. Sie beträfe nämlich nur die "Gewährung" von Knappschaftsrenten. Der Kläger habe aber bereits eine Knappschaftsrente bezogen; der neue Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit habe nur die Umwandlung der schon vorher "gewährten" Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit in eine Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit zur Folge gehabt. Diese Umwandlung sei als "Erhöhung der Rente" im Sinne des § 82 Abs. 3 RKG anzusehen, die nur vom Beginn des Antragsmonats an verlangt werden könne; das ergebe sich auch aus Satz 2 dieser Bestimmung.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 82 RKG. Eine Rente sei hiernach grundsätzlich vom Beginn des Monats ab zu gewähren, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt waren. Das sei bei ihm im November 1961 der Fall gewesen. Das LSG habe zu Unrecht die Bestimmung über die Erhöhung einer Rente in § 82 Abs. 3 RKG angewandt. Eine Rentenerhöhung liege nur dann vor, wenn die Rente sich ihrer Natur nach nicht ändere. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Renten wegen Erwerbsunfähigkeit und wegen Berufsunfähigkeit seien aber grundverschieden. Die Erwerbsunfähigkeit "erhöhe" nicht die Berufsunfähigkeit, sondern löse sie ab.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der Entscheidung des Landessozialgerichts die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 10. Dezember 1962 kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Beginn von Rentenleistungen ist in § 82 RKG geregelt. Er richtet sich für die Knappschaftsrenten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit entweder nach dem Zeitpunkt der Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen (wozu in diesem Sinne der Antrag nicht gehört) oder nach dem Zeitpunkt des Antrags, wenn dieser später als drei Monate nach deren Eintritt gestellt wird. Nach den - das Revisionsgericht bindenden - tatsächlichen Feststellungen des LSG ist die Erwerbsunfähigkeit des Klägers bei erfüllter Wartezeit am 25. November 1961 eingetreten; den Antrag auf Gewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hat er am 10. Februar 1962, also vor dem der Zahl nach gleichen Tage des drittfolgenden Monats (s. BSG 20, 188) gestellt. Wären daher für den Beginn der Leistungen an den Kläger wegen Erwerbsunfähigkeit die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 des § 82 RKG maßgebend, so hätten sie bereits ab 1. November 1961 zu beginnen. Nun kann aber nach Abs. 3 der genannten Bestimmung eine "Erhöhung" der Rente nur vom Beginn des Antragsmonats an verlangt werden. Entscheidend für die hier streitige Frage ist daher, ob es sich im Sinne des § 82 RKG um die "Gewährung" oder die "Erhöhung" einer Knappschaftsrente handelt. Gemäß § 53 Abs. 3 Satz 2 RKG ist, wenn der Empfänger einer Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit erwerbsunfähig wird, die bisherige Rente in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit "umzuwandeln". Da für den Fall der "Umwandlung" in § 82 RKG keine ausdrückliche Bestimmung getroffen ist, kann dieser Begriff für die wörtliche Auslegung dieser Vorschrift nicht unmittelbar herangezogen werden. Jedoch zeigen die besonderen Bestimmungen für Rentenumwandlungen, daß diese Fälle nicht in jeder Beziehung wie Erstgewährungen zu behandeln und daher auch nicht notwendig unter den Begriff "Rentengewährung" einzuordnen sind. Mit dem Sprachgebrauch der Rentengesetze ist es daher vereinbar, die Umwandlung einer niedrigeren in eine höhere Rente nicht als einen Fall der Rentengewährung im Sinne des § 82 Abs. 1 und 2 RKG, sondern als einen Fall der Rentenerhöhung im Sinne des § 82 Abs. 3 RKG anzusehen, wenn man im allgemeinen unter einer Rentenerhöhung auch eher eine betragsmäßige Erhöhung derselben Rente verstehen wird. Daß hier aber nur diese Auslegung, die vom LSG mit der herrschenden Meinung vertreten wird (Jantz-Zweng Anm. III, 3 Abs. 2, Verb-Komm. Anm. 8 a, Brockhoff (GesKomm.) Anm. 4 S. 2 zu § 1290 der Reichsversicherungsordnung - RVO -; Schimanski, Anm. 7 zu § 82 RKG; Brackmann, Handb. III S. 712 b) richtig sein kann, ergibt sich eindeutig aus dem zweiten Satz des § 82 Abs. 3 RKG. Hiernach gilt die Vorschrift des ersten Satzes, daß eine Rentenerhöhung nur vom Beginn des Antragsmonats an verlangt werden kann, ua nicht für den Fall, daß der Empfänger einer Bergmannsrente oder einer Knappschaftsrente das 65. Lebensjahr vollendet. Der Gesetzgeber ist also ganz offenbar davon ausgegangen, daß die Umwandlung dieser Renten in das Altersruhegeld als Rentenerhöhung im Sinne von § 82 Abs. 3 S. 1 RKG aufzufassen ist, da es sonst dieser Ausnahmeregelung nicht bedurft hätte. Das muß dann aber erst recht für die Umwandlung einer Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit in eine solche wegen Erwerbsunfähigkeit gelten, weil es sich hierbei um artverwandte Renten handelt. Zugleich hat der Gesetzgeber aber dadurch, daß er die Ausnahmeregelung in § 82 Abs. 3 S. 2 RKG auf bestimmte Fälle beschränkte, in denen es um die Vollendung eines bestimmten Lebensjahres geht, eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß für den Fall der Umwandlung der Berufs- in die Erwerbsunfähigkeitsrente die allgemeine Regel des § 82 Abs. 3 S. 2 RKG über die Erhöhung von Renten gelten soll. Die Beklagte hat daher zu Recht den Beginn der höheren Rentenleistung auf den Beginn des Antragsmonats festgesetzt. Demgemäß war die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen