Beteiligte
…, Kläger und Revisionskläger |
Allgemeine Ortskrankenkasse für das Saarland,vertreten durch den Geschäftsführer,Saarbrücken, Halbergstraße 1, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Südwestliche Bau-Berufsgenossenschaft,vertreten durch den Geschäftsführer,Karlsruhe 1, Steinhäuserstraße 10 |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte zur Überprüfung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses verpflichtet ist.
Der Kläger ist Konkursverwalter der Firma P. und A.. M. ... GmbH, über deren Vermögen am 4. Juli 1980 das Konkursverfahren eröffnet worden war. Die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse machte mit Anforderung vom 26. August 1980 rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Nebenforderungen für die Zeit von März bis Juni 1980 in Höhe von über 107.000,-- DM gemäß § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e der Konkursordnung (KO) als Masseschulden geltend. Als die Forderung nicht beglichen wurde, erließ die Vollstreckungsbehörde der Beklagten bei der Verwaltungsstelle Neunkirchen nach dem Saarländischen Verwaltungsvollstreckungsgesetz (SVwVG) den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 23. März 1981. Darin pfändete sie die Forderung des Klägers aus einem Anderkonto bei der Stadtsparkasse Neunkirchen und überwies die gepfändete Forderung der Beklagten zur Einziehung. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wurde der Stadtsparkasse am 24. März 1981 zugestellt; der Kläger erhielt ihn am 26. März 1981. Die Stadtsparkasse zahlte daraufhin Ende April 1981 das gesamte Guthaben von 58.638,49 DM an die Beklagte aus.
Drei Jahre später, im März 1984, hat der Kläger beim Amtsgericht (AG) - Vollstreckungsgericht - Neunkirchen Beschwerde gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erhoben. Durch Beschluß des Rechtspflegers vom 10. Mai 1984 hat sich das angerufene Gericht für sachlich unzuständig erklärt und die Sache an das Sozialgericht (SG) für das Saarland verwiesen. Das SG hat die Südwestliche Bau-Berufsgenossenschaft, die ebenfalls eine offene Beitragsforderung hatte, beigeladen. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 29. Januar 1986 hat der Kläger mitgeteilt, er habe die Beschwerde beim AG zurückgenommen, und die Durchschrift eines entsprechenden, an das AG gerichteten Schreibens vorgelegt. Der Vertreter der Beklagten hat erklärt, sie würde in keinem Fall in eine Überprüfung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach § 44 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB 10) eintreten und auch nicht ein Vorverfahren in diesem Sinne durchführen. Der Kläger hat daraufhin beantragt, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß aufzuheben, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihn (den Kläger) neu zu bescheiden. Das SG hat durch Urteil vom 29. Januar 1986 die Klage mit dem Hauptantrag (Aufhebungsklage) mangels rechtzeitiger Einlegung eines Widerspruchs als unzulässig abgewiesen, die Beklagte jedoch auf den Hilfsantrag, den es als Untätigkeitsklage angesehen hat, verurteilt, den Kläger nach § 44 SGB 10 neu zu bescheiden, weil die Rechtswidrigkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen Verstoßes gegen das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung im Konkurs (§ 14 KO) in Betracht komme.
Gegen das Urteil hat nur die Beklagte Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) für das Saarland hat durch Urteil vom 27. November 1986 das Urteil des SG geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Auch wenn der vor dem SG gestellte Hilfsantrag des Klägers als Untätigkeitsklage angesehen und diese für zulässig gehalten werde, müsse sie gleichwohl abgewiesen werden, weil der Kläger materiell mit seinem Antrag im Verwaltungsverfahren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Erfolg haben könne. Eine Verletzung des 14 KO könne der Kläger nach Abschluß des Vollstreckungsverfahrens nicht mehr geltend machen. Das sei, wenn die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozeßordnung (ZPO) erfolge, unstreitig und könne nicht anders sein, wenn die Zwangsvollstreckung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz erfolgt sei. Sinn und Zweck des § 44 SGB 10 sei es, das Sozialrechtsverhältnis materiell richtig zu gestalten. Dagegen sei hier nicht verstoßen, weil die Beklagte nicht mehr erhalten habe, als ihr materiell zustehe. Daran ändere nichts, daß sie sich über § 14 KO hinweggesetzt habe.
Gegen das Urteil richtet sich die - vom LSG zugelassene - Revision des Klägers. Er rügt eine Verletzung des § 44 Abs 1 SGB 10 und hält die Beklagte für verpflichtet, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß zu überprüfen. Zwar habe sie nicht mehr erhalten, als ihr materiell-rechtlich zugestanden habe, jedoch mehr, als ihr in dem Konkursverfahren zugestanden hätte.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG vom 27. November 1986 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie äußert Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage, weil die Wirksamkeit der Verweisung durch das AG an das SG und der Rücknahme der Beschwerde zweifelhaft sei. In der Sache stimmt sie dem LSG im Ergebnis zu. Sie macht jedoch geltend, daß sie nicht gegen § 14 KO verstoßen habe, weil das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung für sie als Massegläubigerin nicht gelte. Der Kläger habe nur die Möglichkeit gehabt, gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß Masseunzulänglichkeit einzuwenden. Wenn er das unterlassen habe, werde der Verwaltungsakt dadurch nicht rechtswidrig. Ein Folgenbeseitigungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu.
Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren zur Sache nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und einer Zurückverweisung an die Vorinstanz begründet. Vor einer abschließenden Entscheidung sind noch Beiladungen erforderlich.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch das Begehren des Klägers, die Beklagte zur Überprüfung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zu veranlassen. Dem entspricht sein ursprünglich hilfsweise gestellter Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihn neu zu bescheiden. Diesem Antrag hat das SG entsprochen. Das LSG hat demgegenüber auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage auch insoweit abgewiesen. Dagegen richtet sich die zulässige Revision des Klägers. Soweit dieser vor dem SG seinen Hauptantrag noch auf Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gerichtet hatte, ist seine Klage vom SG abgewiesen und dessen Urteil, das der Kläger nicht mit der Berufung angefochten hat, insoweit rechtskräftig geworden.
Der Zulässigkeit der Klage auf Neubescheidung steht eine anderweitige Rechtshängigkeit nicht entgegen. Die Klage ist mit diesem Begehren erst beim SG erhoben worden. Ob diesem Begehren eine anderweitige Rechtshängigkeit entgegenstand, solange es mit dem Hauptantrag auf Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbescheides verbunden war (gegen den der Kläger zunächst beim AG "Beschwerde" erhoben hatte), braucht nach der rechtskräftigen Abweisung der Aufhebungsklage durch das SG nicht mehr entschieden zu werden. Es kann daher auch offen bleiben, ob das AG den bei ihm mit der "Beschwerde" anhängig gewordenen Rechtsstreit wirksam an das SG verwiesen oder ob der Kläger die "Beschwerde" beim AG jedenfalls wirksam zurückgenommen hat.
Der Senat hat ferner offen gelassen, ob es sich bei der Klage auf Neubescheidung um eine Untätigkeitsklage iS des § 88 SGG handelt, wie das SG gemeint hat. Auch dann stände ihrer Zulässigkeit § 88 Abs 1 Satz 1 SGG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag zulässig, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Hier ist ein Antrag auf Überprüfung erstmals als Hilfsantrag zu dem Aufhebungsantrag vor dem SG gestellt worden.
Jedoch hat die Beklagte damals sogleich erklärt, daß sie in eine Überprüfung nicht eintreten werde. Sie hat diese Weigerung auch später aufrechterhalten. Unter diesen Umständen wäre die Untätigkeitsklage, wenn sie nicht schon bei ihrer Erhebung zulässig war, jedenfalls nach Ablauf von sechs Monaten zulässig geworden.
Die Beklagte lehnt es zu Unrecht ab, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß zu überprüfen und den Kläger neu zu bescheiden. Die Auffassung des LSG, nach Beendigung der Zwangsvollstreckung sei sie hierzu nicht verpflichtet, weil der Kläger mit seinem Begehren unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Erfolg haben könne, wird vom Senat nicht geteilt.
Zur Vollstreckung ihrer Beitragsforderung standen der Beklagten, sofern sie, wie sie meint, Massegläubigerin war, zwei Wege zur Verfügung: Sie konnte entweder gemäß § 66 Abs. 4 SGB 10 in entsprechender Anwendung der ZPO vorgeben, dh hier beim AG einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß beantragen. Sie konnte aber auch gemäß § 66 Abs 3 iVm Abs 1 SGB 10 nach dem Verwaltungsvollstreckungsrecht des Saarlandes verfahren und den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß durch ihre eigene Vollstreckungsbehörde erlassen. Diesen zweiten Weg hat sie beschritten und die Zwangsvollstreckung nach dem Saarländischen Verwaltungsvollstreckungsgesetz vom 27. März 1974 (Amtsblatt des Saarlandes S 430) mit Änderungsgesetz vom 18. Februar 1981 (Amtsblatt des Saarlandes S 157) durchgeführt.
Die Vollstreckung nimmt je nach Art des eingeschlagenen Weges einen unterschiedlichen Verfahrensgang. Bei der Vollstreckung nach der ZPO können zur Abwehr von Vollstreckungsmaßnahmen oder gegen bereits erfolgte Maßnahmen die Rechtsbehelfe ergriffen werden, die das Zwangsvollstreckungsrecht der ZPO vorsieht. Über sie ist nach den Verfahrensgrundsätzen des Zivilprozesses und in dessen Instanzenzug zu entscheiden. Bei der Verwaltungsvollstreckung, insbesondere nach Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch die Vollstreckungsbehörde, ist der in dem Beschluß enthaltene Verwaltungsakt (BSGE 3, 204, 206) vor den Verwaltungsgerichten, hier den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als besonderen Verwaltungsgerichten, durch eine - fristgebundene - Klage anzufechten, der in der Regel ein Vorverfahren vorauszugehen hat. Das Verfahren vor den Gerichten folgt den Verfahrensgrundsätzen des Verwaltungsprozesses und wird in dessen Instanzenzug durchgeführt.
Diesen Weg hat die Verwaltungsvollstreckung auch hier genommen, ohne daß das SVwVG einen Fall der vorliegenden Art ausdrücklich regelt. Es enthält nicht einmal eine Regelung darüber, wie der Vollstreckungsschuldner, der "Pflichtige" im Sinne dieses Gesetzes, gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß einer Verwaltungsbehörde vorgehen kann, mit dem diese wegen einer öffentlich-rechtlichen Forderung vollstreckt. Klagemöglichkeiten sind nur in anderen Fällen geregelt, in denen jemand aufgrund zivilrechtlicher Vorschriften in Anspruch genommen wird und sich gegen die Pflicht zur Leistung oder zur Duldung der Vollstreckung wendet (§ 32 Abs 4 SVwVG) oder in denen ein Dritter ein die Vollstreckung hinderndes Recht geltend macht (§ 38 SVwVG); derartige Streitigkeiten sind den ordentlichen Gerichten zugewiesen. Im übrigen geht das Gesetz anscheinend als selbstverständlich davon aus, daß Einwände des Pflichtigen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder gegen den geltend gemachten (öffentlich-rechtlichen) Anspruch mit den Klagearten des Verwaltungsprozeßrechts vor den Verwaltungsgerichten (hier den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit) geltend zu machen sind (vgl auch § 18 VwVG des Bundes). Wenn in den §§ 32, 38 SVwVG eine ausdrückliche Rechtsweg- und Rechtsbehelfsregelung getroffen worden ist, und zwar zu den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit und nach dem Vollstreckungsrecht der ZPO, so könnte dies darauf beruhen, daß in den dort geregelten Fällen ohne eine solche Regelung der Rechtsweg zweifelhaft wäre: Im Falle des § 32 SVwVG wegen der zivilrechtlichen Natur des Anspruchs, im Falle des § 38 SVwVG, weil der Dritte, der ein die Vollstreckung hinderndes Recht geltend macht, nicht oder jedenfalls nicht notwendig in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zum Vollstreckungsgläubiger steht.
Die aufgezeigten Unterschiede zwischen beiden Wegen der Vollstreckung und auch zwischen der Geltendmachung zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Forderungen lassen es nicht zu, die Grundsätze, die für die Vollstreckung nach der ZPO gelten, ohne weiteres auf die Verwaltungsvollstreckung zu übertragen. Vielmehr sind hier vergleichbare Fragen in erster Linie mit den Mitteln des Verwaltungs- und Verwaltungsverfahrensrechts zu lösen (vgl dazu BVerwGE 27, 141 zur Nichtanwendung der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO). Das gilt auch für das weitere Vorgehen nach Beendigung der Zwangsvollstreckung. Für diesen Fall werden, wenn die Vollstreckung nach der ZPO erfolgt ist, vollstreckungsrechtliche Rechtsbehelfe oder Klagen nicht mehr als zulässig angesehen; jedoch können Bereicherungsansprüche gegen den Vollstreckungsgläubiger in Betracht kommen. Dieses wird zB für den Fall angenommen, daß ein Konkursgläubiger entgegen dem in § 14 Abs 1 KO enthaltenen Verbot die Einzelzwangsvollstreckung betrieben hat und diese beendet ist; dann hat er das Erlangte an die Masse herauszugeben (vgl Jaeger/Henckel, Komm zur KO, 9. Aufl, § 14 RdNr 46; Kuhn/Uhlenbruck, Komm zur KO, 10. Aufl 1986, § 14 RdNr 17; Böhle-Stammschräder/Kilger, Komm zur KO, 14. Aufl, § 14 Anm 5). Bei der Verwaltungsvollstreckung, bei der § 14 Abs 1 KO ebenfalls gilt (vgl Kuhn-Uhlenbruck, aaO RdNr 5a), muß in solchen Fällen, bevor die Erstattung begehrt wird, nach den Vorschriften über die Aufhebung oder Rücknahme von Verwaltungsakten zunächst der von der Vollstreckungsbehörde erlassene Verwaltungsakt (Pfändungs- und Überweisungsbeschluß) beseitigt werden. Ein solches Aufhebungs- bzw Rücknahme- und späteres Erstattungsbegehren würde bei einem Verstoß gegen das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung im Konkurs entgegen der Auffassung des LSG nicht daran scheitern, daß die Beklagte nur erlangt habe, was ihr als Beitragsforderung zustand. Denn § 14 Abs 1 KO untersagt nicht die Befriedigung einer bestehenden Forderung schlechthin, sondern nur die Befriedigung durch Einzelzwangsvollstreckung im Konkurs zu Lasten der übrigen Gläubiger. Wenn bei Vollstreckung einer Beitragsforderung gegen dieses Verbot verstoßen worden ist, müßte nach Aufhebung bzw Rücknahme des Verwaltungsaktes entsprechend § 26 SGB 4 das Erlangte an die Konkursmasse erstattet und die Beitragsforderung in zulässiger Weise erneut geltend gemacht werden.
Demnach sind entgegen der Ansicht des LSG die Regelungen über die Aufhebung bzw Rücknahme von Verwaltungsakten auf Vollstreckungsakte auch noch nach einer Beendigung der Zwangsvollstreckung anzuwenden. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Zwangsvollstreckung zu einer den Vorschriften des Konkursrechts widersprechenden Bereicherung eines Vollstreckungsgläubigers geführt haben kann. Insofern bestehen hier, wo wegen einer Beitragsforderung der Einzugsstelle vollstreckt worden ist, auch keine Bedenken, die bundesrechtliche Regelung des SGB 10 über die Rücknahme von Verwaltungsakten anzuwenden. Dem steht nicht entgegen, daß das Vollstreckungsverfahren selbst nach nicht revisiblem Landesverwaltungsvollstreckungsrecht durchgeführt worden ist, zumindest dann nicht, wenn - wie hier - dieses Vollstreckungsrecht keine Sonderregelung über die Rücknahme von Vollstreckungsakten enthält.
Ist hier also auch noch nach Beendigung der Verwaltungsvollstreckung die Rechtmäßigkeit des zugunsten der Beklagten erlassenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zu überprüfen, so betrifft schon der vorliegende Rechtsstreit die Rechte derjenigen, für die aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Beiträge eingezogen worden sind, deren Einzug nachträglich in Frage gestellt wird. Betroffen sind hiernach zunächst - entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats zum Beitragseinzug - die zuständigen Rentenversicherungsträger und die Bundesanstalt für Arbeit, die deshalb zum Rechtsstreit beizuladen sind (§ 75 Abs 2 SGG). Gleiches gilt, insbesondere wegen des leistungsbegründenden Charakters der Beiträge zur Rentenversicherung, auch hinsichtlich der Arbeitnehmer. Auch sie sind daher, soweit noch feststellbar, notwendig beizuladen. Hiervon wird das LSG nur absehen können, wenn die Beiträge personenunabhängig durch einen unangefochtenen und damit bindend gewordenen Summenbescheid erhoben und auch nach dem Einzug nicht bestimmten Arbeitnehmern zugeordnet, sondern nur summenmäßig von der Beklagten als Krankenversicherungsträger vereinnahmt bzw an die anderen Versicherungsträger abgeführt worden sein sollten. Damit das LSG vor einer abschließenden Entscheidung in der Sache die notwendigen Beiladungen nachholt - dem Revisionsgericht ist dieses hier verwehrt (§ 168 SGG) - hat der Senat das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Soweit der vorliegende Rechtsstreit noch weitere Rechtsfragen aufwirft, kann der Senat über sie nicht entscheiden, bevor die Beiladungen nachgeholt sind und die Beigeladenen Gelegenheit gehabt haben, sich zu ihnen zu äußern. Das LSG wird jedoch folgendes zu beachten haben:
Nach § 131 Abs 3 SGG ist, wenn das Gericht die Unterlassung eines Verwaltungsakts für rechtswidrig hält, im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Dementsprechend hat das SG die Urteilsformel abgefaßt. In den Gründen seines Urteils hat es seine Rechtsauffassung jedoch nicht klar zu erkennen gegeben, sondern lediglich ausgeführt, daß die Rechtswidrigkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung im Konkurs (§ 14 Abs 1 KO) in Betracht komme. Damit hat es diese Frage nicht abschließend geklärt und ist auch auf weitere, sich hier aufdrängende Rechtsfragen nicht eingegangen. Diese Beschränkung wird dem § 131 Abs 3 SGG nicht gerecht. Sie führt im Ergebnis dazu, daß ein Kläger bei rechtswidriger Unterlassung eines Verwaltungsakts zunächst - in einem ersten Prozeß - die Verpflichtung der beklagten Behörde erstreiten muß, überhaupt tätig zu werden, bevor er dann in einem zweiten Prozeß die Berechtigung seines eigentlichen Anliegens klären lassen kann. Dies ist ihm im Interesse eines wirksamen Rechtsschutzes nicht zuzumuten. Daran ändert nichts, daß sich der Kläger hier früher selbst lange Zeit nicht gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß gewandt hat. Das berechtigte die Beklagte nicht, sich ihrerseits einem Überprüfungsbegehren zu entziehen. Dem Sinn des § 131 Abs 3 SGG entspricht es, daß das Gericht bei Anwendung dieser Vorschrift Rechtsfragen, auf die es nach seiner Rechtsauffassung ankommt, nicht nur erörtert, sondern auch entscheidet (vgl § 113 Abs 4 der Verwaltungsgerichtsordnung). Zur abschließenden Erledigung des Streits in einem einzigen Verfahren kann es dabei auch geboten sein, nach § 106 Abs 1 SGG auf die Stellung zusätzlicher sachdienlicher Anträge, etwa eines Feststellungsantrags, hinzuwirken und ggf sogar eine Klageerweiterung im Wege der Anschlußberufung anzuregen, die der Senat auch hier - nach der Zurückverweisung der Sache - noch für zulässig halten würde. Dadurch kann sichergestellt werden, daß schon im vorliegenden Rechtsstreit abschließend geklärt wird, ob der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß ganz oder teilweise rechtswidrig ist und - wenn dies zutrifft - inwieweit die eingezogenen Beiträge zur Befriedigung der Beitragsforderung der Einzugsstelle bei ihr verbleiben.
In der Sache ist das LSG davon ausgegangen, mit dem Erlaß des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei gegen das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung im Konkurs (§ 14 Abs 1 KO) verstoßen worden. Dieses wird zu überprüfen sein. Das Verbot des § 14 Abs 1 KO richtet sich an Konkursgläubiger, während die Beklagte hier für sich in Anspruch nimmt, Massegläubigerin nach § 59 Abs 1 Nr 3 Buchst e KO zu sein. Auf Massegläubiger findet § 14 KO grundsätzlich keine Anwendung. Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 10. Dezember 1980 (BGHZ 79, 124) eine Krankenkasse, die schon vor Konkurseröffnung wegen einer Beitragsforderung ein Guthaben hatte pfänden und es sich zur Einziehung hatte überweisen lassen, als "unechte" Massegläubigerin angesehen, sie einem Konkursgläubiger gleichgestellt und deshalb gegen sie eine Anfechtung unter den Voraussetzungen des § 30 Nr 1 Fallgruppe 2 KO zugelassen. Im Anschluß daran wird in einem Teil des Schrifttums die Auffassung vertreten, solche Massegläubiger seien auch im Rahmen des § 14 Abs 1 KO wie Konkursgläubiger zu behandeln (vgl Böhle-Stamschräder/Kilger aaO § 14 Anm 1 und § 3 Anm 1b; Kuhn/Uhlenbruck, aaO § 14 RdNr 14). Damit würden sie jedoch ihre jedenfalls für die Zeit nach Konkurseröffnung vom Gesetzgeber gewollte bevorzugte Stellung teilweise wieder verlieren und - über ihren in § 60 KO geregelten Nachrang gegenüber bestimmten anderen Massegläubigern hinaus - benachteiligt werden; das könnte für die - auch von Jaeger/Henckel aaO § 14 Nr 19 geteilte - Ansicht sprechen, daß § 14 Abs 1 KO auch für Massegläubiger iS des § 59 Abs 1 Nr 3 KO nicht gilt.
Sollte das Verbot des § 14 Abs 1 KO auf die Beklagte als Massegläubigerin (vgl BGHZ 79, 124, 125 f) nicht anzuwenden sein, könnte sie allerdings dennoch wegen der Beitragsforderung für die letzten drei Monate vor Konkurseröffnung als Konkursgläubigerin zu behandeln sein. Soweit nämlich das Arbeitsamt die Beiträge für den genannten Zeitraum auf Antrag der Einzugsstelle nach § 141 n Abs 1 Satz 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) entrichtet, wird die Masseforderung nach § 59 Abs 2 KO in eine Konkursforderung umgewandelt (hierzu - ebenfalls die Rechtslage vom 1. August 1979 bis zum 10. März 1984 betreffend - das Urteil des Senats vom 5. Mai 1988, SozR 4100 § 141 n Nr 12). Zwar ist im vorliegenden Verfahren nicht festgestellt, daß die Beklagte einen Antrag beim Arbeitsamt gestellt hat. Selbst dann könnte sie sich aber konkursrechtlich so behandeln lassen müssen, als wenn das geschehen wäre. Denn der Sinn der Konkursausfallgeldversicherung würde verfehlt, wenn eine Einzugsstelle ohne besonderen Grund von einer Antragstellung beim Arbeitsamt absehen und ihre Beitragsforderung als Masseforderung gegen den Konkursverwalter geltend machen könnte. Der Senat versteht daher in seiner neueren Rechtsprechung die in § 141 n Abs 1 Satz 1 AFG vorgesehene Befugnis der Einzugsstelle, einen Antrag beim Arbeitsamt zu stellen ("kann"), dahin, daß die Einzugsstelle, um als Behörde den Zweck des Gesetzes möglichst zu verwirklichen, in der Regel auch verpflichtet ist, den Antrag zu stellen, und daß sie davon nur unter besonderen Umständen absehen darf. So ist der Senat schon in seinem Urteil vom 20. Juli 1988 (12 RK 1/88, zur Veröffentlichung bestimmt), von einer grundsätzlich bestehenden Pflicht zur Antragstellung ausgegangen und hat es nur bei Vorliegen triftiger oder mindestens vertretbarer Gründe als unschädlich angesehen, wenn die Einzugsstelle eine ablehnende Entscheidung des Arbeitsamts hingenommen hatte. In dieselbe Richtung deutete auch schon das erwähnte Urteil vom 5. Mai 1988, in dem der Senat entschieden hat, daß die Einzugsstelle der Herabstufung ihrer Masseforderung zu einer Konkursforderung nicht dadurch entgehen kann, daß sie einen beim Arbeitsamt gestellten (begründeten) Antrag später für erledigt erklärt.
Soweit die Forderung der Beklagten dagegen Masseforderung geblieben sein sollte, wird schließlich noch zu prüfen sein, ob und inwiefern ihrer Befriedigung eine Unzulänglichkeit der Konkursmasse entgegenstand. Denn nach § 60 Abs 1 KO werden, sobald sich herausstellt, daß die Konkursmasse zur vollständigen Befriedigung aller Massegläubiger nicht ausreicht, Massekosten und Masseschulden nach einer bestimmten Rangordnung und bei gleichem Rang im Verhältnis ihrer Beträge berichtigt. Wie im Falle einer solchen Masseunzulänglichkeit zu verfahren ist, ist allerdings noch nicht völlig geklärt (vgl BAGE 31, 288 = AP Nr 1 zu § 60 KO mit Anm Henckel; BSGE 52, 42 = SozR 4100 § 186a Nr 10). Der Kläger scheint hier, als die Beklagte in die Masse vollstreckte, deren Unzulänglichkeit nicht gerichtlich geltend gemacht zu haben. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Beklagte sie auch ohne gerichtliche Geltendmachung hätte beachten müssen, wenn sie ihr zuverlässig bekannt geworden war. Dieses und in welchem "Verhältnis" (§ 60 Abs 1 KO) im Falle einer Masseunzulänglichkeit die Beitragsforderung der Beklagten zu befriedigen ist, wird nunmehr, wenn es für die Entscheidung des LSG hierauf ankommen sollte, vor allem der Kläger darzulegen haben, nachdem er es versäumt hat, schon bei der Geltendmachung der Beitragsforderung und der Vollstreckung geeignete Verfahrenswege zur Geltendmachung einer Masseunzulänglichkeit zu beschreiten.
Das LSG wird auch über die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Rechtsstreits einschließlich der des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen