Leitsatz (amtlich)
Haben die geschiedenen Eheleute ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz und hat die geschiedene Frau zZt des Todes des Versicherten ihren Wohnsitz in der DDR gehabt, so ist für die unterhaltsrechtlichen Rechtsbeziehungen der geschiedenen Ehegatten das Recht der DDR auch dann maßgebend, wenn die Ehe durch ein Gericht der Bundesrepublik Deutschland geschieden worden ist (Anschluß an und Fortführung von BSG 1976-01-20 5 RJ 133/75 = SozR 2200 § 1265 Nr 13, BSG 1976-03-19 11 RA 50/75 = BSGE 41, 253).
Normenkette
AVG § 42 S. 1 Fassung: 1972-10-16; RVO § 1265 S. 1 Fassung: 1972-10-16; BGBEG Art. 14 Abs. 2 Fassung: 1896-08-18, Art. 17 Abs. 1 Fassung: 1896-08-18
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 19.08.1977; Aktenzeichen L 1 An 181/76) |
SG Berlin (Entscheidung vom 20.10.1976; Aktenzeichen S 1 An 2905/75) |
Tenor
1. |
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Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 19. August 1977 gewährt. |
2. |
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 19. August 1977 wird zurückgewiesen. |
3. |
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Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. |
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird um die Gewährung einer sogen. "Geschiedenen-Witwenrente" geführt.
Die in Ost-Berlin wohnhafte Klägerin war seit 1940 mit dem Schauspieler ... D (im folgenden: Versicherter) verheiratet. Dieser siedelte im Jahre 1959 nach Berlin (West) über und lebte später in München. Durch Urteil des Landgerichts Berlin (West) vom 8. Februar 1961 wurde auf die Widerklage der Klägerin ihre Ehe mit dem Versicherten geschieden und der Versicherte für schuldig an der Scheidung erklärt. Er bezog bis zu seinem Tode am 25. November 1972 von der Beklagten Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres.
Den Antrag der Klägerin auf Bewilligung einer Hinterbliebenenrente vom 3. Dezember 1974 lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 28. August 1975 ab, weil die Voraussetzungen des § 42 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) nicht erfüllt seien. Insbesondere habe der Versicherte im Zeitpunkt seines Todes nicht Unterhalt zu leisten gehabt. Welches Recht insoweit maßgebend sei, richte sich nach dem letzten gemeinsamen Personalstatut der früheren Ehegatten. Hiernach sei für die Beurteilung der Unterhaltspflicht bei Scheidung der Ehe die Verordnung über die Eheschließung und Eheauflösung (EheVO) vom 24. November 1955 (GBl DDR I Nr. 102/55) maßgebend. Danach habe jedenfalls im Zeitpunkt des Todes des Versicherten eine gesetzliche Unterhaltspflicht nicht bestanden. Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 24. November 1975).
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin ab 1. Januar 1975 Hinterbliebenenrente "zu zahlen" (Urteil vom 20. Oktober 1976). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, der vorliegende Fall werde dadurch charakterisiert, daß die Ehe der Klägerin im Jahre 1961 nach dem Ehegesetz (EheG) vom 20. Februar 1946 (KRABl S 77) aus der Alleinschuld des im Bundesgebiet lebenden Versicherten geschieden worden sei. Damit seien §§ 58, 59 EheG direkt anwendbar; die Klägerin brauche sich nicht auf die für sie möglicherweise ungünstigeren Unterhaltsregelungen der DDR verweisen zu lassen. Der Versicherte sei während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor seinem Tode der Klägerin im Hinblick auf deren eigene Einkünfte nicht nach § 58 EheG zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach § 42 Satz 1 AVG bestehe daher nicht. Wohl aber bestehe ein solcher Anspruch aufgrund des § 42 Satz 2 AVG.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen; es hat die Revision zugelassen (Urteil vom 19. August 1977). Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Versicherte habe während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor seinem Tode der Klägerin keinen Unterhalt nach den Vorschriften des EheG zu leisten gehabt. Das EheG habe auf die Unterhaltsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Versicherten keine Anwendung gefunden. Vielmehr sei das in der DDR geltende Unterhaltsrecht anzuwenden gewesen. Zur Zeit des Todes des Versicherten hätten die früheren Eheleute zwei verschiedenen Rechtskreisen angehört. Welcher dieser beiden Rechtskreise für die Unterhaltsbeziehung Anwendung finde, richte sich nach den Kollisionsnormen des interlokalen Rechts. Derartige Normen seien nicht ausdrücklich kodifiziert worden. Damit seien die Kollisionsnormen des internationalen Rechts soweit als möglich heranzuziehen. Insoweit stelle Art 17 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) keinen geeigneten Anknüpfungspunkt für das interlokale Recht dar. Die Vorschrift gehe von dem Vorhandensein unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten aus. Auch fehle es an zwingenden Gründen, das Unterhaltsstatut dem tatsächlichen Scheidungsstatut folgen zu lassen. Einen geeigneten Anknüpfungspunkt für das interlokale Recht biete Art 14 EGBGB. Die Grundgedanken dieser Vorschrift seien auf das interlokale Recht derart zu übertragen, daß für das Unterhaltsstatut der letzte gemeinsame Wohnsitz der Ehegatten jedenfalls dann entscheidend sei, wenn einer der früheren Ehegatten diesen letzten gemeinsamen Wohnsitz im jeweils maßgeblichen Zeitpunkt noch innegehabt habe. Dies führe im vorliegenden Fall zu einer Anwendung des Unterhaltsrechts der DDR, weil die früheren Ehegatten dort zuletzt gemeinsam gewohnt hätten und die Klägerin zur Zeit des Todes des Versicherten weiterhin ihren Wohnsitz in der DDR gehabt habe. Während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten habe für die Klägerin das Familiengesetzbuch (FGB) vom 20. Dezember 1965 (GBl DDR 1966 I S 1) gegolten. Danach seien geschiedene Eheleute einander grundsätzlich nicht zum Unterhalt verpflichtet. Somit scheide ein Rentenanspruch nach § 42 Satz 1 AVG aus. Auch ein Anspruch nach § 42 Satz 2 AVG komme nicht in Betracht, weil eine Unterhaltsverpflichtung nicht erst wegen Fehlens der dort genannten Anspruchsvoraussetzungen nicht bestanden habe.
Nach Zustellung des Urteils an ihren Prozeßbevollmächtigten am 2. November 1977 ist der Klägerin auf ihren Antrag vom 15. November 1977 durch den ihrem Bevollmächtigten am 18. April 1978 zugestellten Beschluß des erkennenden Senats vom 5. April 1978 das Armenrecht bewilligt worden. Mit ihrem am 26. April 1978 eingegangenen Schriftsatz vom 24. April 1978 hat die Klägerin die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beantragt und zugleich dieses Rechtsmittel eingelegt. Zu seiner Begründung trägt sie vor:
Das angefochtene Urteil verletze § 42 AVG. Das LSG habe unzutreffend in Anknüpfung an das letzte gemeinsame Personalstatut als Unterhaltsstatut das FGB zugrunde gelegt. Dabei habe es sich auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) gestützt. Den vom BSG entschiedenen Fällen hätten jedoch insofern andere Sachverhalte zugrunde gelegen, als dort die Ehen von Gerichten der DDR geschieden worden seien. Die Zugrundelegung des FGB als Unterhaltsstatut bedeute für sie - die Klägerin - eine erhebliche Benachteiligung. Sie habe durch die Erhebung der Widerklage im Ehescheidungsverfahren vor dem Landgericht Berlin (West) eindeutig erklärt, daß sie eine Scheidung nach dem EheG wünsche, und sei in der Folgezeit davon ausgegangen, daß sich ihre Unterhaltsansprüche nach der Scheidung ebenfalls nach dem EheG richten würden. Dafür, daß sich diese Ansprüche nach dem Recht der DDR richten würden, seien für sie keine Anhaltspunkte ersichtlich gewesen. Dies führe auch zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit; der Einzelne müsse sich darauf verlassen können, daß Scheidungsstatut und Unterhaltsstatut demselben Recht angehörten. Ihr stehe somit eine Hinterbliebenenrente zu.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 19. August 1977 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Oktober 1976 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist insbesondere der Ansicht, daß das LSG zu Recht das Unterhaltsrecht der DDR als maßgebend angesehen habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte Revision der Klägerin ist zulässig. Zwar ist sie erst später als einen Monat nach der Zustellung des Urteils des LSG vom 19.August 1977 eingelegt worden. Gegen diese Versäumung der Revisionsfrist ist der Klägerin jedoch antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Sie ist ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Revisionsfrist gehindert worden (§ 67 Abs 1 SGG). Die Fristversäumnis beruht darauf, daß der Senat über das innerhalb der Revisionsfrist eingebrachte Armenrechtsgesuch der Klägerin erst nach Ablauf der Frist entschieden hat. Dies kann der Klägerin nicht als Verschulden angerechnet werden. Nach Bewilligung des Armenrechts hat sie innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Bewilligungsbeschlusses die Revision eingelegt und begründet (§ 67 Abs 2 Satz 3 SGG).
Die Revision ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage des von der Klägerin erhobenen Anspruchs auf Hinterbliebenenrente ist § 42 AVG in der hier maßgeblichen Fassung des Rentenreformgesetzes (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I S 1965). Danach wird einer früheren Ehefrau des Versicherten, deren Ehe mit dem Versicherten geschieden, für nichtig erklärt oder aufgehoben ist, nach dem Tode des Versicherten Rente gewährt, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG oder aus sonstigen Gründen zu leisten hatte oder wenn er im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat (§ 42 Satz 1 AVG). Ist eine Witwenrente nicht zu gewähren, findet Satz 1 auch dann Anwendung, wenn neben anderen Voraussetzungen eine Unterhaltsverpflichtung wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten oder wegen der Erträgnisse der früheren Ehefrau aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden hat (§ 42 Satz 2 AVG).
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht zu. Nicht erfüllt sind zunächst die Voraussetzungen des § 42 Satz 1 AVG. Das gilt insbesondere für die Voraussetzung der ersten Regelung dieser Bestimmung. Der Versicherte hatte zur Zeit seines Todes der Klägerin nicht Unterhalt nach den Vorschriften des EheG zu leisten. Das EheG ist auf die unterhaltsrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und dem Versicherten nicht anwendbar gewesen.
Zur Zeit des Todes des Versicherten haben dieser und die Klägerin den Gesetzen zweier verschiedener Rechtskreise unterlegen. Für den im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Versicherten hat das EheG vom 20.Februar 1946 gegolten. Die Klägerin mit Wohnsitz in Ost-Berlin hat - jedenfalls unter Zugrundelegung der von der DDR vertretenen staatsrechtlichen Auffassung von der Zugehörigkeit Ost-Berlins zur DDR - dem Recht der DDR unterstanden. Maßgebendes Recht ist insofern das seit dem 1. April 1966 geltende FGB der DDR. Bei dieser Unterstellung der Klägerin und des Versicherten (im Zeitpunkt seines Todes) unter zwei verschiedene Rechtskreise kann nur aufgrund der Bestimmungen des einschlägigen Kollisionsrechtes geklärt werden, welches Recht im konkreten Fall anzuwenden ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG kommt insofern eine unmittelbare Anwendung des internationalen Privatrechts nicht in Betracht, weil - selbst nach Inkrafttreten des Grundlagenvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 21. Dezember 1972 - die beiden deutschen Teilstaaten zu einem einheitlichen Deutschland gehören und die DDR im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland nicht als Ausland anzusehen ist (vgl BVerfGE 36, 1, 17, 31). Vielmehr sind die Regeln des interlokalen Kollisionsrechts heranzuziehen, die allerdings ihrerseits in Anlehnung an das internationale Privatrecht entwickelt werden müssen. Dabei kommt eine entsprechende Anwendung des Art 17 EGBGB und somit die Bestimmung des maßgebenden Rechts primär nach dem Wohnsitz des Ehemannes nicht in Betracht. Das nach Art 17 EGBGB für die Bestimmung des im konkreten Fall anwendbaren Rechts maßgebende Scheidungsstatut ist im Rahmen des interlokalen Kollisionsrechts kein geeigneter Anknüpfungspunkt. Denn es geht von unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten der geschiedenen Eheleute aus. Bewohner der Bundesrepublik Deutschland und der DDR besitzen jedoch nach wie vor eine gemeinsame deutsche Staatsangehörigkeit (vgl auch Art 116 Abs 1 des Grundgesetzes - GG -). Damit ist innerhalb des Kollisionsrechts im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit eines der Ehegatten nicht geeignet zur Lösung von Rechtskollisionen. Geeigneter Anknüpfungspunkt ist vielmehr unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus Art 14 Abs 2 EGBGB das letzte gemeinsame Personalstatut der geschiedenen Ehegatten jedenfalls dann, wenn es für einen von ihnen bis zum Tode des Versicherten fortgegolten hat. Das muß auch dann gelten, wenn die Scheidung der Ehe erst nach der Rechtsspaltung im Eherecht erfolgt ist und die Eheleute bereits im Zeitpunkt der Scheidung verschiedene Wohnsitze im Bereich unterschiedlicher Rechtskreise gehabt haben (vgl zu alledem BSGE 33, 89, 91 ff = SozR Nr 59 zu § 1265 Reichsversicherungsordnung - RVO -; BSGE 41, 253, 254 f = SozR 2200 § 1265 Nr 15; BSG SozR 2200 § 1265 Nrn 13 und 20).
Auch im vorliegenden Fall ist das maßgebende nacheheliche Unterhaltsrecht nach dem letzten gemeinsamen Personalstatut zu bestimmen. Den Bedenken der Revision gegen die Heranziehung der ständigen Rechtsprechung des BSG kann der Senat nicht folgen. Die Klägerin ist der Ansicht, den bisherigen Urteilen des BSG hätten andere Sachverhalte zugrunde gelegen, weil in den entschiedenen Fällen die Ehen von Gerichten der DDR geschieden worden seien, die früheren Ehepartner sich zur Zeit des Todes des Versicherten in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hätten und der Versicherte in der DDR gewohnt habe. Dies ist nicht in allen Punkten zutreffend. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin haben in den den Urteilen des 5. Senats vom 20. Januar 1976 (BSG SozR 2200 § 1265 Nr 13) und des 11. Senats vom 19. März 1976 (BSGE 41, 253 = SozR 2200 § 1265 Nr 15) zugrunde liegenden Fällen im Zeitpunkt des Todes des Versicherten dieser im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und die geschiedene Ehefrau im Gebiet der DDR gewohnt. Allerdings ist in allen vom BSG bisher entschiedenen Fällen die Scheidung der Ehe durch Gerichte der DDR erfolgt. Die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten hingegen ist durch Urteil des Landgerichts Berlin (West) und somit von einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland geschieden worden. Dieser Umstand allein erlaubt jedoch nicht eine Bestimmung des maßgebenden Unterhaltsrechts unter Zugrundelegung des Scheidungsstatuts. Denn der Gesichtspunkt, daß sich dieses wegen seiner Anknüpfung an unterschiedliche Staatsangehörigkeiten der geschiedenen Ehegatten zur Lösung von Rechtskollisionen im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland und der DDR nicht eignet, gilt ungeachtet dessen, ob die Ehe von einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland oder von einem solchen der DDR geschieden worden ist. Im Einklang damit hat bereits der 5. Senat des BSG im Urteil vom 20. Januar 1976 (BSG SozR 2200 § 1265 Nr 13) eine Heranziehung des Scheidungsstatuts als Anknüpfungspunkt für das Recht der Scheidungsfolgen einschließlich der Unterhaltsansprüche zwischen den Geschiedenen auch dann abgelehnt, wenn die Scheidung sowohl nach dem Recht der DDR als auch nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland hätte erfolgen können. Ebenso hat der 11. Senat nach dem Urteil vom 19. März 1976 (BSGE 41, 253, 255 = SozR 2200 § 1265 Nr 15 S 45) keinen überzeugenden Grund für die Annahme gesehen, daß das bei der Scheidung tatsächlich angewandte Statut auch für die Regelung der Scheidungsfolgen, insbesondere der unterhaltsrechtlichen Folgen, maßgebend zu sein habe. Der Senat vermag einen solchen Grund ebenfalls nicht zu erkennen. Auch dann, wenn die Ehe des Versicherten von einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland nach dem hier geltenden Recht geschieden worden ist, ist das für die unterhaltsrechtlichen Beziehungen der geschiedenen Ehegatten maßgebende Recht im Falle einer Kollision zwischen dem Recht der Bundesrepublik Deutschland und demjenigen der DDR allein in Anknüpfung an das letzte gemeinsame Personalstatut zu bestimmen. Demgegenüber ist es unerheblich, daß die Klägerin nach ihrer Behauptung darauf vertraut hat, durch Erhebung der Ehescheidungswiderklage vor dem Landgericht Berlin (West) würden sich ihre Unterhaltsansprüche nach der Scheidung nach dem EheG richten. Das Vertrauen in eine unzutreffende Rechtsüberzeugung, jedenfalls sofern diese allein auf eigenen Überlegungen beruht, ist nicht schutzwürdig.
Die Auffassung des LSG, im Falle der Klägerin sei in analoger Anwendung des Art 14 EGBGB das Unterhaltsrecht der DDR anzuwenden, weil die früheren Ehegatten zuletzt gemeinsam in der DDR gewohnt hätten und die Klägerin dort zur Zeit des Todes des Versicherten weiterhin ihren Wohnsitz gehabt habe, ist somit zutreffend. Damit hatte der Versicherte der Klägerin zur Zeit seines Todes keinen Unterhalt nach den Vorschriften des EheG zu leisten. Die Voraussetzungen der ersten Regelung des § 42 Satz 1 AVG sind nicht erfüllt.
Dasselbe gilt für die Voraussetzungen der zweiten Regelung. Dabei kann dahinstehen, ob eine Unterhaltsverpflichtung aufgrund des in der DDR geltenden Rechts eine solche "aus sonstigen Gründen" im Sinne der zweiten Regelung des § 42 Satz 1 AVG ist. Jedenfalls hat eine solche Unterhaltsverpflichtung nicht bestanden. Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes vor dem Tode des Versicherten nach §§ 29 ff FGB und § 7 EGFGB keinen Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten gehabt. Diese Feststellung beruht auf der Anwendung und Auslegung nicht revisiblen Rechts (§ 162 SGG) und unterliegt damit nicht der Nachprüfung durch den Senat. Das LSG hat weiter ausgeführt, es seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß der Versicherte zur Zeit seines Todes der Klägerin Unterhalt aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung oder aus sonstigen vergleichbaren Gründen zu leisten gehabt habe. Hiergegen sind zulässige Revisionsrügen nicht vorgebracht worden. Zwar hat die Klägerin erstmals in ihrem Armenrechtsgesuch vom 11. November 1977 und erneut in der Revisionsschrift vom 24. April 1978 vorgetragen, der Versicherte sei durch Urteil des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg vom 9. November 1959 zur Zahlung von Unterhalt verurteilt worden. Dies muß jedoch als neues tatsächliches Vorbringen in der Revisionsinstanz unberücksichtigt bleiben. Davon abgesehen hat es sich bei dem Urteil vom 9. November 1959 ersichtlich nur um eine vorläufige Unterhaltsregelung für die Dauer des Ehescheidungsrechtsstreits gehandelt.
Schließlich hat nach den von der Revision nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des Berufungsgerichts der Versicherte nicht im Sinne der dritten Regelung des § 42 Satz 1 AVG der Klägerin im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet. Insgesamt steht somit der Klägerin nach § 42 Satz 1 AVG ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht zu.
Auch nach § 42 Satz 2 AVG besteht ein solcher Anspruch nicht. Eine Unterhaltsverpflichtung des Versicherten gegenüber der Klägerin hat schon als solche und nicht erst wegen der Vermögens- oder Erwerbsverhältnisse des Versicherten bzw wegen der Erträgnisse der Klägerin aus einer Erwerbstätigkeit nicht bestanden.
Das angefochtene Urteil erweist sich als zutreffend. Dies muß zur Zurückweisung der Revision führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1653852 |
BSGE, 70 |
IPRspr. 1979, 57 |