Leitsatz (amtlich)
1. Auch nach AVG § 43 Abs 1 kommt es für die Frage, ob die Versicherte den Unterhalt ihrer Familie überwiegend bestritten hat, auf die Unterhaltsleistungen während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor ihrem Tode an (Anschluß BSG 1961-03-23 4 RJ 13/60 = BSGE 14, 129; Anschluß BSG 1963-08-28 12/3 RJ 84/61 = SozR Nr 3 zu § 1266 RVO).
2. Bei einer aus Mann und Frau bestehenden Familie mit gemeinsamer Haushaltsführung hat derjenige Ehegatte den Unterhalt überwiegend bestritten, der in dem maßgeblichen Zeitraum unter Berücksichtigung der Geldleistungen und des Wertes der Haushaltsarbeit zum ehelichen Aufwand tatsächlich mehr als die Hälfte beigesteuert hat.
Normenkette
AVG § 43 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1266 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 20. Juli 1960 wird aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger begehrt eine Witwerrente aus der Versicherung seiner im August 1958 im Alter von 61 Jahren verstorbenen Ehefrau. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) war er bis zu seiner Pensionierung im März 1958 beamteter bzw. angestellter Volksschullehrer; vom 1. April 1958 an bezog er Beamtenruhegehalt; außerdem erhielt er als Kriegsbeschädigter eine Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v. H.. Die Verstorbene war bis zuletzt als Schulleiterin im Angestelltenverhältnis bei der Stadt Hamburg beschäftigt. Ihre Bezüge überstiegen in der Zeit von Dezember 1957 bis August 1958 diejenigen des Klägers. Waisenrentenberechtigte Kinder waren zur Zeit ihres Todes nicht vorhanden.
Die Beklagte lehnte die Gewährung der Witwerrente ab. Mit dem Einkommen des Klägers sei der Familienunterhalt ausreichend sichergestellt gewesen. Die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) seien nicht gegeben (Bescheid vom 25. Februar 1959).
Das Sozialgericht (SG) Lübeck gab der Klage statt (Urteil vom 6. Mai 1959). Auf die Berufung der Beklagten hob das Schleswig-Holsteinische LSG das Urteil des SG auf und wies die Klage ab; die Revision wurde zugelassen: Die Einschränkung des § 43 Abs. 1 AVG, wonach die Gewährung der Witwerrente - anders als bei der Witwenrente - von der Leistung des überwiegenden Familienunterhalts abhängig sei, verstoße nicht gegen das Grundgesetz (GG). Die Verstorbene habe den Unterhalt ihrer Familie nicht überwiegend bestritten. Hierfür sei nicht entscheidend die Höhe der Einkünfte beider Ehegatten, sondern wieviel davon für den angemessenen Unterhalt der Familie verwendet worden sei. Nach der Lebenserfahrung werde bei hochbezahlter Erwerbstätigkeit beider Ehegatten das zusätzliche Einkommen der Frau vielfach nicht für den Familienunterhalt, sondern für andere Zwecke (Vermögensbildung, Luxusausgaben) verwendet. In dieser Richtung seien die Angaben des Klägers über die monatlichen Autobetriebskosten bedeutsam. Auch könne die Frage, wer von den Eheleuten den Familienunterhalt überwiegend bestritten habe, nicht nur nach den Verhältnissen in wenigen Monaten beurteilt werden, vielmehr müsse ein längerer Zeitraum überblickt werden. Bei einem Vergleich der beiden Ehegatten tatsächlich zugeflossenen Nettobezüge ergebe sich aber, daß der Kläger für die nachgeprüfte Zeit von Januar 1954 bis November 1957 (außer im Monat Juni 1957) erheblich mehr zum Unterhalt der Familie habe beitragen können als die Ehefrau. Erst für die Zeit seit Dezember 1957 könne angenommen werden, daß die Verstorbene mehr zum Familienunterhalt beigetragen habe. Die kurze Zeitspanne von Dezember 1957 bis August 1958 reiche aber nicht aus, um für einen längeren Zeitraum eine überwiegende Unterhaltsleistung der Verstorbenen festzustellen (Urteil vom 20. Juli 1960).
Der Kläger legte Revision ein mit dem Antrag,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. August 1958 an eine Witwerrente zu zahlen.
Verletzt seien Art. 3 Abs. 2 GG und § 43 Abs. 1 AVG. Die gegenüber der Witwenrente unterschiedliche Anspruchsvoraussetzung der Witwerrente (überwiegende Leistung des Familienunterhalts) widerspreche dem Gleichberechtigungsgrundsatz. Auch habe das LSG den Begriff der überwiegenden Unterhaltsgewährung verkannt. Dafür komme es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Die Verstorbene habe nicht nur seit Dezember 1957 den Familienunterhalt überwiegend bestritten, sondern auch schon vor 1957 mehr verdient als der Kläger. Nur sei das Gehalt verspätet ausgezahlt worden.
Die Beklagte beantragte die Zurückweisung der Revision.
Die Revision ist zulässig und begründet.
Zwar verstößt, wie das LSG zutreffend angenommen hat, die Vorschrift des § 43 Abs. 1 AVG, auf die der Kläger den Anspruch stützt, nicht gegen die Vorschriften des GG. Die gegenteilige Meinung der Revision, die in den unterschiedlichen Voraussetzungen bei der Gewährung der Witwerrente nach § 43 Abs. 1 AVG einerseits und der Witwenrente nach § 41 AVG andererseits eine willkürliche, mit den Grundsätzen in Art. 3 GG nicht zu vereinbarende Schlechterstellung des Witwers sieht, trifft nicht zu. Wie das Bundesverfassungsgericht am 24. Juli 1963 (NJW 1963 S. 1723 ff) entschieden hat, sind die gegenüber der Witwenrente erschwerten Voraussetzungen der Witwerrente in § 43 Abs. 1 AVG (überwiegendes Bestreiten des Familienunterhalts durch die verstorbene Ehefrau) mit Art. 3 Abs. 2 und 3 GG vereinbar. Hiervon ist auch bei der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits auszugehen.
Jedoch ist die weitere Annahme des LSG, die Verstorbene habe den Unterhalt der nur aus Mann und Frau bestehenden Familie im Sinne von § 43 Abs. 1 AVG nicht überwiegend bestritten, nicht ausreichend begründet. Richtig ist zwar, daß es für die Prüfung dieser Frage - anders als zum Teil bei der Hinterbliebenenrente nach § 43 Abs. 2 in Verbindung mit § 42 AVG - nicht auf die Verhältnisse "im Zeitpunkt des Todes" der Versicherten ankommt. Es kann aber dafür auch nicht - wie es das LSG will - ein nach Jahren oder Monaten beliebig abgegrenzter Zeitraum zugrunde gelegt werden. § 43 Abs. 1 AVG selbst sagt nichts darüber, während welcher Zeit die Versicherte den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten haben muß, damit die Voraussetzungen für die Gewährung der Witwerrente erfüllt sind. Aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes haben der 4. Senat (BSG 14, 129 und SozR RVO § 1266 Bl. Aa 3 Nr. 2) und ihm folgend der 12. Senat (SozR RVO § 1266 Bl. Aa 4 Nr. 3) bei der Auslegung der gleichlautenden Vorschrift des § 1266 der Reichsversicherungsordnung (RVO) geschlossen, maßgebend sei der letzte wirtschaftliche Dauerzustand vor dem Tode der Versicherten, d. h. der Zustand, der nach den Verhältnissen fortbestanden hätte, wenn der Tod oder die zum Tode führenden Ereignisse nicht eingetreten wären. Der Beginn dieses - mit dem Tode der Versicherten oder mit dem Beginn einer zum Tode führenden Erkrankung endenden - Dauerzustandes sei vielmehr dort zu suchen, wo letztmalig vor dem Tode der Versicherten eine wesentliche Änderung der Einkommensverhältnisse eines Familienmitgliedes mit Dauerwirkung eingetreten sei. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung nach eigener Prüfung der Rechtslage auch für die Auslegung des § 43 Abs. 1 AVG an. Entgegen der Meinung des LSG kommt es also nicht auf die Einkommensverhältnisse einer Anzahl früherer Jahre an, sondern auf denjenigen Zustand, von dem anzunehmen ist, daß er sich ohne den Tod der Versicherten auch in Zukunft fortgesetzt hätte. Insoweit ermöglichen aber die tatsächlichen Feststellungen des LSG, die von der Revision nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsgründen angegriffen und deshalb für den Senat bindend sind (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), einen sicheren Schluß: Der letzte wirtschaftliche Dauerzustand in den Verhältnissen der Ehegatten vor dem Tode der Versicherten hat am 1. April 1958 begonnen. An diesem Tage haben sich die Einkommensverhältnisse des Klägers insofern geändert, als er von da an - abgesehen von der Versorgungsrente - nicht mehr die Bezüge eines beamteten bzw. angestellten (aktiven) Lehrers im Volksschuldienst, sondern nur noch das niedrigere Beamtenruhegehalt bezog. Bei dem damaligen Alter des Klägers von über 66 Jahren ist der nach seiner Zurruhesetzung als beamteter Lehrer und nach der Beendigung seiner vorübergehenden Verwendung als angestellter Lehrer eingetretene, durch den Bezug des Beamtenruhegehalts gekennzeichnete Zustand endgültig gewesen. Dies ergibt sich aus den Vorschriften des Beamtenrechts. Daß der hiernach maßgebliche Zeitraum nur wenige Monate (April bis August 1958) umfaßte und sogar noch kürzer war als der vom LSG mit in Betracht gezogene, aber für die Beurteilung als zu kurz erachtete Zeitraum des klägerischen "Minderverdienstes", ändert nichts daran, in den damals bestehenden Verhältnissen einen auf die Dauer angelegten wirtschaftlichen Zustand zu sehen, der ohne den Tod der Versicherten in dieser Weise auch künftig fortbestanden hätte und der deshalb der hier vorzunehmenden Prüfung in zeitlicher Hinsicht zugrunde zu legen ist.
Für die Annahme, die Versicherte habe den Familienunterhalt überwiegend bestritten, genügt allerdings nicht schon, daß sie nach den Feststellungen des LSG in dem maßgeblichen Zeitraum höhere Bezüge erhalten hat als der Kläger und daß sie deshalb in der Lage gewesen ist, mehr als dieser zum gemeinsamen Lebensbedarf beizusteuern. Nach dem Sinn und Wortlaut des § 43 Abs. 1 AVG kommt es vielmehr auf den von ihr in Wirklichkeit geleisteten Unterhaltsbeitrag an. Es braucht dabei weder ein Unterhaltsanspruch auf der einen noch eine Unterhaltsverpflichtung auf der anderen Seite bestanden zu haben, insbesondere setzt § 43 Abs. 1 AVG nicht voraus, daß durch den Tod der Versicherten ein Unterhaltsanspruch des Mannes verlorengegangen ist, mögen die Verhältnisse auch häufig so liegen. Andererseits kann der überwiegende Familienunterhalt nicht schon mit Rücksicht auf die Höhe des Einkommens des Mannes verneint werden, weil es anders als zum Beispiel in § 589 RVO aF und in § 43 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nicht auf den überwiegenden Unterhalt für den anderen Ehegatten (BSG 14, 203) ankommt. Vielmehr muß nach § 43 Abs. 1 AVG festgestellt werden, wer von den Ehegatten in dem maßgeblichen Zeitraum zum Unterhalt der Familie tatsächlich mehr als die Hälfte beigesteuert hat. Nach der Rechtsprechung des früheren Reichsversicherungsamts (RVA) ist bei Ehegatten, die in häuslicher Gemeinschaft leben und die den ehelichen Aufwand aus ihrem Arbeitsverdienst gemeinsam bestreiten, die Gewährung des überwiegenden Unterhalts schon dann anzunehmen, wenn der eigene Arbeitsverdienst eines Ehegatten mehr als die Hälfte des Gesamtverdienstes beider Ehegatten beträgt (Entscheidung 3379, AN 1929 S. IV 145). Das RVA ging davon aus, daß in derartigen Fällen das beiderseitige Einkommen in der Regel zusammengelegt und gemeinsam verbraucht werde. Dieser Erfahrungssatz entspricht erkennbar den Verhältnissen, wie sie bei den damals der gesetzlichen Rentenversicherung angehörenden Personen bestanden. Auch in den vom Bundessozialgericht (BSG) bisher entschiedenen Streitfällen konnte nach den Verhältnissen der betreffenden Bevölkerungskreise ohne besondere Prüfung davon ausgegangen werden, daß bei doppelverdienenden Eheleuten die gesamten Einnahmen zum Unterhalt der Familie auch tatsächlich verwendet worden sind, so daß sich die Höhe des Familienunterhalts mit dem Gesamteinkommen der Familie deckte und es nur darauf ankam, wer von den Ehegatten die höheren Einnahmen erzielte (so BSG 14, 129, vgl. auch Urteil des 3. Senats vom 13. Februar 1964 - 3 RK 75/59 -). Eine genauere Prüfung ist aber erforderlich, wenn - wie im vorliegenden Rechtsstreit - jeder der Ehegatten über ein verhältnismäßig hohes Einkommen verfügt und mit der Möglichkeit zu rechnen ist, daß auch unter Berücksichtigung eines erhöhten Lebensstandards nicht das gesamte Einkommen für den Familienunterhalt benötigt wird. In derartigen Fällen bedarf es der Feststellung im einzelnen, wieviel von den beiderseitigen Einnahmen in dem maßgeblichen Zeitraum für den Lebensbedarf der Familie tatsächlich aufgewendet worden ist und wessen Anteil überwogen hat. Dies hat das LSG richtig erkannt; es hat im angefochtenen Urteil ausgeführt, daß unter den gegebenen Umständen vielfach ein Teil des von der Frau verdienten Einkommens nicht dem Familienunterhalt, sondern sonstigen, den Lebensbedarf der Familie nicht berührenden Zwecken zugeführt werde. Gerade deshalb aber, weil - nach der Meinung des LSG und derjenigen des Senats - die Verhältnisse nur "vielfach" so liegen und ein allgemein gültiger Erfahrungssatz dieses Inhalts nicht besteht, hätte geprüft werden müssen, ob wesentliche Teile des Erwerbseinkommens des einen oder des anderen Ehegatten regelmäßig "unterhaltsfremden" Zwecken zugeführt worden sind. Dabei bestehen auch Bedenken gegen die allgemein geäußerte Annahme, daß "Luxusausgaben" vom Familienunterhalt auszunehmen sind. Den Begriff des angemessenen Familienunterhalts hat § 1360 a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dahin umschrieben, daß er alles umfaßt, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten (und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder) zu befriedigen. Für das Maß des Unterhalts bilden danach die Verhältnisse der Ehegatten, insbesondere ihr beiderseitiges Einkommen die Grundlage, daneben ist der Lebensstil gleicher Berufskreise zu beachten (Palandt Anm. 1 zu § 1360 a BGB). Ehelicher Aufwand und Lebensstil richten sich aber, wie die Lebenserfahrung zeigt, nach den vorhandenen Mitteln, sie bestimmen den Lebensstandard und den Umfang der Bedürfnisse, darunter auch der geistigen, politischen und kulturellen Interessen der Ehegatten. Ein objektiver Unterscheidungsmaßstab zwischen angemessenen und Luxusausgaben läßt sich in der heutigen durch größeren Wohlstand geprägten Gesellschaftsordnung kaum bestimmen. Auch die letzteren müßten daher regelmäßig als für den Familienunterhalt erbracht angesehen werden. Etwas anderes gilt dagegen, soweit es sich um Aufwendungen handelt, die in keiner Beziehung zu den gemeinsamen Lebensbedürfnissen der Familie stehen, wie zum Beispiel Vermögensbildung für nur einen der Ehegatten, Zuwendungen an nicht zur Familie im Sinne des § 43 Abs. 1 AVG gehörige Personen oder außergewöhnliche Liebhabereien und Steckenpferde nur eines Ehegatten (Ausgaben für Sammlungen, Reisen, Sport und dgl.). Das LSG hat jedoch von einer erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts in dieser Richtung abgesehen; seine Feststellungen bestehen zum Teil in bloßen Andeutungen und reichen für die Urteilsfindung nicht aus. So wird in den Gründen des angefochtenen Urteils zwar gesagt, daß für das dem erwachsenen Sohn gehörige Auto monatlich 200 DM aufgewendet worden seien; es ist aber nicht festgestellt, welchem der beiden Einkommen der Betrag entnommen wurde und wessen Bedürfnissen das Kraftfahrzeug diente. Eine "unterhaltsfremde" Verwendung von Mitteln läge nach der Auffassung des Senats nur dann vor, wenn das Kraftfahrzeug ausschließlich oder hauptsächlich im wirtschaftlichen (beruflichen) Interesse des Sohnes gehalten wurde. Entsprechendes gilt für die im angefochtenen Urteil enthaltenen Andeutungen über die Beschäftigung einer Haushaltshilfe. Auch reichen die Feststellungen des LSG zu der Frage, ob die Versicherte den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat, deshalb nicht für die Entscheidung des Streitfalls aus, weil sie sich nur auf die Geldleistungen der Ehegatten beziehen und nicht auch den Wert der etwaigen Haushaltsführung durch die Frau berücksichtigen. Dies entspricht zwar der Rechtsprechung mehrerer Senate des BSG zur Zeit des angefochtenen Urteils. Wie aber das Bundesverfassungsgericht in dem oben erwähnten Beschluß vom 24. Juli 1963 entschieden hat, ist § 43 AVG unter Berücksichtigung des Art. 3 Abs. 2 GG dahin auszulegen, daß auch die Hausfrauenarbeit mit ihrem wirtschaftlichen Wert als Unterhaltsleistung mit zu berücksichtigen ist. Aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt sich aber nichts darüber, ob und in welchem Umfang die Versicherte in dem maßgeblichen Zeitraum neben ihrer beruflichen Tätigkeit auch noch den gemeinsamen Haushalt der Eheleute versorgt hat. Geht die Ehefrau einer Erwerbstätigkeit nach und versorgt sie neben der beruflichen Arbeit noch den ehelichen Haushalt, so kann sie ihrer nach dem bürgerlichen Recht (§ 1360 BGB) bestehenden Pflicht zur geldlichen Unterhaltsleistung schon durch die Hingabe eines geringeren Teils ihres Arbeitsverdienstes genügen (BGH in NJW 1957, 537); umgekehrt vermindert sich die Verpflichtung des Mannes zur geldlichen Unterhaltsleistung, wenn er - wegen der Berufstätigkeit der Frau - Arbeiten im gemeinsamen Haushalt verrichtet. Die Mithilfe des Mannes im Haushalt ist heute auch weithin üblich; nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte besteht sogar, jedenfalls für einen im Ruhestand lebenden, noch rüstigen Mann hierzu eine aus § 1360 BGB erwachsende rechtliche Verpflichtung (BGH in NJW 1960, 141). Deshalb muß auch der Wert der etwaigen Haushaltstätigkeit des Mannes als Beitrag zum Familienunterhalt berücksichtigt werden. Verrichten beide Ehegatten die Haushaltsarbeiten gemeinsam und in entsprechender Arbeitsteilung, so kann es sich ergeben, daß der Wert dieser Leistungen sich gegenseitig ausgleicht und deshalb außer Betracht bleiben kann; in diesem Falle gewährt derjenige Ehegatte den überwiegenden Unterhalt, der den höheren Geldbeitrag zum Familienunterhalt leistet.
Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits muß daher festgestellt werden, wie hoch im maßgeblichen Zeitraum der von der Versicherten tatsächlich geleistete Unterhaltsbeitrag gewesen ist, der sich aus ihrem geldlichen Beitrag und dem Wert der von ihr etwa geleisteten Haushaltsarbeit zusammensetzt. Der Wert dieses Beitrags ist in Beziehung zu setzen zu dem in gleicher Weise ermittelten Wert des vom Kläger tatsächlich geleisteten Beitrags zum Familienunterhalt. Dieser Vergleich ergibt sodann, welcher der Ehegatten den Familienunterhalt überwiegend bestritten hat.
Das von einer teilweisen anderen Rechtsauffassung ausgehende Urteil des LSG muß deshalb aufgehoben und der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden.
Die Kostenentscheidung bleibt dem endgültigen Urteil des LSG vorbehalten.
Fundstellen