Leitsatz (amtlich)
1. Die nachträgliche Zulassung der Sprungrevision durch Beschluß des Kammervorsitzenden des SG ist für eine Übergangszeit als wirksam anzusehen; deren Dauer beträgt längstens 2 Jahre seit Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde
2. Eine Klage gegen den Rentenbescheid unterbricht nicht die Verjährung des zugehörigen Anspruchs auf Beitragszuschuß.
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach dem bis zum 31.12.1975 geltenden Recht war für die Verjährung des Anspruchs auf den Beitragszuschuß des Rentenversicherungsträgers nach RVO § 381 Abs 4 die 4jährige Verjährungsfrist des RVO § 29 Abs 3 maßgebend; sie begann jeweils mit der Fälligkeit der Leistung, dh mit der monatlichen Entstehung des Anspruchs.
2. Nach RVO § 381 Abs 4 S 1 haben Personen einen Anspruch auf den Beitragszuschuß, "welche die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente oder einer Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder eines Ruhegeldes oder einer Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung der Angestellten erfüllen". Der Erlaß des Rentenfeststellungsbescheids des Rentenversicherungsträgers ist daher nicht Voraussetzung zur Entstehung des Anspruchs auf den Beitragszuschuß.
Normenkette
SGG § 161 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1974-07-30; RVO § 29 Abs. 3 Fassung: 1967-12-21, § 381 Abs. 4 Fassung: 1967-12-21; BGB § 209 Abs. 1 Fassung: 1896-08-18, § 210 Fassung: 1924-02-13
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 5. November 1975 dahin geändert, daß die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verjährung eines Beitragszuschusses.
Der Kläger beantragte am 21. Oktober 1968 bei der Beklagten die Gewährung eines Altersruhegelds. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. April 1969 ab, weil der Kläger anrechenbare Versicherungszeiten nicht hinreichend dargetan habe. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 10. Mai 1969 vor dem Sozialgericht (SG) München Klage. Mit Urteil vom 26. September 1972 sprach das Gericht dem Kläger die beantragte Leistung zu, und die Beklagte gewährte ihm durch Bescheid vom 12. Juni 1973 Altersruhegeld mit Wirkung ab 1. Juli 1965.
Am 20. März 1973 beantragte der Kläger, ihm einen Beitragszuschuß zu seiner Krankenversicherung zu gewähren. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 1. März 1974 den Anspruch an und gewährte dem Kläger den Beitragszuschuß ab 20. März 1969. Für den davor liegenden Zeitraum berief sie sich auf Verjährung. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.
Mit seiner Klage vor dem SG München hat der Kläger die Zahlung des Beitragszuschusses für die Zeit vom 1. Juli 1965 bis zum 19. März 1969 gefordert. Das SG hat der Klage stattgegeben, soweit sie den Betragszuschuß für die Zeit ab 21. Oktober 1968 betrifft. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß der Anspruch auf Beitragszuschuß frühestens vom Zeitpunkt der Rentenantragstellung, dem 21. Oktober 1968, an bestehe. Der Anspruch sei nicht verjährt, weil seine Fälligkeit zwar zu diesem Zeitpunkt eingetreten, die Verjährung jedoch durch die Erhebung der Klage gegen den Rentenbescheid unterbrochen worden sei. Zwar stelle der Beitragszuschuß keine Nebenleistung zur Rente dar, er hänge aber von den Rentenvoraussetzungen dem Grunde nach ab und ein Prozeß über eine Teilvoraussetzung jenes Anspruchs müsse deshalb die Verjährung unterbrechen. Über den Beitragszuschuß könne nur dann ein Bescheid ergehen, wenn die Voraussetzungen für den Rentenbezug festgestellt seien. Die Unterbrechung der Verjährung folge aus einer entsprechenden Anwendung des § 209 Abs. 2 Nr. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
Auf Antrag der Beklagten hat die Vorsitzende der Kammer des SG durch Beschluß vom 10. März 1976 die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung der §§ 29 Abs. 3 und 381 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Sie weist darauf hin, daß der Beitragszuschuß als Regelleistung der Rentenversicherung ein eigener unabhängiger Leistungsanspruch sei. Er sei mit dem Rentenanspruch nicht derart verknüpft, daß er erst nach dessen Feststellung geltend gemacht werden könne. Im übrigen würde der Kläger, wenn er nach Beendigung seines Rechtsstreits über das Altersruhegeld den Anspruch auf Beitragszuschuß umgehend geltend gemacht hätte, diese Leistung in vollem Umfang erhalten haben. Die Beklagte führt weiterhin aus, aus welchen Gründen sie von der Verjährungseinrede Gebrauch gemacht habe.
Sie beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des SG München vom 5. November 1975 die Klage gegen den Bescheid der Landesversicherungsanstalt O vom 1. März 1973 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 1975 auch bezüglich der Zeit vom 21. Oktober 1968 bis 19. März 1969 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die von der Beklagten eingelegte Revision gegen das Urteil des SG München vom 5. November 1975 zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt zusätzlich aus, daß ein Antrag auf Beitragszuschuß, wenn er ihn früher gestellt hätte, gleicherweise wie sein Rentenantrag der Ablehnung verfallen und daher sinnlos gewesen wäre.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist statthaft. Der Beschluß über die nachträgliche Zulassung der Sprungrevision (§ 161 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist zwar allein von der Vorsitzenden der Kammer des SG erlassen worden, der Senat hält jedoch diesen Beschluß übereinstimmend mit der Rechtsprechung des 2. Senats des Bundessozialgerichts - BSG - (SozR 1500 § 161 Nr. 4), des 10. Senats (Urteil vom 10. März 1976 - 10 RV 193/75), des 8. Senats (Urteil vom 30. April 1976 - 8 RU 74/75), des 11. Senats (Urteil vom 15. Juni 1976 - 11 RA 90/75) und des 4. Senats (Urteil vom 30. September 1976 - 4 RJ 3/76) für wirksam. Wie bereits der 11. Senat dargelegt hat, muß der in nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des SG zustande gekommene Beschluß im Interesse der Beteiligten des Rechtsstreits zumindest bis zum Ende einer Übergangszeit als wirksame Zulassungsentscheidung angesehen werden. Der erkennende Senat ist allerdings der Auffassung, daß eine solche Übergangszeit schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit nur denkbar kurz bemessen sein kann. Sobald sich eine feste höchstrichterliche Rechtsprechung gebildet hat, besteht keine Veranlassung mehr, von einem Übergangsstadium zu sprechen. Da inzwischen bereits fünf Senate des BSG mit gleichem Ergebnis über die zunächst noch ungewisse Rechtsfrage entschieden haben und seit dem Inkrafttreten der Neuregelung des SGG eine längere Zeitspanne verstrichen ist, besteht Veranlassung, das Ende eines solchen Übergangszeitraums nunmehr ins Auge zu fassen; nach der Ansicht des Senats kann für die Dauer der Übergangszeit keine längere Frist als zwei Jahre angenommen werden.
Die Revision ist sachlich begründet. Nach den von der Revision nicht angefochtenen Feststellungen des SG hatte der Kläger am 21. Oktober 1968 einen Rentenantrag gestellt und von dieser Zeit an auch die Voraussetzungen zum Bezug einer Rente erfüllt, zudem war er bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen Krankheit versichert. Damit hatte der Kläger die Voraussetzungen erfüllt, die § 381 Abs. 4 Satz 2 RVO als Tatbestandsmerkmale für den Anspruch auf einen Beitragszuschuß aufstellt.
Wie der Senat bereits in dem - zur Veröffentlichung bestimmten - Urteil vom 28. September 1976 - 3 RK 97/75 - entschieden hat, richtet sich die Verjährung des Beitragszuschusses in der hier streitigen Zeit noch nach § 29 Abs. 3 RVO. Diese Vorschrift läßt ihrem Wortlaut nach die Verjährung nach Ablauf einer Frist eintreten, die mit der "Fälligkeit" des Anspruchs beginnt. Die RVO enthält weder für den Beitragszuschuß noch für Renten eine ausdrückliche Regelung darüber, wann die jeweiligen einzelnen (regelmäßig wiederkehrenden) Leistungen fällig werden. Der Große Senat (Gr. S.) des BSG hat in seinem Beschluß vom 21. Dezember 1971 (BSGE 34, 1) des näheren dargelegt, daß schon nach der Entstehungsgeschichte bzw. den Gesetzesmaterialien zu § 29 Abs. 3 RVO der Lauf der Verjährungsfrist mit der Entstehung des Anspruchs beginnen sollte, daß also die Fälligkeit der Leistung i. S. des § 29 Abs. 3 RVO mit dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs eintritt (BSGE 34, 1, 9, 18). Die Richtigkeit der Schlußfolgerung bestätigt ebenfalls die damals noch geltende Vorschrift des § 223 Abs. 1 RVO, denn sie bestimmte ausdrücklich, daß die Verjährung von der "Entstehung" des Anspruchs an zu rechnen ist. Auch der seit dem 1. Januar 1976 geltende § 45 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches, Allgemeiner Teil (SGB, Allg. Teil), stellt für die Verjährung auf den Entstehungszeitpunkt des Anspruchs ab.
Der Gr. S. des BSG hat die Grundsätze zur Auslegung des § 29 Abs. 3 RVO für einen Rentenanspruch entwickelt, für den der Rentenantrag keine materiell-rechtliche Bedeutung hat. Der erkennende Senat trägt keine Bedenken, sie auch für die Verjährung des Anspruchs auf Beitragszuschuß heranzuziehen. Dieser Anspruch betrifft ebenfalls eine regelmäßig wiederkehrende Leistung, und der Antrag auf Leistungsgewährung hat gleicherweise nur verfahrensmäßige (BSGE 14, 112, 116) und keine materiell-rechtliche Bedeutung. Auch hinsichtlich des Zwecks der Verjährung läßt sich kein Unterschied zwischen Rente und Beitragszuschuß erkennen. Hier wie dort soll der Rentenversicherungsträger davor bewahrt werden, durch Nachzahlungen für weit zurückliegende Zeiten eine unvorhergesehene Belastung zu erfahren (BSGE 34, 1, 12). Es ist auch in der Sozialversicherung unbedenklich, nach Ablauf einer gewissen Zeit Verjährung eintreten zu lassen, zumal sie nicht das Stammrecht betrifft, sondern nur jeweils die monatliche Leistung erfaßt, die mehr als vier Jahre zurückliegt (BSGE 34, 1, 13, 20). Die soziale Zweckbestimmung der Versicherungsleistungen schließt ebenfalls die Möglichkeit der Verjährung nicht aus. So wie Renten generell dazu bestimmt sind, den laufenden Unterhalt des Berechtigten zu gewährleisten, soll der Beitragszuschuß dem Rentner die Möglichkeit eröffnen, sich durch eine Versicherung gegen das Risiko der Krankheit zu schützen. Dieser Aufgabe können aber Rückstände aus einer schon viele Jahre zurückliegenden Zeit nicht mehr dienen. In dem Zusammenhang kann nicht unbeachtet bleiben, daß ein Versicherungsschutz gegen Krankheit seinem Wesen nach nicht unbeschränkt rückwirkend begründet werden kann (vgl. BSGE 39, 235, 236, 238).
Beginnt die Verjährung mit der Entstehung des Anspruchs, so bedarf es zunächst der Ermittlung, zu welchem Zeitpunkt die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs gegeben gewesen sind. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Versicherte die Möglichkeit, den Anspruch bei dem Versicherungsträger geltend zu machen, d. h. ihn durch Antrag anzumelden; der Anspruch war mithin entstanden und fällig (BSGE 34, 1 18). Der Erlaß des Rentenfeststellungsbescheids ist nicht Voraussetzung zur Entstehung des Anspruchs auf Beitragszuschuß. Das macht schon der Wortlaut der anspruchsbegründenden Norm deutlich. § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO spricht denjenigen Personen einen Beitragszuschuß zu, "welche die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente oder einer Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder eines Ruhegelds oder einer Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung der Angestellten erfüllen". Damit stellt das Gesetz auf das Vorliegen der materiell-rechtlichen Tatbestandsmerkmale der Rentennorm ab. Die Vorschrift verlangt nicht, daß der Rentenanspruch bereits durch einen Bescheid des Rentenversicherungsträgers festgestellt sein mußte. Es ist auch nicht ersichtlich, warum der Erlaß eines Verwaltungsakts über die Rentenberechtigung zur materiell-rechtlichen Voraussetzung des Anspruchs auf Beitragszuschuß hätte erhoben werden sollen, da der Rentenfeststellungsbescheid keine konstitutive Bedeutung hat (vgl. BSG SozR Nr. 6 zu § 29 RVO). Der Rentenversicherungsträger gewährt sowohl den Beitragszuschuß wie auch die Rente. Er muß demgemäß die Leistungen auf Antrag des Versicherten hin feststellen, nachdem er von Amts wegen deren Voraussetzungen geprüft und bejaht hat; unter diesen Umständen liegt kein sachlicher oder rechtlicher Grund dafür vor, die Gewährung der einen Leistung - Beitragszuschuß - davon abhängig zu machen, daß die andere - Rente - durch Bescheid desselben Versicherungsträgers verwaltungsmäßig abgeschlossen ist. Über dies ist es möglich, daß im Rentenbescheid ein zukünftiger Zeitpunkt als Rentenbeginn bestimmt wird; es wäre aber schlechterdings nicht verständlich, warum dann der Anspruch auf Beitragszuschuß bereits mit der Zustellung des Rentenbescheids entstehen oder fällig werden sollte. Ist somit der Erlaß eines Rentenfeststellungsbescheids nicht materiell-rechtliche Voraussetzung des Anspruchs auf Beitragszuschuß, hängt von ihm auch nicht die Entstehung des Anspruchs ab und mithin nicht der Beginn der Verjährungsfrist.
Der Senat vermag auch nicht der Ansicht des SG zu folgen, daß der Anspruch auf Beitragszuschuß so lange nicht "verbescheidbar" sei, als die Rentenvoraussetzungen nicht festgestellt seien. Sofern beim Rentenversicherungsträger ein Antrag auf Beitragszuschuß gestellt wird, ist dieser verpflichtet, die sachliche Berechtigung des Anspruchs zu prüfen und alsbald nach Abschluß der Prüfung dem Versicherten darüber einen Bescheid zu erteilen. Zwar hängt die Entscheidung über den Anspruch davon ab, wie der Rentenversicherungsträger die rechtliche Vorfrage beurteilt, ob der Versicherte die Voraussetzungen zum Bezug einer Rente erfüllt. Allein darin liegt keine rechtliche Besonderheit des Beitragszuschusses, denn auch bei der Feststellung anderer Leistungen kann es erforderlich werden, rechtliche Vorfragen zu entscheiden. Da der Beitragszuschuß nur das Bestehen eines Rentenanspruchs an sich voraussetzt, kann der Rentenversicherungsträger über den Antrag auf Beitragszuschuß schon dann entscheiden, wenn er den Rentenanspruch nur dem Grunde nach für gegeben hält. Selbst wenn die Rentenhöhe noch nicht ermittelt ist, etwa weil sich noch weitere Aufklärungen über Versicherungszeiten erforderlich machen oder wenn noch Ungewißheit über die Rentenart besteht und der Rentenversicherungsträger aus diesen Gründen die Rente noch nicht bescheidmäßig feststellen kann, ist er nicht gehindert, über den Anspruch auf Beitragszuschuß zu entscheiden; nach den nunmehr in § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB, Allg. Teil, zum Ausdruck kommenden Grundsätzen ist eine solche Entscheidung sogar geboten. Im übrigen spricht gegen die Ansicht des SG auch die von den Rentenversicherungsträgern in den meisten Fällen geübte Praxis, über den Rentenanspruch und den Anspruch auf Beitragszuschuß zu gleicher Zeit - häufig sogar in einem Formular - zu entscheiden. Mithin kann die Feststellung des Anspruchs auf Beitragszuschuß nicht vom vorherigen Erlaß des Rentenfeststellungsbescheids abhängig gemacht werden.
Da der Beitragszuschuß als Nebenleistung des Versicherungsträgers zur Rente das Bestehen des Rentenanspruchs voraussetzt, kann sich die Entstehung des jeweiligen einzelnen (regelmäßig wiederkehrenden) Anspruchs bei Rente und Beitragszuschuß nur nach den gleichen Regeln richten. Bei der Rente sind die aus dem Stammrecht fließenden Einzelansprüche kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung als monatlich wiederkehrende und im voraus zahlbare Leistungen bestimmt (§ 1297 RVO). Demnach müssen auch die Einzelansprüche auf Beitragszuschuß als regelmäßig wiederkehrende Leistungen angesehen werden (vgl. BSGE 26, 73, 74), die monatlich zur Entstehung gelangen und im voraus zahlbar sind. Für die Verjährung solcher Einzelansprüche ist auf deren jeweilige Entstehung abzustellen.
Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Beitragszuschusses für den Kläger waren, wie das SG zutreffend festgestellt hat, ab 21. Oktober 1968 erfüllt, so daß die Verjährungsfrist von diesem Zeitpunkt an lief. Sie wurde durch den am 20. März 1973 gestellten Antrag auf Beitragszuschuß unterbrochen. Diese Rechtsfolge ergibt sich für die streitige Zeit - überdies übereinstimmend mit der jetzt klargestellten Rechtslage (§ 45 Abs. 2 und 3 SGB, Allg. Teil) - aus der entsprechenden Anwendung des § 210 BGB, da die RVO keine eigenen Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung enthält und daher die des BGB sinngemäß anzuwenden sind (BSGE 38, 224, 225). Bei Stellung des Antrags auf Beitragszuschuß war mithin die Verjährungsfrist von vier Jahren für alle die Einzelansprüche abgelaufen, die bis zum 19. März 1969 entstanden waren (vgl. BSGE 34, 124, 126; Urteil vom 28. September 1976 - 3 RK 97/75).
Entgegen der Ansicht des SG hat die Klage, die der Kläger gegen den Rentenbescheid der Beklagten vom 18. April 1969 vor dem SG München erhoben hat, die Verjährung des Beitragszuschusses nicht unterbrochen. Es kann zwar nicht zweifelhaft sein, daß die Verjährung des Anspruchs auf Beitragszuschuß dann unterbrochen wird, wenn der Versicherte Klage gegen den Bescheid des Rentenversicherungsträgers erhebt, mit dem dieser über den Beitragszuschuß befunden hat; das ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 209 Abs. 1 BGB. Dabei kann es dahingestellt bleiben, welcher Klageart sich der Versicherte bedient, sofern nur Klagegegenstand der Anspruch auf Beitragszuschuß ist. Das Gesetz ordnet die Verjährungsunterbrechung an, um den Inhaber des Anspruchs davor zu schützen, daß sich die Zeitdauer des Rechtsstreits nachteilig auf die spätere Erfüllung seines berechtigten Anspruchs auswirkt. Aus diesem Grund tritt aber die Unterbrechung nur insoweit ein, wie der Anspruch zur richterlichen Entscheidung gestellt wird; wird nur ein Teil eines Anspruchs eingeklagt, so wird auch nur für diesen Teil des Anspruchs die Verjährung unterbrochen (einhellige Ansicht, vgl. RGZ 93, 158, 160 mit weiteren Nachweisen; Palandt, BGB, 35. Aufl. 1976, § 209, Anm. 2). Die Rechtsfolge der Verjährungsunterbrechung ist eng begrenzt und tritt nur in dem Umfang ein, in dem ein Urteil im Rechtsstreit Rechtskraftwirkung erzeugen würde.
Die vom Kläger im Jahre 1969 erhobene Klage war ausschließlich gegen den Rentenbescheid gerichtet und hatte nur den Rentenanspruch zum Gegenstand. Ein Anspruch des Klägers auf Beitragszuschuß ist weder durch die Klageschrift noch späterhin, etwa im Wege der Klageerweiterung, zur Entscheidung des Gerichts gestellt worden. Aus diesem Grund kann die Klage gegen jenen Rentenbescheid nicht zu einer Verjährungsunterbrechung beim Beitragszuschuß führen.
Der Senat vermag auch nicht die Besorgnis des SG zu teilen, daß die Gefahr mehrfacher oder divergierender Entscheidungen einträte, wenn nicht die Erhebung der Klage gegen den Rentenbescheid die Verjährung des Anspruchs auf Beitragszuschuß unterbrechen würde. Das SG übersieht, daß in der Rechtsordnung häufig die materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs als rechtliche Vorfragen bei der Entscheidung eines anderen, davon unabhängigen Anspruchs zu prüfen sind. Sofern es in solchen Fällen tunlich erscheint, in einem anhängigen Gerichtsverfahren nicht nur über den mit der Klage ursprünglich geltend gemachten Anspruch zu entscheiden, sondern auch noch den anderen mit ihm in Verbindung stehenden Anspruch in den Rechtsstreit einzubeziehen, stellt die Prozeßordnung eine Reihe prozessualer Mittel zur Erreichung dieses Zwecks zur Verfügung. Sollten hingegen - wie das SG meint - Folgen im Bereich des materiellen Rechts eintreten, so bedürfte das jedenfalls der ausdrücklichen gesetzlichen Fixierung.
Damit ergibt sich, daß sich die Beklagte in ihrem Bescheid vom 1. März 1974 zu Recht auf die Einrede der Verjährung für den Anspruch auf Beitragszuschuß berufen konnte, soweit er den Zeitraum vor dem 20. März 1969 betrifft. Gründe dafür, daß die Einrede unzulässig sein könnte oder daß die Beklagte bei ihrer Rechtsausübung die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten hätte, hat der Kläger weder vorgetragen noch sind solche zu erkennen. Auf die Revision der Beklagten hin war demgemäß das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen