Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt von der Beklagten ab 1. März 1982 eine vierprozentige Verzinsung des Anspruchs auf Ausgleich aus § 85 Soldatenversorgungsgesetz (SVG). Diesen Ausgleich hat ihm das Sozialgericht (SG) entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 vH ab Antrag (August 1981) zugesprochen (Urteil vom 21. November 1985). Die Beklagte hat ihn der Höhe nach für die Zeit vom 1. August 1981 bis 30. September 1985 durch Ausführungsbescheid vom 12. Februar 1986 und über den 30. September 1985 hinaus auf den Widerspruch des Klägers wegen Verlängerung der Wehrdienstzeit aufgrund des Beschwerdebescheides vom 9. Juni 1986 durch Ausführungsbescheid vom 27. Juni 1986 festgestellt und bis 31. August 1986 nachgezahlt. Die Verzinsung, die der Bevollmächtigte des Klägers im Beschwerdeverfahren begehrt hatte, lehnte die Beklagte ab. Sie übernahm zur Hälfte die zur Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren notwendigen Aufwendungen des Klägers und erklärte die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig (Beschwerdebescheid).
Das SG hat die Klage, die auf Verzinsung der Nachzahlung und auf Erstattung der vollen Vertretungskosten im Beschwerdeverfahren gerichtet war, abgewiesen (Urteil vom 27. August 1987). Es hält die Verzinsungsvorschrift des § 44 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil (SGB I) für unanwendbar. Auch die Kostenentscheidung sei richtig. Die Zahlung des Ausgleichs bis zum Ende des Wehrdienstes sei nach dem Ausführungsbescheid nicht streitig, lediglich das Datum aufgrund der Beschwerde des Klägers zu berichtigen gewesen.
Der Kläger rügt mit der - vom SG zugelassenen - Sprungrevision eine unrichtige Auslegung des § 44 SGB I und der Verweisung in § 85 SVG; nach Sinn und Zweck dieser Vorschriften müsse auch der Ausgleich verzinst werden. Er habe die gleiche Funktion wie die Grundrente des Beschädigten. Die Kostenentscheidung nach § 63 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren (SGB X) sei deshalb unrichtig, weil der hauptsächlich streitige Zinsanspruch eine Nebenforderung betreffe.
Der Kläger beantragt,das Urteil des SG und Bescheide der Beklagten zu ändern und die Beklagte zu verurteilen,a) die nachgezahlten Ausgleichszahlungen für die Zeit vom 1. August 1981 bis 31. August 1986 ab dem 1. März 1982 mit jeweils 4 % zu verzinsen,
b) die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Klägers im Beschwerdeverfahren dem Grunde nach in voller Höhe zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält auch einen Anspruch auf Prozeßzinsen entsprechend § 291 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im Sozialrecht für unbegründet.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers hat im wesentlichen Erfolg. Allerdings beginnt der Anspruch auf Prozeßzinsen entsprechend § 291 BGB erst am 22. Dezember 1982 (2.). Zinsen nach § 44 SGB I (vom 11. Dezember 1975 -BGBl I 3015-/20. Dezember 1985 -BGBl I 2475-), eine Art Verzugszinsen in Anlehnung an § 288 BGB, auch für die vorhergehende Zeit, kann der Kläger nicht beanspruchen (1.). Die Entscheidung über die Kostenerstattung im Vorverfahren ist teilweise zu berichtigen (3.).
1.
Wie die Beklagte in dem selbständig anfechtbaren Beschwerdebescheid (BSGE 11, 119, 120 f) und das SG zutreffend entschieden haben, ist der nachträglich zuerkannte Anspruch auf einen Ausgleich nach § 85 SVG (hier idF vom 9. Oktober 1980 -BGBl I 1957-/22. Dezember 1981 -BGBl I 1523-; für die spätere Zeit idF vom 21. April 1983 -BGBl I 457-/23. Juni 1986 -BGBl I 915-) nicht nach § 44 SGB I zu verzinsen.
Nach § 88 Abs 5 Satz 1 SVG (idF seit der Neufassung durch Art II § 18 Nr 4 SGB X vom 18. August 1980 -BGBl I 1469-) sind in Angelegenheiten des Abs 1 Satz 1, der die Ausführung der für die Wehrdienstzeit (§ 85 Abs 4 Satz 2 SVG) geltenden §§ 85 und 86 SVG durch Behörden der Bundeswehrverwaltung regelt, außer dem Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung und dem SGB X ausschließlich die §§ 60 bis 62 sowie § 65 SGB I entsprechend anzuwenden. Damit ist § 44 SGB I ausgeschlossen. Diese Regelung entspricht dem Ausschluß von Vorzugszinsen im Beamtenrecht, der in § 3 Abs 6 Bundesbesoldungsgesetz vom 1. Oktober 1986 (BGBl I 1553)/14. November 1988 (BGBl I 2113) -BBesG- und § 49 Abs 5 Beamtenversorgungsgesetz -BeamtVG- vom 24. August 1976 -BGBl I 2485-/12. Februar 1987 -BGBl I 570- ausdrücklich geregelt ist. Dieser Ausschluß gilt insbesondere auch für den Unfallausgleich (§ 35 BeamtVG), der wie der Ausgleich nach § 85 SVG während der Dienstzeit gezahlt wird. Es kann deshalb entgegen der Meinung des SG kein Zweifel daran bestehen, daß der Gesetzgeber planmäßig den Hinweis auf § 44 SGB I unterlassen hat.
Die beschränkte Verweisung ist nicht über ihren Wortlaut hinaus kraft einer verfassungskonformen ausdehnenden Auslegung direkt oder kraft entsprechender Anwendung (Analogie) auf § 44 SGB I zu erstrecken. Die Nichtgeltung des § 44 SGB I für Fälle dieser Art ist schließlich nicht wegen der Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 Grundgesetz -GG-) als verfassungswidrig zu beurteilen mit der Folge, daß nach Art 100 Abs 1 GG eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen wäre. Schon gar nicht ergibt sich ein Zinsanspruch für den Kläger ohne ausdrückliche Regelung im SVG allein unmittelbar aus § 44 SGB I; denn der Ausgleich ist keine Sozialleistung iS des SGB I.
Das Fehlen des § 44 SGB I unter den ausdrücklich in § 88 Abs 5 Satz 1 SVG zitierten Vorschriften des SGB I ist kein Redaktionsversehen; ein dem Gesetzeswortlaut entsprechender Wille des Gesetzgebers ist nicht nach anderen Auslegungsmaßstäben ausgeschlossen (vgl dazu BSGE 58, 180, 182 = SozR 1300 § 45 Nr 17; vgl auch BVerfGE 54, 277, 299 f). Das wortgetreue Verständnis der Verweisung wird vielmehr durch die abweichende Regelung des § 88 Abs 5 Satz 2 SVG bestätigt. Sie erklärt für Angelegenheiten des Abs 1 Satz 2, dh für eine Versorgung nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses gemäß § 80 SVG entsprechend den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), ua das gesamte SGB I für entsprechend anwendbar. Außerdem bestimmt § 85 Abs 5 SVG Einzelheiten über Abtretung, Verpfändung und Pfändung des Ausgleichsanspruches aus § 85 SVG sowie über die Aufrechnung gegenüber einem Anspruch dieser Art. Diese besonderen Regelungen wären überflüssig, falls die Verweisung in § 88 Abs 5 Satz 1 SVG als umfassend auf das gesamte SGB I zu verstehen wäre. Die Abweichung von den einschlägigen Bestimmungen der §§ 51 bis 55 SGB I erklärt sich durch Besonderheiten des Ausgleichs aus § 85 SVG im Unterschied zu den Sozialleistungen des SGB I, worauf noch einzugehen ist.
§ 44 SGB I über die Verzinsung von "Geldleistungen" paßt nur auf solche, die als "Sozialleistungen" nach § 11 Satz 1 SGB I Gegenstand von Ansprüchen als "sozialen Rechten" iS des SGB sind (BSGE 55, 40, 44 f = SozR 2100 § 27 Nr 2; BSGE 56, 116, 117 = SozR 1200 § 44 Nr 10; Urteil des Senats in SozR 1300 S 63 Nr 9 mwN; Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch - SGB I, K § 44 Rz 3; eine Ausnahme iS von BSGE 56, 1, 2 f = SozR 1200 § 44 Nr 9 ist für § 85 SVG nicht gegeben). "Soziale Rechte" in diesem Sinne sind nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB I diejenigen, durch die die in § 1 genannten Aufgaben erfüllt werden. Aus ihnen können nach § 2 Abs 1 Satz 2 SGB I Ansprüche nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen und deren Inhalt durch die besonderen Teile des SGB im einzelnen geregelt sind. Dazu gehören wohl Ansprüche auf Beschädigtenversorgung nach Beendigung des Wehrdienstes iS des § 80 SVG, nicht aber der Anspruch auf einen Ausgleich für die Dienstzeit aus § 85 SVG (aA Rebstock, ZfS 1987, 43, der aber § 44 SGB I wegen der beschränkten Verweisung in § 88 Abs 5 Satz 1 SVG nicht für anwendbar hält). Jene Ansprüche (aus § 80 SVG) gehören zur sozialen Entschädigung iS des § 5 SGB I und damit zu einer Leistungsart iS des § 11 Satz 1 SGB I und damit des SGB insgesamt; denn zu den darauf bezogenen Vorschriften gehört als besonderer Teil des SGB vorläufig nach Art II § 1 Nr 11 Buchstabe a SGB I auch § 80 SVG (dazu Hauck/Haines aaO K § 5 Rz 13), nicht aber § 85 SVG.
Im Unterschied zur Versorgung nach dem Wehrdienst gemäß § 80 SVG iVm dem BVG ist der Ausgleich aus § 85 SVG ein dienstrechtlicher, beschränkt auf die Zeit des Wehrdienstverhältnisses. Der Ausgleich rührt aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Soldaten her (OVG Münster VerwRspr 18 -1967-, 509; Bremenkamp, VersBea 1975, 46, 47). Er gleicht völlig dem Anspruch des Beamten auf einen Unfallausgleich, der Leistung, die im Rahmen der Unfallfürsorge wegen einer durch einen Dienstunfall bedingten Erwerbsfähigkeitsbeschränkung ua neben Dienst- und Anwärterbezügen, also während des aktiven Beamtenverhältnisses gezahlt wird (§ 2 Abs 1 Nr 4, § 30 Abs 2 Nr 3, § 35 BeamtVG). Verschiedene Vorschriften dieser beamtenrechtlichen Unfallfürsorge sind auf die dienstrechtliche Versorgung der Soldaten (II. Teil des SVG) entsprechend anzuwenden (§ 27 SVG); dabei wird § 35 BeamtVG nicht eingeschlossen, weil diese Vorschrift dem § 85 SVG entspricht (vgl dazu § 84 Abs 6 SVG für die Versorgung nach § 80). Wenn jener Unfallausgleich aus der Beamtenunfallfürsorge der gesetzlichen Unfallrente der Arbeiter und Angestellten entspricht, die neben dem Entgelt gezahlt wird (BVerwGE 15, 51, 52 f), und deshalb neben den "Dienstbezügen" im weitesten Sinn beansprucht werden kann (BVerwGE 16, 235, 237 ff) und ebenso wie die Beschädigten-Grundrente nach dem BVG (§ 31 Abs 1 bis 3 BVG) schädigungsbedingte Mehraufwendungen und immaterielle Schäden ausgleichen soll (BVerwGE 15, 51, 52; 16, 235, 236 f, 240), dann gilt dies auch für den soldatenrechtlichen Ausgleich aus § 85 SVG. Er soll im Rahmen des Wehrdienstverhältnisses jene besonderen Belastungen im Verhältnis zu anderen aktiven Soldaten ausgleichen. Der "Ausgleich" aus § 85 SVG unterscheidet sich als selbständige Leistung, auch begrifflich, von der versorgungs oder entschädigungsrechtlichen "Grundrente" und "Schwerstbeschädigtenzulage" als Teilen der "Beschädigtenrente" nach dem BVG (§ 9 Nr 3, § 31 BVG), die auch gemäß § 80 SVG nach dem Wehrdienst beansprucht werden können (BSG SozR 3100 § 62 Nr 9 S 23 f), und damit von den die soziale Entschädigung iS des § 5 SGB I kennzeichnenden Leistungen des § 24 Abs 1 SGB I (vgl § 24 Abs 1 Nr 3; ebenso zum Unfallausgleich aus § 35 BeamtVG, der als Teil des beamtenrechtlichen Versorgungssystems nicht den Charakter der Grundrente erhalte, nach deren Höhe er sich bemißt: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, Stand: 1986, § 35, Erl 1). Lediglich die Bemessungsmaßstäbe für jene dienstrechtliche Leistung werden dem § 31 BVG entnommen ("Ausgleich in Höhe der Grundrente und der Schwerstbeschädigtenzulage"). Ohne eine Leistungsregelung wie in § 24 iVm Art II § 1 Nr 11 SGB I gibt es aber keinen Anspruch auf soziale Entschädigung; § 5 SGB I ist keine eigenständige Anspruchsnorm (BSGE 39, 130, 136 = SozR 3200 § 81 Nr 2).
Die Selbständigkeit und Andersartigkeit des dienstrechtlichen Anspruchs auf Ausgleich macht es notwendig in § 85 Abs 3 und 4 SVG auf einzelne Vorschriften des BVG zu verweisen.
Für einen Sozialleistungsanspruch iS des SGB würde es auch an einem zuständigen Leistungsträger fehlen. Als solche kommen nach § 12 Satz 1 SGB I nur die in den §§ 18 bis 29 genannten in Betracht. Soziale Entschädigung iS des SGB ist nach § 24 Abs 2 Satz 1 SGB I von den Versorgungsbehörden der Länder zu gewähren, die für die Leistungen nach § 80 SVG zuständig sind. Dagegen hat die Bundeswehrverwaltung den Ausgleich aus § 85 SVG zu erbringen. Aus dem einschlägigen besonderen Teil des SGB, worauf § 12 Satz 2 SGB I verweist, ergibt sich nichts anderes.
Systemgemäß waren bis 1971 für Streitigkeiten über einen Ausgleich aus § 85 SVG ebenso wie noch immer für beamtenrechtliche - die Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig (zB Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts -BVerwGin Buchholz 238.41 § 27 SVG Nr 1 und § 81 SVG Nr 2). Erst 1971 ist die Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auf die Ansprüche aus § 85 SVG ausgedehnt worden (§ 88 Abs 4 und 5 Satz 1 und 3 SVG idF des Art 1 Nr 32 des 6. Änderungsgesetzes zum SVG vom 10. August 1971 -BGBl I 1273-). Das geschah aus praktischen Gründen, damit einheitliche Entscheidungen über Folgen einer Wehrdienstbeschädigung iS des § 81 SVG in beiden Leistungsbereichen leichter herbeigeführt werden können (dazu Urteil des Senats vom 3. Februar 1988 - 9/9a RV 36/86 -); die Sozialgerichtsbarkeit war schon vorher für Streitigkeiten aus § 80 SVG zuständig (zuletzt § 88 Abs 6 SVG idF vom 20. Februar 1967 -BGBl I 201- im Unterschied zu der den Ausgleich betreffenden Regelung des § 87 Abs 2 SVG). Die verfahrensrechtlichen Koordinierungsvorschriften ändern nichts daran, daß in der zuvor dargelegten Weise sachlich-rechtlich die unterschiedlichen Ansprüche aus § 85 und aus § 80 SVG verschiedenen Rechtsgebieten zuzuordnen sind. Dies betrifft die Leistungsbeziehungen. Davon zu unterscheiden ist das im Urteil des Senats vom 3. Februar 1988 als "Versorgungsverhältnis" bezeichnete Versorgungsgrundverhältnis als besondere, schadensgeprägte Beziehung zum Wehrdienst, die gemeinsame Voraussetzung verschiedenartiger Ansprüche für die Zeit während des Wehrdienstes und für die Zeit nach der Beendigung. Entgegen der Auffassung des Klägers läßt sich aus dem Urteil des Senats vom 25. Juni 1985 - 9a RV 23/83 - (= SozR 1200 § 44 Nr 13) kein allgemeiner Verzinsungsanspruch für alle rückständigen Ansprüche des Bürgers gegen den Staat herleiten. Diese Entscheidung befaßt sich ausschließlich mit der Abgrenzung von Geldleistungen iS des § 11 SGB I, die nach § 44 SGB I zu verzinsen sind, und rechnet dazu nicht die den Leistungsträgern geschuldeten Erstattungsbeträge, setzt aber einen Hauptanspruch iS des SGB voraus.
Den dienstrechtlichen Anspruch auf Ausgleich aus § 85 SVG im Unterschied zum entschädigungsrechtlichen aus § 80 SVG nicht nach § 44 SGB I zu verzinsen, verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Dieser Unterschied gründet in der Zuordnung der beiden Ansprüche zu verschiedenartigen Rechtsgebieten. Öffentlich-rechtliche Ansprüche des Bürgers gegen den Staat und speziell solche aus öffentlichen Dienstverhältnissen wie dem Beamten- und Soldatenverhältnis werden bei verzögerter Auszahlung in der Rechtsprechung nicht allgemein wegen Verzuges für verzinslich gehalten (§ 3 Abs 6 BBesG, § 49 Abs 5 BeamtVG; BVerwG, NVwZ 1988, 440 und 441 mwN; BSGE 49, 227 f = SozR 1200 § 44 Nr 2; BSGE 56, 116, 118 mN; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl 1987, Bd III, S 742 aF). Das galt auch früher, dh vor dem SGB I, im Sozialrecht (vgl Burdenski/von Maydell/Schellhorn, Gesamtkommentar zum SGB Allgemeiner Teil, 2. Aufl 1981, § 44 Rz 2 und 3). Ob dies richtig ist, braucht in diesem Zusammenhang nicht entschieden zu werden. Jedenfalls ist der Anspruch des Klägers aus § 85 SVG, wenn gleichartige oder ähnliche und verschiedenartige Bereiche sachgerecht voneinander abgegrenzt und miteinander verglichen werden müssen (Katzenstein, SGb 1988, 177, 180 ff), ebenso wie andere dienstrechtliche Ansprüche zu behandeln und nicht wie entschädigungsrechtliche, ua aus § 80 SVG, die seit 1978 verzinslich sind (§ 44, Art II § 23 Abs 2 SGB I).
2.
Gleichwohl kann der Kläger, worüber das SG nicht entschieden hat, für die Zeit seit Erhebung der Klage im Vorprozeß (22. Dezember 1982), die den geltend gemachten Hauptanspruch rechtshängig machte (§§ 53, 94 Abs 1 SGG), entsprechend § 291 Satz 1 Halbsatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Prozeßzinsen beanspruchen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und des BVerwG sind grundsätzlich auch öffentlich-rechtliche Geldschulden entsprechend § 291 BGB zu verzinsen, falls nicht etwas Abweichendes gesetzlich geregelt ist oder Besonderheiten eines Sachgebietes einer Analogie entgegenstehen (BGHZ 10, 125, 128 f; BGH LM Nr 6 zu § 291 BGB; BVerwG NW 1973, 1854; BVerwGE 7, 95, 97 ff; 11, 314, 318; 14, 1, 3; 15, 78, 84 f; 15, 106, 107 ff; 38, 49, 50 f; 5$107NODEF_MARK, 287, 288; 58, 316, 326; BVerwG NJW 1958, 1744; Verw Rspr 29 -1978-, 274, 281; DÖV 1985, 577, 579; NVwZ 1988, 440 f). Das gilt insbesondere auch für Ansprüche aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen, zB der Beamten (BVerwG BayVerwBl 1973, 244, 245; NVwZ 1988, 441; für Militärversorgungsbezüge vor der Schaffung der Versorgungsgerichte: RGZ 92, 376, 378 ff, sogar für Verzugszinsen). Für den Ausgleichsanspruch aus § 85 SVG gibt es keine abweichende Vorschrift, die Prozeßzinsen ausschließt. Ob die allgemein abgelehnte Gewährung von Prozeßzinsen auf sozialrechtliche Schulden nach der Einführung des § 44 SGB I weiterhin gilt, kann hier dahingestellt bleiben. Diese Rechtslage beträfe nicht den Ausgleich aus § 85 SVG, der, wie dargelegt, von § 44 SGB I nicht erfaßt wird.
Die entsprechende Anwendung des § 291 BGB auf den Ausgleich ist auch systemgerecht. Die Verzinsung dieses dienstrechtlichen Anspruchs entsprechend der genannten Vorschrift wäre gar nicht fraglich, wenn über diese Forderung - ebenso wie über die Ansprüche auf Dienstbezüge und Wehrsold - weiterhin die Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit zu entscheiden hätten. Die Prozeßzinsen sind als ein Risikozuschlag zu verstehen, den der Schuldner im Fall des Unterliegens deshalb tragen muß, weil er es zum Rechtsstreit hat kommen lassen (BGH, NJW-RR 1987, 386; BVerwGE 7, 95, 97 f; herrschende Meinung im Schrifttum, zB Walchshöfer in Münchener Kommentar zum BGB, 1979, § 291, Rz 1; Soergel/Wiedemann, BGB, 11. Aufl 1986, § 291, Rz 2). Dieser tragende Grund trifft auch auf einen Ausgleich zu, den der Bund nach § 85 SVG kraft sozialgerichtlicher Entscheidung gewähren muß, aber abgelehnt hat.
Der Anspruch auf Prozeßzinsen ist nicht etwa dadurch ausgeschlossen, daß er nach dem Prozeßrecht der Sozialgerichtsbarkeit allgemein nicht bestände. Zwar gehört er zum Verfahrensverhältnis der Prozeßbeteiligten. Aber er gründet in der jeweiligen sachlich-rechtlichen Rechtsbeziehung, aus der der Hauptanspruch stammt (Palandt/Heinrichs, BGB, 47. Aufl 1988, § 291, Anm 1, a: "materiell-rechtliche Folge der Rechtshängigkeit"; ähnlich: Staudinger/Löwisch, BGB, 12. Aufl 1979, § 291, Rz 1). Wenn für diese Beziehung - wie für § 85 SVG - im materiellen Recht die Verzinsung nicht abschließend geregelt ist, steht das Rechtsverhältnis offen für die entsprechende Anwendung des § 291 BGB.
Nach dieser Regelung, die allein die Verzinsung von "Geldschulden" vorschreibt (§ 291 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1), muß allerdings grundsätzlich auf Zahlung eines Geldbetrages geklagt und dazu verurteilt worden sein. Ausnahmsweise genügt - ebenso wie bei einer zivilrechtlichen Klage, die die endgültige Festsetzung des zu zahlenden Geldbetrages dem Gericht überläßt (BGH LM Nr 4 und 5 zu § 291 BGB), oder bei einer Feststellungsklage, wenn die Ausführung durch den Schuldner mit Sicherheit zu erwarten ist (RGZ 92, 376, 378; Soergel/Wiedemann, aaO, § 291, Rz 7 mwN) - für öffentlich-rechtliche Forderungen auch eine Verpflichtungs- oder Leistungsklage, die auf Erlaß eines die Zahlung unmittelbar auslösenden Verwaltungsaktes gerichtet ist (BVerwGE 11, 314, 318; 14, 1, 3 f; 51, 287, 288; BVerwG, NJW 1973, 1854; NVwZ 1988, 440 f). Das hängt mit den Besonderheiten des öffentlichen Leistungssystem zusammen. Die Leistungen werden in der Regel erst kraft eines Leistungsbescheides, uU eines "Ausführungsbescheides" zu einem Urteil zahlbar. Gleiches gilt für Ansprüche, die vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit geltend zu machen sind (vgl zB BSG SozR 4100 § 44 Nr 9). Nach materiellem Recht müßte für solche Ausnahmefälle statt auf Erlaß eines Verwaltungsaktes über eine Zahlung nach einem bestimmten - umstrittenen - Berechnungsfaktor unmittelbar auf Leistung eines bestimmten Geldbetrages geklagt werden können. Das geschieht regelmäßig zur Entlastung der Gerichte nicht. Aber die Verwaltung wird ein Urteil, das sie zur Gewährung einer Rente entsprechend einem bestimmten Berechnungsfaktor verpflichtet, in Höhe des gesetzlich festgelegten Zahlbetrages ausführen. Darauf kann sich der Kläger verlassen, so daß er keine Leistungsklage auf einen bestimmten Geldbetrag zu erheben braucht (BGHZ 28, 123, 126). Streitgegenstand muß die mit der Klage begehrte Verpflichtung zum Erlaß eines Verwaltungsaktes über eine Zahlung sein; und die rechtswidrige Ablehnung dieses Verwaltungsaktes muß den Kläger in seinen Rechten verletzt haben. Gegenüber einem der Klage stattgebenden Urteil kann die Verwaltung, sobald es rechtskräftig ist, bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage nicht mehr erfolgreich geltend machen, der Anspruch bestehe nicht (BVerwG, NVwZ 1988, 441).
Diese Voraussetzung war hier im Vorprozeß gegeben. Der Kläger erhob die in solchen Fällen übliche kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG. Gegenstand der Klage und des Rechtsstreits war - neben der hier nicht erheblichen Anerkennung von Schädigungsfolgen (§ 85 Abs 1, § 81 Abs 1 und 5 Satz 1 SVG) hauptsächlich der Anspruch auf einen Ausgleich entsprechend einem bestimmten Grad der MdE, der auch die Höhe der Grundrente nach dem BVG bestimmt. Die Anfechtung des ablehnenden Verwaltungsaktes sowie die angestrebte Verpflichtung zum Erlaß eines solchen, durch den die begehrte und vom SG zuzusprechende Leistung genau festzustellen ist (§ 131 Abs 2 SGG), hat nur untergeordnete Bedeutung als Gegenstand der Klage (zB BSG SozR 1500 § 54 Nr 16; 1500 § 78 Nr 5), was in § 95 SGG nicht deutlich genug zum Ausdruck kommt. Auch wenn das zugunsten des Klägers ergangene Urteil als Grundurteil iS des § 130 Satz 1 SGG und damit als ein Endurteil (BSGE 27, 81, 82 ff = SozR Nr 6 zu § 130 SGG; BSGE 61, 217, 222) zu beurteilen sein sollte, ist jene Voraussetzung für Prozeßzinsen gegeben. Mit der Verurteilung zur Gewährung eines Ausgleichs nach einer MdE um 30 vH steht fest, welche Rentenbeträge die Beklagte für verschiedene Zeitabschnitte jeweils nach einer Rentenänderung seit August 1971 (BSGE 53, 253, 255 = SozR 1500 § 141 Nr 12) an den Kläger zu zahlen hat. Diese ergeben sich aus § 85 Abs 1 SVG iVm § 31 Abs 1 BVG. Darüber kann es bei einem vernünftigen, gesetzmäßigen Verhalten der Verwaltung, das zu erwarten ist, keinen Streit mehr geben. Umstritten und durch das Gericht festzulegen war allein der Grad der MdE als Bemessungsmaßstab. Durch das Urteil war der Gesetzestatbestand für den Einzelfall genügend konkretisiert. Die Verwaltung hatte die Leistung nicht unter Berücksichtigung anderer Faktoren erst noch durch eine echte eigene Entscheidung festzulegen (wie zB im Fall BSGE 39, 255, 257 ff = SozR 1500 § 154 Nr 3; BVerwG, NVwZ 1988, 441).
Die Hauptforderung wurde nicht erst zu einem Zeitpunkt nach Beginn der Rechtshängigkeit fällig, wodurch sich der Beginn des Zinsanspruchs entsprechend § 291 Satz 1 Halbsatz 2 BGB verschoben hätte. Über diese Fälligkeit bestimmt weder das SVG noch das entsprechend anwendbare Recht des BVG etwas. Nach § 85 Abs 4 Satz 1 SVG beginnt der Anspruch auf Ausgleich mit dem Monat, in dem seine Voraussetzungen erfüllt sind. Damit ist nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz (vgl § 271 Abs 1 BGB, § 41 SGB I) auch die Fälligkeit gegeben, wenn - wie hier - nichts anderes vorgeschrieben ist (BVerwGE 25, 72, 82 f; offengelassen in BSGE 24, 118, 119 f). Wenn im Besatzungsschaden- und im Lastenausgleichsrecht kraft ausdrücklicher Anordnung eine Entschädigung nicht vor Unanfechtbarkeit eines über sie ergehenden Feststellungsbescheides auszuzahlen und damit noch nicht fällig wird und infolgedessen Prozeßzinsen nicht in Betracht kommen (BVerwGE 7, 95, 98 f; 38, 49, 50 ff; 51, 287, 290 f; ebenso im Wiedergutmachungsrecht des öffentlichen Dienstes: BVerwGE 15, 78, 81 ff), so gilt diese Sonderregelung nicht für den Anspruch auf Ausgleich aus § 85 SVG. Über ihn muß zwar grundsätzlich auch die Verwaltung feststellend entscheiden. Aber wenn sie eine positive Entscheidung abgelehnt hat und - wie hier - ein zusprechendes Urteil die ausreichende Konkretisierung des gesetzlichen Anspruches für den berechtigten Kläger ersetzt, besteht der Anspruch mit der Folge der Fälligkeit gemäß diesem gerichtlichen Erkenntis, also in Fällen wie dem gegenwärtigen bereits von einem Zeitpunkt vor der Rechtshängigkeit (ebenso für das SGB: Hauck/Haines, SGB I K § 41 Rz 3 unter Abgrenzung von Ermessensentscheidungen gemäß § 41 iVm § 40 Abs 2 SGB I). Die Rechtslage ist nicht anders, als wenn ein Schuldner einen zivilrechtlichen Anspruch abgelehnt hat und erfolgreich verklagt werden mußte. Aus dem Urteil, das, wie dargelegt, nicht auf eine bestimmte Geldsumme lauten mußte, ergibt sich, daß die Verwaltung von einem bestimmten Zeitpunkt an den Ausgleich entsprechend einem bestimmten Grad der MdE zahlen muß. Der Anspruch auf Prozeßzinsen konnte schließlich in einem gesonderten Verfahren geltend gemacht werden; er brauchte nicht im vorausgegangenen Rechtsstreit über die Hauptsache rechtshängig gemacht zu werden (BVerwGE 38, 49, 51; BVerwG, NVwZ 1988, 441; BGH, NJW-RR 1987, 386; BVerwG, NJW 1973, 1854).
Der Anspruch auf Prozeßzinsen besteht in Höhe von vier vH entsprechend § 291 Satz 2 iVm § 288 Abs 1 Satz 1 BGB (für öffentlich-rechtliche Forderungen: BVerwG, NJW 1973, 1854; BVerwGE 54, 285, 290 f).
3.
Über die Erstattung von Kosten im Vorverfahren ist im Beschwerdebeschluß unzureichend entschieden worden.
Die Aufwendungen des Klägers, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, waren ihm nur insoweit zu erstatten, als der Widerspruch erfolgreich war (§ 88 Abs 5 Satz 1, Abs 6 Satz 1 und 2 SVG 1983/18. Februar 1986 -BGBl I 265- iVm § 23 Abs 1 Wehrbeschwerdeordnung und § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X). Erfolg hatte der Kläger sogleich mit der Nachzahlung des Ausgleichs für eine weitere Zeit, bezüglich der Zinsen erst unter Berücksichtigung des Revisionsverfahrens (Peters/Sautter/Wolff, Komm zur SGb, 4. Aufl, § 193 SGG, Anm 2a, S III/109-39 f) nur im wesentlichen, und zwar einer Kostenlast von neun Zehnteln entsprechend. Die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts sind nach § 63 Abs 2 SGB X deshalb erstattungsfähig, weil dessen Zuziehung notwendig war (BSG 15. Dezember 1987 -6 RKa 21/87 -; Grüner, SGB X, Stand: August 1986, § 63, Anm III, 9). Das hat die Verwaltung bereits entschieden (§ 63 Abs 3 Satz 2 SGB X). Diese Entscheidung erstreckt sich auf die gesamte Vertretung im Vorverfahren, die nicht nach verschiedenen Streitpunkten aufgespalten werden kann.
Die entsprechende Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten im Gerichtsverfahren beruht auf § 193 SGG.9/4B RV 39/87
BSG
Fundstellen