Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausnahmsweise Berücksichtigung neuen tatsächlichen Vorbringens
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung des RVO § 1265.
Leitsatz (redaktionell)
In der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte ist anerkannt (vergleiche BVerwG 1968-02-14 VI c 53.65 = NJW 1968, 2308), daß aus Gründen einer sinnvollen Prozeßführung ausnahmsweise in der Revisionsinstanz auch neues tatsächliches Vorbringen der Parteien zu beachten ist, wenn es unstreitig und vom Berufungsgericht nur deswegen nicht festgestellt ist, weil seine rechtliche Bedeutsamkeit noch nicht gesehen worden war.
Normenkette
RVO § 1265 Fassung: 1965-06-09; AVG § 42 Fassung: 1965-06-09; SGG § 164
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. September 1968 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin als geschiedener Frau eine Rente nach § 42 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aus der Angestelltenversicherung (AnV) ihres früheren Ehemannes zusteht.
Die am 24. November 1905 geborene Klägerin hatte im Jahre 1932 den am 7. April 1900 geborenen E Z geheiratet. Aus der Ehe sind zwei in den Jahren 1937 und 1944 geborene Kinder hervorgegangen. Die Ehe wurde durch das seit dem 2. Juli 1958 rechtskräftige Urteil des Landgerichts Bonn vom 8. Oktober 1957 aus dem alleinigen Verschulden des Versicherten geschieden.
Dieser war bis zum 30. September 1936 Volksschullehrer und ab 1. Oktober 1938 bis zum Herbst 1943 Verwaltungsangestellter und Sachbearbeiter beim Reichsstand des Deutschen Handwerks in B gewesen. Nach seiner Entlassung aus dem Wehrdienst und aus französischer Kriegsgefangenschaft war er zunächst längere Zeit krank und arbeitslos, dann Lagerverwalter, anschließend wieder ohne Beschäftigung, im Frühjahr und Sommer 1955 Nachtportier und von 1956 bis 1961 mit einer Unterbrechung selbständiger Handelsvertreter. Zwischenzeitlich befand er sich noch zur Verbüßung einer Gesamtstrafe von 14 Monaten Gefängnis in Strafhaft. Seit November 1961 war er zunächst Verkäufer und dann Büroleiter. Vom 1. August 1964 an bis zum 30. Juni 1965 war er als Sachbearbeiter bei der S-Stahl-GmbH in D tätig mit einem monatlichen Nettoverdienst von 483,31 DM (zuzüglich 278,80 DM für den halben Monat Juli). In der Zeit vom 1. Juli 1965 bis zum 30. November 1965 war er schließlich für ein Gehalt von 850,- DM brutto = 682,13 DM netto monatlich bei der Werbeagentur R.W. E in D beschäftigt.
Bereits im März 1965 hatte der Versicherte bei der Beklagten die Gewährung von Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres beantragt. Noch vor dessen Bewilligung ist er am 20. Dezember 1965 gestorben. Einen ihm für die Zeit ab 1. November 1965 angewiesenen Rentenvorschuß in Höhe von 200,- DM monatlich hat er nicht mehr ausgezahlt erhalten.
Die Klägerin war schon vor der Scheidung zu ihrer Mutter gezogen, die zwei Mietshäuser in K besaß und daraus im Monat durchschnittlich 760,- DM vereinnahmte. Die Klägerin nahm später eine Halbtagsbeschäftigung an, wobei sie Schreibmaschinenarbeiten zu erledigen hatte und womit sie durchschnittlich 150,- bis 250,- DM monatlich verdiente. Nach etwa 5 1/2-jähriger Dauer gab sie diese Tätigkeit im Juli 1962 auf, weil ihre damals 84-jährige Mutter pflegebedürftig geworden war. Die Klägerin pflegte dann bis über den Tod des Versicherten hinaus ihre Mutter und führte deren Haushalt, bis auch diese im März 1967 starb. Dafür erhielt die Klägerin freie Kost und Wohnung und ein monatliches Taschengeld von 60,- DM. Im September oder Oktober 1965 bekam sie außerdem wie die übrigen drei voraussichtlichen Erben, nachdem das eine Haus verkauft worden war, von der Mutter 20.000,- DM vorweg und etwa 1/2 Jahr später nochmals 40.000,- DM.
Der Versicherte hatte der Klägerin nach der Scheidung lediglich ab und zu noch kleine Geschenke gemacht, im letzten Jahr vor seinem Tod auch das nicht mehr.
Durch Urteil vom 25. April 1968 wies das Sozialgericht (SG) Köln nach Einholung verschiedener Auskünfte und Einsichtnahme in die Einkommensteuerakte der Mutter der Klägerin die von dieser gegen den ablehnenden Rentenbescheid der Beklagten vom 13. Mai 1967 erhobene Klage auf Zahlung von Geschiedenen-Witwenrente in gesetzlicher Höhe ab. Es käme allein § 42 Satz 1 AVG in Betracht, und zwar dessen erste Alternative. Bei einem monatlichen Nettoeinkommen von zuletzt etwa 680,- DM sei der Versicherte an sich fähig gewesen, Unterhalt zu leisten. Es habe aber an der Bedürftigkeit der Klägerin gefehlt. Ihre Tätigkeit im Haushalt ihrer Mutter sei entsprechend der Einstufung von Hausangestellten im Fremdrentengesetz mit monatlich 450,- DM zu bewerten. Sie hätte sich somit selbst unterhalten können. Zugleich entfalle damit die Anwendbarkeit des § 42 Satz 2 AVG idF des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (RVÄndG) vom 9. Juni 1965.
Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen durch Urteil vom 11. September 1968 zurückgewiesen. Zur Begründung führt es im wesentlichen folgendes aus:
1. Der Versicherte habe der Klägerin weder im letzten Jahr vor seinem Tod tatsächlich Unterhalt geleistet noch sei er aus sonstigen Gründen zum Unterhalt verpflichtet gewesen, da weder ein Unterhaltsvertrag geschlossen worden sei noch ein vollstreckbarer Unterhaltstitel vorgelegen habe. Er sei ihr auch nicht nach den Vorschriften des Ehegesetzes zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Allerdings sei er an sich leistungsfähig gewesen. Dabei sei von dem ihm bis zum November 1965 gezahlten Gehalt von monatlich 682,13 DM netto auszugehen. Dagegen müsse der angewiesene Rentenvorschuß außer Betracht bleiben, da der Versicherte ihn nicht mehr erhalten habe.
2. Die Klägerin sei jedoch nicht bedürftig gewesen, womit zugleich ein Anspruch auf Geschiedenen-Witwenrente nach § 42 Satz 2 AVG entfalle, der nur Anwendung finde, wenn ein Unterhaltsanspruch der geschiedenen Frau lediglich wegen der fehlenden Leistungsfähigkeit des Versicherten entfalle. Ihr angemessener Unterhalt sei dadurch gedeckt gewesen, daß sie ihre hochbetagte Mutter gepflegt und deren Haushalt geführt habe und dafür außer freier Kost und Wohnung noch ein Taschengeld von 60,- DM monatlich bekommen und ein Vermögen von 20.000,- DM besessen habe, das sie nutzbringend hätte anlegen können und müssen. Mehr habe ihr nicht zugestanden.
3. Für die Bestimmung dessen, was angemessener Unterhalt sei, seien nämlich die Lebensverhältnisse der Ehegatten zur Zeit der Scheidung maßgebend (BSG, SozR § 1265 RVO Nr. 16). Lediglich eine spätere allgemeine Erhöhung der Lebenshaltungskosten sei zu berücksichtigen, nicht aber spätere Änderungen, soweit sie nicht im Zeitpunkt der Scheidung mit Sicherheit vorherzusehen waren (BSG aaO). Die Lebensverhältnisse der Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidung seien aber denkbar schlecht gewesen, was sodann noch näher begründet wird.
4. Ein höherer Unterhaltsanspruch würde sich im übrigen auch nicht ergeben, wenn man von dem letzten Verdienst des Versicherten ausgehe. Nach dem bereits genannten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. November 1963 stünden der Frau grundsätzlich ein Drittel bis ein Viertel des Nettoeinkommens des Mannes zu, worauf ihr eigenes Einkommen anzurechnen sei. Ein Drittel von dem letzten Verdienst des Versicherten von 682,13 DM monatlich seien 227,38 DM (1/4 sogar nur 170,53 DM). Der Wert der freien Kost und Wohnung sei aber mit mindestens 159,- DM monatlich zu veranschlagen. Rechne man noch das Taschengeld von 60,- DM monatlich hinzu, so habe die Klägerin bereits Einkünfte von monatlich 219,- DM gehabt. Die verbleibende Differenz sei, selbst wenn man ihr ein Drittel der Einkünfte des Versicherten zugestehen wollte, zu gering, um einen Anspruch auf Geschiedenen-Witwenrente zu begründen (BSG, SozR § 1265 RVO Nr. 41). Außerdem verringere sich diese Differenz noch deshalb, weil die Klägerin auch ihr Vermögen von 20.000,- DM nutzbringend hätte anlegen können.
5. Allerdings billigten die Zivilgerichte im Gegensatz zu den Ausführungen zu 3.) und 4.) der früheren Ehefrau zum Teil 1/3 oder 2/5 des Gesamtverdienstes beider Teile bzw. des Mehrverdienstes des Mannes zur Zeit der Erhebung der Unterhaltsansprüche zu. Dieser Auffassung könne jedoch nicht gefolgt werden. Der angemessene Unterhalt der früheren Ehefrau bemesse sich, wie das BSG zutreffend ausgeführt habe, allein nach den Lebensverhältnissen zur Zeit der Scheidung, sie bestimmten ein für allemal, allerdings den zeitlichen Verhältnissen entsprechend angepaßt, die obere Grenze des angemessenen Unterhalts.
6. Selbst wenn man aber von der erwähnten zivilgerichtlichen Praxis ausgehe, sei die Klägerin wiederum nicht unterhaltsberechtigt gewesen. Auch ihren danach angemessenen Unterhalt habe sie aus den Erträgnissen ihrer Erwerbstätigkeit gedeckt. Entgegen ihrer Darstellung habe sie nämlich ihre Mutter im Rahmen eines entgeltlichen Dienstvertrages gegen die Gewährung von Kost, Wohnung und 60,- DM monatlich versorgt und nicht im Rahmen des § 1617 BGB. Ein schuldrechtliches Arbeitsverhältnis könne auch stillschweigend eingegangen werden, und das sei hier anzunehmen.
7. Im übrigen würde sich sachlich nichts ändern, wenn die Klägerin ihre Dienstleistungen im Rahmen des § 1617 BGB erbracht hätte. Dann hätte es sich bei den Leistungen der Mutter gleichwohl nicht um freiwillige Zuwendungen, sondern um Unterhalt gehandelt, da nur deswegen die Klägerin ihr gegenüber dienstleistungspflichtig geworden sei. Damit müsse der von der wirtschaftlich leistungsfähigen Mutter gewährte Unterhalt wie Entgelt berücksichtigt werden, wie das Bayerische Oberste Landesgericht in seinem Urteil vom 28. Juni 1961 (FamRZ 1962, 120) mit Recht ausgeführt habe.
8. Nun sei allerdings bei der Prüfung der Unterhaltspflicht des Versicherten nicht jeder Verdienst der Klägerin zu berücksichtigen, sondern nur der Verdienst aus zumutbarer Arbeit. Im allgemeinen sei dabei aber davon auszugehen, daß eine zur Zeit des Todes des Versicherten ausgeübte Erwerbstätigkeit der Frau auch zuzumuten sei. Die Klägerin sei im Alter von etwa 52 Jahren berufstätig geworden und habe zur Zeit des Todes des Versicherten den Haushalt der von ihr gepflegten Mutter geführt. Die Fortsetzung dieser Tätigkeit hätte ihr auch im Jahre 1965 im Alter von 60 Jahren zugemutet werden können, zumal ihre Kinder bereits volljährig waren. Gesundheitliche Gründe hätten dem ebenfalls nicht entgegengestanden.
9. Nach alledem stehe der Klägerin die Geschiedenen-Witwenrente nicht zu, so daß ihre Berufung erfolglos hätte bleiben müssen.
Das LSG hat in seinem Urteil die Revision nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zugelassen. Die Klägerin hat dieses Rechtsmittel eingelegt.
Sie beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil sowie das Urteil des SG Köln vom 25. April 1968 und den Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 1967 aufzuheben und diese zu verurteilen, Geschiedenen-Witwenrente in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Klägerin rügt unrichtige Anwendung des § 42 AVG, des § 1617 BGB und des § 58 Ehegesetz. Ihr sei mit Rücksicht auf ihr Alter eine Arbeit nicht mehr zuzumuten gewesen. Sie habe im übrigen ihre Mutter gepflegt und ihr den Haushalt im Rahmen des § 1617 BGB geführt. Es hätte ihr somit nichts angerechnet werden dürfen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil sei richtig. Der Klägerin hätten wegen fehlender Bedürftigkeit keine Unterhaltsansprüche zugestanden. Im übrigen würde das Altersruhegeld des Versicherten monatlich 531,- DM betragen haben.
Zur mündlichen Verhandlung war nur für die Beklagte ein Vertreter erschienen; er hat Entscheidung nach Lage der Akten beantragt.
II.
Die Revision der Klägerin kann keinen Erfolg haben.
Die Vorinstanzen sind übereinstimmend davon ausgegangen, daß für die Frage, ob der Versicherte fähig war, Unterhalt zu leisten, sein letztes Arbeitseinkommen von monatlich 682,13 DM netto zugrunde zu legen sei. Dies sei der letzte maßgebende wirtschaftliche Dauerzustand i.S. der Rechtsprechung des BSG gewesen. Hierin kann ihnen nicht gefolgt werden. Dabei ist übersehen worden, daß der Versicherte am 7. April 1965 sein 65. Lebensjahr vollendet hatte. Er hat zwar noch mehrere Monate über diesen Zeitpunkt hinaus gearbeitet. Mit Ablauf des Monats November 1965 ist er dann aber endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Seitdem war er nur noch auf sein Altersruhegeld angewiesen. Das war sein maßgebender letzter wirtschaftlicher Dauerzustand. Nunmehr war für ihn die wesentliche Änderung der Einkommensverhältnisse eingetreten, die für ihn in Zukunft seinen Lebensstandard bestimmte, nämlich das Dasein als Rentner. Damit beantwortet sich zugleich weitgehend die Frage nach der Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit für die Klägerin. Der Versicherte war jedenfalls mit Rücksicht auf sein Alter nicht mehr zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet, um die Klägerin unterhalten zu können, soweit seine Rente nicht ausreichte, um ihn und sie zu ernähren. Diese aber hatte als damals 60-jährige eine Tätigkeit, die sie erfolgreich ausgeübt hat, die ihr entsprechende Vergünstigungen eingebracht hat und die ihr nach den Feststellungen des LSG körperlich auch zuzumuten war. Die von ihr verrichtete Hausarbeit und Pflege war für sie im übrigen jedenfalls angenehmer als eine Tätigkeit als Schreibkraft. Damit entfällt zugleich jeder Grund, der eine Verweisung auf die durch die Haushaltstätigkeit erzielten Vorteile etwa als unbillig erscheinen lassen könnte (BSG, SozR § 1265 RVO Nr. 42).
Die Höhe des Altersruhegeldes ist vom LSG nicht festgestellt worden. Nach den Angaben der Beklagten hätte es monatlich 531,- DM betragen, was die Klägerin als richtig anerkennt. Dazu ist in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte anerkannt (vgl. z.B. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Februar 1968, NJW 1968, 2308 = DVBl 1968, 432), daß aus Gründen einer sinnvollen Prozeßführung ausnahmsweise in der Revisionsinstanz auch neues tatsächliches Vorbringen der Parteien zu beachten ist, wenn es unstreitig und vom Berufungsgericht nur deswegen nicht festgestellt ist, weil seine rechtliche Bedeutsamkeit noch nicht gesehen worden war. Somit kann diese Zahl der weiteren Beurteilung zugrunde gelegt werden. Die Entscheidung des 5. Senats in BSG 26, 51 steht der Berücksichtigung der zu erwartenden Rente nicht entgegen. Im Gegensatz zum dort entschiedenen Falle hatte hier der Versicherte eindeutig einen Anspruch auf Altersruhegeld; auch war ihm zur Zeit seines Todes bereits ein Vorschuß angewiesen worden (s. auch BSG 22, 44). Allerdings müßte dann auch die vom Versicherten zu erwartende Nachzahlung für die Zeit vom April bis November 1965 an sich berücksichtigt werden. Nach den Angaben der Klägerin hatte der Versicherte aber Schulden hinterlassen. Außerdem hatte auch sie Vermögen. Deshalb kann die Nachzahlung bei der Beurteilung der Unterhaltspflicht ganz außer Betracht gelassen werden.
Damit käme es an sich nunmehr zunächst auf die oben unter 3.) und 4.) wiedergegebenen Ausführungen des LSG an, insbesondere darauf, welcher Zeitpunkt maßgebend ist (Zeit der Scheidung oder Zeit des Todes), ferner darauf, ob die in BSG SozR § 1265 RVO Nr. 16 angewendete Berechnungsmethode richtig ist. Legt man die Einkommensverhältnisse zur Zeit der Scheidung zugrunde, so würde der Klägerin überhaupt nichts zustehen, da der Versicherte sich damals in Strafhaft befunden hat und schon deswegen nicht leistungsfähig war. Geht man von den Einkommensverhältnissen der Ehegatten zur Zeit des Todes des Versicherten aus, so würde der Klägerin ein Viertel bis ein Drittel vom Altersruhegeld des Versicherten, d.h. von 531,- DM, gleich etwa 133,- DM bis 177,- DM zustehen, worauf sie sich noch ihre eigenen Einkünfte anrechnen lassen müßte. Der Senat hat jedoch bereits in seinem Urteil 1 RA 35/67 vom 22. März 1968 (SozR § 1265 RVO Nr. 42) Bedenken insbesondere hinsichtlich der erwähnten Berechnungsmethode geäußert. Sie entspricht nicht der derzeitigen Praxis bei den Zivilgerichten, wie auch das LSG unter 5.) ausführt (vgl. hierzu auch DRiZ 1969, 25, insbes. Anm. 5 sowie das Urteil des BGH vom 13. Dezember 1968, NJW 1969, 919 und Göhring, Probleme des Unterhaltsrechts aus der Sicht der Praxis, FamRZ 1968, 232).
Einer abschließenden Stellungnahme zu allen diesen Fragen bedarf es indes nicht. Selbst wenn man der Klägerin entgegen der Auffassung des LSG 1/3 bis 2/5 des Mehrverdienstes des Versicherten zubilligt und dabei entgegen der angeführten Entscheidung vom 28. November 1963 nicht auf die Einkommensverhältnisse der Ehegatten zur Zeit der Scheidung, sondern auf die zur Zeit des Todes des Versicherten abstellt, führt auch das hier nicht zu einem ausreichenden (vgl. u.a. BSG 22, 44 und SozR § 1265 RVO Nr. 41) Unterhaltsanspruch. Denn wie auch immer man bei der Ermittlung ihres Unterhaltsanspruchs vorgeht und rechnet, stets bleibt die Tatsache bestehen, daß die Klägerin angesichts ihrer günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse zur Zeit des Todes des Versicherten ausreichend versorgt war. Daß sie sich insoweit den Wert der freien Unterkunft und Verpflegung sowie das Taschengeld in Einklang mit der bereits angeführten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts anrechnen lassen muß, kann nicht zweifelhaft sein, womit es auf die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorlag oder nicht, nicht mehr ankommt. Im übrigen aber muß der durch ihre genannten Lebensverhältnisse gegebene und tatsächliche Sachverhalt und der dadurch bestimmte Lebenszuschnitt maßgebend sein. Wenn sie danach jedoch zur Zeit des Todes des Versicherten außer freier Unterkunft und Verpflegung noch ein Taschengeld von monatlich 60,- DM hatte und außerdem 20.000,- DM bereits besaß und weitere 40.000,- DM zu erwarten hatte und darüber hinaus noch die Aussicht hatte, von einem weiteren Mietshaus ihrer Mutter in Köln nochmals 1/4 Anteil zu erben, war sie bei diesem durch Besitz und Vermögen fundierten Lebenszuschnitt nicht unterhaltsbedürftig. Der Senat ist davon überzeugt, daß Ende Dezember 1965 auch das zuständige Amtsgericht der Klägerin keinen Unterhaltsanspruch gegen ihren früheren Ehemann zugebilligt hätte, nachdem er aus dem Erwerbsleben endgültig ausgeschieden und für den Rest seines Lebens auf seine Rente angewiesen war, während sie wohlversorgt im Haushalt ihrer Mutter lebte. Daß die damals günstigen Lebensverhältnisse der Klägerin möglicherweise nicht von langer Dauer sein würden, weil sie zum Teil vom Weiterleben ihrer Mutter abhingen, kann hier nicht berücksichtigt werden. Das Gesetz kennt kein Wiederaufleben einer anfänglich nicht gegebenen Geschiedenen-Witwenrente für den Fall einer nachträglichen Verschlechterung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse.
Damit entfällt zugleich § 42 Satz 2 AVG. Sowohl der Unterhalt, der nach den Verhältnissen zur Zeit der Scheidung, als auch der, der nach den Verhältnissen der geschiedenen Ehegatten zur Zeit des Todes des Versicherten für die Klägerin angemessen war, wurde durch ihren "Eigenerwerb" gedeckt.
Somit erweist sich aus diesem Grunde das angefochtene Urteil im Ergebnis als zutreffend, so daß sich eine Erörterung der übrigen vom LSG aufgeworfenen Rechtsfragen erübrigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen