Verfahrensgang
Bayerisches LSG (Urteil vom 24.09.1965) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. September 1965 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.
Gründe
Die Versorgungsbehörde entzog durch Bescheid vom 24. Juni 1953 der Klägerin mit Ablauf des Monats Juli 1955 die ihr bis dahin nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. gewährte Rente. Das Sozialgericht (SG) hob diesen Bescheid mit Urteil vom 17. Dezember 1954 auf und verurteilte den Beklagten zur Weitergewährung der Rente nach einer MdE um 30 v.H. über den 31. Juli 1953 hinaus. Hiergegen legte der Beklagte Berufung ein und erteilte die Benachrichtigung vom 15. Februar 1955, in der ausgeführt ist, daß gegen das Urteil des SG Berufung eingelegt sei, gleichwohl aber nach § 154 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die im angefochtenen, noch nicht rechtskräftigen Urteil des SG zuerkannten Leistungen von dem Tage des Urteilserlasses an gewährt würden. Im Fall der Abänderung oder Aufhebung des Urteils des SG erfolge eine Neufeststellung der Rente; die inzwischen erhaltenen Bezüge seien dann dem Versorgungsamt (VersorgA) zurückzuerstatten. Das Landessozialgericht (LSG) hob auf die Berufung des Beklagten mit Urteil vom 18. Dezember 1959 das Urteil des SG vom 17. Dezember 1954 auf und wies die Klage ab. Das Bundessozialgericht (BSG) verwarf die Revision der Klägerin mit Beschluß vom 18. Mai 1960 als unzulässig.
Nunmehr führte die Versorgungsbehörde in der „Benachrichtigung” vom 21. April 1960 aus, daß mit Urteil des LSG vom 18. Dezember 1959 das Urteil des SG aufgehoben worden sei, so daß ihr die auf Grund dieses Urteils gewährten Versorgungsbezüge nicht zugestanden hätten und daher in Höhe von 1.592,50 DM zurückzuzahlen seien. Über die Rückforderung dieser Überzahlung ergehe noch besondere Anweisung. In einem Schreiben vom 12. Mai 1961 erklärte dann die Versorgungsbehörde, daß die Überzahlung zurückgefordert werde, daß aber bei der wirtschaftlichen Lage der Klägerin die Rückerstattung in monatlichen Baten von DM 20,– erfolgen könne. Der Widerspruch der Klägerin war erfolglose in den Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 1961 führte das Landesversorgungsamt (LVersorgA) ua aus, daß ein Verzicht auf die Einziehung gemäß § 47 Abs. 4 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) nicht in Betracht komme, weil die Klägerin bei ihren Einkommensverhältnissen ohne Gefährdung ihres Lebensunterhalts imstande sei, die Überzahlung in angemessenen Raten abzudecken. Die Rückforderung stelle daher keine besondere Härte im Sinne des § 47 Abs. 4 VerwVG dar.
Das SG hat mit Urteil vom 7. November 1962 die Klage gegen den Bescheid vom 12. Mai 1961 und den Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 1961 abgewiesen. Das LSG hat mit Urteil vom 24. September 1965 die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klägerin sei zur Rückzahlung eines Betrages von 1.592,50 DM verpflichtet. Der Beklagte sei auf Grund des Urteils des SG vom 17. Dezember 1954 verpflichtet gewesen, nach § 154 Abs. 2 SGG der Klägerin zunächst die Rente nach einer MdE von 30 v.H. weiterzugewähren, da seine Berufung gegen dieses Urteil nur insoweit aufschiebende Wirkung gehabt habe, als es sich um die Zahlung der Versorgungsbezüge für die Zeit vor dem Urteilserlaß gehandelt habe. Mit der Benachrichtigung vom 15. Februar 1955 habe er ausdrücklich darauf hingewiesen, daß er Berufung eingelegt habe und die Klägerin im Falle der Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Urteils die inzwischen erhaltenen Bezüge zurückerstatten müsse. Die Klägerin habe daher über ihre Rückerstattungspflicht nicht im unklaren sein können. Sie hätte sich nicht darauf verlassen dürfen, daß ihr die Rente zu Recht gewährt werde. Mit der Aufhebung des Urteils des SG vom 17. Dezember 1954 sei die Rente objektiv zu Unrecht gezahlt worden und die Rechtsgrundlage für die Rentengewährung entfallen. Mit der Rechtskraft des Urteils des LSG vom 18. Dezember 1959 stehe aber fest, daß die gewährten Leistungen der Klägerin nicht zugestanden hätten und von ihr zu Unrecht empfangen worden seien. Zu Unrecht empfangene Leistungen seien aber nach einem auf allen Rechtsgebieten geltenden Rechtsgrundsatz stets zurückzuerstatten; dies werde auch in § 47 VerwVG ausdrücklich bestimmt. Eine den Rückerstattungsanspruch verneinende Gesetzesvorschrift bestehe für derartige Fälle nicht. Die Klägerin könne ihr Begehren auch nicht auf § 47 Abs. 2 und 3 VerwVG stützen, da die Überzahlung weder auf einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse noch auf einer Berichtigung beruhe.
Die Klägerin könne sich auch nicht auf § 47 Abs. 4 und 7 VerwVG berufene Der § 47 Abs. 7 VerwVG scheide von vornherein aus, weil diese Vorschrift nur nicht einziehbare Forderungen betreffe. Nach § 47 Abs. 4 VerwVG könne auf die Rückerstattung verzichtet werden, wenn sie eine besondere Härte für den Verpflichteten bedeute. Die Entscheidung darüber 9 ob eine besondere Härte in diesem Sinne vorliege, stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltungsbehörde, das von den Gerichten nur im Rahmen des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG nachgeprüft werden könne. Ein Ermessensfehlgebrauch oder eine Willkür der Versorgungsbehörde sei nicht zu ersehen. Das VersorgA habe die maßgebende Verwaltungsvorschrift (VV) Nr. 15 ff zu § 47 Abs. 4 VerwVG beachtet und die Einkommensverhältnisse der Klägerin und ihre finanziellen Belastungen geprüft und gegenübergestellt und sei dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß es keine Härte bedeute, wenn von der Klägerin die Rückzahlung in angemessenen Raten von DM 20,– (im Verfahren vor dem SG vermindert auf DM 10,–) verlangt werde. Diese Feststellungen seien im Rahmen der Ermessensnachprüfung nicht zu beanstanden; auf keinen Fall liege ein willkürliches Handeln vor; denn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin seien keineswegs so ungünstig, daß von einer Notlage gesprochen worden könnte. Mit der Feststellung, daß ein Ermessensmißbrauch oder eine Ermessensüberschreitung nicht vorliege, erschöpfe sich die Nachprüfungsbefugnis des LSG. Das Gericht dürfe allenfalls die Grenzen eines gewissen Beurteilungsspielraums ziehen, diesen jedoch nicht einengen oder durch eine eigene Beurteilung der Sach- und Rechtslage ersetzen, selbst wenn ihm – was hier nicht zutrifft – im Einzelfall die von der Verwaltung getroffene Entscheidung nicht angemessen erscheinen sollte. In der Tatsache allein, daß Bezüge zurückgefordert würden, die auf Grund eines Gerichtsurteils gezahlt worden sind, liege keine Härte im Sinne des § 47 Abs. 4 VerwVG; denn der Klägerin sei auf Grund der Benachrichtigung vom 27. Februar 1955 von Anfang an bekannt gewesen, daß das zugrunde liegende Urteil nicht rechtskräftig sei und es sich somit nur um eine vorläufige und nicht um eine endgültige Zahlung handele. Sie sei im übrigen auch auf ihre spätere mögliche Rückerstattungspflicht ausdrücklich hingewiesen worden. Ob eine Rückforderung eine Härte darstelle, könne sich somit nur aus anderen, besonderen Umständen des Einzelfalles ergeben, wie Krankheit, Arbeitslosigkeit, finanzieller Notlage usw. In dieser Beziehung habe die Klägerin – abgesehen von gewissen, den Durchschnitt etwas überschreitenden finanziellen Verpflichtungen – nichts angeben können. Dem Beklagten könne somit nicht angelastet werden, er habe den Begriff des Härtefalles verkannt oder sein verwaltungsgemäßes Ermessen mißbraucht.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses der Klägerin am 13. Oktober 1965 zugestellte Urteil hat sie mit Schriftsatz vom 22. Oktober 1965, beim BSG am 25. Oktober 1965 eingegangen, Revision eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 2. Dezember 1965, beim BSG am 3. Dezember 1965 eingegangen, begründet.
Sie beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Bayerischen LSG vom 24. September 1965 und des SG Bayreuth vom 7. November 1962 die Bescheide des Beklagten vom 21. April 1960, 12. Mai 1961 und 20. Juni 1961 insoweit abzuändern, als damit ein Anspruch auf Rückforderung von Rentenbezügen in Höhe von 1.592,50 DM geltend gemacht wird;
den Beklagten ferner zu verurteilen, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Klage-, Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Die Klägerin rügt eine Verletzung des § 47 Abs. 1 und 4 VerwVG und des § 154 Abs. 2 SGG sowie der allgemeinen Rechtsgrundsätze über den Widerrufsvorbehalt. Sie trägt hierzu vornehmlich vor, das LSG habe zu Unrecht den Rückerstattungsanspruch des Beklagten bejaht. Unrichtig sei, daß die in Ausführung des Urteils des SG vom 17. Dezember 1954 vom Beklagten gewährten Rentenleistungen objektiv zu Unrecht gewährt worden seien, da der Beklagte diese Beträge nicht ohne Rechtsgrund, sondern eindeutig auf Grund eines Gerichtsurteils geleistet habe. Hieran ändere auch nichts der Umstand, daß das Urteil des SG vom 17. Dezember 1954 später durch die Entscheidung des LSG vom 18. Dezember 1959 wieder aufgehoben worden sei. Zwar sei damit festgestellt worden, daß ihr keine Rente zustehe; dies könne aber – ähnlich einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse – nur in die Zukunft wirken. Die vorläufige Zahlung einer Rente im Rahmen des § 154 Abs. 2 SGG auf Grund eines noch nicht rechtskräftigen Urteils rechtfertige die Annahme eines Vertrauensschutzes, der einen Widerruf dieser Zahlung unzulässig mache. Es sei nicht denkbar, daß der Gesetzgeber einerseits positive Urteile nach § 154 Abs. 2 SGG sofort nach ihrem Erlaß ausgeführt wissen wolle, andererseits aber die darauf erfolgten Zahlungen wieder zurückerstattet sehen möchte, wenn ein derartiges Urteil der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht standhalte. Demnach fehle es schon an einer objektiv zu Unrecht gewährten Leistung, so daß ein Rückerstattungsanspruch nicht bestehe. Aber selbst bei anderer Rechtsauffassung – also wenn die streitigen Versorgungsbezüge zu Unrecht gezahlt worden seien –, wäre der Beklagte an der Rückforderung durch § 47 Abs. 4 VerwVG gehindert. Der Gesetzgeber habe dem zwischen § 154 Abs. 2 SGG und § 47 VerwVG bestehenden Widerspruch dadurch begegnen wollen, daß er mit der Vorschrift des § 47 Abs. 4 VerwVG die Möglichkeit geschaffen habe, von dem Rückerstattungsanspruch dann abzusehen, wenn er nach den besonderen Umständen des Einzelfalles eine besondere Härte darstelle. Hätte der Gesetzgeber eine andere Handhabung gewollt, so hätte er sicherlich die Vorschrift des § 154 Abs. 2 SGG anders formuliert oder jedenfalls die Ausführung derartiger Urteile zurückgestellt und nur ausnahmsweise, etwa in dringenden Notfällen oder gegen Sicherheit, eine vorläufige Vollstreckbarkeit zugelassen. Sie, die Klägerin, erblicke jedenfalls in der Rückforderung im Hinblick auf ihren Vertrauensschutz zufolge des Urteils vom 17. Dezember 1954 eine unbillige Härte und halte die Voraussetzungen des § 47 Abs. 4 VerwVG für erfüllt.
Schließlich habe das LSG zu Unrecht auch eine besondere Härte im Sinne des § 47 Abs. 4 VerwVG wegen ihrer wirtschaftlichen Lage verneint. Entgegen der Annahme des LSG stelle die Rückforderung im Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheides eine besondere Härte dar; dies ergebe sich aus ihrem gesamten bisherigen Vorbringen und aus den im Laufe des bisherigen Verfahrens gemachten Angaben über ihre finanziellen Verpflichtungen. Das LSG habe zu Unrecht nur von Belastungen gesprochen, die den Durchschnitt etwas überschritten. Auch dann empfinde sie die Rückforderung noch als eine besondere Härte, wenn sie den Betrag in monatlichen Raten von 20,– bzw. 10,– DM abzahlen müsse. Unter diesen Umständen stelle die Ablehnung einer besonderen Härte durch den Beklagten einen Ermessensmißbrauch dar. Dies habe das LSG verkannt.
Im übrigen wird auf die Revisionsbegründung verwiesen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 12. Senats des Bayerischen LSG vom 24. September 1965 als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Wegen seines Vorbringens im einzelnen wird auf seinen Schriftsatz vom 13. Januar 1966 verwiesen.
Die gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Die zulässige Revision ist jedoch nicht begründet.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, die ihr nach Verkündung des Urteils des SG vom 17. Dezember 1954 auf Grund der Benachrichtigung der Versorgungsbehörde vom 15. Februar 1955 bis zur Aufhebung dieses Urteils gezahlten Versorgungsbezüge in Höhe von DM 1.592,50 an den Beklagten zurückzuerstatten. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend die Rückerstattungspflicht der Klägerin bejaht. Allerdings besteht die Rückerstattungspflicht der Klägerin nicht etwa deshalb, weil – wie das LSG meint – zu Unrecht empfangene Leistungen „nach einem auf allen Rechtsgebieten geltenden Rechtsgrundsatz stets” zurückzuerstatten seien. Einen solch allgemeinen Grundsatz kennt das Recht nicht. Soweit das LSG hierbei an die Grundsätze über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches –BGB–) gedacht haben sollte, verkennt es, daß auch eine ungerechtfertigte Bereicherung nicht „stets” zurückzuerstatten ist. Vielmehr kennt das BGB eine Reihe von Tatbeständen, bei deren Vorliegen eine Verpflichtung zur Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entfällt (so dazu die §§ 814, 815, 817 Satz 2 und 3, 818 Abs. 3, 821 BGB). Ebensowenig besteht im Recht der Kriegsopferversorgung ein allgemeiner Grundsatz, daß schlechthin die zu Unrecht empfangenen Leistungen zurückzuerstatten sind. Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 12. August 1966 (SozR VerwVG § 47 Nr. 19) ausgesprochen hat, bildet der Abs. 1 des § 47 VerwVG, der einleitend von der Rückerstattungspflicht zu Unrecht empfangener Leistungen spricht, keine selbständige Grundlage für einen Rückerstattungsanspruch der Versorgungsverwaltung, vielmehr können zu Unrecht empfangene Leistungen von der Versorgungsverwaltung nur unter den in den Abs. 2 und 3 des § 47 VerwVG näher bezeichneten besonderen Voraussetzungen vom Empfänger zurückgefordert werden; dieser ist also „zur Rückerstattung der Leistung” nicht „stets verpflichtet”. Gleichermaßen ist für das Gebiet des Verwaltungsrechts ein allgemeiner Rechtssatz der Art., daß zu Unrecht empfangene Leistungen stets zurückzuerstatten sind, unbekannt. Für das Gebiet des Beamtenrechts, auf dem gleichfalls Fälle von Überzahlungen von Bezügen vorkommen, können, bestimmt Abs. 2 des § 87 des Bundesbeamtengesetzes, daß der Beamte zuviel gezahlte Dienst- oder Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des BGB über die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben hat. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts besteht eine Rückerstattungspflicht bei zu Unrecht empfangenen öffentlichen Leistungen regelmäßig nur dann, wenn die Erlangung der Leistung in den Verantwortungsbereich des Empfängers fällt, zB der die Leistung gewährende begünstigende Verwaltungsakt erschlichen ist, oder wenn das öffentliche Interesse an der Rückerstattung gegenüber dem Vertrauensschutz des Berechtigten auf die Bestandskraft des begünstigenden Verwaltungsaktes überwiegt. Bei einer so unterschiedlichen Gestaltung des Rückerstattungsanspruchs bei zu Unrecht empfangenen Leistungen auf den einzelnen Rechtsgebieten kann von einem allgemein gültigen Grundsatz, daß zu Unrecht empfangene Leistungen stets zurückzuerstatten sind, nicht gesprochen werden.
Wenn somit das LSG den Anspruch der Beklagten auf Rückerstattung der nach Erlaß des noch nicht rechtskräftigen Urteils vom 17. Dezember 1954 gezahlten Versorgungsbezüge auch nicht auf den vom Berufungsgericht aufgestellten Grundsatz stützen konnte, daß zu Unrecht empfangene Leistungen „nach einem auf allen Rechtsgebieten geltenden Rechtsgrundsatz stets zurückzuerstatten” sind, so ist der vom Beklagten geltend gemachte Rückerstattungsanspruch aus anderen, dem Prozeßrecht selbst zu entnehmenden Gründen gerechtfertigt. Mach § 154 Abs. 2 SGG bewirkt die Berufung eines Landes (in der Kriegsopferversorgung) Aufschub, soweit es sich um Beträge handelt, die für die Zeit vor Erlaß des angefochtenen Urteils nachgezahlt werden sollen. Soweit es sich um Beträge handelt, die für die Zeit nach Erlaß des Urteils zu zahlen sind, ist das Urteil gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG vollstreckbar und das Land zur Gewährung der Versorgungsleistungen aus dem Urteil verpflichtet, um insoweit eine Vollstreckung abzuwenden. Wird zur Erfüllung die der Verpflichtung und in Ausführung des Urteils des SG ein Bescheid erteilt, so handelt es sich nur um eine vorläufige Regelung des Versorgungsrechtsverhältnisses (BSG 9, 169 und BSG in BVBl 1966 S. 107), die noch nichts über die endgültige Gestaltung des zwischen den streitenden Beteiligten bestehenden Rechtsverhältnisses besagt. Der aus dem Urteil des SG versorgungsberechtigte Kläger wird mithin so gestellt, als wenn er im Zivilprozeß ein vorläufig vollstreckbares Urteil erwirkt hätte 9 nach welchem ihm Leistungen vom Urteilserlaß an zu gewähren sind. Werden solche Leistungen gewährt, so handelt es sich – ebenso wie bei der Befriedigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung im Zivilprozeß – um „die vorläufige Regelung des Streitverhältnisses zugunsten des Berechtigten, aber unter voller Wahrung der Rechte des Verpflichteten” (siehe dazu BSG 9, 169, 170 mit weiteren Nachweisen). Über die Rechtsfolgen, die dann eintreten, wenn auf das noch nicht rechtskräftige, aber vollstreckbare Urteil von der Versorgungsbehörde im Rahmen des § 199 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 154 Abs. 2 SGG Leistungen gewährt worden sind, das Urteil aber später aufgehoben oder abgeändert wird, ist im SGG selbst nichts gesagt. In der Zivilprozeßordnung (ZPO) jedoch ist eine besondere Regelung für den Fall getroffen worden, daß ein Kläger aus einem noch nicht rechtskräftigen, aber für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil, das später aufgehoben oder abgeändert wird, Leistungen erlangt hat. Dazu ist im § 717 Abs. 2 ZPO bestimmt, daß der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Diese Vorschrift muß auch im sozialgerichtlichen Verfahren in den entsprechenden Fällen, in denen ein Kläger auf Grund eines noch nicht rechtskräftigen Urteils gem. § 154 Abs. 2 SGG Leistungen erhält, das Urteil aber später aufgehoben oder abgeändert wird, entsprechende Anwendung finden. Dem steht nicht etwa der § 198 Abs. 2 SGG entgegen, wonach die Vorschriften über die vorläufige Vollstreckbarkeit in der ZPO nicht anzuwenden sind. Der § 717 Abs. 2 ZPO ist nämlich keine „Vorschrift über die vorläufige Vollstreckbarkeit” i.S. des § 198 Abs. 2 SGG. Er gibt vielmehr unter bestimmten prozeßrechtlichen Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch; es handelt sich also nicht um eine Vollstreckungsvorschrift, sondern um eine in der ZPO besonders ausgestaltete materiell-rechtliche Regelung eines Schadensersatzanspruchs (vgl. Bettermann, JZ 1960 S. 339 mit weiteren Hinweisen). Hierbei handelt es sich auch nicht etwa um den einzigen Fall einer derartigen Regelung, denn in der ZPO sind – in Abweichung von den Bestimmungen des BGB – noch weitere Vorschriften über die Verpflichtung zum Schadensersatz enthalten, die ihrer Natur nach nicht prozessualer, sondern materiell-rechtlicher Art. sind (so § 302 Abs. 4, § 510 b, § 600 Abs. 2, § 840 Abs. 2, § 945 ZPO). Wenn sonach der § 717 Abs. 2 ZPO nicht die „vorläufige Vollstreckbarkeit” eines Urteils betrifft, so steht auch der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift im sozialgerichtlichen Verfahren nicht der § 198 Abs. 2 SGG entgegen.
Die entsprechende Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO wäre demnach im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 202 SGG geboten. Bedenken bestehen dagegen allerdings insofern, als § 202 SGG die Vorschriften der ZPO für anwendbar erklärt, soweit das SGG keine „Bestimmungen über das Verfahren” enthält. Bei enger Auslegung dieses Begriffs „Verfahrensbestimmungen” aber können darunter nicht materiell-rechtliche Vorschriften verstanden werden, die einen Schadensersatzanspruch gewähren, wenn auf ein vollstreckbares Urteil hin Leistungen gewährt worden sind, das Urteil aber später aufgehoben oder abgeändert worden ist. Jedoch kann die Frage, ob § 717 Abs. 2 ZPO unmittelbar über § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden ist, dahinstehen, weil jedenfalls im Wege der Lückenausfüllung die im § 717 Abs. 2 ZPO enthaltene Regelung entsprechend im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit Geltung erhalten muß. Das SGG hat nämlich nicht die Rechtsfolgen geregelt, die dann eintreten, wenn Leistungen auf Grund eines vollstreckbaren Urteils erbracht worden sind, das später wieder aufgehoben worden ist. Das Fehlen einer Regelung für solchen Fall kann – sofern die Annahme abgelehnt wird, daß über § 202 SGG eine dem § 717 Abs. 2 ZPO entsprechende Regelung getroffen worden ist – nur auf einem Versehen des Gesetzgebers beruhen. Auf allen anderen Rechtsgebieten ist für den vergleichbaren Fall eine Regelung vom Gesetz getroffen worden. In der Arbeitsgerichtsbarkeit ist dies durch § 62 Abs. 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) und die danach anwendbare Vorschrift des § 717 Abs. 2 ZPO geschehen (vgl. Dersch/Volkmar – Arbeitsgerichtsgesetz – Kommentar, 60 Aufl. 1955 § 62 Anm. 27 f und Anm. 28), in der Finanzgerichtsbarkeit durch die über § 151 Abs. 1 FGO anwendbare Vorschrift des § 717 Abs. 2 ZPO (vgl. Görg/Müller – Finanzgerichtsordnung – Kommentar 1966 § 151 Anm. 815) und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch § 167 Abs. 1 VGO, der zwar auch nur „für die Vollstreckung” die Anwendung des 80 Buches der ZPO vorschreibt, womit jedoch nach einhelliger Ansicht auch die Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO einbegriffen ist (vgl. Koehler – Verwaltungsgerichtsordnung – Komm. 1960 § 167 Anm. III Nr. 4, Schunck/De Clerck – Verwaltungsgerichtsordnung – Komm. 1961 § 167 Anm. I b, Anm. II f, gg und Klinger, Komm, zur Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl, 1964 § 168 Anm. B 3 e, die ausdrücklich die Anwendbarkeit des § 717 Abs. 2 ZPO hervorheben. Der gleichen Ansicht sind auch Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit 1960 § 167 Anm. II und Eyermann/Froehler – Verwaltungsgerichtsordnung – 4. Aufl. 1965 § 167 Anm. 17, welche die Anwendbarkeit der §§ 708 ff ZPO annehmen, ohne dabei den § 717 Abs. 2 ZPO auszunehmen). Im Hinblick auf diese, auf allen anderen Rechtsgebieten getroffene Regelung über die Folgen einer Bewirkung von Leistungen aus einem noch nicht rechtskräftigen, aber vollstreckbaren Urteil, das später aufgehoben und abgeändert wurde, muß gefolgert werden, daß im SGG eine entsprechende Regelung für einen solchen Fall nur versehentlich unterblieben ist. Diese im SGG vorhandene Lücke muß daher ausgefüllt werden. Sie kann aber, nachdem auf allen anderen Rechtsgebieten diese Regelung durch die Anwendbarkeit des § 717 Abs. 2 ZPO getroffen worden ist, auch im sozialgerichtlichen Verfahren nur in dem Sinne geschlossen werden, daß für diesen Fall der § 717 Abs. 2 ZPO entsprechend angewendet wird.
Die Stellung des Gläubigers, der aus einem noch nicht rechtskräftigen aber bereits vollstreckbaren Urteil erster Instanz Leistungen erhalten hat, ist in der Sozialgerichtsbarkeit die gleiche wie die des Gläubigers eines vorläufig vollstreckbaren Urteils, das in einer anderen Gerichtsbarkeit ergangen ist. Es besteht daher kein Grund, die entsprechende Anwendbarkeit des § 717 Abs. 2 ZPO in der Sozialgerichtsbarkeit etwa nur mit Einschränkungen oder Abänderungen – sei es zu Gunsten oder zu Ungunsten des Gläubigers – zu gestalten. Auch in der Sozialgerichtsbarkeit erfolgt die Vollstreckung aus einem noch nicht rechtskräftigen Urteil oder die Entgegennahme der Zahlung zur Abwendung einer Vollstreckung aus solchem Titel auf Gefahr des Gläubigers (vgl. RGZ 108, 256). Ebenso wie mit der vorläufigen Vollstreckbarkeit von Titeln wird mit der Regelung des § 154 Abs. 2 i.V.m. § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG erreicht, daß der Kläger schon vor Rechtskraft des ihm günstigen Urteils die ihm zuerkannten Leistungen vom Urteilserlaß an erhält, um ihn gegen die Nachteile einer längeren Prozeßdauer zu schützen, ohne daß ihm damit ein sachliches Recht gegenüber der Versorgungsbehörde eingeräumt wird (s. dazu Baumbach/Lauterbach, ZPO, 26. Aufl., § 717, 2 A). Die Entgegennahme der Leistung wie auch die Vollstreckung zur Erzwingung der Leistung gehen auf seine Gefahr. Wird das Urteil der ersten Instanz, auf dem diese Leistung beruht, aufgehoben, so muß der Empfänger der Leistungen nach dem auf allen Rechtsgebieten geltenden Grundsatz des § 717 Abs. 2 ZPO mindestens das erstatten, was er aus dem Urteil erlangt hat. Voraussetzung ist hierfür nicht etwa, daß ein in Ausführung des noch nicht rechtskräftigen Urteils erlassener Bescheid noch besonders aufgehoben wird (vgl. BSG 9, 169, 170). Ferner hängt auch in der Sozialgerichtsbarkeit bei entsprechender Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO die Verpflichtung zur Rückerstattung der empfangenen Leistung aus dem noch nicht rechtskräftigen und später aufgehobenen Urteil nicht davon ab, daß sie „rechtswidrig” (zu Unrecht) erlangt ist und ein Verschulden des Klägers vorliegt. Die Rückerstattungsverpflichtung der aus einem nicht rechtskräftigen, im Berufungsverfahren aufgehobenen oder abgeänderten Urteil erlangten Leistung ergibt sich auch hier allein aus der Tatsache der Vollstreckung oder Entgegennahme dieser Leistung durch den Kläger; insoweit handelt es sich um einen Anspruch „aus Gefährdungshaftung” im weitesten Sinne (so dazu RGZ 74, 249; 106, 289 ff; 108, 253, 256; 113, 125, 134; 157, 14, 18; BGHZ 9, 202, 212). Da im vorliegenden Fall die Klägerin aus dem noch nicht rechtskräftigen Urteil des SG Bayreuth vom 17. Dezember 1954 im Rahmen des § 154 Abs. 2 SGG Leistungen erhalten hat und dieses Urteil auf die Berufung des Beklagten vom Bayerischen LSG mit Urteil vom 18. Dezember 1959 aufgehoben worden ist, muß sie somit diese Leistungen gemäß dem entsprechend anwendbaren § 717 Abs. 2 ZPO an den Beklagten zurückerstatten.
Der Einwand der Klägerin, sie habe auf die Beständigkeit des erstinstanzlichen Urteils vertrauen dürfen, ist rechtlich unerheblich angesichts der Tatsache, daß der Leistungsempfang von vornherein mit der Rückgabeverpflichtung bei anderweitiger Entscheidung der Berufungsinstanz belastet war, und daher der § 717 Abs. 2 ZPO einen Schadensersatzanspruch ungeachtet eines Vertrauens in den Bestand des erstinstanzlichen Urteils gewährt. Abgesehen davon, daß die Grundsätze für den Schutz des Vertrauens regelmäßig nur gegenüber bindend gewordenen Entscheidungen gelten (vgl. BSG in BVBl 1966 S. 107), kann sich die Klägerin im vorliegenden Fall auch schon deshalb nicht auf einen Vertrauensschutz berufen, weil die Versorgungsbehörde in der Benachrichtigung vom 15. Februar 1955 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß im Falle der Abänderung oder Aufhebung des Urteils des SG Bayreuth vom 17. Dezember 1954 die inzwischen erhaltenen Bezüge dem Versorgungsamt zurückzuerstatten sind.
Zu dem gleichen Ergebnis, zu dem der erkennende Senat gekommen ist, nämlich daß die auf Grund eines noch nicht rechtskräftigen, aber vollstreckbaren erstinstanzlichen Urteils empfangenen Leistungen der Versorgungsbehörde als Schaden zurückzuerstatten sind, wenn das erstinstanzliche Urteil später in der Berufungsinstanz aufgehoben oder abgeändert wird, sind bereits der 80 Senat des BSG in seinem Urteil vom 7. Dezember 1961 – 8 RV 93/60 – (nicht veröffentlicht) und der 9. Senat in seinem Urteil vom 13. Januar 1966 – 9 RV 614/63 – (BVBl 1966 s. 107) gekommen. In beiden Entscheidungen ist der Rückerstattungsanspruch auf § 47 Abs. 1 VerwVG gestützt worden. Dagegen hat der erkennende Senat schon insoweit Bedenken, als diese Vorschrift als selbständige Anspruchsgrundlage angesehen worden ist (vgl. zur anderweitigen Ansicht: BSG in SozR § 47 VorwVG Nr. 19 mit weiteren Zitaten). Weiterhin sind die auf Grund gesetzlicher Vorschriften (§§ 154 Abs. 2 i.V.m. 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG) gewährten Leistungen als „zu Unrecht empfangene Leistungen” i. S. des § 47 Abs. 1 VerwVG angesehen worden, obwohl es mindestens sehr umstritten ist, ob die auf Grund eines vorläufigen, aber zur Vollstreckung geeigneten Titels empfangenen Leistungen als „unrechtmäßig empfangene Leistungen” angesehen werden können, wenn der Titel erst später aufgehoben wird (vgl. dazu Bettermann in JZ 1960 S. 335, 339 mit weiteren Hinweisen). Schließlich erscheint es auch rechtspolitisch bedenklich, die Rechtsfolgen, die sich unter den Voraussetzungen des § 154 Abs. 2 i.V.m. § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG ergeben können, nicht für alle Gebiete der Sozialgerichtsbarkeit einer einheitlichen Regelung zuzuführen, sondern sie für das Gebiet der Kriegsopferversorgung – ungeachtet der anderen Rechtsgebiete – einer nur für das Gebiet der Kriegsopferversorgung geltenden Vorschrift unterzuordnen. Jedoch konnte der Senat dahinstehen lassen, ob die vom 80 und 9. Senat vertretene Rechtsauffassung aus den oben erwähnten Gesichtspunkten abzulehnen ist, so daß es auch insoweit nicht einer Anrufung des Großen Senats des BSG gem. § 42 SGG bedurfte. Die Klägerin ist nämlich in jedem Fall zur Rückerstattung der ihr auf Grund des noch nicht rechtskräftigen Urteils des SG Bayreuth vom 17. Dezember 1954 gezahlten DM 1.592,50 verpflichtet, gleichgültig ob diese Verpflichtung allein auf die entsprechende Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO oder außerdem auch noch auf § 47 Abs. 1 VerwVG gestützt werden kann.
Gegenüber diesem Anspruch des Beklagten macht die Klägerin geltend, daß die Rückforderung für sie eine besondere Härte darstelle und daher ihre Rückerstattungsverpflichtung entfalle. Sie beruft sich damit auf § 47 Abs. 4 VerwVG. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine allgemein für Erstattungsansprüche gegen Versorgungsberechtigte geltende Regelung, die nicht auf die nach § 47 Abs. 2 und 3 gestützten Rückerstattungsansprüche beschränkt ist, so daß der Anwendung dieser Vorschrift nicht im Wege stände, daß im vorliegenden Fall die Rückerstattungspflicht nicht auf § 47 VerwVG gestützt ist. Es besteht nämlich ein allgemeiner Grundsatz, daß auf eine öffentlich-rechtliche Forderung verzichtet werden kann, wenn ihre Einziehung für den Verpflichteten eine besondere Härte bedeutet (so dazu § 54 der Reichshaushaltsordnung i.V.m. § 66 der Wirtschaftsbestimmungen für die Reichsbehörden). Dieser Grundsatz ist für die Rückerstattungsansprüche der Versorgungsbehörden lediglich nochmals in § 47 Abs. 4 VerwVG konkretisiert wordene im vorliegenden Fall läßt sich das Begehren der Klägerin jedoch nicht auf § 47 Abs. 4 VerwVG stützen, wie bereits das LSG im Ergebnis zutreffend entschieden hat. Zwar handelt es sich bei dem nach dieser Vorschrift möglichen Verzicht der Versorgungsbehörde um eine Ermessensentscheidung im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG. Aus diesem Umstand kann jedoch nicht gefolgert werden, daß auch die Entscheidung darüber allein ihrem Ermessen unterliegt, ob die Rückforderung eine besondere Härte im Sinne dieser Vorschrift bedeutet (BSG 10, Senat vom 7. Dezember 1965, BVBl 1966 S. 66). Die Ausübung des Ermessens der Behörde ist erst dann möglich, wenn die Voraussetzung dafür erfüllt ist, nämlich wenn eine „besondere Härte” vorliegt. Liegt sie nicht vor, kann und darf die Versorgungsbehörde auf den Rückerstattungsanspruch nicht verzichten; liegt sie vor, s. tritt dann erst die Ermessensprüfung der Beklagten ein (s. dazu auch BSG in BVBl 1966 S. 107 ff). Bei dem Begriff „besondere Härte” handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Inhalt und Umfang das Gericht zu ermitteln und nachzuprüfen hat, ob die Auslegung, welche die Versorgungsbehörde dem Begriff gegeben hat, dem Gesetz entspricht (allg. zum unbestimmten Rechtsbegriff vgl. BSG 10, 51, 53). Zu dem Begriff „besondere Härte” hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 7. Dezember 1965 – 10 RV 291/64 – (BVBl 1966 S. 66, 67) ausgeführt, daß die Frage 9 ob eine „besondere Härte” im Sinne des § 47 Abs. 4 VerwVG vorliegt, nur entschieden werden kann, wenn die für den Einzelfall in Betracht kommenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse geprüft und die Einkünfte den notwendigen Ausgaben gegenübergestellt werden. Es sind dabei die Einkünfte des Empfängers und die für seinen und seiner Familie notwendigen Lebensunterhalt erforderlichen Bedürfnisse zu überprüfen (vgl. auch BSG 11, 44, 49; SozR VerwVG § 47 Nr. 8 und Nr. 15). Das LSG hat in dem angefochtenen Urteil festgestellt, daß das VersorgA die Einkommensverhältnisse der Klägerin und ihre finanziellen Belastungen geprüft und gegenübergestellt hat, daß insbesondere hinsichtlich der Belastungen die Klägerin selbst – abgesehen von gewissen, den Durchschnitt etwas übersteigenden finanziellen Verpflichtungen – keine Umstände, wie Krankheiten oder Arbeitslosigkeit angegeben hat, aus denen sich eine finanzielle Notlage ergeben könnte. Das LSG hat demnach ohne Rechtsirrtum annehmen können, daß nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin keine „besondere Härte” im Sinne des § 47 VerwVG vorliegt. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang in ihrer Revisionsbegründung auf ihr bisheriges Vorbringen und ihre Angaben über ihre finanziellen Verpflichtungen hinweist und dem LSG vorwirft, es habe nur von Belastungen gesprochen, die den Durchschnitt etwas überschritten, will sie offenbar eine Verletzung des § 128 SGG rügen und die Feststellung des LSG angreifen, daß keine überdurchschnittlichen finanziellen Belastungen der Klägerin vorgelegen haben. Diese Rüge greift schon mangels Substantiierung nicht durch (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG). Die Klägerin hat keine Tatsachen und Beweismittel dafür angegeben, warum und in welcher Beziehung das LSG bei dieser Fest Stellung sein Recht zur freien Beweiswürdigung verletzt, insbesondere gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze des täglichen Lebens verstoßen haben soll (BSG 2, 236). Die Bezugnahme auf ihr früheres Vorbringen in den Tatsacheninstanzen reicht jedenfalls für die Rüge eines wesentlichen Verfahrensmangels im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht aus (s. dazu BSG in SozR SGG § 164 Nr. 33). Somit ist für den Senat gemäß § 163 SGG bindend festgestellt, daß – abgesehen von gewissen, den Durchschnitt etwas überschreitenden finanziellen Verpflichtungen – nichts auf eine besondere Notlage der Klägerin hindeutet. Bei dieser Feststellung aber hat das LSG zutreffend eine „besondere Härte” im Sinne des § 47 Abs. 4 VerwVG verneint. Unter diesen Umständen konnte und durfte aber auch die Versorgungsbehörde nicht mehr von ihrem Ermessen Gebrauch machen und in diesem Rahmen etwa auf den Rückerstattungsanspruch verzichten.
Da somit das LSG im Ergebnis zutreffend die Rückerstattungspflicht der Klägerin bejaht hat, ist die Revision unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 SGG.
Unterschriften
Dr. Tesmer, Sautter, Dr. Brocke
Fundstellen