Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen bestimmte Ausgaben eines Ehegatten als nicht für den Familienunterhalt erbrachte ("unterhaltsfremde") Aufwendungen anzusehen sind.
2. Bei der Ermittlung des "Unterhalts der Familie" (RVO § 1266 Abs 1) sind als Unterhaltsleistungen des Ehemannes auch die Arbeiten im Haushalt zu berücksichtigen, zu deren anteiliger Verrichtung der Mann bis zum Tode der Frau nach bürgerlichem Recht verpflichtet war - unabhängig davon, ob er dieser Verpflichtung tatsächlich nachgekommen ist.
Normenkette
AVG § 43 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1266 Abs. 1 Fassung: 1957-02-23; BGB § 1360 Fassung: 1957-06-18, § 1360a Abs. 1 Fassung: 1957-06-18
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 1. Dezember 1969 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Witwerrente aus der Versicherung seiner im März 1965 im Alter von 41 Jahren verstorbenen ersten Ehefrau beantragen kann (§ 43 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -).
Der Kläger erhielt als Fernmeldeoberinspektor im Jahre vor dem Tode der Versicherten Bezüge aus der Postkasse im Betrage von 12.195 DM netto; außerdem erhielt er als Kriegsbeschädigter eine Versorgungsrente im Betrag von 720 DM und einen Pauschbetrag für Kleider- und Wäscheverschleiß von 120 DM. In demselben Jahreszeitraum hatte die Versicherte als kaufmännische Angestellte ein Arbeitsentgelt von 6932 DM netto. Die Eheleute lebten im gesetzlichen Güterstand. Sie bewohnten eine Zweizimmerwohnung. Am 18. März 1965 wurde der Sohn C geboren. Am folgenden Tag starb die Versicherte. Seit März 1968 ist der Kläger wieder verheiratet.
Zur Begründung des Rentenantrags machte der Kläger geltend, die Versicherte habe den Unterhalt ihrer Familie überwiegend bestritten. Sie habe dazu mit ihrem gesamten Arbeitsverdienst beigetragen, während er selbst nur etwa 400,- DM im Monat beigesteuert habe. Der Rest seines Einkommens sei für Anschaffungen und unterhaltsfremde Sonderaufwendungen verwendet worden. Diese hätten in der Unterstützung seiner Tante, seiner leidenden Mutter, dem Betriebsaufwand für seinen Personenkraftwagen, in Rückstellungen für die Anschaffung eines neuen Kraftwagens und in Sparraten für einen Bausparvertrag bestanden. Die Versicherte habe vom 1. März 1964 bis 18. März 1965 täglich etwa 8 1/2 Stunden im Haushalt gearbeitet. Er selbst habe wegen seiner Kriegsverletzung nicht im Haushalt geholfen.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab, weil das Einkommen des Klägers höher gewesen sei als das seiner verstorbenen Ehefrau. Die angegebenen Sonderaufwendungen könnten nicht vom Einkommen des Klägers abgesetzt werden, da sie entweder von der Familie in ihrer Gesamtheit getragen oder durch andere Leistungen ausgeglichen worden seien oder der Vermögensbildung gedient hätten (Bescheid vom 1. Februar 1966).
Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) bestätigte das klagabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) im wesentlichen mit folgender Begründung:
Die Versicherte habe den Unterhalt ihrer Familie nicht überwiegend i. S. des § 43 AVG bestritten. Hierbei sei vom letzten wirtschaftlichen Dauerzustand auszugehen. Dieser habe erst am 18. März 1965 mit der Geburt des Sohnes C begonnen, weil sich dadurch die Unterhaltsverpflichtungen geändert hätten (Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 24. Februar 1969 - 11 RA 102/68 -).
Bei der Auslegung des § 43 AVG sei die Hausarbeit mit ihrem tatsächlichen Wert zu berücksichtigen. Da jedoch im Hinblick auf die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten einer Haushaltsführung pauschaliert werden müsse, dürfe hier - unter Berücksichtigung sämtlicher in einem Haushalt anfallender Arbeiten - das monatliche Durchschnittseinkommen einer Haushälterin entsprechend der Leistungsgruppe B 4 der Anlage 1 zu § 22 des Fremdrentengesetzes (FRG) zugrunde gelegt werden (im Jahre 1964 = 539,- DM; 1965 = 588,- DM).
Der auf das Urteil des BSG vom 14. Februar 1964 (SozR Nr. 4 zu § 1266 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) gestützten Auffassung des Klägers, daß zur Feststellung der überwiegenden Unterhaltsleistung der Verdienst der Ehefrau und der Geldwert ihrer Arbeit im Haushalt voll, das eigene Gehalt des Klägers dagegen nur teilweise zu berücksichtigen sei, könne nicht gefolgt werden. Anderenfalls wäre der Witwerrentenanspruch durch zielgerichtetes Verhalten der Ehegatten manipulierbar. Es würde auch dem Wesen einer richtig verstandenen ehelichen Lebensgemeinschaft widersprechen, wenn jeder Ehegatte über den Teil seines Einkommens, der für den angemessenen Unterhalt der Familie nicht erforderlich ist, nach freiem Belieben verfügen können Auch habe die Höhe des letzten monatlichen Gesamteinkommens der Eheleute von 1631,78 DM netto Vorabzüge durch einen Ehegatten ausgeschlossen. Die familienrechtlichen Bindungen hätten hier vielmehr geboten, daß das Erwerbseinkommen des Klägers in vollem Umfange den gemeinsamen Bedürfnissen der Ehegatten (als Familie) zugute kam.
Die Beträge, welche der Kläger von seinem Einkommen vorweg abziehen möchte, hätten in Wirklichkeit gemeinsame Ausgaben betroffen. Es sei ihm nicht nur versagt gewesen, diese einseitig von seinem Einkommen abzuziehen, er habe vielmehr auch die Pflicht gehabt, im Haushalt mitzuhelfen. Auch unter Berücksichtigung der Kriegsverletzung - insbesondere des Muskelschwundes am rechten Arm, der Versteifung des rechten Ellenbogengelenks und der aufgehobenen Unterarmdrehbewegung rechts - hätte der Kläger noch bestimmte Hausarbeiten verrichten können. Auch die vom Kläger angegebene berufliche Fortbildung hätte seine Pflicht zur Mithilfe im Haushalt nicht mindern können. Der Kläger hätte vielmehr im Hinblick darauf, daß seine Frau einer schweren Geburt entgegengesehen habe, die berufliche Fortbildung gegenüber der Pflicht zur häuslichen Mitarbeit zurückstellen müssen. Er müsse sich daher (mindestens) ein Viertel der im Haushalt anfallenden Arbeiten zurechnen lassen.
Für den maßgeblichen Monat März 1965 liege daher der Beitrag der Ehefrau zum Familienunterhalt unter dem des Klägers.
Selbst wenn man als letzten wirtschaftlichen Dauerzustand das letzte Jahr vor dem Tode der Versicherten zugrunde lege, ändere sich am Ergebnis nichts. Dann würden nämlich auf den Kläger ein Netto-Einkommen von 12.195,80 DM und ein anteiliger Wert der Hausarbeitsleistung von 1.641,50 DM insgesamt also 13.837,30 DM entfallen. Demgegenüber wären bei der Ehefrau ein Netto-Einkommen von 6.932,92 DM und 4.924,50 DM (drei Viertel des Durchschnittseinkommens einer Haushälterin in diesem Zeitraum), insgesamt also nur 11.857,42 DM anzurechnen.
Bei diesen Berechnungen könne mithin ungeprüft bleiben, ob und wie die Grundrente des Klägers zu berücksichtigen sei und ob die Ehefrau mit Rücksicht auf die Auswirkungen der Schwangerschaft überhaupt in der Lage gewesen sei, die Haushaltsarbeiten in dem angenommenen Umfang zu bewältigen. Ferner könne dahingestellt bleiben, ob im Hinblick auf den kleinen Haushalt die Berücksichtigung des vollen Wertes der Arbeitsleistung einer Haushälterin gerechtfertigt sei und ob für Kost und Wohnung ein Betrag abgezogen werden müsse (Urteil vom 1. Dezember 1969).
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 43 AVG durch das Berufungsgericht.
Das LSG habe sich zu Unrecht über die zutreffenden Grundsätze hinweggesetzt, die das BSG in seiner Entscheidung vom 14. Februar 1964 - 1 RA 203/60 - herausgestellt habe. Danach sei bei der Anwendung des § 43 AVG allein maßgebend, wer tatsächlich von den Ehegatten überwiegend zum gemeinsamen Familienunterhalt beigetragen habe. Demgemäß komme es nicht darauf an, wer von den beiden Ehegatten der Leistungsfähigere, insbesondere der Einkommensstärkere gewesen sei. Es sei auch nicht von Bedeutung, wer unter familienrechtlichen Gesichtspunkten mehr zum Familienunterhalt hätte beisteuern müssen. Es könne nicht darauf ankommen, ob der leistungsfähigere Ehepartner, der weniger als die Hälfte zum Familienunterhalt beitrage, ehewidrig handele. Überdies werde in den meisten derartigen Fällen eine entsprechende Übereinkunft der Eheleute vorliegen, die jegliche Ehewidrigkeit ausschließe. Im vorliegenden Fall sei auch nicht erkennbar, daß hinsichtlich des Witwerrentenanspruchs Manipulationen angestellt worden seien, zumal der Tod der Ehefrau ganz überraschend eingetreten sei.
Bei Anwendung der Grundsätze des BSG seien die Leistungen auf den Bausparvertrag von 145,- DM, die Aufwendungen für den Kraftwagen einschließlich der Rücklage für eine Neuanschaffung von 285,- DM und die Zuwendungen an die Mutter und die Tante von 157,83 DM, insgesamt mithin 587,83 DM monatlich von dem vom LSG festgestellten Beitrag des Klägers zum Familienunterhalt von 1.189,20 DM abzuziehen. Es ergebe sich dann ein Betrag von 601,37 DM. Dieser liege unter dem Unterhaltsbeitrag, den nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die verstorbene Ehefrau geleistet habe.
Im übrigen sei fraglich, ob die Aufwendungen für das Kind überhaupt zu berücksichtigen seien. Hierbei habe das LSG einen Tatbestand zugrunde gelegt, der nur einen Tag vor dem Versicherungsfall eingetreten sei. Auch müßten die Kosten für das Kind noch dem Unterhaltsbeitrag der Mutter zugeschlagen werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Duisburg vom 25. Januar 1967 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 1966 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. März 1965 bis 31. März 1968 Witwerrente zu zahlen; hilfsweise beantragt er, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Der Entscheidung des Berufungsgerichts, daß der Kläger keinen Anspruch auf Witwerrente hat, ist jedenfalls im Ergebnis zuzustimmen.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß es für die Frage der überwiegenden Bestreitung des Familienunterhalts i. S. des § 43 Abs. 1 AVG allein darauf ankommt, ob der Beitrag der Ehefrau im letzten wirtschaftlichen Dauerzeitraum vor dem Tode die Hälfte des gesamten Aufwands für den Unterhalt der Familie überstiegen hat (BSG 5, 17, 18; 14, 129, 133; SozR Nr. 7 zu § 1266 RVO und Urteil des erkennenden Senats vom 27. Januar 1971 - 12 RJ 260/70 -).
Dem LSG kann allerdings nicht gefolgt werden, soweit es für den maßgeblichen letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode der Versicherten lediglich die Zeit von der Geburt des Sohnes an und damit im Ergebnis nicht einmal die Dauer eines ganzen Tages herangezogen hat (die Versicherte ist bereits 5 1/2 Stunden nach der Geburt des Kindes gestorben). Der letzte wirtschaftliche Dauerzustand beginnt mit der letzten wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Familienmitgliedes mit Dauerwirkung (BSG 14, 129; SozR Nr. 3 und 4 zu § 1266 RVO). Durch die zusätzliche Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem kurz vor dem Tode der Versicherten geborenen Sohn haben sich aber - was das LSG verkennt - nicht die wirtschaftlichen Verhältnisse nur eines Ehegatten einseitig geändert. Vielmehr trat dadurch eine gleichrangige zusätzliche Verpflichtung für beide Elternteile ein, wie insbesondere aus der Regelung in § 1606 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erhellt.
Der Hinweis des LSG auf das Urteil des 11. Senats vom 24. Februar 1969 (Az.: 11 RA 102/68), mit welchem es seine Auffassung allein begründet, geht deswegen fehl. In der Entscheidung wird in diesem Zusammenhang nur gesagt, daß ein neuer wirtschaftlicher Dauerzustand beginnen kann, wenn bei einem Ehegatten eine einseitige Unterhaltsverpflichtung gegenüber Dritten hinzutritt. Dies ist hier aber nicht der Fall, weil die elterliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Sohn für die beiden Elternteile hinzugekommen ist und somit sich hierdurch im Ergebnis an den Einkommensverhältnissen der Eheleute nichts wesentliches geändert hat. Es kann daher dahinstehen, ob der Zeitraum von 5 1/2 Stunden zwischen der Geburt des Sohnes und dem Tod der Versicherten nicht ohnehin als so kurz angesehen werden muß, daß daraus ein wirtschaftlicher "Dauerzustand" in den Verhältnissen der Eheleute sich noch nicht hat entwickeln können.
Dagegen hat das LSG bei seiner Entscheidung ohne Rechtsfehler hilfsweise als letzten wirtschaftlichen Dauerzustand die Einkommensverhältnisse der Eheleute im letzten Jahr vor dem Tod der Versicherten zugrunde gelegt, weil sich in diesem Zeitraum nach den von der Revision nicht angegriffenen und deshalb für den Senat gemäß § 163 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - bindenden Feststellungen keine entscheidenden Veränderungen ergeben haben. Da die Revision auch gegen das vom LSG für die Zeit vom März 1964 bis Februar 1965 festgestellte Nettoeinkommen des Klägers von 12.195 DM und der Versicherten von 6.932 DM keine Revisionsgründe i. S. des § 163 SGG vorgebracht hat, ist bei der Prüfung, ob die verstorbene Ehefrau des Klägers in diesem Zeitraum den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat, von den genannten Beträgen auszugehen.
Das LSG ist zu dem zutreffenden Ergebnis gekommen, daß bei der damals nur aus Mann und Frau bestehenden Familie die Versicherte unter Berücksichtigung der Geldleistungen und des Wertes der Haushaltsarbeit zum ehelichen Aufwand weniger als die Hälfte beigesteuert hat. Entgegen der Meinung der Revision gilt dies auch unter Beachtung der vom 1. Senat im Urteil von 14. Februar 1964 (SozR Nr. 4 zu § 1266 RVO) vertretenen Rechtsauffassung.
Der 1. Senat hat in dem genannten Urteil zwar ausgeführt, daß Teile des Erwerbseinkommens des einen oder des anderen Ehegatten "unterhaltsfremden" Zwecken zugeführt werden können, wenn jeder der Ehegatten über ein "verhältnismäßig" hohes Einkommen verfügt und mit der Möglichkeit zu rechnen ist, daß auch unter Berücksichtigung eines erhöhten Lebensstandards nicht das gesamte Einkommen für den Familienunterhalt benötigt wird. Der 1. Senat hat aber - unter Hinweis auf die Umschreibung des Begriffs des angemessenen Familienunterhalts in § 1360 a Abs. 1 BGB - betont, daß sich ein objektiver Unterscheidungsmaßstab zwischen angemessenen und Luxusausgaben in der heutigen durch größeren Wohlstand geprägten Gesellschaftsordnung kaum bestimmen läßt und deshalb auch die letzteren regelmäßig als für den Familienunterhalt erbracht angesehen werden müssen.
Die vom 1. Senat zugelassenen Ausnahmen für Aufwendungen, die in keiner Beziehung zu den gemeinsamen Lebensbedürfnissen der Familie stehen, liegen für die von der Revision geltend gemachten Aufwendungen für den Bausparvertrag und für den Personenkraftwagen sowie für Rücklagen zwecks Neuanschaffung eines Fahrzeugs nicht vor. Dies hat das LSG mit zutreffenden Gründen erkannt. Das Vorbringen der Revision vermag diese nicht zu entkräften.
Bausparleistungen sind nach ihrem Sinn und Zweck familienbezogen. Sie können schon deswegen vom überlebenden Ehegatten nicht nachträglich als nur zu seiner eigenen Vermögensbildung gedacht ausgegeben werden. Dies gilt auch dann, wenn - wie die Revision vorträgt - die Bausparleistungen im streitigen Zeitraum nur erbracht worden sind, um Steuern zu sparen. Dadurch wird der Charakter der Leistung als gemeinsame Familienausgabe nicht geändert. Besonders deutlich wird dies dadurch, daß ein verheirateter Bausparer bei der Leistung von Bausparverträgen nach den Bestimmungen des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (WoPG) bzw. des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Regel größere Vorteile hat als ein lediger Bausparer (vgl. die §§ 3 Abs. 2 WoPG und 10 Abs. 3 EStG). Durch die Steuerersparnis wird daher auch der Ehepartner begünstigt; auch in seinem Interesse erfolgen daher die Ausgaben für einen Bausparvertrag.
Gleiches gilt hinsichtlich der Aufwendungen für den Personenkraftwagen und die Rückstellungen zum Zweck einer Neuanschaffung. Der Kraftwagen diente zur Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten i. S. des § 1360 a Abs. 1 BGB auch dann, wenn er im streitigen Zeitraum vorwiegend vom Kläger benutzt wurde. Wenn der Kraftwagen, wie die Revision vorträgt, "praktisch" ausschließlich dem Zweck diente, dem Kläger den Weg zum Arbeitsplatz zu erleichtern, so ist damit jedenfalls eine Beziehung zu den gemeinsamen Lebensbedürfnissen der Eheleute bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht auszuschließen. Denn der Kraftwagen diente dann Erleichterungen, die nicht allein dem Kläger, sondern auch seiner Ehefrau, beispielweise in Form von erspartem Zeitaufwand, zugute kam. Die für die Haltung des Fahrzeugs hauptsächlich maßgebenden wirtschaftlichen Interessen des Ehemannes sind daher von den gleichgelagerten Interessen der Ehefrau nicht zu trennen.
Dies folgt auch aus der von der Revision genannten Entscheidung des 1. Senats vom 14. Februar 1964. Dort werden nämlich die Aufwendungen für den Kraftwagen lediglich unter der Voraussetzung als "unterhaltsfremd" anerkannt, daß das Kraftfahrzeug ausschließlich oder hauptsächlich im wirtschaftlichen Interesse des (erwachsenen und nicht mehr zur Familie gehörigen) Sohnes gehalten wird. Daraus erhellt, daß der 1. Senat eine unterhaltsfremde Leistung bereits dann verneint, wenn der Kraftwagen vorwiegend den Interessen lediglich eines Ehegatten dient. Die von der Revision zugegebenen 10 % Privatbenutzung des Fahrzeugs und die deswegen eingeräumte Absetzung dieses Prozentsatzes von den geltend gemachten Aufwendungen sind daher nicht rechtserheblich.
In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten - worauf Schieckel in einer Anmerkung zu dem Urteil des 1. Senats (SGb 1964, 210) zu Recht hinweist -, daß ein gutverdienender Mann insbesondere in einer kinderlosen Ehe in der Regel den notwendigen Familienunterhalt im engeren Sinne bestreitet, während der Verdienst der mitarbeitenden Ehefrau zur Befriedigung besonderer persönlicher Bedürfnisse verwendet wird und damit dem Familienunterhalt im weiteren Sinne entsprechend der Ausführungen des 1. Senats aaO dient. Es kann daher hier davon ausgegangen werden, daß die Leistungen für den Bausparvertrag und den Kraftwagen durch das Mitverdienen der Ehefrau zumindest erleichtert, wenn nicht überhaupt erst ermöglicht worden sind. Auch deswegen muß es dem Kläger versagt bleiben, nach dem Tode der Ehefrau einseitig zu bestimmen, daß die für diese Aufwendungen erforderlichen Beträge nur seinem Einkommen entnommen worden sind.
Sind somit die von der Revision angeführten Beträge für den Bausparvertrag und den Kraftwagen (einschließlich Rücklage für eine Neuanschaffung) von dem vom LSG festgestellten Beitrag des Klägers zum Familienunterhalt nicht absetzbar, so kann offen bleiben, ob die von der Revision noch geltend gemachten Zuwendungen an die Mutter und die Tante des Klägers - entgegen der Ansicht des LSG - als unterhaltsfremde Leistungen zu werten sind. Diese können nämlich für sich allein ein überwiegendes Bestreiten des Unterhalts der Familie i. S. des § 43 Abs. 1 AVG durch die Versicherte nicht bewirken. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man die Haushaltsarbeit wie das LSG bewertet und den Ehegatten nach bestimmten Anteilen zuordnet.
Die Revision hat gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts über die Bewertung und Zuordnung der Haushaltsarbeit keine Bedenken vorgebracht. Das LSG hat dem Kläger (mindestens) ein Viertel der im Haushalt anfallenden Arbeiten nicht aufgrund eines Erfahrungssatzes zugeordnet, der - mit Rücksicht auf die festgestellte gleiche berufliche Inanspruchnahme beider Ehegatten - zulässig gewesen wäre (vgl. BSG 20, 148, 152; Urteil des erkennenden Senats vom 27. Januar 1971 aaO und des 5. Senats vom 25. Februar 1971 - 5/12 RJ 120/67). Es hat vielmehr die - angeblich unterlassene - Mithilfe des Klägers im Haushalt unterstellt, auf seinen Anteil am Familienunterhalt aber gleichwohl einen Prozentsatz des zugrunde gelegten Wertes der Hausarbeiten angerechnet, weil diese dem Kläger auch unter Berücksichtigung seiner Kriegsverletzungen nach den gegebenen Gesamtumständen zumutbar gewesen wären. Den diesbezüglichen Ausführungen des LSG ist zuzustimmen.
Zwar ist § 43 Abs. 1 AVG dahin auszulegen, daß auch bei den Haushaltsarbeiten als Bestandteil des für die Familie geleisteten Unterhalts in der Regel auf die tatsächlich erfolgten Leistungen abzustellen ist. Bei der Bewertung der Haushaltsführung kann es jedoch dann nicht auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommen, wenn in einer kinderlosen Ehe die Frau im beiderseitigen Einvernehmen einer ganztägigen Berufsarbeit nachgeht. Die Erwerbstätigkeit einer solchen Ehefrau ist mit ihren Pflichten in der Ehe im allgemeinen ohne weiteres vereinbar. Der Regelfall des § 1360 Satz 2 BGB liegt hier nicht vor. Die Frau kommt ihrer Unterhaltspflicht vielmehr dadurch nach, daß sie aus ihrem Arbeitseinkommen einen angemessenen Beitrag zum gemeinsamen Unterhalt beisteuert. Wenn sie dann darüber hinaus auch noch im Haushalt tätig ist, so handelt es sich hier um eine zusätzliche Tätigkeit, auf die der Mann nur Anspruch haben kann, wenn er umgekehrt bei gleicher beruflicher Belastung zu einer entsprechenden Mitarbeit im Haushalt bereit ist. Je mehr die Frau durch ihre berufliche Tätigkeit von der Haushaltsführung abgehalten wird, um so mehr muß ihr der Mann - nach eigenem Können - zu Hause helfen (vgl. ebenso Palandt, 17. Aufl., Anm. 3 zu § 1360 BGB). Andernfalls würde der Ehefrau - wie gerade der vorliegende Fall zeigt - eine tägliche Arbeitszeit von oft mehr als 15 Stunden zugemutet, nur weil der Ehemann unter offenkundiger Vernachlässigung der Unterstützungspflichten innerhalb der Ehe die Haushaltsarbeiten im vollen Umfang seiner Frau überläßt. Dieses Verhalten des Ehemannes kann aber - ganz gleich, ob es auf einer ausdrücklichen Vereinbarung der Eheleute beruht oder sich im Laufe der Zeit ergeben hat - nicht zu einem Anspruch auf Witwerrente führen. Wollte man insoweit lediglich auf die tatsächliche Untätigkeit des Ehemannes abstellen, so würde bei gemeinsam verdienenden, kinderlosen Eheleuten ganz allgemein die Aussicht für den Bezug der Witwerrente bei konsequenter Unterlassung jeder Betätigung im Haushalt steigen - eine Rechtsfolge, die keinesfalls dem Sinn der gesetzlichen Regelung, nämlich einer Unterhaltsersatzfunktion auch der Witwerrente, entspricht. Als Unterhaltsleistungen des Ehemannes sind daher auch die Arbeiten im Haushalt zu berücksichtigen, zu denen der Mann gemäß § 1360 Satz 1 BGB rechtlich verpflichtet war und zwar unabhängig davon, ob er sie auch tatsächlich erbracht hat.
Diese Rechtsauffassung beinhaltet keine Abweichung von der Entscheidung des 1. Senats aaO. Auch dort wird bereits betont, daß für die Mithilfe des Mannes im Haushalt eine aus § 1360 BGB erwachsende Verpflichtung bestehen kann (Hinweis auf BGH in NJW 1960, 141). Deshalb müsse auch der Wert "der etwaigen" Haushaltstätigkeit des Mannes berücksichtigt werden. Zu der Frage, wie zu entscheiden ist, wenn der Mann einer bestehenden rechtlichen Verpflichtung nicht nachkommt, wird im Urteil des 1. Senats nicht Stellung genommen.
Der vom LSG vorgenommene Abzug von einem Viertel des Wertes der von der Ehefrau allein geleisteten Hausarbeiten wäre im übrigen auch dann gerechtfertigt, wenn man dabei allein auf die tatsächlichen Verhältnisse abstellen würde. Dann müßte nämlich zumindest der Teil der Arbeiten außer Ansatz bleiben, den die Ehefrau im eigenen Interesse verrichtet hat (vgl. ebenso Verbandskommentar, 6. Aufl., Anm. 5 zu § 1266 RVO und BVerwG-Urteil vom 12. Februar 1962 in FamRZ 1962, 143, 149). Da bei einem Zwei-Personen-Haushalt anzunehmen ist, daß die Ehefrau die Hälfte der anfallenden Arbeiten für sich selbst erledigt, wäre in diesem Fall der vom LSG zugrunde gelegte wirtschaftliche Wert der Haushaltsarbeit um die Hälfte zu verringern, was im Ergebnis gleichbedeutend ist mit dem Abzug von einem Viertel beim Unterhaltsanteil der Ehefrau und der Anrechnung dieses Viertels beim Unterhaltsanteil des Klägers entsprechend der Berechnungsweise des LSG.
Dabei kann offen bleiben, ob das Berufungsgericht beim Umfang eines Haushalts von zwei voll berufstätigen Personen überhaupt die Hausarbeiten entsprechend dem Durchschnittseinkommen einer Haushälterin der Leistungsgruppe B 4 der Anlage 1 zu § 22 FRG pauschal bewerten durfte (hinsichtlich der hiergegen bestehenden Bedenken vgl. BSG in SozR Nr. 7 zu § 1266 RVO). Denn begründete Zweifel an dieser allenfalls zu hohen Bewertung der Haushaltsführung können zu keinem für die Revision günstigeren Ergebnis führen.
Hinzu kommt, daß die dem Kläger im maßgebenden Jahreszeitraum gewährte Versorgungsrente in Höhe von 720 DM als dessen Beitrag zum gemeinsamen Familienunterhalt noch zusätzlich zu berücksichtigen ist. Der Senat hat bereits im Urteil vom 27. Januar 1971 (aaO) die Versorgungsrentenbezüge als Einkünfte des Ehemannes für den gemeinsamen Familienunterhalt gewertet. Er sieht keine Veranlassung von dieser Auffassung abzuweichen. Nach § 1 Abs. 1 i. V. m. den §§ 9, 31 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) wird die Grundrente auch wegen der wirtschaftlichen Folgen der erlittenen Schädigung gewährt. Nach § 67 Abs. 2 Nr. 2 BVG kann der Anspruch auf die Grundrente wegen eines Anspruchs auf Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Daraus erhellt, daß die Versorgungsrente zur Bestreitung des Lebensunterhalts der Familie mit dienen soll.
Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Leistungsanteile des Klägers ist dem LSG somit darin beizupflichten, daß der Kläger im letzten Jahr vor dem Tod der Versicherten mehr als die Hälfte des gesamten Aufwands für den Unterhalt der Familie bestritten hat und ihm daher keine Witwerrente i. S. des § 43 Abs. 1 AVG zusteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen