Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 16.01.1987) |
SG Lübeck (Urteil vom 10.09.1985) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Januar 1987 in vollem Umfange und das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 10. September 1985 aufgehoben, soweit es die Beklagte zur Leistung verurteilt hat.
Die Klagen werden insoweit in vollem Umfange abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten – soweit nicht bereits für den Kläger zu 16) (H.) rechtskräftig entschieden ist – für alle Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Gewährung von Konkursausfallgeld (Kaug) Ansprüche auf Urlaubsabgeltung zu berücksichtigen sind.
Die Kläger waren bei der Firma F. W., Bedachungen, in R. beschäftigt. Die Löhne waren seit Februar 1984, die Gehälter seit März 1984 rückständig. Bevor am Montag, dem 12. März 1984, um 9.15 Uhr das Konkursverfahren über das Vermögen des Firmeninhabers U. R. eröffnet wurde, hatte dieser auf einer am Freitag, dem 9. März 1984, abgehaltenen Betriebsversammlung die Arbeitsverhältnisse zum 10. März 1984 gekündigt und dabei auf die bevorstehende Konkurseröffnung hingewiesen und mitgeteilt, daß die neugegründete Firma F. W., Bedachungs- und Gerüstbau-GmbH – die Beigeladene zu 1) – bereit sei, die bisherigen Arbeitnehmer „zu übernehmen”. Auf einer weiteren Betriebsversammlung am 12. März 1984 wurden – bis auf vier – alle Arbeitnehmer – darunter die Kläger – von der Beigeladenen zu 1) eingestellt und weiterbeschäftigt. Im Einvernehmen mit dem Konkursverwalter führte die Beigeladene zu 1) den Betrieb fort, wobei ihr die zunächst überlassenen Produktionsmittel später zum Teil verkauft, vermietet oder verpachtet wurden.
Mit ihren am 29. März 1984, vom Kläger zu 19) erst am 11. April 1984 gestellten Anträgen machten die Kläger auch ihre Ansprüche auf Kaug für Urlaubsabgeltung geltend; der Kläger zu 16) beanspruchte darüber hinaus Kaug auch für die Urlaubsabgeltung für 1983 sowie für nicht erhaltene Tantiemen. Mit Bescheid vom 9. Mai 1984 (Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 1984) berücksichtigte die Beklagte die dem Kläger zu 16) zustehende Jahressonderzahlung zu 3/12 bei der Gewährung von Kaug. Des weiteren bewilligte die Beklagte mit unterschiedlich datierten Bescheiden in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide den Klägern Kaug für die rückständigen Arbeitsentgelte. Sie lehnte jedoch die Gewährung des Kaug für die Urlaubsabgeltungsansprüche ab, da eine Betriebsübernahme iS von § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorliege und der Urlaubsanspruch von der neuen Arbeitgeberin zu erfüllen sei.
Das Sozialgericht (SG) Lübeck hat durch Urteil vom 10. September 1985 unter Teilabweisung der Klage des Klägers zu 16) wegen der ausstehenden Tantiemen und der Urlaubsabgeltung für 1983 den Klagen auf Änderung der angefochtenen Bescheide hinsichtlich der Höhe des Kaug stattgegeben und die Beklagte verurteilt, den Klägern „Urlaubsabgeltung als Kaug” zu gewähren. Hinsichtlich des vom Kläger B. erhobenen Kaug-Anspruchs hat es keine Entscheidung getroffen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die – vom SG zugelassene – Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Das Rechtsmittel richte sich nicht gegen den vom SG übergangenen Anspruch des Klägers B.. Ferner habe das SG die Klage des Klägers zu 16) (…) auf Zahlung von Kaug für den angeblich unerfüllten Anspruch auf Kaug für die Urlaubsabgeltung aus 1983 insoweit rechtskräftig abgewiesen, als dieser nicht in den letzten drei Monaten des Arbeitsverhältnisses entstanden sei. Dies sei dem Urteilstenor des angefochtenen Urteils nicht ohne weiteres zu entnehmen, folge aber aus den Entscheidungsgründen. Bei den rückständigen Urlaubsabgeltungsansprüchen handele es sich um kaug-erhebliche Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis iS von § 141b Abs. 1 und 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a) Konkursordnung (KO). Die dem Kaug-Zeitraum zuzuordnenden fiktiven Urlaubstage hätten wegen Beendigung der Arbeitsverhältnisse nicht mehr gewährt werden können, da diese durch die Kündigungen am 10. März 1984 erloschen seien. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob diese Kündigungen wegen Betriebsübergangs erfolgt seien. Ein Betriebsübergang bleibe ohnehin kaug-unerheblich, weil das Arbeitsverhältnis zum bisherigen Arbeitgeber gemäß § 613a BGB „kraft Gesetzes” beendet würde. Für die rückständigen Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis habe wegen des vorrangigen Sicherungszwecks des Kaug die Beklagte einzustehen. Darüber hinaus seien die Kündigungen für den Fall eines nachträglichen Betriebsübergangs weder unwirksam noch wegen Verstoßes gegen ein etwa in § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB normiertes Verbot nichtig (§ 134 BGB). Denn § 613a BGB enthalte bezogen auf Sachverhalte der vorliegenden Art. kein zwingendes Recht. Der Arbeitnehmer könne auf den Schutz des § 613a BGB verzichten. Ein womöglich später – nach dem 10. März 1984 – erfolgter Betriebsübergang bliebe unerheblich.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 141b Abs. 1 AFG, 613a Abs. 4 Satz 1 BGB. Im Falle der Kläger liege ein Betriebsübergang iS des § 613a BGB vor. Für die Anwendbarkeit des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB reiche aus, daß ein Erwerber die Verfügungsbefugnis über einen Betrieb rechtsgeschäftlich erhalte, sofern die verschiedenen Rechtsgeschäfte insgesamt auf den Übergang eines funktionsfähigen Betriebes gerichtet seien. Die zwischen den Klägern und ihrem früheren Arbeitgeber begründeten Arbeitsverhältnisse seien wirksam geblieben, weil § 613a Abs. 4 BGB ein eigenständiges Kündigungsverbot iS von § 13 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), § 134 BGB enthalte. Deshalb könne der Urlaub noch verwirklicht werden; er sei durch die Beigeladene zu 1) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Januar 1987 und das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 10. September 1985, soweit die Klagen nicht abgewiesen wurden, aufzuheben und die Klagen in vollem Umfange abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Die Kläger zu 1) bis 14) stimmen dem angefochtenen Urteil des LSG nur im Ergebnis zu. Bei einer Betriebsübernahme bestehe zwar ein Naturalanspruch auf zu gewährenden Urlaub gegen den neuen Arbeitgeber, und die Kläger hätten sich durch die Hinnahme der Kündigungen auch nicht des Schutzes durch § 613a BGB begeben. Grundsätzlich gelte § 613a BGB auch für die Betriebsveräußerung im Konkurs, jedoch werde aus dem im Konkursverfahren geltenden Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung abgeleitet, daß Ansprüche und Anwartschaften, die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits bestanden bzw erdient seien, am Konkurs teilnähmen und – soweit der Insolvenzschutz eingreife – vom Träger der gesetzlichen Insolvenzversicherung übernommen werden müßten. Entsprechend der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gehöre danach der Urlaubsabgeltungsanspruch der Kläger zum Konkursverfahren und müsse von der Beklagten befriedigt werden.
Die Kläger zu 15) bis 19) halten die vom LSG getroffene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die Bescheide der Beklagten entsprechen, soweit sie angefochten sind, im Ergebnis der Sach- und Rechtslage. Die Urteile der Vorinstanzen sind, soweit noch angefochten, aufzuheben. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Berücksichtigung eines Urlaubsabgeltungsanspruches bei der Gewährung von Kaug.
Das Rechtsmittel richtet sich nicht gegen den vom Kläger B. erhobenen Anspruch; insoweit kann der erkennende Senat ebenso wie das LSG keine Sachentscheidung treffen, da das SG über diesen Anspruch nicht entschieden hat; er ist beim SG anhängig geblieben (vgl. BSGE 17, 11, 14; Aye ua, RVO – Gesamtkommentar, Sozialgerichtsgesetz, Stand: 95. Teillieferung Oktober 1988, Band 6, § 140 Anm. 4c). Dem steht nicht entgegen, daß das SG das Verfahren des Klägers B. mit den anderen Rechtsstreitigkeiten gemäß § 113 Abs. 1 SGG verbunden hat. Die Verbindung hat nur eine verfahrenstechnische, keine inhaltliche Folge; prozeßrechtlich bleibt jedes Verfahren selbständig.
Soweit das SG die Klage des Klägers zu 16) auf Aufhebung des Bescheides vom 9. Mai 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 1984 abgewiesen hat, ist diese Entscheidung rechtskräftig geworden, da der Kläger zu 16) das Urteil insoweit nicht angefochten hat. Zu Recht ist das LSG weiter davon ausgegangen, daß das SG die Klage des Klägers zu 16) auf Berücksichtigung des Urlaubsabgeltungsanspruchs für 1983 im Rahmen des Kaug insoweit abgewiesen hat, als dieser nicht in den letzten drei Monaten des Arbeitsverhältnisses entstanden ist. Dies folgt aus den Entscheidungsgründen des SG, anhand derer der Entscheidungsausspruch auszulegen ist (vgl. BSG SozR Nr. 1 zu § 136 SGG). Auch insoweit hat der Kläger zu 16) kein Rechtsmittel eingelegt.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß auch der Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 141b Abs. 1 AFG durch Kaug ausgeglichen wird, weil zu den nach § 141b Abs. 2 AFG zu den durch Kaug auszugleichenden Ansprüchen auf Arbeitsentgelt alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gehören, die unabhängig von der Zeit, für die sie geschuldet werden, Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst a) KO sein können. Auch die Urlaubsabgeltung ist eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung (vgl. BSGE 51, 102, 103; SozR 4100 § 141b Nr. 5; Kilger, KO, Kommentar, 15. Aufl 1987, § 59 Anm. 5 D a).
Ein Urlaubsabgeltungsanspruch der Kläger ist nicht entstanden. Dieser Anspruch setzt voraus, daß der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr genommen werden kann (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung entsteht daher erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BSGE 51, 102, 103; SozR 4100 § 141b Nr. 5; BAGE 46, 224, 226; BAG, DB 1986, 2685; Leinemann/Lipke, Betriebsübergang und Urlaubsanspruch, DB 1988, 1217 ff, 1217).
Zwar hat der spätere Gemeinschuldner die Arbeitsverhältnisse am Freitag, dem 9. März 1984, zum 10. März 1984 gekündigt. Diese Kündigungen waren jedoch unwirksam, da sie anläßlich eines Betriebsübergangs erfolgten (§ 613a Abs. 4 BGB). Nach den Tatsachenfeststellungen des LSG ist am 12. März 1984 ein bestehender Betrieb des Gemeinschuldners auf die Beigeladene zu 1) übergegangen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (vgl. statt vieler BAG AP Nr. 57 zu § 613a BGB mwN) gehören zu einem Betrieb iS des § 613a Abs. 1 BGB diejenigen Betriebsmittel, mit denen der neue Inhaber bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Dabei ist es nicht erforderlich, daß alle Wirtschaftsgüter, die bisher zum Betrieb des alten Inhabers gehörten, auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Es brauchen auch keine unmittelbaren rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen dem früheren und dem neuen Betriebsinhaber zu bestehen. Für die Anwendbarkeit des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB reicht es vielmehr aus, wenn der Erwerber die Verfügungsbefugnis über einen Betrieb durch ein Bündel von verschiedenen Rechtsgeschäften über einzelne wesentliche Betriebsmittel sogar mit verschiedenen Dritten erhält, sofern diese verschiedenen Rechtsgeschäfte insgesamt auf den Übergang eines funktionsfähigen Betriebes ausgerichtet sind.
Der Betrieb war am 10. März 1984 auch nicht dadurch stillgelegt worden, daß der frühere Inhaber die Arbeitsverhältnisse mit allen Mitarbeitern am 9. März 1984 kündigte. Von einer Betriebsstillegung kann nur dann ausgegangen werden, wenn der Unternehmer den ernstlichen und endgültigen Entschluß faßt, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für einen seiner Dauer nach unbestimmten, wirtschaftlich nicht unerheblichen Zeitraum aufzugeben (vgl. BAG, NZA 1988, 198, 199 mwN; BSG SozR 7610 § 613a Nr. 5). Vorliegend kann nicht einmal von einer kurzzeitigen Produktionseinstellung gesprochen werden, denn zwischen dem Kündigungstag – einem Freitag – und der Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer am folgenden Montag lag lediglich das im Regelfall arbeitsfreie Wochenende.
Dem Betriebsübergang steht auch nicht entgegen, daß nach den Feststellungen des LSG die dem Übernehmer zunächst überlassenen Produktionsmittel erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Übertragenden vermietet, verpachtet oder verkauft worden sind. Denn maßgebend für den Übergang ist die Übernahme der tatsächlichen Leitungsmacht, aufgrund derer über den Einsatz der Produktionsmittel entschieden werden kann (BAG, NZA 1988, 198, 199). Selbst wenn es bei Wiedereinstellung und Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer am Montag, dem 12. März 1984, noch keine endgültige Einigung über den Betriebsübergang gegeben haben sollte, ändert dies nichts an dem Eintritt des Betriebsübergangs, wenn dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt seine rechtsgeschäftliche Grundlage erhielt.
Mit der Betriebsnachfolge ist die Beigeladene zu 1) in die bestehenden Arbeitsverträge eingetreten. Zwar hat der spätere Gemeinschuldner am Freitag, dem 9. März 1984, zum 10. März 1984 die Arbeitsverhältnisse auf einer Betriebsversammlung gekündigt. Diese Kündigungen haben die Arbeitnehmer auch angenommen. Rechtlich gesehen handelte es sich dabei um Aufhebungsverträge. Diese Rechtsgeschäfte verstoßen aber gegen ein gesetzliches Verbot und sind deshalb unwirksam (§ 134 BGB; vgl. dazu BAG, Urteil vom 28. April 1987 – 3 AZR 75/86 –, NZA 1988, 198, 199). Die Vorschrift des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB verwirklicht einen sich aus Art. 4 Abs. 1 der EG-Richtlinie vom 14. Februar 1977 (ABl EG Nr. L 61, S. 26) ergebenden Grundsatz, wonach der Übergang eines Unternehmens, Betriebes oder Betriebsteiles für den Veräußerer oder den Erwerber keinen Grund zur Kündigung darstellen darf. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, durch ein Kündigungsverbot den Übergang der Arbeitsverhältnisse bei Betriebsübertragungen zu gewährleisten und Umgehungsgeschäfte, welche dieses Ziel vereiteln könnten, zu verhindern (BAG, NZA 1988, 198, 199 mwN). In der Betriebsversammlung am Freitag, dem 9. März 1984, erlangten die Kläger gleichzeitig mit dem Ausspruch der Kündigungen durch den Betriebsveräußerer Gewißheit, daß die bereits neugegründete GmbH – die Beigeladene zu 1) – sie ab dem folgenden Montag weiterbeschäftigen werde. An der Gewißheit der Übernahme der Arbeitnehmer bestanden wegen der ausdrücklichen Erklärung des späteren Gemeinschuldners in der Betriebsversammlung und wegen des zeitlich sehr engen Zusammenhangs zwischen der formalen Beendigung der Arbeitsverhältnisse am Samstag und der Beschäftigung ab Montag bei der Beigeladenen zu 1) keine Zweifel. Die uneingeschränkte Fortführung des Betriebes durch die Beigeladene zu 1) war auch nur dadurch möglich, daß die Belegschaft erhalten blieb, also sofort weiterbeschäftigt wurde.
Da der Urlaubsabgeltungsanspruch voraussetzt, daß es nicht mehr möglich ist, den erarbeiteten Anspruch auf bezahlten Urlaub zu verwirklichen, wird er im Rahmen der Kaug-Versicherung nur berücksichtigt, wenn Urlaub nicht mehr gewährt werden kann. Denn der Urlaubsanspruch hat Vorrang (§ 13 Abs. 1 BUrlG). Da hier die Kündigung der Arbeitsverhältnisse wegen Umgehung des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam ist, haben diese über den Zeitpunkt des Insolvenzereignisses fortbestanden mit der Folge, daß Urlaubsabgeltungsansprüche nicht entstanden sind (vgl. BSGE 51, 102, 104).
Hieraus folgt zugleich auch, daß die Kläger die Beklagte auch nicht aus dem Gesichtspunkt der gesamtschuldnerischen Haftung iS des § 613a Abs. 2 BGB auf Kaug in Anspruch nehmen können. Ein Anspruch auf Kaug besteht gemäß § 141b Abs. 1 AFG nur, wenn der Arbeitnehmer bei Eintritt des Insolvenzereignisses noch Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den früheren Arbeitgeber hat. Das Kaug dient nur der gesetzlichen Sicherung des Arbeitnehmers im Falle der Insolvenz seines Arbeitgebers. Wenn aber – wie hier – das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber fortgeführt wird mit der Folge, daß der Urlaubsanspruch nicht erloschen und an seine Stelle der Urlaubsabgeltungsanspruch getreten ist, sondern daß der Betriebsübernehmer als Arbeitgeber im Rahmen des fortgeltenden Arbeitsverhältnisses den Urlaubsanspruch zu erfüllen hat, ist eine entsprechende Arbeitsentgeldforderung, die Masseschuld iS des § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO sein kann (§ 141b Abs. 2 AFG), nicht entstanden, so daß sie auch nicht gemäß § 141m AFG auf die Beklagte übergehen konnte.
Diese Abgrenzung steht auch mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Betriebsnachfolge bei der Betriebsveräußerung im Konkurs (BAG, NZA 1988, 198, 199 mwN; vgl. auch BSG SozR 7610 § 613a Nr. 5) in Einklang. Das BAG hat zwar aus dem im Konkursverfahren geltenden Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung abgeleitet, daß Ansprüche und Anwartschaften, die im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits entstanden oder erdient sind, am Konkurs teilnehmen und – soweit der Insolvenzschutz eingreift – vom Träger der gesetzlichen Insolvenzversicherung übernommen werden, weil der Betriebserwerber grundsätzlich nur für die später erwachsenden Verbindlichkeiten eintreten soll (vgl. BAG AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG – Betriebsveräußerung –). Gerade letzteres ist aber hier der Fall, weil – wie festgestellt – der Erwerber im Falle des Betriebsüberganges nach § 613a BGB anstelle des Veräußerers in bestehende Arbeitsverhältnisse eintritt und das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer nicht neu begründet, sondern fortsetzt. Fehlt aber eine wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Veräußerer – Gemeinschuldner –, ist ein kaug-fähiger Urlaubsabgeltungsanspruch nicht entstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Dabei war die Kostenentscheidung des Sozialgerichts nur insoweit aufzuheben, wie auch dessen Urteil aufgehoben worden ist.
Fundstellen