Leitsatz (redaktionell)
Die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Beitragszuschuß beginnt, sobald die materiell-rechtlichen Voraussetzungen dieses Anspruchs erfüllt sind.
Normenkette
RVO § 29 Abs. 3 Fassung: 1924-12-15, § 381 Abs. 4 S. 2 Fassung: 1956-06-12, § 1545 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1924-12-15
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 10. September 1975 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. März 1974 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird um die Frage des Beginns der Verjährung des Anspruchs auf den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) geführt.
Dem Antrag des in den USA lebenden Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom Oktober 1966 wurde durch Bescheid der Beklagten vom Juni 1969, der im Juli 1969 zugestellt wurde, entsprochen. Die Rente wurde rückwirkend von August 1966 an bewilligt. Im Oktober 1972 beantragte er den Beitragszuschuß nach § 381 Abs. 4 RVO. Die Beklagte bewilligte den Beitragszuschuß für die Zeit von November 1968 an. Hinsichtlich der Zeit vorher berief sie sich auf Verjährung nach § 29 Abs. 3 RVO.
Im Klageverfahren hatte der Kläger Erfolg. Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte zur Zahlung des Beitragszuschusses auch für die Zeit von Oktober 1966 bis Oktober 1968 verurteilt. Die Verjährungsfrist habe erst mit Zustellung des Rentenbewilligungsbescheids zu laufen begonnen und sei somit bei Antragstellung noch nicht abgelaufen gewesen. Soweit der Kläger den Zuschuß bereits von August 1966 an begehre, sei die Klage unbegründet, weil der Rentenantrag Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Beitragszuschuß sei.
Das Landessozialgericht (LSG) hat dieses Urteil bestätigt. Der Rentenanspruch stehe erst dann fest, wenn ein Rentenbewilligungsbescheid oder ein die Bezugsberechtigung feststellendes Urteil oder ein entsprechender Vergleich vorliege. Was der Große Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Beschluß vom 21. Dezember 1971 (BSG 34, 1 ff) zur Fälligkeit des Rentenanspruchs entschieden habe, gelte nicht für den Anspruch auf Beitragszuschuß. Der Rentner könne zwar den Antrag auf Beitragszuschuß zugleich mit dem Rentenantrag stellen, vor der Rentenbewilligung könne er diesen Anspruch aber nicht durchsetzen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der zugelassenen Revision. Sie meint, zur Zeit der Entstehung des Anspruchs auf Beitragszuschuß werde dieser Anspruch auch fällig.
Hilfsweise rügt die Beklagte eine Verletzung des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil das LSG es unterlassen habe, die Rentenakte des Klägers beizuziehen. In diesem Falle hätte es nämlich festgestellt, daß dem Kläger bereits 1967 eine Rente (Rente wegen Berufsunfähigkeit) bewilligt worden sei. Bei dieser Sachlage hätte die Klage auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des LSG abgewiesen werden müssen.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
unter Aufhebung des Urteils des LSG den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.
Der Kläger ist in dem Revisionsverfahren nicht vertreten.
Die Beteiligten sind mit der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung eines weiteren Beitragszuschusses für die Zeit vor November 1968 ist verjährt.
Aus den Feststellungen des LSG läßt sich entnehmen, daß der Versicherte in der hier streitigen Zeit vom 1. Oktober 1966 bis zum 31. Oktober 1968 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 381 Abs. 4 RVO erfüllt hatte. Insoweit hat auch die Beklagte im Revisionsverfahren keine Rügen erhoben. Demgemäß ist davon auszugehen, daß dem Kläger bei rechtzeitiger Antragstellung ein Beitragszuschuß zugestanden hätte. Da der Versicherte ihn jedoch erstmals nach den ebenfalls nicht angefochtenen Feststellungen des LSG im Oktober 1972 gestellt hat, konnte sich die Beklagte für die Bezugszeit vor dem 1. November 1968 zu Recht auf Verjährung berufen.
Die Verjährung von Leistungen des Versicherungsträgers wurde im vorliegenden Fall noch durch § 29 Abs. 3 RVO geregelt. Diese Vorschrift ist deshalb anzuwenden, weil die Neuregelung der Verjährung durch § 45 des Sozialgesetzbuches, Allgemeiner Teil (SGB - AT) vom 11. Dezember 1975 (BGBl I 3015) hier nicht eingreift, denn der streitige Anspruch ist bereits vor dem Inkrafttreten der Vorschrift - am 1. Januar 1976 (Art. II § 23 Abs. 1 SGB - AT) - verjährt gewesen (Art. II § 17 SGB - AT). Nach § 29 Abs. 3 RVO verjährte der Anspruch auf Leistungen in vier Jahren nach der Fälligkeit, soweit das Gesetz nichts anderes vorschreibt. Als solche andere Regelung sieht § 223 Abs. 1 RVO die Verjährung von Ansprüchen schon in zwei Jahren nach dem Tag der Entstehung vor, indes betrifft diese Vorschrift ausschließlich den Bereich der Krankenversicherung, denn das Gesetz beschränkt die kurze Verjährungsfrist auf "Kassenleistungen". Zu dieser Gruppe von Leistungen gehört der Beitragszuschuß nicht. Wenn er auch dazu bestimmt ist, im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) bestimmte Funktionen zu erfüllen - Ermöglichung kostengünstigen Krankenversicherungsschutzes -, so handelt es sich bei dem Beitragszuschuß doch um eine Regelleistung der Rentenversicherung, die vom Rentenversicherungsträger aufzubringen ist. Die Vorschrift des § 12 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) führt zwar bei der Aufzählung der Regelleistungen der Rentenversicherung unter Nr. 5 nur "Beiträge für die Krankenversicherung der Rentner" auf, dazu gehören aber außer den in § 381 Abs. 2 RVO geregelten Pflichtbeiträgen zur KVdR auch die ihnen äquivalenten Beitragszuschüsse nach § 381 Abs. 4 RVO, weil ihnen die gleiche versicherungsmäßige Funktion zukommt (vgl. dazu § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e SGB - AT). Aus dem rechtlichen Charakter des Beitragszuschusses als Regelleistung der Rentenversicherung - und zwar als Nebenleistung zur Rente - folgt, daß die nur für Kassenleistungen bestimmten speziellen Verjährungsregeln des § 223 Abs. 1 RVO für ihn keine Anwendung finden können. Für den Beitragszuschuß gilt vielmehr die allgemeine Regelung des § 29 Abs. 3 RVO.
Diese Vorschrift bewirkt, daß der Anspruch auf Leistungen des Versicherungsträgers der Verjährung unterliegt. Dabei ist unter "Anspruch" nicht der Anspruch auf die Versicherungsleistung schlechthin zu verstehen, denn das Stammrecht auf den Beitragszuschuß ist als solches gleicherweise wie das auf Rente (vgl. BSG 34, 1, 4) unverjährbar. Der Beitragszuschuß als regelmäßig wiederkehrende Leistung (BSG 26, 73, 74) unterliegt nur insoweit der Verjährung, als davon die einzelnen (monatlichen) Zuschußleistungen betroffen werden.
§ 29 Abs. 3 RVO läßt seinem Wortlaut nach die Verjährung nach Ablauf einer Frist eintreten, die mit der "Fälligkeit" des Anspruchs beginnt. Die RVO enthält weder für den Beitragszuschuß noch für Renten eine ausdrückliche Regelung darüber, wann die jeweiligen einzelnen (regelmäßig wiederkehrenden) Leistungen fällig werden. Der Große Senat (Gr. S.) des BSG hat in seinem Beschluß vom 21. Dezember 1971 (BSG 34, 1) des näheren dargelegt, daß schon nach der Entstehungsgeschichte bzw. den Gesetzesmaterialien zu § 29 Abs. 3 RVO der Lauf der Verjährungsfrist mit der Entstehung des Anspruchs beginnen sollte, daß also die Fälligkeit der Leistung i. S. des § 29 Abs. 3 RVO mit dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs eintritt (BSG 34, 1, 9, 18). Die Richtigkeit der Schlußfolgerung bestätigt § 223 Abs. 1 RVO, denn diese Vorschrift bestimmt ausdrücklich, daß die Verjährung von der "Entstehung" des Anspruchs an zu rechnen ist. Auch § 45 Abs. 1 SGB - AT stellt für die Verjährung auf den Entstehungszeitpunkt des Anspruchs ab.
Der Gr. S. des BSG hat die Grundsätze zur Auslegung des § 29 Abs. 3 RVO für einen Rentenanspruch entwickelt, für den der Rentenantrag keine materiell-rechtliche Bedeutung hat. Der erkennende Senat trägt keine Bedenken, sie auch für die Verjährung des Anspruchs auf Beitragszuschuß heranzuziehen. Dieser Anspruch betrifft ebenfalls eine regelmäßig wiederkehrende Leistung, und der Antrag auf Leistungsgewährung hat gleicherweise nur verfahrensmäßige (§ 1545 Abs. 1 Nr. 2 RVO) und keine materiell-rechtliche Bedeutung (BSG 14, 112, 116). Überdies ist der Anspruch auf Beitragszuschuß dem Rentenanspruch insofern akzessorisch, als er dessen Bestehen voraussetzt. Auch hinsichtlich des Zwecks der Verjährung läßt sich kein Unterschied zwischen Rente und Beitragszuschuß erkennen. Hier wie dort soll der Rentenversicherungsträger davon bewahrt werden, durch Nachzahlungen für weit zurückliegende Zeiten eine unvorhergesehene Belastung zu erfahren (BSG 34, 1, 12). Es ist auch in der Sozialversicherung unbedenklich, nach Ablauf einer gewissen Zeit Verjährung eintreten zu lassen, zumal sie nicht das Stammrecht betrifft, sondern nur jeweils die monatliche Leistung erfaßt, die mehr als vier Jahre zurückliegt (BSG 34, 1, 13, 20). Die soziale Zweckbestimmung der Versicherungsleistungen schließt ebenfalls die Möglichkeit der Verjährung nicht aus. So wie Renten generell dazu bestimmt sind, den laufenden Unterhalt des Berechtigten zu gewährleisten, soll der Beitragszuschuß dem Rentner die Möglichkeit eröffnen, sich durch eine Versicherung gegen das Risiko der Krankheit zu schützen. Dieser Aufgabe können aber Rückstände aus einer schon viele Jahre zurückliegenden Zeit nicht mehr dienen. In dem Zusammenhang kann nicht unbeachtet bleiben, daß ein Versicherungsschutz gegen Krankheit seinem Wesen nach nicht unbeschränkt rückwirkend begründet werden kann (vgl. BSG 39, 235, 236, 238).
Beginnt die Verjährung mit der Entstehung des Anspruchs, so bedarf es zunächst der Ermittlung, zu welchem Zeitpunkt die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs gegeben gewesen sind. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Versicherte die Möglichkeit, den Anspruch bei dem Versicherungsträger geltend zu machen, d. h. ihn durch Antrag anzumelden; der Anspruch war mithin entstanden und fällig (BSG 34, 1, 18). Der Erlaß des Rentenfeststellungsbescheids ist - entgegen der Ansicht, die das Berufungsgericht in dem Urteil vom 28. November 1973 - L 9 Kr 31/73 - (KVRS Nr. 3700/11) vertreten hat - nicht Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Beitragszuschuß. Das macht schon der Wortlaut der anspruchsbegründenden Norm deutlich. § 381 Abs. 4 Satz 1 RVO spricht denjenigen Personen einen Beitragszuschuß zu, "welche die Voraussetzungen für den Bezug ... eines Ruhegeldes oder einer Hinterbliebenenrente aus der Rentenversicherung der Angestellten erfüllen". Damit stellt das Gesetz auf das Vorliegen der materiell-rechtlichen Tatbestandsmerkmale der Rentennorm ab. Die Vorschrift verlangt nicht, daß der Rentenanspruch bereits durch einen Bescheid des Rentenversicherungsträgers festgestellt sein müßte. Es ist auch nicht ersichtlich, warum der Erlaß eines Verwaltungsaktes über die Rentenberechtigung zur materiell-rechtlichen Voraussetzung des Anspruchs auf Beitragszuschuß hätte erhoben werden sollen, da der Rentenfeststellungsbescheid keine konstitutive Bedeutung hat (vgl. BSG SozR Nr. 6 zu § 29 RVO).
Der Rentenversicherungsträger gewährt sowohl den Beitragszuschuß wie auch die Rente. Er muß demgemäß die Leistungen auf Antrag des Versicherten hin feststellen, nachdem er von Amts wegen deren Voraussetzungen geprüft und bejaht hat; unter diesen Umständen liegt kein sachlicher oder rechtlicher Grund dafür vor, die Gewährung der einen Leistung - Beitragszuschuß - davon abhängig zu machen, daß die andere - Rente - durch Bescheid desselben Versicherungsträgers verwaltungsmäßig abgeschlossen ist. Überdies ist es möglich, daß im Rentenbescheid ein zukünftiger Zeitpunkt als Rentenbeginn bestimmt wird; es wäre aber schlechterdings nicht verständlich, warum dann der Anspruch auf Beitragszuschuß bereits mit der Zustellung des Rentenbescheids entstehen oder fällig werden sollte. Ist somit der Erlaß eines Rentenfeststellungsbescheids nicht materiell-rechtliche Voraussetzung des Anspruchs auf Beitragszuschuß, hängt von ihm auch nicht die Entstehung des Anspruchs und mithin nicht der Beginn der Verjährungsfrist ab.
Da der Beitragszuschuß als Nebenleistung des Versicherungsträgers zur Rente das Bestehen des Rentenanspruchs voraussetzt, kann sich die Entstehung des jeweiligen einzelnen (regelmäßig wiederkehrenden) Anspruchs bei Rente und Beitragszuschuß nur nach den gleichen Regeln richten. Bei der Rente sind die aus dem Stammrecht fließenden Einzelansprüche kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung als monatlich wiederkehrende und im voraus zahlbare Leistungen bestimmt (§ 74 AVG). Demnach müssen auch die Einzelansprüche auf Beitragszuschuß als regelmäßig wiederkehrende Leistungen angesehen werden, die monatlich zur Entstehung gelangen und im voraus zahlbar sind. Für die Verjährung solcher Einzelansprüche ist auf deren jeweilige Entstehung abzustellen.
Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Beitragszuschuß waren ab Oktober 1966 erfüllt, so daß die Verjährungsfrist von dieser Zeit an lief. Sie wurde durch den im Oktober 1972 gestellten Antrag auf Beitragszuschuß unterbrochen. Diese Rechtsfolge ergibt sich für die streitige Zeit - überdies übereinstimmend mit der jetzigen Rechtslage nach § 45 Abs. 2 und 3 SGB - AT - aus der entsprechenden Anwendung des § 210 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), da die RVO keine eigenen Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung enthält und daher die des BGB sinngemäß anzuwenden sind (BSG 38, 224, 225).
Bei Stellung des Antrags auf Beitragszuschuß war mithin die Verjährungsfrist von vier Jahren für alle die Einzelansprüche abgelaufen, die bis Oktober 1968 entstanden waren (vgl. BSG 34, 124, 126; Urteil vom 18. September 1975 - 5 RJ 126/74 -).
Auf die Verjährung dieser Ansprüche konnte sich die Beklagte auch berufen. Zwar kann dem Leistungsverweigerungsrecht der Verjährung, der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen, allein für die Annahme einer solchen nur in Ausnahmefällen eintretenden Rechtslage besteht kein Anhaltspunkt. Insbesondere bietet die frühere Verwaltungspraxis der Beklagten dafür keinen Ansatz. Die Beklagte hat - wie auch andere Rentenversicherungsträger - bis ins Jahr 1970 hinein die Rechtsauffassung vertreten, daß für Berechtigte im Ausland kein Anspruch auf Beitragszuschuß bestehe. Diese Rechtsauffassung hat die Beklagte aufgegeben, nachdem der erkennende Senat erstmalig - mit Urteil vom 28. August 1970 (BSG 31, 288); in der Entscheidung vom 23. August 1967 hatte der Senat die Grundsatzfrage der Auslandszahlung mit Rücksicht auf das deutsch-niederländische Sozialversicherungs-Abkommen ausdrücklich unentschieden gelassen (BSG 27, 129, 133) - über einen derartigen Anspruch entschieden und ihn bejaht hatte. Aus der ursprünglich ablehnenden Verwaltungspraxis der Beklagten, die unzweifelhaft auf eine unrichtige Rechtsauffassung zurückging, läßt sich indes allein der Vorwurf der unzulässigen Rechtsausübung nicht ableiten. Zwar wäre das Verhalten eines Versicherungsträgers dann zu mißbilligen, wenn er nach Klärung einer Rechtsfrage durch gefestigte Rechtsprechung an einer entgegenstehenden unrichtigen Rechtsauffassung festhalten wollte. Es stellt hingegen kein vorwerfbares Verhalten dar, wenn ein Versicherungsträger in einer noch völlig offenen und dazu überaus schwierigen Rechtsfrage zunächst eine Rechtsansicht vertritt und in ständiger Verwaltungspraxis auch anwendet, die sich späterhin nach Klärung als nicht zutreffend erweist. Dadurch allein wird die Erhebung der gesetzlich zulässigen Verjährungseinrede, zu der der Versicherungsträger im Interesse einer sparsamen Haushaltsführung durchaus gehalten sein kann (vgl. BSG 34, 1, 12), noch nicht zu einem Fall unzulässiger Rechtsausübung, der aus dem Rechtsgedanken von Treu und Glauben abzuleiten ist (vgl. dazu BSG 34, 211, 213 ff mit Literaturhinweisen; vgl. auch BSG 35, 91, 94). Der Verstoß gegen Treu und Glauben betrifft ein von der Rechtsordnung mißbilligtes Verhalten. Der schwerwiegende Vorwurf unzulässiger Rechtsausübung muß deshalb auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen ein Versicherter dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, daß er auf ein konkretes ihm gegenüber an den Tag gelegtes Verhalten des Versicherungsträgers vertraut. Insbesondere wird dann ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegen, wenn der Versicherungsträger eine Verjährung arglistig oder sonstwie rechtswidrig herbeigeführt hat (vgl. BSG 20, 262, 265). Auch wenn einem Versicherten auf seine Anfrage hin eine unrichtige Auskunft erteilt wird und er im Vertrauen darauf eine gebotene Antragstellung unterläßt, so daß die Verjährung eines Anspruchs eintritt, kann der Vertrauensschutz des Versicherten nach dem Grundsatz von Treu und Glauben der Verjährungseinrede entgegenstehen. Ein derartiger Sachverhalt ist aber weder vom LSG festgestellt noch vom Kläger behauptet worden.
Da somit keine Gründe erkennbar sind, die der erhobenen Verjährungseinrede entgegenstehen, steht dem Kläger der im Rechtsstreit geltend gemachte Anspruch nicht zu. Unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen