Leitsatz (amtlich)
Mithelfender Familienangehöriger iS des § 101 Abs 1 S 2 Nr 1 AFG ist nur, wer im Betrieb eines Angehörigen (mehr als kurzzeitig) mithilft. Auf das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft kommt es nicht an.
Orientierungssatz
Zur Frage der Verfügbarkeit bei Mithilfe am Bau des Eigenheimes eines Familienangehörigen.
Normenkette
AFG § 101 Abs 1 S 2 Nr 1, § 102; AVAVG § 113 Abs 1 Nr 2 Fassung: 1927-07-16, § 89a Fassung: 1929-10-12, § 87a Fassung: 1956-12-23, § 103 Abs 2 Fassung: 1956-12-23, § 75 Fassung: 1957-04-03, § 89 Abs 2 Fassung: 1957-04-03; AFG § 103 Abs 1 S 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) und die Erstattung entsprechender Leistungen.
Er war bis 30. September 1982 als Kranführer beschäftigt gewesen und hatte ab 1. Oktober 1982 Arbeitslosengeld (Alg) bezogen. Ab 12. Dezember 1983 gewährte die Beklagte ihm Anschluß-Alhi bis 30. September 1984 (Bescheid vom 27. Dezember 1983). Nachdem sie im Rahmen von Außenermittlungen festgestellt hatte, daß der Kläger seit Mitte April 1984 am Bau eines von seiner Tochter und deren Verlobten errichteten Einfamilienhauses tätig war, stellte sie die Zahlung von Alhi ab 22. August 1984 ein. Sodann hob sie die Bewilligung der Alhi ab 16. April 1984 auf (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches -SGB 10-) und forderte die Erstattung der bis zum 21. August 1984 erbrachten Leistungen in Höhe von 3.355,-- DM (§ 50 Abs 1 SGB 10), weil der Kläger als mithelfender Familienangehöriger auf dem Bau seiner Tochter eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung (§ 102 Arbeitsförderungsgesetz -AFG-) ausgeübt habe und deshalb nicht arbeitslos (§ 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG) gewesen sei (Bescheid vom 15. Oktober 1984; Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 1984). Während des Klageverfahrens hat die Beklagte dem Kläger durch entsprechende Bescheide für die Zeit ab 22. August 1984 Alhi unter Anrechnung sowohl von Einkommen seiner Ehefrau wie eines fiktiven Entgelts für seine auf dem Bau geleistete Hilfstätigkeit bewilligt. Dagegen hat der Kläger sich nicht gewandt, sondern sein Klagebegehren für die Zeit ab 22. August 1984 ausdrücklich fallengelassen. Hinsichtlich der Zeit vom 16. April bis 21. August 1984 hat die Beklagte ihre Bescheide wegen Krankheit des Klägers um 12 Leistungstage modifiziert. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. November 1985).
Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 15. Oktober 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 1984 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufhebung der Bewilligung der Alhi ab 16. August 1984 sei nicht durch § 48 Abs 1 Satz 1 und 2 Nr 2 SGB 10 gedeckt. Es fehle am Eintritt einer wesentlichen Änderung. Der Kläger sei entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG trotz seiner Mitwirkung bei der Errichtung des Baues seiner Tochter arbeitslos geblieben. Er sei weder einem Beschäftigungsverhältnis nachgegangen noch in einen Betrieb eingegliedert gewesen. Ebensowenig könne er deswegen als nicht arbeitslos angesehen werden, weil er als mithelfender Familienangehöriger eine mehr als kurzzeitige Tätigkeit ausgeübt habe (§ 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1, § 102 AFG). Er habe weder das Merkmal des Familienangehörigen noch das der Mithilfe verwirklicht.
Der Begriff des Familienangehörigen iS des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG sei gleichbedeutend mit dem des § 2 Abs 5 Heimarbeitsgesetz (HAG). Er setze das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft voraus. Das ergebe sich aus dem Zweck des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG. Dieser gehe dahin, den angesprochenen Personenkreis vom Leistungsbezug auszuschließen. Das sei nur bei solchen Familienangehörigen gerechtfertigt, deren Existenzsicherung unwiderleglich vermutet werden könne. Zur Begründung einer solchen Vermutung reiche die bloße Entgegennahme von Hilfeleistungen unter Verwandten oder Verschwägerten nicht aus. Dafür sei vielmehr erforderlich, daß der Hilfeleistende in die Hausgemeinschaft des Hilfeempfängers integriert sei. In diesem Sinne gehe der Gesetzgeber davon aus, daß Familienangehörige, wenn sie außerhalb eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Familienverband mitarbeiteten, von der Familie unterhalten würden. Diese Auffassung werde durch § 138 Abs 1 Nr 2 AFG erhärtet, wonach bei einem Anspruch auf Alhi die Anrechnung des Einkommens des leistungsfähigen Ehepartners unter der Voraussetzung stehe, daß die Ehegatten nicht dauernd getrennt lebten. Berücksichtige man, daß Ehegatten einander zumindest dem Grunde nach rechtlich zu Unterhalt verpflichtet seien, erscheine eine Einschränkung der Vermutung der Unterhaltsgewährung erst recht angebracht, wenn sie für einander nicht unterhaltspflichtige Familienangehörige Gültigkeit beanspruchen solle.
Diese enge Auslegung des Begriffs des Familienangehörigen in § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG sei überdies von Verfassungs wegen geboten. Grenze man mithelfende Familienangehörige unabhängig davon vom Leistungsbezug aus, ob sie mit dem Hilfeempfänger in Hausgemeinschaft lebten oder nicht, müsse ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) angenommen werden. Es sei kein einleuchtender Grund dafür erkennbar, eine Mithilfe nur dann aus dem Tatbestand der Arbeitslosigkeit herauszunehmen, wenn sie von einem Familienangehörigen geleistet werde, Arbeitslosigkeit dagegen zu bejahen, wenn die Mithilfe von einem Nachbarn oder Arbeitskollegen erbracht werde. Wenn Mithilfe unter Fremden geleistet werde, sei die Wahrscheinlichkeit, daß sie in irgendeiner Weise kompensiert werde, sogar größer; denn Verwandte seien einander unter Umständen rechtlich oder sittlich zur Hilfeleistung verpflichtet und hätten außer Erwerbsstreben ggf ein selbstloses Motiv für ihre Hilfeleistung.
Unabhängig davon habe der Kläger durch seine Bautätigkeit nicht das Merkmal der Mithilfe erfüllt. Zwar habe der Gesetzgeber bei § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG im Unterschied zu § 75 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) nicht auf die Mithilfe im Betrieb eines Familienangehörigen abgehoben. Jedoch dürfe daraus nicht gefolgert werden, daß der Gegenstand der Mithilfe unbeachtlich sei und jede Mithilfe zum Leistungsausschluß führen solle. Betrachte man den Begriff der Mithilfe in Zusammenhang mit der dem § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG innewohnenden Vermutung der Unterhaltsgewährung durch den Familienverband, liege die Annahme nahe, das Merkmal auf solche Hilfeleistungen zu beschränken, die unmittelbar oder mittelbar zum Familieneinkommen beitrügen. Im allgemeinen sei nämlich der Familienverband nur dann bereit, einen arbeitslosen, aber arbeitsfähigen Angehörigen zu unterstützen, wenn dieser dem Verband seine Arbeitskraft zur Verfügung stelle und der Verband dafür Verwendung habe. Das sei in der Regel nur dann der Fall, wenn die Hilfe in der (unmittelbaren) Beteiligung oder (mittelbaren) Unterstützung einer Erwerbsaktivität des Hilfeempfängers bestehe. Zu derartigen auf Einkommenserzielung angelegten Erwerbsaktivitäten gehöre die von einem Bauherrn für sein Wohnhaus erbrachte Eigenleistung nicht, auch wenn sie sich vermögensbildend auswirke. Der dadurch geschaffene Mehrwert stelle kein Erwerbseinkommen dar.
Angesichts des unklaren Begriffs des mithelfenden Familienangehörigen erscheine schließlich zweifelhaft, ob der rechtsunkundige Kläger in der Lage gewesen sei, seine Tätigkeit unter diesen Begriff zu subsumieren, und ob er durch die Nichtanzeige seine Mitteilungspflicht verletzt habe. Indes habe diese Frage offenbleiben können. Ebenso habe dahinstehen können, ob die Beklagte insoweit, als sie ihren Bewilligungsbescheid rückwirkend aufgehoben habe, eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung hätte treffen müssen.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG und macht geltend: Der Inhalt, den das LSG dem Begriff des Familienangehörigen beigemessen habe, sei zu eng und setze sich über die Gesetzesgeschichte hinweg. Die Vorläuferbestimmung, nämlich § 75 Abs 1 AVAVG, wonach arbeitslos gewesen sei, wer ua nicht im Betrieb eines Angehörigen mitgeholfen habe, habe für die Frage des Angehörigen auf § 89 Abs 2 AVAVG verwiesen. Danach hätten zu den Angehörigen neben dem Ehegatten und den Kindern sonstige Verwandte und Verschwägerte gezählt. Allerdings sei die Verweisung des § 75 Abs 1 AVAVG auf § 89 Abs 2 AVAVG später gestrichen worden (Siebentes Änderungsgesetz zum AVAVG vom 10. März 1967 -BGBl I 266-). Doch habe diese Gesetzesänderung, die ihren Grund in der Änderung des § 89 AVAVG hinsichtlich der Zusammensetzung des Alg aus Hauptbetrag und Familienzuschlägen gehabt habe, den Begriff des Angehörigen unberührt gelassen. Da das AFG an die Rechtssystematik des AVAVG angeknüpft und bei der Definition der Arbeitslosigkeit, wie aus den Gesetzesmaterialien hervorgehe (BT-Drucks V/2291 zu § 92 S 97), den Rechtszustand des AVAVG übernommen habe, sei der Begriff des Familienangehörigen iS des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG ebenso wie in § 75 Abs 1 iVm § 89 Abs 2 AVAVG zu interpretieren.
Die Bautätigkeit des Klägers habe auch das Merkmal der Mithilfe erfüllt. Die Vorschrift des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AFG stelle entgegen der Ansicht des LSG nicht auf die Vermutung ab, daß der Arbeitslose die für seine Existenzsicherung erforderlichen Einkünfte von Verwandten erhalte, für die er tätig sei. Die genannte Norm wolle die Versichertengemeinschaft bzw deren Beitragsaufkommen vielmehr vor Leistungsansprüchen solcher Personen schützen, die nur deswegen für Familienangehörige mehr als kurzzeitig unentgeltlich tätig werden könnten, weil ihr Unterhalt aufgrund von Lohnersatzleistungen gesichert sei; Dritte dürften mithin durch die Leistungen der Versichertengemeinschaft nicht entlastet werden. Dafür spreche, daß § 101 AFG das Bestehen von Arbeitslosigkeit bei jeder Tätigkeit von mehr als kurzzeitigem Umfang unabhängig davon verneine, ob sich diese selbständig, unselbständig oder in Form der Mithilfe eines Familienangehörigen vollziehe. Unbeachtlich seien nur solche Tätigkeiten, die nicht Erwerbszwecken, sondern religiösen oder ideellen Zwecken dienten oder aus Liebhaberei betrieben würden. Zum einen fielen solche Tätigkeiten wirtschaftlich kaum ins Gewicht; sie ließen das soziale Sicherungsbedürfnis des Arbeitslosen in wirtschaftlicher Hinsicht unberührt. Zum anderen gingen Vollzeitbeschäftigte derartigen Tätigkeiten vielfach ebenfalls nach. Tätigkeiten, die unter dem Gesichtspunkt der Liebhaberei einkommensneutral blieben, seien vom Bundesfinanzhof (BFH) zutreffend in dem Sinne umschrieben worden, daß sie nicht der Erzielung positiver Einkünfte dienten, sondern aus persönlichen, nicht wirtschaftlichen Gründen der Lebensführung vorgenommen würden (BFHE 141, 405; 143, 361). Um solche Tätigkeiten habe es sich bei der Mithilfe des Klägers nicht gehandelt. Durch seine Arbeiten seien nicht unerhebliche Vermögenswerte geschaffen worden, und zwar losgelöst davon, ob die Arbeiten sonst vom Bauherrn selbst oder von einem familienfremden Arbeitnehmer verrichtet worden wären. Im übrigen habe der Kläger den Effekt erzielt, daß seine Angehörigen in einem eigenen Haus wohnen könnten. Letzteres stelle ein beträchtliches Einkommen im steuerrechtlichen Sinne dar.
Auch sei der Kläger gemäß § 60 Abs 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB 1) verpflichtet gewesen, die durch seine Mithilfe als Familienangehöriger eingetretene wesentliche Änderung der für seinen Leistungsbezug erheblichen Verhältnisse mitzuteilen. Dadurch, daß er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, habe er grob fahrlässig gehandelt. Er habe dem Merkblatt für Arbeitslose, dessen Erhalt und Kenntnisnahme er mehrfach bestätigt habe, ohne weiteres entnehmen können, daß seine Mithilfe die Annahme von Arbeitslosigkeit ausschließe. Da im Merkblatt jede Tätigkeit angesprochen werde, habe für den Kläger keinerlei Anlaß bestanden, an seiner Mitteilungspflicht zu zweifeln. Er habe nicht eigene rechtliche Überlegungen anzustellen brauchen; es hätte genügt, wenn er die Aufnahme der Tätigkeit mitgeteilt und der Beklagten die rechtliche Bewertung überlassen hätte.
Schließlich seien keine Umstände ersichtlich, die einen atypischen Fall iS des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB 10 begründeten, so daß die Beklagte kein Ermessen in dem Sinne habe ausüben müssen, ob und inwieweit die Leistungsbewilligung rückwirkend aufzuheben sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das zweitinstanzliche Urteil für zutreffend und erwidert: Schon der Wortlaut des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG, in dem nicht von Angehörigen, sondern von Familienangehörigen die Rede sei, spreche dafür, nur denjenigen zu den Familienangehörigen zu rechnen, der - wie § 2 Abs 5 HAG besage - mit dem Unterstützten eine häusliche Gemeinschaft bilde. Ebenso ermangele es am Moment der Mithilfe. Sie sei auf solche Hilfeleistungen einzuengen, die unmittelbar oder mittelbar zum Familieneinkommen beisteuerten. Die vom Kläger geleistete Hilfe habe nicht zum Eigentumserwerb des Bauherrn beigetragen. Da der Kläger nicht als mithelfender Familienangehöriger anzusehen sei, habe ihm auch keine Mitteilungspflicht über die von ihm verrichtete Hilfeleistung oblegen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist iS der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Die Beklagte durfte zwar, wie das LSG im Ergebnis zutreffend entschieden hat, die Bewilligung der Alhi ab 16. April 1984 nicht wegen fehlender Arbeitslosigkeit aufheben. Aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen läßt sich jedoch nicht beurteilen, ob der Aufhebungsbescheid aus anderen Gründen gerechtfertigt war.
Gemäß § 48 Abs 1 SGB 10 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (Satz 1). Er soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Satz 2 Nr 2). Bereits erbrachte Leistungen sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, zu erstatten (§ 50 Abs 1 Satz 1 SGB 10). Die bisherigen Feststellungen des LSG ergeben nicht, daß die Voraussetzungen dieser Bestimmungen erfüllt sind. Der Anspruch des Klägers auf Alhi ab 16. April 1984 scheitert jedenfalls nicht daran, daß der Kläger wegen seiner Tätigkeit auf dem Baugrundstück seiner Tochter als nicht mehr arbeitslos anzusehen war.
Anspruch auf Alhi hat, wer ua arbeitslos ist (§ 134 Abs 1 Nr 1 AFG). Als arbeitslos iS des AFG - und damit auch iS der Vorschriften über Alhi - bezeichnet § 101 Abs 1 Satz 1 AFG einen Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung (§ 102 AFG) ausübt. Indessen ist nach § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG ua ein beschäftigungsloser Arbeitnehmer nicht arbeitslos, der eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger oder Selbständiger ausübt, die die Kurzzeitigkeitsgrenze des § 102 AFG überschreitet. Mit diesen Umschreibungen des Begriffs der Arbeitslosigkeit konkretisiert das Gesetz das Risiko, bei dessen Eintritt Alg bzw Alhi als Ersatz für das wegen Beschäftigungslosigkeit ausfallende Arbeitsentgelt in Betracht kommt (BSG vom 22. September 1988 - 7 RAr 13/87 -, zur Veröffentlichung vorgesehen; Steinmeyer in Gagel, Komm zum AFG, Stand Juli 1987, § 101 Rz 1).
Die Voraussetzungen des § 101 Abs 1 Satz 1 AFG sind hier verwirklicht. Der Kläger stand aufgrund seiner Bautätigkeit nicht in einem Beschäftigungsverhältnis. Ein solches ist ua durch persönliche Abhängigkeit charakterisiert (vgl hierzu etwa BSG vom 11. Januar 1989 - 7 RAr 8/87 - mwN). Hieran fehlte es vorliegend. Das LSG hat unangegriffen und deshalb für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt, daß der Kläger auf dem Baugrundstück seiner Tochter freiwillig und ohne jede Verpflichtung tätig geworden ist; ob, wann, wie lange und wieviel er arbeitete, unterlag seiner freien Entscheidung; er hätte seine Tätigkeit jederzeit einschränken oder einstellen können. Bei dieser Sachlage ist die rechtliche Schlußfolgerung des LSG, der Kläger sei keinerlei Direktionsrecht der Bauherren unterworfen gewesen, nicht zu beanstanden.
Entgegen der Ansicht der Beklagten hat der Kläger durch seine Mitwirkung auf dem Bau seiner Tochter keine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger iS des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG ausgeübt. Der Begriff des mithelfenden Familienangehörigen ist für den Bereich des AFG nicht definiert. Eine Heranziehung des Begriffs des mitarbeitenden Familienangehörigen, wie er zB in § 2 Abs 1 Nr 3, Abs 3 Satz 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) oder in § 780 Abs 2 und 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gebraucht wird, ist nicht möglich. Es handelt sich um Spezialbestimmungen, bei denen es ua auf eine hauptberufliche und regelmäßige Tätigkeit ankommt, während diese Fragen im Rahmen des § 101 Satz 2 Nr 1 AFG gerade keine Rolle spielen. Auch ein Rückgriff auf § 2 Abs 5 HAG, wonach als Familienangehöriger gilt, wer Mitglied der häuslichen Gemeinschaft ist, hilft nicht weiter (aA Eckert, in Ambs ua, Gemeinschaftskomm zum AFG, Stand August 1988, § 101 Rz 20; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand September 1988, § 101 Anm 6). Abgesehen davon, daß § 2 Abs 5 HAG ausdrücklich nur für Familienangehörige iS des HAG Geltung beansprucht, äußert er sich nicht zur Frage der Mithilfe. Der Begriff des Familienangehörigen iS des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG aber läßt sich, wie anhand der Entwicklungsgeschichte dieser Vorschriften noch dargelegt wird, nicht losgelöst vom Begriff der Mithilfe betrachten. Nichts anderes trifft auf den in der Literatur zu findenden Hinweis zu, Anhaltspunkte für den Begriff des Familienangehörigen iS des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG liefere § 16 Abs 5 SGB 10 (Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl, § 101 Rz 21). Diese Norm - die jene Personen aufzählt, die im Verwaltungsverfahren deswegen nicht tätig werden dürfen, weil sie als Behördenbedienstete in einem entsprechenden Verhältnis zu einem Beteiligten stehen - mag für eine gegenwartsbezogene Auslegung des Angehörigenbegriffs nützlich sein. Für die hier interessierende Kennzeichnung des mithelfenden Familienangehörigen iS des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG bringt sie keine Klärung. Insoweit vermag allein die Vorschrift des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG selbst Aufschluß zu geben.
Der Wortlaut des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG scheint für die von der Beklagten vertretene weite Auffassung zu sprechen, wonach das Bestehen von Arbeitslosigkeit bei jeder Tätigkeit von mehr als kurzzeitigem Umfang unabhängig davon zu verneinen ist, ob sich diese selbständig, unselbständig oder in der Form der Mithilfe eines Familienangehörigen vollzieht. Doch zwingen die Entwicklungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG zu einer deutlich engeren Auslegung.
Aus der Gesetzesgeschichte verdient Beachtung, daß der Begriff der Arbeitslosigkeit schon in das AVAVG vom 16. Juli 1927 (RGBl I 187) eingeführt werden sollte. Der Regierungs-Entwurf eines Gesetzes über Arbeitslosenversicherung von 1926 zu § 50 lautete: "Wer seine Beschäftigung als Arbeitnehmer aufgegeben oder verloren hat, ist nicht arbeitslos, solange er den erforderlichen Lebensunterhalt durch selbständige Arbeit, insbesondere als Landwirt (Eigentümer oder Pächter) oder Gewerbetreibender erwirbt oder durch Bearbeitung vorhandenen Grundbesitzes oder Fortführung eines vorhandenen Betriebs erwerben kann. Nicht arbeitslos ist auch der Ehegatte oder der Abkömmling einer solchen Person, der den gemeinsamen Lebensunterhalt in der häuslichen Gemeinschaft mit ihr erwirbt oder erwerben kann". Die amtliche Begründung hierzu betonte ua, der Kreis der Personen, die kein Anrecht auf Arbeitslosenunterstützung hätten, weil sie gemeinsam mit Angehörigen den Lebensunterhalt in selbständiger Arbeit erwürben oder erwerben könnten, werde verhältnismäßig eng gezogen. Er sei auf den Ehegatten und die Abkömmlinge der selbständig erwerbstätigen Person, in der Hauptsache also auf die Ehefrau und die Kinder der Besitzer, beschränkt. In den weiteren Verwandtschaftsgraden pflege das Gefühl der Zusammengehörigkeit nicht mehr so stark zu sein, daß um deswillen der gemeinsame Erwerb des Lebensunterhalts einer gesetzlichen Regelung unterstellt werden könne (34. Sonderheft zum Reichsarbeitsblatt, 1926, S 12, 163). Zu einer Verwirklichung des Begriffs der Arbeitslosigkeit ist es seinerzeit nicht gekommen. Der vorgesehene § 50 wurde im weiteren Gesetzgebungsverfahren vielmehr durch § 113 Abs 1 Nr 2 ersetzt, wonach der Arbeitslose für die Zeit keine Arbeitslosenunterstützung erhielt, in der er aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgeschieden war, um in seinem eigenen Betrieb oder in einem fremden ohne Entschädigung tätig zu sein. Immerhin läßt sich dem Gesetzgebungsvorhaben als solchem entnehmen, daß am Anfang aller gesetzgeberischen Überlegungen zur Einführung eines Begriffs der Arbeitslosigkeit der Gedanke gestanden hat, daß derjenige als nicht arbeitslos gelten solle, der in häuslicher Gemeinschaft mit engen Verwandten den gemeinsamen Lebensunterhalt erwarb oder erwerben konnte.
In der Folgezeit wurde das Fehlen eines Begriffs der Arbeitslosigkeit als unbefriedigend angesehen. Insbesondere wurde es als "Übelstand" empfunden, daß Personen, die in Wirklichkeit keine Arbeitnehmer waren (zB selbständige Landwirte, Gastwirte, Handwerker, Kaufleute und ihre Angehörigen), in der Lage waren, durch vorübergehende Arbeitnehmertätigkeit die Anwartschaft auf Arbeitslosenunterstützung zu erwerben - häufig nur gerade mit dem gesetzlichen Mindestmaße von 26 Wochen Beschäftigung - und dann die Unterstützung bezogen. Aus diesem Grund schlug der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des AVAVG von 1928 vor, den Begriff der Arbeitslosigkeit nunmehr gesetzlich abzugrenzen; er lehnte sich dabei an § 50 des Entwurfs eines Gesetzes über Arbeitslosenversicherung aus dem Jahre 1926 an, ohne diesen allerdings in allen Einzelheiten zu übernehmen (IV. Wahlperiode 1928 Drucks Nr 1311 S 14). Die Gesetz gewordene Fassung, die mit dem Regierungs-Entwurf übereinstimmte, hatte folgenden Inhalt: "Arbeitslos ist, wer berufsmäßig überwiegend als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt, aber vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnisse steht und auch nicht den erforderlichen Lebensunterhalt durch selbständige Arbeit, insbesondere als Landwirt oder Gewerbetreibender, erwirbt oder durch Fortführung eines vorhandenen Betriebs erwerben kann oder im Betriebe des Ehegatten, der Eltern oder Voreltern, von Abkömmlingen oder Geschwistern den gemeinsamen Lebensunterhalt miterwirbt oder miterwerben kann, falls dies den Beteiligten nach Lage der Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann; das ist insbesondere anzunehmen, wenn die Beteiligten in häuslicher Gemeinschaft miteinander leben" (§ 89a Abs 1 des Gesetzes zur Änderung des AVAVG vom 12. Oktober 1929 - RGBl I 153 - in der Bekanntmachung der neuen Fassung des AVAVG vom 12. Oktober 1929 - RGBl I 162 -). Diese Regelung stellte - im Unterschied zu § 50 des Regierungs-Entwurfs eines Gesetzes über Arbeitslosenversicherung von 1926 - also nicht mehr so sehr auf den Miterwerb des gemeinsamen Lebensunterhalts in der häuslichen Gemeinschaft, sondern mehr auf den im Betrieb eines Angehörigen ab, wobei der Begriff des Angehörigen erweitert wurde; die Bildung einer häuslichen Gemeinschaft war nicht mehr Voraussetzung; wohl begründete sie eine Vermutung für den Miterwerb des gemeinsamen Lebensunterhalts.
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde § 89a AVAVG aufgehoben (§ 9 Abs 1 Satz 2 der Verordnung über Arbeitslosenhilfe vom 5. September 1939 - RGBl I 1674 -). Das nach dem Zweiten Weltkrieg geltende Recht enthielt zunächst keine Erläuterung des Begriffs der Arbeitslosigkeit.
Eine wichtige Neuerung erfolgte durch § 87a des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AVAVG vom 23. Dezember 1956 (BGBl I 1018). Danach war arbeitslos iS des § 87 Abs 1, wer berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegte, aber vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand und nicht im Betriebe eines Angehörigen (§ 103 Abs 2) mithalf (§ 87a Abs 1). Unbeschadet davon galt als arbeitslos, wer geringfügige Beschäftigungen (§ 75a) ausübte oder in Betrieben von Angehörigen (§ 103 Abs 2) in entsprechendem Umfang mithalf (§ 87a Abs 2 Satz 1). Als nicht arbeitslos galten, von gewissen Ausnahmen abgesehen, darüber hinaus Selbständige (Abs 3 Satz 1). Zu den Angehörigen rechneten nach § 103 Abs 2: 1. eheliche und für ehelich erklärte, an Kindes Statt angenommene sowie uneheliche Kinder im Verhältnis zur Mutter; 2. sonstige Verwandte, Verschwägerte, der Ehegatte, der geschiedene Ehegatte, sofern er nicht allein oder überwiegend schuldig geschieden war, Pflegekinder sowie uneheliche Kinder im Verhältnis zum Vater. Diese Regelung hob - im Gegensatz zu dem im September 1939 aufgehobenen § 89a AVAVG - mithin nicht mehr auf den Miterwerb des gemeinsamen Lebensunterhalts im Betrieb, sondern auf die Mithilfe im Betrieb eines Angehörigen ab. Offensichtlich ging der Gesetzgeber aber davon aus, daß derjenige, der im Betrieb eines Angehörigen nicht nur in geringem Umfang mithalf, auch den gemeinsamen Lebensunterhalt miterwarb; denn umgekehrt sollten, wie die amtliche Begründung hervorhebt, eine gelegentliche oder eine regelmäßige abhängige Beschäftigung oder mithelfende Tätigkeit geringen Umfanges die Annahme von Arbeitslosigkeit nicht ausschließen. "Der versicherte Schaden" galt insoweit "als nicht behoben" (BT-Drucks II/1274 S 118 zu § 87a).
Die Bekanntmachung der Neufassung des AVAVG vom 3. April 1957 (BGBl I 321) brachte keine sachlichen Änderungen mit sich; aus § 87a aF wurde § 75 nF, aus § 103 Abs 2 aF § 89 Abs 2 nF; damit galt weiterhin als arbeitslos, wer geringfügige Beschäftigungen (§ 66 nF) ausübte oder in Betrieben von Angehörigen in entsprechendem Umfang mithalf (§ 75 Abs 2 Satz 1 nF). Das von der Beklagten erwähnte Siebente Änderungsgesetz zum AVAVG vom 10. März 1967 - BGBl I 266 - führte sodann einen sog Familienzuschlag sowohl für den Ehegatten wie für die Kinder des Arbeitslosen ein; dadurch entfiel die Definition des Angehörigen, was zwangsläufig zur Streichung auch des Klammerzusatzes "(§ 89 Abs 2)" in § 75 Abs 1 führte. Eine inhaltliche Änderung des § 75 Abs 1 ging damit nicht einher. Das AFG vom 25. Juli 1969 (BGBl I 582) schließlich erweiterte in § 101 Abs 1 den Begriff der Arbeitslosigkeit in einem bedeutsamen Punkt. Eine selbständige Tätigkeit, die der Dauer nach über den Umfang einer geringfügigen Beschäftigung nicht hinausging, sollte Arbeitslosigkeit ebensowenig ausschließen wie eine als mithelfender Familienangehöriger ausgeübte Tätigkeit entsprechenden Umfangs. Im übrigen aber sollten, wie es in den Motiven heißt, keine sachlichen Änderungen eintreten, der Inhalt von § 75 Abs 1 und 2 AVAVG vielmehr lediglich einer "redaktionellen Neufassung" unterzogen werden (BT-Drucks V/2291 S 79 zu § 92). Damit führt die Entwicklungsgeschichte des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG zu dem Ergebnis, daß mithelfender Familienangehöriger in diesem Sinne nur ist, wer - ohne Rücksicht auf das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft - im "Betrieb" eines Angehörigen (mehr als kurzzeitig) mithilft.
Sinn und Zweck des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG bestätigen die Notwendigkeit dieser engen Auslegung. Die Leistungen wegen Arbeitslosigkeit sind solchen Personen zugedacht, die durch Arbeitslosigkeit typischerweise in ihrer Unterhaltssituation beeinträchtigt sind. Dieses Risiko ist nicht schon ausgeschaltet, wenn jemand außerhalb eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses einen nahen Angehörigen (mehr als kurzzeitig) unterstützt oder ihn pflegt; dies kann aus den gleichen Gründen geschehen, wie die Mithilfe beim Bau eines Hauses für ein Kind. Insoweit kann also das Argument der Beklagten, unbeachtlich seien nur solche Tätigkeiten, die nicht Erwerbszwecken, sondern religiösen oder ideellen Zwecken dienten oder aus Liebhaberei betrieben würden, nicht weiterhelfen. Ein von Arbeitslosigkeit typischerweise ausgehendes Risiko ist dagegen nicht gegeben, wenn jemand im Betrieb eines nahen Angehörigen mehr als kurzzeitig mitarbeitet. In einem solchen Fall ist die Annahme gerechtfertigt, daß der Betrieb soviel Ertrag abwirft, daß der Lebensunterhalt auch des Mithelfenden gesichert ist (Krebs, AVAVG, 1969, § 75 Rz 11; Steinmeyer, aaO, § 101 Rz 28). Trifft das nicht zu, ist dem Beschäftigungslosen zuzumuten, seine Mithilfe im Betrieb des Angehörigen einzustellen mit der Folge, daß die Ausnahmeklausel des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG nicht mehr eingreift.
Wie aufgezeigt, kommt es bei dieser aus Entwicklungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG abgeleiteten Auslegung entgegen der Ansicht des LSG nicht auf das Bestehen einer häuslichen Gemeinschaft an (in diesem Sinne wohl auch Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, Stand März 1988, § 101 Rz 15). Anders als die Beklagte vorträgt, ist auch unerheblich, ob durch die Mithilfe auf seiten der Bauherren ein Vermögenszuwachs im steuerrechtlichen Sinne erzielt worden ist oder nicht. Bei der dargelegten engen Auslegung verstößt § 101 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AFG schließlich nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG). Insbesondere steht ein mithelfender Familienangehöriger nicht schlechter da als jemand, der in Nachbarschaftshilfe tätig wird.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger durch seine Tätigkeit auf dem Bau seiner Tochter nicht im Betrieb eines Angehörigen mitgeholfen. Er ist zwar Angehöriger, wobei offenbleiben kann, ob der Angehörigenbegriff des § 89 Abs 2 AVAVG fortgilt oder ob wegen der Streichung des Klammerzusatzes "(§ 89 Abs 2)" in § 75 Abs 1 AVAVG nunmehr ein weiterer Angehörigenbegriff zugrunde zu legen ist (so zB Krebs, Komm zum AFG, Stand März 1988, § 101 Rz 13; Steinmeyer, aaO, § 101 Rz 29); denn Verwandte ersten Grades erfüllen selbst bei engster Auslegung den Begriff des Angehörigen (Schieckel/Grüner/Dalichau, Komm zum AFG, Stand Oktober 1988, § 101 Anm III 3; Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO, § 101 Rz 15). Dagegen hat der Kläger nicht in einem Betrieb mitgeholfen. Unter Betrieb iS des § 75 Abs 1 AVAVG wurde jede selbständige Tätigkeit verstanden (Draeger/Buchwitz/Schönefelder, AVAVG, 1961, § 75 Rz 10; Krebs, AVAVG, § 75 Rz 11). Selbständig ist nach der Rechtsprechung des Senats, wer für unbestimmte Zeit - nicht nur gelegentlich - eine Tätigkeit in eigener wirtschaftlicher Verantwortung und persönlicher Unabhängigkeit mit dem Ziel ausübt, aus dieser Tätigkeit Einkommen zu erzielen, wobei persönliche Unabhängigkeit, eigene wirtschaftliche Verantwortung und Verfügungsgewalt über Betriebseinrichtungen und Betriebsmittel die Hauptmerkmale der selbständigen Tätigkeit sind (BSG SozR 4100 § 102 Nr 7). Die Tochter des Klägers war nicht in diesem Sinne selbständig. Sie errichtete das Einfamilienhaus, wie das LSG unangefochten festgestellt hat, zusammen mit ihrem damaligen Verlobten und dem Kläger weitgehend in eigener Arbeit. Von einem Betrieb der Bauherren, in dem der Kläger mitgeholfen hat, kann daher nicht die Rede sein. Auch die Beklagte behauptet dies nicht.
Scheitert der Anspruch des Klägers auf Alhi ab 16. April 1984 nicht an fehlender Arbeitslosigkeit, kann das Urteil des LSG gleichwohl keinen Bestand haben. Es muß aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden, weil die getroffenen Feststellungen keine abschließende Entscheidung darüber zulassen, ob bei anderen Voraussetzungen des Alhi-Anspruchs ab 16. April 1984 eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Von der Prüfung der weiteren Voraussetzungen ist das Gericht im Anfechtungsrechtsstreit nicht enthoben (vgl hierzu etwa BSG vom 29. September 1987 - 7 RAr 22/87 -).
Neben Arbeitslosigkeit setzt der Anspruch auf Alhi ua voraus, daß der Arbeitslose der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und bedürftig ist (§ 134 Abs 1 Nrn 1 und 3 AFG). Im vorliegenden Fall hat das LSG - abgesehen von der Frage der Bedürftigkeit - keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger während seiner Tätigkeit auf dem Baugrundstück seiner Tochter verfügbar war.
Die Verfügbarkeit beurteilt sich gemäß § 134 Abs 4 Satz 1 Halbs 1 AFG nach § 103 AFG, allerdings mit der Maßgabe, daß keinen Anspruch auf Alhi hat, wer nur mit Einschränkung hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit imstande ist, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes auszuüben (§ 134 Abs 4 Satz 2 AFG). Hiernach fehlte es an der Verfügbarkeit, wenn der Kläger wegen seiner Tätigkeit auf dem Baugrundstück der Tochter nicht in der Lage gewesen ist, das Arbeitsamt (ArbA) täglich aufzusuchen, oder wenn er für das ArbA nicht erreichbar war (§ 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG). Zwar mag es dem Kläger trotz seiner Bautätigkeit möglich gewesen sein, das ArbA täglich aufzusuchen. Indessen setzt Erreichbarkeit voraus, daß das ArbA den Arbeitslosen während der üblichen Zeiten des Eingangs der Briefpost unter der von ihm benannten Anschrift erreichen kann (§ 1 Satz 1 der Aufenthalts-Anordnung vom 3. Oktober 1979, ANBA 1388). Die Verfügbarkeit des Klägers wäre daher zu verneinen, wenn er während der üblichen Briefzustellzeiten regelmäßig nicht erreicht werden konnte, solange er der Bautätigkeit nachging. Des weiteren ist zweifelhaft, ob der Kläger angesichts seiner Mithilfe auf dem Bau der Tochter noch eine zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben konnte (§ 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1, § 134 Abs 4 Satz 2 AFG). Denn dies setzt voraus, daß der Arbeitslose durch nichts gehindert ist, ohne Verzug eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen; er muß sich der Vermittlungstätigkeit des ArbA aktuell zur Verfügung halten. Eine Lage, die gegenwärtig berufliches Tätigwerden ausschließt und auf die Herbeiführung der bislang fehlenden Vermittelbarkeit erst zu dem Zeitpunkt abstellt, an dem dem Arbeitslosen ein Arbeitsangebot unterbreitet wird, reicht hierfür nicht aus (BSGE 62, 166 = SozR 4100 § 103 Nr 39; BSG vom 22. September 1988 - 7 RAr 13/87 -); hier könnte die Errichtung des Eigenheimes der Tochter des Klägers gewissen zeitlichen Sachzwängen unterworfen gewesen sein. Schließlich könnte es an der subjektiven Verfügbarkeit (§ 103 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG) fehlen, wenn der Kläger erst das Bauobjekt seiner Tochter in den wesentlichen Grundzügen beenden wollte, ehe er bereit war, eine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzunehmen.
Sollte die Verfügbarkeit des Klägers im umstrittenen Zeitraum zu verneinen sein, wird das LSG, sofern auch die weiteren Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB 10 verwirklicht sind, die Grundsätze zu beachten haben, die von der Rechtsprechung des BSG zu den Fragen des atypischen Falles und der Ermessensausübung herausgestellt worden sind (BSG SozR 1300 § 48 Nr 44 mwN).
Ist sonach mangels jeglicher Feststellungen zur Verfügbarkeit eine abschließende Entscheidung durch den Senat ausgeschlossen, muß die Sache insgesamt unter Aufhebung des ergangenen Urteils gemäß § 170 Abs 2 SGG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen