Leitsatz (amtlich)
1. Ruhegeld, das auf Grund des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (BWGöD) in der Fassung vom 1955-12-23 (BGBl I 822) gewährt wird, ist Einkommen im Sinne des MRV 117 Anh § 7 - in Verbindung mit Nr 8 des Ersten Durchführungserlasses hierzu -, Alhi-Ges § 141f vom 1956-04-16, AVAVG § 150 und deshalb auf die Arbeitslosenfürsorge und die Arbeitslosenhilfe anzurechnen.
2. Werden solche Leistungen für zurückliegende Zeiten gewährt, so sind sie rückwirkend anrechnungspflichtig.
3. AVAVG § 185 nF ist auch dann anzuwenden, wenn in einem einheitlich zu beurteilenden Unterstützungsfalle der Zeitraum für die Entziehung zu Unrecht gezahlter Unterstützung teilweise vor dem 1957-04-01 liegt.
Normenkette
AVAVG § 150 Fassung: 1957-04-03, § 185 Fassung: 1957-04-03, § 117; MRV BrZ 117 Anh 1 § 7; BWöDG §§ 10, 21a Fassung: 1951-05-11
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. Mai 1958 wird insoweit zurückgewiesen, als sie den Betrag von 4.762,90 DM (viertausendsiebenhundertzweiundsechzig 90/100 Deutsche Mark) betrifft.
Die Beklagte wird verurteilt, 106,- DM (einhundertsechs Deutsche Mark) an den Kläger zu zahlen; in diesem Umfange werden die Urteile des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Dezember 1957 und des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. Mai 1958 sowie der Bescheid des Arbeitsamts H vom 4. September 1957 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 1957 aufgehoben.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Der Kläger hatte vom Arbeitsamt H vom 17. März 1950 an mit mehreren Unterbrechungen Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu) und seit dem 1. April 1956 Arbeitslosenhilfe (Alhi) bis zum 26. Juli 1957 erhalten.
Am 20. September 1951 hatte er beim Senat der Freien und Hansestadt H als seinem früheren Dienstherrn einen Wiedergutmachungsantrag auf Grund des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes (BWGöD) vom 11. Mai 1951 gestellt, weil er am 15. September 1939 aus politischen Gründen fristlos entlassen worden war. Nach Ablehnung seines Antrags hatte er Klage beim Landesverwaltungsgericht Hamburg erhoben, die mit einem Vergleich vom 14. August 1957 beendet wurde. Darin wurden ihm - soweit hier von Bedeutung - gemäß § 21a Abs. 1 BWGöD in Verbindung mit Art. VII des Dritten Änderungsgesetzes zum BWGöD vom 23. Dezember 1955 mit Wirkung vom 1. Januar 1954 bis zum Eintritt der Dienstunfähigkeit, längstens jedoch bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, Bezüge in Höhe der Hälfte der Endvergütung aus Gruppe VII TO.A zugestanden. Auf einen etwa bestehenden Anspruch auf bevorzugte Wiedereinstellung verzichtete der Kläger.
Von seinem Wiedergutmachungsantrag hatte er dem Arbeitsamt erstmalig am 18. April 1957 Kenntnis gegeben. Daraufhin teilte dieses dem Rechtsamt des Senats mit, daß es Erstattungsansprüche gegen den Kläger habe, worauf das Rechtsamt unter dem 27. August 1957 dem Arbeitsamt die monatlichen Bruttobeträge angab, die dem Kläger gezahlt werden sollten. Das Arbeitsamt berechnete nunmehr die Unterstützung des Klägers vom 1. Januar 1954 ab neu und kam bei Berücksichtigung der Freibeträge zunächst von 6,- DM und vom 1. April 1956 an von 9,- DM wöchentlich zu dem Ergebnis, daß in jedem Falle die anzurechnende Summe den Unterstützungsbetrag überstiegen habe. Es stellte innerdienstlich fest, daß insgesamt 4.100,10 DM an Alfu und Alhi sowie 662,80 DM an Sonderbeihilfen überzahlt seien. Außerdem schuldete der Kläger dem Arbeitsamt aus einer rechtsverbindlichen Einzugsverfügung vom 26. Juni 1953 noch einen Restbetrag von 106,- DM. Mit Bescheid vom 4. September 1957 "stellte" das Arbeitsamt die Unterstützung für die Zeiträume vom 1. Januar 1954 bis zum 4. März 1955, vom 4. Juni 1955 bis zum 13. April 1956 und vom 18. Juli 1956 bis zum 26. Juli 1957 "ein", weil das "Einkommen" aus dem Wiedergutmachungsanspruch eine Bedürftigkeit ausschließe. Die Rückzahlungssumme gab es mit insgesamt 4.868,90 DM an, ohne jedoch diesen Betrag im einzelnen aufzugliedern. Unter dem 5. September 1957 machte es seinen Erstattungsanspruch in Höhe dieses Gesamtbetrages beim Senat der Freien und Hansestadt H - Rechtsamt - geltend. Am 16. Oktober 1957 ging die angegebene Summe beim Arbeitsamt ein.
Gegen den Bescheid vom 4. September 1957 legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Bescheid vom 31. Oktober 1957 zurückgewiesen wurde.
II. Mit Klage machte er geltend, daß nur eine laufende Unterstützung entzogen werden könne. In der Vergangenheit sei er hilfsbedürftig gewesen. Die Hilfsbedürftigkeit könne nicht rückwirkend wegfallen. Er habe demnach die Unterstützung nicht zu Unrecht erhalten.
Mit Urteil vom 16. Dezember 1957 wies das Sozialgericht Hamburg die Klage ab. Die Wiedergutmachungsleistungen seien Einkommen im Sinne der Bedürftigkeitsvorschriften. Weder im § 7 Abs. 2 des Anhangs zur Militärregierungsverordnung (MRVO) Nr. 117 noch im § 141 f Alhi-Ges. noch im § 150 Abs. 4 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) n.F. seien solche Leistungen als anrechnungsfrei bezeichnet.
In der Berufung hiergegen führte der Kläger aus, das Sozialgericht habe den Sinn der Wiedergutmachung verkannt. Wiedergutmachungsansprüche seien ihrem Wesen nach nicht überleitungsfähig. Im übrigen habe er die Unterstützung verbraucht und sei nicht mehr bereichert.
Während des Berufungsverfahrens hatte das Personalamt des hamburgischen Senats auf Grund einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in einer gleichgelagerten Sache dem Kläger am 25. April 1958 einen Bescheid erteilt, daß ihm anstelle der nach dem Vergleich zugestandenen Bezüge nunmehr vom 1. April 1951 an gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 BWGöD nach dem hamburgischen Ruhegeldgesetz das Ruhegeld gezahlt werde, das ihm zugestanden hätte, wenn er bis zu diesem Zeitpunkt im Dienst geblieben und mit der Endvergütung der Gruppe VII TO.A ruhegeldberechtigt ausgeschieden wäre. Außerdem stehe ihm für die Zeit vom 1. April 1950 bis zum 31. März 1951 gemäß § 19 Abs. 1 BWGöD eine Entschädigung in Höhe der errechneten Versorgungsbezüge zu. Die Leistungen auf Grund des Vergleichs vom 14. August 1957 seien anzurechnen. Die Anrechnungsvorschriften des § 29 Abs. 2 BWGöD seien anzuwenden. Eine Anrechnung der Alfu- und Alhi-Bezüge ist, wie das Landessozialgericht festgestellt hat, nicht erfolgt.
Wegen des oben erwähnten Restbetrages von 106,- DM aus einer Überzahlung an Alfu für die Zeit vom 11. Januar 1952 bis zum 10. Juni 1953 erklärte der Vertreter der Beklagten in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht, die Beklagte rechne diesen Betrag gegen den von der Freien und Hansestadt Hamburg für Rechnung des Klägers erhaltenen Betrag auf.
Mit Urteil vom 29. Mai 1958 wies das Landessozialgericht Hamburg die Berufung des Klägers zurück. Da das ihm zugesprochene Ruhegeld nicht unter die im § 150 Abs. 4 AVAVG n.F., § 141 f Abs. 3 Alhi-Ges. oder § 7 Abs. 2 des Anhangs zur MRVO Nr. 117 genannten Fälle einzuordnen sei, handele es sich hier um Einkommen im Sinne der §§ 150 Abs. 3 AVAVG n.F., 141 f Abs. 2 Alhi-Ges. und 7 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs zur MRVO Nr. 117. Die rückwirkende Anrechnung sei zulässig gewesen, wie dies schon bisher die überwiegende Meinung gewesen und seit dem Inkrafttreten des AVAVG in der Fassung vom 23. Dezember 1956 durch die §§ 185 Abs. 2 Nr. 3, 186 Abs. 1 Satz 2 AVAVG n.F. klargestellt sei. Die Beklagte sei gemäß § 185 Abs. 1 AVAVG n.F. von Amts wegen zur Entziehung des Unterstützungsanspruches "zumindest" seit dem 1. Januar 1954 verpflichtet gewesen, da bei Anrechnung dieses Einkommens dem Kläger weder Alfu noch Alhi hätte gezahlt werden dürfen. Gleichzeitig sei sie nach § 185 Abs. 2 Nr. 3 AVAVG n.F. verpflichtet gewesen, die "als zu Unrecht geleistet" festgestellten Beträge zurückzufordern, da es sich bei den dem Kläger zugebilligten Bezügen um Geldleistungen zur Deckung des Lebensunterhalts gehandelt habe. Die Beklagte habe auch ermessensfehlerfrei davon abgesehen, auf die Rückforderung nach § 185 Abs. 2 Satz 3 AVAVG n.F. zu verzichten. Den Forderungsübergang habe sie zutreffend durch Anzeige beim Rechtsamt bewirkt. Hierfür gelte allerdings nur § 186 Abs. 1 AVAVG n.F., nicht dagegen § 149 Abs. 4 a.a.O.
Diese Anzeige bewirke gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2, § 186 Abs. 1 Satz 1, § 154 Satz 1 AVAVG n.F., daß die Ansprüche des Klägers in Höhe und zum Ausgleich der zurückgeforderten Beträge auf den Bund übergegangen seien.
Der Klage könne auch bezüglich des Betrages von 106,- DM nicht stattgegeben werden, nachdem die Beklagte die Aufrechnung erklärt habe. Der Einwand des Klägers, er sei nicht mehr bereichert, sei nach § 185 Abs. 4 AVAVG n.F. unbeachtlich.
Revision ist zugelassen worden.
III. Gegen das am 30. Juni 1958 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. Juli Revision eingelegt und beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg und des Sozialgerichts Hamburg aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.868,90 DM zu zahlen. Er hat die Revision am 1. August 1958 begründet und damit zunächst Verstöße gegen die §§ 119 und 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gerügt, da das Landessozialgericht die Personalakten, die Akten des Rechtsamts und Wiedergutmachungsakten, die alle geheim zu halten seien, beigezogen und benutzt habe. Im übrigen sei die Anrechnung der Wiedergutmachungszahlung unzulässig gewesen, da die Alhi keine Vorausleistung auf die Entschädigung gewesen sei (§ 107 des Bundesentschädigungsgesetzes und § 29 BWGöD). Die Wiedergutmachungsleistungen seien nicht "Leistungen zur Deckung des Lebensbedarfs", sondern ein finanzieller Schadensausgleich.
Die Beklagte hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.
IV. Die Revision ist zulässig. Gegen die Statthaftigkeit der Berufung gemäß § 143 SGG waren Bedenken nicht zu erheben, da ein Entziehungs- und Rückzahlungsbescheid angefochten war, auf den die Ausschließungsgründe des § 144 SGG nicht anzuwenden sind (vgl. BSG. SozR. § 144 Bl. Da 2 Nr. 9).
Die Revision konnte aber keinen Erfolg haben.
Die Rüge des Klägers gegen die Heranziehung und Verwendung geheim zu haltender Akten ist nicht schlüssig begründet. § 119 SGG betrifft nur die Beziehungen zwischen Gerichten und Behörden und schreibt vor, in welchen Fällen eine Behörde nicht verpflichtet ist, dem Ersuchen eines Gerichts zur Vorlage von Urkunden oder Akten und zu Auskünften nachzukommen. Ein solcher Fall war hier nicht gegeben. Der Kläger hat auch selbst nicht behauptet, daß Tatsachen oder Beweisergebnisse aus den beigezogenen Akten verwandt worden sind, zu denen er sich nicht hätte äußern können. Ein Verstoß gegen die §§ 119, 128 Abs. 2 SGG liegt demnach nicht vor.
V. Der Kläger hat eine Anfechtungsklage auf Aufhebung des Bescheides des Arbeitsamts vom 4. September 1957 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 1957 und gemäß § 131 Abs. 1 SGG die Folgenbeseitigungsklage auf Rückzahlung von 4.868,90 DN erhoben. Weitere Ansprüche hatte er in dem Verfahren vor dem Landessozialgericht fallen gelassen.
Was die Anfechtungsklage betrifft, so ist von dem Bescheid der Beklagten vom 4. September 1957 auszugehen. Damit hatte sie die Zahlung der Unterstützung vom 1. Januar 1954 bis zum ... 26. Juli 1957 "eingestellt", weil durch das Einkommen aus den zuerkannten Wiedergutmachungsansprüchen eine Bedürftigkeit ausgeschlossen werde, und dem Kläger davon Kenntnis gegeben, daß der Betrag von 4.868,90 DM zu erstatten sei. Ihre Entscheidung stützte die Beklagte auf § 145 Abs. 1 Nr. 3 AVAVG n.F. Im Widerspruchsbescheid wurde dies als rückwirkende "Entziehung" der Alfu und Alhi bezeichnet. Sie wurde für berechtigt erklärt, und zwar für die Zeit bis zum 31. März 1956 auf Grund der §§ 3, 6, 7 Buchst. a des Anhangs zur MRVO Nr. 117 in Verbindung mit Nr. 8 des Ersten Durchführungserlasses hierzu, für die Zeit vom 1. April 1956 an gemäß §§ 145 Abs. 1 Nr. 3, 150 Abs. 1 Nr. 1 des am 1. April 1956 "in Kraft getretenen Änderungsgesetzes". Diese Begründung ist insofern fehlerhaft, als vom 1. April 1956 an zunächst das Alhi-Gesetz vom 16. April 1956 (BGBl.I S. 243) galt und die Maßnahme des Arbeitsamts für diese Zeit auf die §§ 141 a Abs. 1 Nr. 3 und 141 f Abs. 1 hätte gestützt werden müssen, während die angezogenen §§ 145 Abs. 1 Nr. 3, 150 Abs. 1 Nr. 1 die Grundlage nach dem seit dem 1. April 1957 gültigen Gesetz zur Änderung und Ergänzung des AVAVG vom 23. Dezember 1956 (BGBl. I S. 1018) bilden. Dieser Mangel ist jedoch unschädlich, da sich aus dem Widerspruchsbescheid sachlich unzweideutig der Wille der entscheidenden Stelle ergibt. Im übrigen stimmt der Wortlaut der Vorschriften beider Gesetze insoweit völlig überein.
VI. Rechtsgrundlage für die Entziehung der Unterstützung ist § 185 AVAVG n.F. Dem steht der Umstand, daß diese Vorschrift erst seit dem 1. April 1957 in Kraft ist, während der Entziehungstatbestand nach dem Bescheid der Beklagten schon mit dem 1. Januar 1954 begann, nicht entgegen. Denn der Unterstützungszeitraum lief bis zum 26. Juli 1957, greift also in die Zeit der Gültigkeit des § 185 AVAVG n.F. hinüber. Auch wenn einer neuen Vorschrift durch ein Gesetz nicht unmittelbar rückwirkende Geltung beigelegt wird, so ist sie doch anzunehmen, wenn sie nach ihrem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfaßt (so auch BGHZ. 9 S. 101; BSG. 2 S. 188, 3 S. 234). Das trifft in Fällen wie dem vorliegenden zu. Der Kläger ist fortlaufend vom 1. Januar 1954 bis zum 26. Juli 1957 mit zwei kurzfristigen Unterbrechungen vom 5. März bis zum 3. Juni 1955 und vom 14. April bis zum 13. Juli 1956, in denen er bei Notstandsarbeiten beschäftigt war, unterstützt worden. § 185 AVAVG n.F. ist auch dann anzuwenden, wenn in einem einheitlich zu beurteilenden Unterstützungsfalle der Zeitraum für die Entziehung zu Unrecht gezahlter Unterstützung teilweise vor dem 1. April 1957 liegt. Der Kläger wird dadurch auch nicht beschwert. Die Vorschriften des § 177 AVAVG a.F. und des § 185 AVAVG n.F. stimmen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Entziehung überein und weichen nur bei denen über die Rückforderung voneinander ab. Denn nach § 177 AVAVG a.F. lag - abgesehen vom Falle des Rechtsirrtums - die Rückforderung ganz im Ermessen des Arbeitsamts. Durch § 185 AVAVG n.F. aber ist die Ermessensausübung weitgehend eingeschränkt. Diese Regelung entspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen.
VII. Nach § 185 AVAVG n.F. ist der Anspruch von Amts wegen ganz oder teilweise zu entziehen, wenn die Voraussetzungen dem Grunde oder der Höhe nach nicht vorliegen oder weggefallen sind. Es besteht demnach eine gesetzliche Pflicht zur Entziehung, selbst wenn der frühere begünstigende Verwaltungsakt bindend geworden ist (vgl. BSG. 7 S. 152 (156)). Dabei umfaßt der Ausdruck "entziehen" nicht nur, wie der Kläger meint, eine "laufende" Leistung. Sein Sinn ist vielmehr, den bisher anerkannten Anspruch auf Unterstützung unwirksam zu machen, nachdem sich herausgestellt hat, daß für ihn ein Rechtsgrund nicht gegeben war. Die zu Unrecht geleisteten Beträge sind dann festzustellen.
Der Kläger ist nun der Auffassung, er habe Alfu und Alhi nicht zu Unrecht erhalten. Er sei zur Zeit des Bezuges bedürftig gewesen. Die Bedürftigkeit könne aber nicht rückwirkend wegfallen. Das ist nur zum Teil zutreffend. Die Sozialversicherung geht allerdings vom Grundsatz der Maßgeblichkeit des Tatsächlichen aus, und Tatsächliches kann in aller Regel nicht nachträglich beseitigt werden. Dies gilt insoweit auch für Alfu und Alhi. Richtig ist auch, daß der Kläger seinerzeit bedürftig war. Zweifelhaft ist aber, ob die Rechtsfolgen, die aus diesem Tatbestand durch Gewährung der Unterstützung gezogen worden waren, berechtigt gewesen sind. Dies wäre zu bejahen, wenn die Sachlage so geblieben wäre, wie sie damals angenommen wurde. Das aber trifft gerade nicht zu. Wenn der Kläger schon zu der Zeit, als er auf Grund des BWGöD vom 11. Mai 1951 (BGBl. I S. 291) Wiedergutmachung beantragt hatte, nämlich am 20. September 1951, dem Arbeitsamt hiervon Kenntnis gegeben hätte, so hätte es ihm zwar auch, solange diese Ansprüche nicht anerkannt waren und nicht verwirklicht werden konnten, Unterstützung gewährt, hätte aber schon damals auf Grund des § 7 Abs. 4 Satz 2 des Anhangs zur brit. MRVO Nr. 117 seinen Anspruch beim ehemaligen Dienstherrn des Klägers, dem Senat der Freien und Hansestadt H, anmelden können. Damit wäre von vornherein klargestellt worden, daß der Kläger nur unter der Voraussetzung etwaiger späterer Anrechnung unterstützt worden wäre. Die Nichtmeldung führte zwar dazu, daß damals die Unterstützung zunächst anscheinend zu Recht gewährt wurde. Die dem Arbeitsamt erstmalig am 18. April 1957 erstattete Meldung und die Bewilligung der Wiedergutmachungsleistungen stellten jedoch rückwirkend neue Umstände dar, die das Arbeitsamt dazu verpflichteten, nunmehr erneut zu prüfen, ob die aus dem früheren Sachverhalt gezogene Rechtsfolge der Unterstützungsberechtigung rückschauend noch begründet war.
VIII. Der Kläger meint, die nachträgliche Anrechnung der Wiedergutmachungsleistungen sei weiter deshalb unzulässig gewesen, weil § 107 des Bundesgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz - BEG -) eine Anrechnung von Leistungen aus der Arbeitslosenfürsorge ausdrücklich verbiete. Der Auffassung des Klägers kann schon deshalb nicht beigetreten werden, weil die ihm vom Senat der Freien und Hansestadt Hamburg gewährten Beträge keine Leistungen nach dem BEG sind. Denn durch § 99 dieses Gesetzes wird Verfolgten des öffentlichen Dienstes ein Anspruch auf Entschädigung grundsätzlich nur für die Zeit "vor dem 1. April 1950" gewährt, während der Entschädigungszeitraum des Klägers mit dem 1. April 1950 beginnt und nur Leistungen aus dem BWGöD umfaßt. Abgesehen davon betrifft § 107 BEG in der Fassung vom 29. Juni 1956 (BGBl. I S. 562) einen völlig anderen Tatbestand, als er beim Kläger vorliegt. Diese Vorschrift bestimmt nämlich, daß auf die Kapitalabfindung nach den §§ 102 bis 106 "für den gleichen Zeitraum gewährte Versorgungsbezüge, Kapitalabfindungen, Unterhaltsbeiträge, Zuwendungen und ähnliche Leistungen aus deutschen öffentlichen Mitteln mit Ausnahme der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenfürsorge in vollem Umfange anzurechnen" sind. § 107 BEG geht dabei offensichtlich von dem Gedanken aus, "daß niemand für denselben Zeitraum aus deutschen öffentlichen Mitteln doppelte Leistungen erhalten soll" (so Blessin-Wilden, Komm. zum BEG § 107 Anm. 2). Eine vergleichbare Regelung enthält § 29 Abs. 2 BWGöD in der Fassung vom 23. Dezember 1955 (BGBl. I S. 822), ohne daß hier die Anrechnung der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung oder der Arbeitslosenfürsorge ausgeschlossen und damit verboten worden ist. Es kann dahingestellt bleiben, weshalb hier der Gesetzgeber eine andere Regelung getroffen hat. Jedenfalls hat der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg als Dienstherr des Klägers die Leistungen aus der Alfu oder Alhi nicht angerechnet. Er hat vielmehr nur auf Grund der Überleitung des Anspruchs durch das Arbeitsamt dessen Forderung erfüllt, wozu er aus anderen Gründen verpflichtet war, wie noch darzulegen sein wird.
Der Kläger geht ferner mit seiner Meinung fehl, eine Anrechnung der Alfu- oder Alhi-Leistungen sei deshalb unzulässig, weil es sich bei der Wiedergutmachung um eine Entschädigung eigener Art handele. Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings in seinem Urteil vom 16. Juli 1958 (BVerwGE 7 S. 168 (171), Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 1-23-3 Nr. 2) ausgeführt, das Wiedergutmachungsgesetz gestalte den Schadensersatz in besonderer Weise aus. Der im bürgerlichen Recht für die Schadensberechnung entwickelte Grundsatz der Vorteilsanrechnung sei in das Bundeswiedergutmachungsgesetz anders als in das Bundesentschädigungsgesetz (§ 9 Abs. 1) nicht aufgenommen worden. Das sei darin begründet, daß das Ausmaß der Wiedergutmachung im Bundeswiedergutmachungsgesetz besonders und in einer Weise geregelt sei, nach der eine Vorteilsanrechnung nicht zu verwirklichen sei. "Denn der im öffentlichen Dienst durch nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen erlittene Schaden wird ... grundsätzlich durch Gewährung der Rechtsstellung ausgeglichen, die der Geschädigte voraussichtlich z.Zt. des Inkrafttretens des Gesetzes innegehabt hätte, wenn er nicht geschädigt worden wäre".
Von einer solchen Vorteilsanrechnung durch den Wiedergutmachungspflichtigen kann hier jedoch nicht gesprochen werden. Es handelt sich allein um die Frage, ob das Arbeitsamt die Alfu und Alhi auch hätte gewähren können und müssen, wenn es Kenntnis von dem Wiedergutmachungsanspruch des Klägers gehabt hätte, und ob - nach dessen Anerkennung - eine nachträgliche Anrechnung dieser Leistungen zulässig ist.
IX. Hierzu bedarf es eines Eingehens auf die Regelung der Bedürftigkeitsprüfung.
Voraussetzung der Bedürftigkeit war nach § 6 des Anhangs zur MRVO Nr. 117, daß der Arbeitslose den erforderlichen Lebensunterhalt weder aus eigenen Kräften und Mitteln noch mit Hilfe der zu seinem Unterhalt rechtlich verpflichteten Angehörigen bestreiten konnte. Bei der dann folgenden Prüfung des Maßes der Bedürftigkeit war nach § 7 Abs. 1 Buchst. a des Anhangs zur MRVO Nr. 117 auf die Alfu "sonstiges Einkommen" des Arbeitslosen anzurechnen, sofern es 6.- DM in der Woche überstieg. Als Einkommen in diesem Sinne bezeichnete der Erste Durchführungserlaß vom 22. Dezember 1947 in Nr. 8 "alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, insbesondere die Bezüge aus früheren Arbeits- und Dienstverhältnissen, aus Rechtsansprüchen öffentlicher oder privater Art ... nach Abzug von Gebühren, Abgaben, Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen und Werbungskosten". Dieser Erlaß ist zwar keine das Gericht bindende Rechtsnorm (vgl. BSG. 1 S. 144 (148)). Jedoch bestehen keine Bedenken, die Nr. 8 als Auslegungsregel anzuerkennen, zumal sie der allgemeinen Grundauffassung hierzu entspricht und in der Praxis ständig danach verfahren worden ist.
Nach § 141 e Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des AVAVG vom 16. April 1956 (BGBl. I S. 243) - Alhi-Ges. - galt als bedürftig der Arbeitslose, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Unterstützung aus der Alhi bestritt oder bestreiten konnte und das nach den Anrechnungsvorschriften zu berücksichtigende Einkommen den Tabellensatz nicht erreichte. Auch hier war dann das Einkommen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, und zwar "einschließlich der Leistungen, die er von Dritten erhält oder beanspruchen kann", soweit - vom 1. April 1956 an - es insgesamt 9.- DM in der Woche überstieg (§ 141 f Abs. 1 Nr. 1). Vom 1. April 1957 an gelten in den §§ 149 Abs. 1, 150 AVAVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. April 1957 (BGBl. I S. 322) sinn- und grundsätzlich auch wortgemäß entsprechende Vorschriften.
Der Katalog der nicht anrechnungsfähigen Einkommen erfaßt nicht Leistungen aus dem BWGöD. Lediglich Renten, die den Opfern nationalsozialistischer Verfolgung "wegen einer durch die Verfolgung erlittenen Gesundheitsschädigung gewährt werden", galten nach § 141 f Abs. 3 Nr. 5 Alhi-Ges. und gelten nach § 150 Abs. 4 Nr. 5 AVAVG n.F." nicht als Einkommen", aber auch nur bis zur Höhe des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente gewährt würde.
Nicht als Einkommen gelten nach Nr. 6 dieser Vorschriften auch Leistungen zum Ausgleich eines Schadens, jedoch mit der wesentlichen Einschränkung, "soweit sie nicht für entgangenes oder entgehendes Einkommen ... gewährt werden". Es ist deshalb zunächst zu prüfen, ob die dem Kläger aus dem BWGöD zuerkannten Ansprüche einen Ausgleich für entgangenes oder entgehendes Einkommen darstellen. Das ist zu bejahen.
Nach dem oben angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wird der im öffentlichen Dienst durch nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen erlittene Schaden grundsätzlich durch Gewährung der Rechtsstellung ausgeglichen, die der Geschädigte voraussichtlich zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes innegehabt hätte, wenn er nicht geschädigt worden wäre. Es handelt sich hier um sogenannte Status-Schäden, die in erster Linie durch bevorzugte Wiedereinstellung (§ 9 Abs. 1 BWGöD) wiedergutzumachen sind. Da dies nur für die Zukunft in Frage kommen kann, wird für die Vergangenheit Entschädigung in Geld gewährt (§ 10 Abs. 1 a.a.O.). Weil der Kläger schon im Vergleich auf die Wiedereinstellung verzichtet hatte, kam für ihn nur eine Wiedergutmachung in Geld in Betracht. Diese aber kann aus dem sachlichen und rechtlichen Zusammenhang nur als solche für entgangenes oder entgehendes Einkommen gewertet werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob man von der Grundlage des Vergleichs oder von der vom 1. April 1951 ab als Ruhegeld gewährten Entschädigung ausgeht. Denn alle diese Leistungen stehen in unmittelbarer Abhängigkeit von dem früheren Dienstverhältnis des Klägers und haben als Ersatz für das Gehalt zu gelten, das ihm durch die Entlassung entgangen war. Sie waren deshalb nach diesen Vorschriften und - mangels entgegenstehender Bestimmungen - auch vor deren Inkrafttreten auf die Alfu anzurechnen und sind es weiterhin hinsichtlich der Alhi. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall folgende Rechtslage: Nimmt man an, dem Kläger wäre unmittelbar nach Antragstellung die Entschädigung zugebilligt worden, so hätte er dies als Änderung in seinen Vermögensverhältnissen dem Arbeitsamt melden müssen. Die Folge wäre gewesen, daß dieses sie auf die Alfu angerechnet und jene eingestellt hätte, weil nach Absetzung der vorgesehenen Beträge die Wiedergutmachungsleistungen den Tabellensatz der Alfu überschritten hätten. Werden solche Leistungen für zurückliegende Zeiten gewährt, so sind sie rückwirkend anrechnungspflichtig. Andernfalls würde jeder, der die Leistungen von vornherein erhält, schlechter gestellt als der, dem sie später rückwirkend in einer Summe nachgezahlt werden. Das würde eine ungleiche Behandlung gleichartiger Tatbestände bedeuten und gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.
Bereits oben wurde darauf hingewiesen, daß nach Nr. 8 des Ersten Durchführungserlasses zur MRVO Nr. 117 als Einkommen auch die Bezüge aus früheren Arbeits- und Dienstverhältnissen gelten. Derartige Bezüge können aber immer nur - mindestens zum Teil - in Nachzahlungen bestehen. Was hierfür maßgebend ist, muß auch für Rechtsansprüche öffentlicher Art, wie sie beim Kläger gegeben waren, zutreffen. Der Ausdruck "Einkünfte" steht dem nicht entgegen. Er umfaßt alles, was "einkommt", ganz gleich, ob es für die Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft zugebilligt wird. Eine andere Auslegung würde dazu führen, daß die Überleitungsvorschriften ihren Sinn verlieren würden. Im übrigen wies bereits im § 7 Abs. 4 Satz 2 des Anhangs zur MRVO Nr. 117 der Wortlaut: "so kann das Arbeitsamt durch eine Anzeige an den Dritten bewirken, daß die Rechtsansprüche in Höhe der Mehraufwendungen an Arbeitslosenfürsorgeunterstützung, die durch Außerachtlassung dieser Leistungen entstanden sind, auf das Arbeitsamt übergehen", darauf hin, daß es sich um Leistungen aus der Vergangenheit handelt. Eindeutig ergibt sich dies aus § 141 e Abs. 4 Alhi-Ges. und § 149 Abs. 4 AVAVG n.F., wonach das Arbeitsamt Alhi gewähren kann, "solange und soweit der Arbeitslose Leistungen, auf die er einen Anspruch hat, nicht erhält" und die Ansprüche des Arbeitslosen in Höhe der Aufwendungen (im Alhi-Ges. hieß es noch Mehraufwendungen; hierzu wird auf das Urteil des erkennenden Senats vom 11. April 1957 - BSG. 5 S. 103 (110) - verwiesen) an Unterstützung, "die infolge der Nichtberücksichtigung der Leistungen entstanden sind oder entstehen", durch Anzeige an den Leistungspflichtigen auf den Bund übergeleitet werden können. Es handelt sich insoweit um eine bundeseinheitliche Regelung der bisherigen Praxis. Im § 186 Abs. 1 Satz 2 AVAVG n.F. ist noch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sich der Übergang auf Ansprüche beschränkt, "die dem Rückzahlungspflichtigen für die Vergangenheit zustehen".
Gegen die rückwirkende Anrechnung der Leistungen aus dem BWGöD auf die Alfu und Alhi konnten deshalb Bedenken nicht bestehen.
X. Nach § 186 a.a.O. kann das Arbeitsamt durch schriftliche Anzeige an den Leistungspflichtigen bewirken, daß Ansprüche eines nach § 185 Abs. 2 und 3 Rückzahlungspflichtigen in Höhe und zum Ausgleich der zurückgeforderten Beträge auf die Bundesanstalt - bei Alhi-Leistungen auf den Bund (vgl. § 141 k Alhi-Ges., § 154 AVAVG n.F.) - übergehen. Rückzahlungspflichtig ist der Arbeitslose nach § 185 Abs. 2 Nr. 3, wenn er Ansprüche im Sinne des § 186 Abs. 1 hat. Als solche können im vorliegenden Falle nur "sonstige Geldleistungen zur Deckung des Lebensunterhalts" nach § 186 Abs. 1 Nr. 7 in Betracht kommen. Es wurde bereits ausgeführt, daß die Wiedergutmachungsleistungen an den Kläger "Einkommen" darstellen, begründet auf sein früheres Dienstverhältnis. Daß diese Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts dienen sollen, kann bei dem Charakter des Diensteinkommens nicht zweifelhaft sein.
Das Arbeitsamt war demnach berechtigt und verpflichtet, nach Änderung der Sachlage zu prüfen, ob die Alfu und Alhi dem Kläger zu Recht oder Unrecht gezahlt worden sind. Es war nach der Feststellung, daß die Wiedergutmachungsleistungen anzurechnen sind, verpflichtet, die Unterstützung zu entziehen.
"Zu Unrecht" geleistet sind Beträge, die ohne Rechtsgrund gewährt worden sind. Darin braucht nicht in jedem Falle ein Verschulden zu liegen. Da bereits die zuvor erwähnten Vorschriften durchgreifen, konnte es der Senat dahingestellt lassen, ob der Kläger durch die erst im April 1957 erfolgte Meldung über sein laufendes Wiedergutmachungsverfahren nach § 185 Abs. 2 Nr. 1 "die Gewährung der Leistungen verschuldet hat". Der Senat hatte auch keine Veranlassung, sich mit der Frage der rechnerischen Richtigkeit der Anrechnung der Wiedergutmachungsbeträge zu befassen, da insoweit eine Rüge nicht erhoben worden ist und schon das Sozialgericht festgestellt hatte, daß die "Bedürftigkeitsprüfung" "keinerlei rechnerische Fehler" aufweist. Auch das Landessozialgericht hat in seinem Urteil eine entsprechende Feststellung getroffen.
Die Zahlungen aus der Alfu und Alhi mußten nach alledem als zu Unrecht gewährt gelten und sind demnach zu Recht entzogen und zurückgefordert worden.
XI. Die Beklagte hat bei Ausübung des ihr nach § 185 Abs. 2 Satz 3 AVAVG n.F. zustehenden Ermessens auf die Rückforderung nicht verzichtet. Anhaltspunkte dafür, daß sie ihr Ermessen etwa mißbräuchlich oder fehlerhaft ausgeübt hätte, haben sich nicht ergeben. Der Kläger hat zwar eingewandt, er sei nicht mehr bereichert. Diesen Einwand kann er aber, wie § 185 Abs. 4 AVAVG n.F. vorsieht, nicht geltend machen.
XII. Zur Durchführung ihres Rückforderungsanspruches (vgl. BSG. 5 S. 103) konnte die Beklagte nach § 186 Abs. 1 Nr. 7 AVAVG n.F. durch schriftliche Anzeige an den Leistungspflichtigen bewirken, daß die Ansprüche des nach § 185 AVAVG n.F. rückzahlungspflichtigen Klägers in Höhe und zum Ausgleich der zurückgeforderten Beträge auf sie übergingen. In diesem Falle hat nach § 186 Abs. 2 AVAVG n.F. der Leistungspflichtige seine Leistungen in Höhe des nach Abs. 1 übergegangenen Anspruches an das Arbeitsamt abzuführen. Der Zustimmung des Arbeitslosen hierzu bedarf es nach Abs. 4 nicht.
Das Arbeitsamt hat mit Schreiben vom 5. September 1957 die Anzeige erstattet (§ 186 Abs. 1 a.a.O.). Wenn es sie "an den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg - Rechtsamt - Aufsicht über die Standesämter" gerichtet hat, so ist das im Gegensatz zu der Auffassung des Klägers nicht zu beanstanden. Der Senat als solcher ist das Vertretungsorgan der Freien und Hansestadt Hamburg und damit berechtigt, alle sie betreffenden Erklärungen entgegenzunehmen, auch wenn sie einer ihm unterstehenden Dienststelle zugeleitet werden. Der Senat hat daraufhin den angeforderten Betrag an das Arbeitsamt überwiesen.
Das Überleitungs- und Erstattungsverfahren ist, soweit es sich um die zu Unrecht gezahlte Unterstützung in Höhe von 4.762,90 DM handelt, zu Recht durchgeführt worden. Deshalb konnte insoweit weder die Anfechtungs- noch die Folgenbeseitigungsklage Erfolg haben. Die Revision des Klägers mußte in diesem Umfang zurückgewiesen werden.
XIII. Dagegen mußte der Revision stattgegeben werden, soweit es um den vom Arbeitsamt übergeleiteten Restbetrag von 106.- DM geht, der aus einer rechtsverbindlichen Einzugsverfügung vom 26. Juni 1953 von damals 217,10 DM noch offen stand. Hierfür war das Entziehungs- und Rückforderungsverfahren nach § 177 AVAVG a.F. eingeleitet und - bis auf den genannten Restbetrag - durchgeführt worden. Für die weitere Durchsetzung dieses Rückforderungsanspruches ist § 186 Abs. 1 AVAVG n.F. dagegen nicht anwendbar, da die rechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Mit Bescheid vom 4. September 1954 hatte die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, daß die Zahlung der Unterstützung für die Zeiten vom 1. Januar 1954 bis zum 4. März 1955, vom 4. Juni 1955 bis zum 13. April 1956 und vom 18. Juli 1956 bis zum 26. Juli 1957 "eingestellt" worden sei und die eingeleitete Erstattung und Rückzahlung insgesamt 4.868,90 DM betrage. Diese Summe war insofern nicht zutreffend, als sie - für den Kläger nicht erkennbar - die erwähnten 106.- DM einbezog, die aber nicht die Alfu für die angegebenen Zeiten, sondern für einen früheren Zeitraum betrafen. Auf Grund des Bescheides vom 4. September 1957 durfte die Beklagte jedenfalls nur die für die angegebenen Zeiten im Gesamtbetrag von 4.762,90 DM gezahlten Beträge auf sich überleiten.
Aus diesem Grunde war aber auch die von der Beklagten insoweit erklärte Aufrechnung nicht gerechtfertigt. Den Restbetrag von 106.- DM hätte die Beklagte deshalb, soweit er nicht von späterer Unterstützung zurückbehalten werden konnte oder der Kläger ihn nicht freiwillig zurückzahlte, nach § 185 AVAVG a.F., § 187 AVAVG n.F. nur wie Gemeindeabgaben beitreiben lassen können. Weil die Überleitung insoweit unzulässig war, mußte die Beklagte verurteilt werden, 106.- DM an den Kläger zu zahlen. In diesem Umfang mußten die Urteile des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Dezember 1957 und des Landessozialgerichts Hamburg vom 29. Mai 1958 sowie der Bescheid des Arbeitsamts H vom 4. September 1957 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 1957 aufgehoben werden.
XIV. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Wegen der geringen Höhe des zurückzuzahlenden Betrages hielt es der Senat nicht für angemessen, die Beklagte mit Kosten zu belasten.
Fundstellen