Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzung für die Anwendung des FRG § 5, daß der Verletzte nach dem im Geltungsbereich des FRG geltenden Recht versichert gewesen wäre (FRG § 5 Abs 2), ist auch gegeben, wenn die Folgen des Unfalls, falls er sich im Geltungsbereich des FRG ereignet hätte, Entschädigungsansprüche nicht nach dem 3. Buch der RVO idF vor Inkrafttreten des UVNG, sondern nach dem Gesetz betreffend die Unfallfürsorge für Gefangene vom 1900-06-30 begründet haben würden (Weiterentwicklung von BSG 1962-01-30 2 RU 194/58 = BSGE 16, 140).
Normenkette
FRG § 5 Abs. 2 Fassung: 1960-02-25; FANG Art. 1 Fassung: 1960-02-25; GefUFG
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden Württemberg vom 25. April 1962 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger war im Jahre 1954 in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wegen Wirtschaftsvergehens zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden. Während der Verbüßung dieser Strafe arbeitete er unter Tage in einem Bergbaubetrieb in Eisleben und verunglückte dort bei der Arbeit am 8. Oktober 1954. Er zog sich eine Weichteilverletzung am rechten Ohr, einen Teilverlust des dritten und fünften Fingers sowie einen völligen Verlust des vierten Fingers der rechten Hand zu. Die Sozialversicherung der SBZ gewährte ihm vom 1. Mai 1955 an eine Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30. v. H., vom 15. Juni 1955 an nach einer MdE um 25 v. H.
Nach die Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1955 beim Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften die Gewährung von Unfallrente. Die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung (BAfU) lehnte nach längerem Schriftwechsel mit der Bergbau-Berufsgenossenschaft schließlich durch Bescheid vom 24. Juni 1957 den Entschädigungsanspruch ab und begründete das damit, daß die BAfU für die Entschädigung von Unfällen während einer Strafhaft in der SBZ nicht zuständig sei und ihre Zuständigkeit auch nicht durch das Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz (FAG) begründet werde.
Auf die Klage hiergegen hat das Sozialgericht (SG) Stuttgart durch Urteil vom 7. Oktober 1958 den Bescheid aufgehoben und festgestellt, daß die BAfU der zuständige Versicherungsträger für eine Entschädigung aus dem Unfall des Klägers vom 8. Oktober 1954 ist.
Die von der Beklagten hiergegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg - nach Beiladung der Bergbau-Berufsgenossenschaft - durch Urteil vom 25. April 1962 zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Das Urteil des LSG ist u. a. auf folgende - eingehend begründeten - Erwägungen gestützt: Der Kläger sei während der Arbeit als Strafgefangener in der SBZ nach dem Sozialversicherungsrecht der SBZ gegen Unfall versichert gewesen. Er habe jedoch die Arbeit nicht auf Grund eines freien Arbeitsverhältnisses verrichtet und hätte, wenn sich der Unfall in der Bundesrepublik ereignet hätte, keine Entschädigungsansprüche nach dem Dritten Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO), sondern nur Ansprüche nach dem Gefangenen-Unfallfürsorge-Gesetz (GUFG) gehabt; dieses Gesetz gehöre jedoch zu den Vorschriften im Sinne des § 2 FAG. Auch die Voraussetzungen des § 5 des Fremdrentengesetzes (Art. 1 FANG) seien gegeben, wenn ein Unfall nach dem in der Bundesrepublik geltenden Recht Entschädigungsansprüche nur nach dem GUFG begründen würde. Infolgedessen sei sowohl nach dem FAG als auch nach dem Fremdrentengesetz die BAfU für die Entschädigung der Unfallfolgen zuständig. Gegen das am 20. Juli 1962 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 4. August 1962 Revision eingelegt und sie am 4. September 1962 begründet.
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Stuttgart aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 24. Juni 1957 abzuweisen,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Die beigeladene Bergbau-Berufsgenossenschaft beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Kläger war im Verfahren vor dem Bundessozialgericht nicht durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten vertreten (vgl. § 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
II.
Die durch Zulassung statthafte und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegte Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG). Sie hatte jedoch keinen Erfolg.
Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß ein Anspruch des Klägers auf Entschädigung für die Folgen des Unfalls in einem Bergbauunternehmen der SBZ am 8. Oktober 1954 gegen einen Versicherungsträger der gesetzlichen Unfallversicherung in der Bundesrepublik nur aus dem Fremdrentenrecht hergeleitet werden kann (Fremdrenten - und Auslandsrentengesetz vom 7.8.1953, BGBl 1953 I 848, 1956 I 17 und 767 - FAG; Fremdrentengesetz - FRG -, Art. 1 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz - FANG - vom 25.2.1960, BGBl I 93).
Für die Zeit bis zum Inkrafttreten des FANG ist somit ausschließlich das FAG maßgebend. Das LSG hat ohne Rechtsirrtum entschieden, daß der Kläger hiernach zu dem grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis gehört. Er hielt sich im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ständig im Geltungsbereich des FAG auf und erhielt von der Sozialversicherung der SBZ keine Leistungen mehr (§ 1 Abs. 1 FAG). Auch die Voraussetzung, daß der Kläger während der Strafhaft bei einem außerhalb des Geltungsbereichs des FAG befindlichen deutschen Versicherungsträger gegen Unfälle bei der Arbeit versichert war (§ 1 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 6, Abs. 7 FAG), hat das LSG zutreffend bejaht, so daß dahingestellt bleiben kann, ob das für die Strafgefangenen in der SBZ geltende Sozialversicherungsrecht (hier: VO über die Sozialpflichtversicherung vom 28.1.1947, Arbeit und Sozialfürsorge 1947, S. 92; VO über die Sozialversicherung vom 26.4.1951, GBl S. 325) zu dem Recht gehört, dessen Auslegung im vorliegenden Fall vom Revisionsgericht nachgeprüft werden kann (vgl. z. B. BSG 16, 140, 143).
Entgegen dem Vorbringen der Revision sind die Feststellungen des LSG auch ausreichend, um die Schlußfolgerung zu rechtfertigen, daß der Kläger die für ihn berufsfremde und ungewohnte Arbeit unter Tage, bei der sich der Unfall ereignet hat, auf Grund eines durch Zwang begründeten öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnisses verrichtet hat. Es besteht im vorliegenden Fall kein Anhalt dafür, daß diese Arbeit im Oktober 1954 unter Verhältnissen ausgeführt worden ist, wie sie den Senat im Urteil vom 6. April 1960 (BSG 12, 71; vgl. aber Rösener, BG 1960, 407) veranlaßt haben, unmittelbare arbeitsrechtliche Beziehungen zwischen den Gefangenen und dem Unternehmen, in dem sie beschäftigt wurden, und insbesondere das Bestehen einer vom Gefangenendasein getrennten, einem freien Arbeitsverhältnis vergleichbaren Lebenssphäre während der Arbeit anzunehmen.
Daraus ergibt sich aber, daß der Kläger, wenn er unter gleichen Verhältnissen im Geltungsbereich der RVO - vor dem Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes - UVNG - vom 30. April 1963 (BGBl I 241) - verunglückt wäre, einen Entschädigungsanspruch für die Folgen des Unfalls nicht nach dem Dritten Buch der RVO, sondern nach dem Gesetz betreffend die Unfallfürsorge für Gefangene vom 30. Juni 1900 (RGBl 536 - GUFG -) gehabt hätte. Wie der erkennende Senat jedoch bereits im Urteil vom 30. Januar 1962 (BSG 16, 140) mit näherer Begründung, auf die Bezug genommen wird, dargelegt hat, wird der Leistungsanspruch nach dem FAG dadurch nicht in Frage gestellt, daß sich Art und Höhe der Leistungen (vgl. § 2 FAG) nach dem GUFG bestimmen. Der Senat hat in diesem Urteil auch bereits entschieden, daß an die Stelle des nach dem GUFG zuständigen Generalstaatsanwalts nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 FAG die BAfU tritt.
Im Urteil vom 30. Januar 1962 hat allerdings der Senat die Frage offenlassen können, welche Bedeutung es hat, daß seit dem Inkrafttreten des FANG das Fremdrentenrecht grundsätzlich von dem sogenannten "Eingliederungsprinzip" beherrscht wird (vgl. z. B. Jantz/Zweng/Eicher, Das Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts, 2. Aufl., Anm. 2 zu § 5 FRG). Für die Unfallversicherung ist hierbei von Bedeutung, daß der außerhalb des Geltungsbereichs des FRG Verunglückte durch das FRG nicht schlechthin so gestellt wird, als ob sich der Unfall innerhalb dieses Geltungsbereich ereignet hätte. Vielmehr ist, abgesehen von dem in § 5 Abs. 1 Nr. 2 b FRG (vgl. § 17 Abs. 8 FAG) geregelten Sonderfall, auch weiterhin Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach Fremdrentenrecht, daß der Verletzte nach dem am Unfallort geltenden Recht bei einem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung versichert war (§ 5 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 a FRG). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall vom LSG, wie bereits für das FAG dargelegt, zutreffend bejaht worden (vgl. auch §§ 3, 6 FRG).
Dagegen bedarf es im vorliegenden Fall einer besonderen Prüfung, ob ein Unfall nicht als "Arbeitsunfall" gilt, wenn nach dem am Aufenthaltsort im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht (§ 7 FRG) ein Entschädigungsanspruch für die Folgen des Unfalls nur nach dem GUFG begründet gewesen wäre (vgl. § 5 Abs. 2 FRG), und ob das GUFG zu den "für die gesetzliche Unfallversicherung maßgebenden bundesrechtlichen Vorschriften" (§ 5 Abs. 1 FRG) gehört.
Diese Frage ist seit dem Inkrafttreten des UVNG dadurch gegenstandslos, daß der Gesetzgeber das GUFG aufgehoben und Strafgefangene bei der Arbeit unmittelbar dem Versicherungsschutz gegen Arbeitsunfälle nach dem Dritten Buch der RVO unterstellt hat (§ 540 RVO; Art. 4 § 16 Abs. 2 Nr. 1 UVNG). Das LSG hat die Frage jedoch auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des UVNG zutreffend entschieden.
Der Auffassung, daß ein nach dem GUFG zu entschädigender Unfall eines Strafgefangenen bei der Arbeit zu den Arbeitsunfällen im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 FRG gehört, steht nicht entgegen, daß das Dritte Buch der RVO grundsätzlich nur Unfälle bei einer freien Arbeitstätigkeit erfaßt (vgl. z. B. RVO Mitgl. Komm., 2 Aufl., S. 66 Anm. 5 d zu § 544; Lauterbach, Unfallversicherung, 2. Aufl., Anm. 9 f zu § 537). Schon die Entstehungsgeschichte des GUFG weist darauf hin, daß beabsichtigt war, die zusammen mit dem GUFG in der Nr. 26 des Reichsgesetzblattes 1900 unter dem Datum des 30. Juni 1900 veröffentlichen fünf Unfallversicherungsgesetze durch das GUFG zu ergänzen und auch für Unfälle von Strafgefangenen bei der Arbeit einen eng an diese Unfallversicherungsgesetze angelehnten Versicherungsschutz zu schaffen (vgl. z. B. Bundesrats-Drucks. Session 1899 Nr. 144 S S. 10, 13). Aus dem im Namen des GUFG und auch in der Überschrift vor § 1 verwendeten Begriff "Fürsorge" lassen sich schon deshalb keine zwingenden Schlüsse ziehen, weil, wie das Schleswig-Holsteinische LSG in einem Urteil vom 28. Mai 1958 (Breithaupt 1958, 935, 938) ausführlich dargelegt hat, zur Zeit der Entstehung der Gesetze vom 30. Juni 1900 die begriffliche Unterscheidung zwischen "Versicherung", "Versorgung" und "Fürsorge" noch in den Anfängen ihrer Entwicklung war. Entscheidend ist vielmehr, daß der Wortlaut des GUFG weitgehend der Ausdrucksweise der fünf Unfallversicherungsgesetze angepaßt ist und das GUFG den verletzten Gefangenen einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf "Entschädigung" einräumt (vgl. §§ 1 Abs. 1, 2, 3, 4 Abs. 4, 7, 10, 11, 12 GUFG), der hinsichtlich der Voraussetzungen (vgl. §§ 1, 2 GUFG) und der Art der Leistungen (vgl. §§ 3, 4, 5 GUFG) weitgehend dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung entspricht. Insbesondere ist bedeutsam, daß das GUFG nicht schlechthin eine "Fürsorge" für Unfälle während der Gefangenschaft regelt, sondern auf Unfälle bei Tätigkeiten beschränkt ist, "bei deren Ausübung freie Arbeiter nach den Bestimmungen der Reichsgesetze über Unfallversicherung versichert sein würden" (§ 1 GUFG). Der Auffassung, daß durch das GUFG ein dem Unfallrecht entsprechender Versicherungsschutz geschaffen werden sollte, steht auch nicht entgegen, daß der Gesetzgeber Einschränkungen gegenüber dem Recht der Unfallgesetze für erforderlich gehalten hat - z. B. die Versagungsmöglichkeit bei Unfällen, die auf einer "groben Verletzung der Hausordnung" beruhen (§ 2 Abs. 2 GUFG), und den Fortfall der Hinterbliebenenentschädigung, "wenn Tatsachen vorliegen, aus welchen zu schließen ist, daß der Getötete auf freiem Fuße zum Unterhalt seiner Angehörigen nichts beigetragen hätte" (§ 4 Abs. 4 GUFG).
Das gleiche gilt von der Beschränkung der Höhe der Rentenansprüche durch die auch für die damalige Zeit verhältnismäßig niedrigen Höchstbeträge in §§ 3, 4 GUFG (vgl. dagegen jetzt § 576 Abs. 6 RVO). Dieser Unterschied in der Höhe der Leistungen ist überdies im Jahre 1936 durch die Verfügung des Reichsministers der Justiz vom 3. Januar 1936 (Deutsche Justiz, S. 61) wesentlich verringert worden, in der die Generalstaatsanwälte u. a. ermächtigt worden sind, zu den Renten nach dem GUFG Zuschläge bis zu dem Betrag zu gewähren, der sich nach dem Dritten Buch der RVO unter Zugrundelegung des Ortslohnes ergeben würde. Eine spätere Rundverfügung des Reichsministers der Justiz vom 24. Oktober 1939 (zitiert bei Folter, JVBl. 1958, 75) hat das für Arbeitsunfälle der Gefangenen geltende Entschädigungsrecht noch weiter der RVO angenähert und die Generalstaatsanwälte ermächtigt, grundsätzlich alle nach der RVO zulässigen Leistungen zu gewähren.
Das Bestehen eines Anspruchs nach dem GUFG hat auch - ebenso wie die Ansprüche nach den Unfallgesetzen (vgl. § 898 RVO aF, jetzt § 636 RVO) - eine haftungsablösende Wirkung (§§ 23 ff GUFG), und der Bundesgerichtshof hat in einem diese Haftungsablösung betreffenden Urteil vom 26. Juli 1957 (BGHZ 25, 231) entschieden, daß die Bestimmungen der Verfügung vom 3. Januar 1936, wonach die als " Bewilligkeitsentschädigung " bezeichneten Zuschläge zu den Renten nach dem GUFG "nur auf Widerruf" zu gewähren seien, unter der Geltung des Grundgesetzes ihre Wirkung verloren haben. Diese Haftungsablösung war auch der Grund dafür, daß an § 1 Abs. 1 GUFG der weitere Satz angefügt worden ist: "Das gleiche gilt, wenn Gefangene einen Unfall bei einer Beförderung auf der Reichsbahn erleiden," und daß dies durch das 6. Gesetz über Änderungen in der Unfallversicherung (vom 9.3.1942, RGBl I 107 - Art. 2 § 3) erfolgt ist, legt die Annahme nahe, daß der Gesetzgeber damals das GUFG als Bestandteil des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung angesehen hat. Ebenso ist in diesem Zusammenhang bedeutsam, daß das Reichsversicherungsamt, das von vornherein als Beschwerdeinstanz gegen die Feststellungen der Ausführungsbehörden vorgesehen war (§ 11 Abs. 4 GUFG), nach § 2 der VO vom 30. November 1935 (RGBl I 407) über Beschwerden gegen die Bescheide der zu Ausführungsbehörden bestimmten Generalstaatsanwälte bei den Oberlandesgerichten zu entscheiden hatte. Dem entsprach, daß durch § 205 SGG für Streitigkeiten aus dem GUFG der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit - und nicht zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit - eröffnet worden war.
Einen besonders deutlichen Hinweis enthält die Anlage zu dem am 11. Dezember 1953 unterzeichneten "Vorläufigen Europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit unter Ausschluß der Systeme für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen" (BGBl 1956, II 507). Dieses Abkommen findet nach Art. 1 auf alle Gesetze über Soziale Sicherheit Anwendung, die sich auf Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten beziehen, und in der Anlage (BGBl 1956, II 517), nach der sich bestimmt, auf welche im Zeitpunkt der Unterzeichnung in Kraft befindlichen "Systeme der Sozialen Sicherheit" der Art. 1 anzuwenden ist (vgl. Art. 7), ist bei der Bundesrepublik Deutschland aufgeführt: "b) Versicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, einschließlich der Entschädigung für Arbeitsunfälle von Gefangenen." Der erkennende Senat stimmt mit dem LSG im Ergebnis darin überein, daß das GUFG mit dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht nur, wie der Senat bereits im Urteil vom 30. Januar 1962 hervorgehoben hat (BSG 16, 140, 144), weitgehend wesensverwandt ist, sondern vielmehr einen dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung zuzurechnenden öffentlich-rechtlichen Versicherungsschutz für die Folgen von Unfällen begründet, die sich bei einer Arbeitstätigkeit von Strafgefangenen ereignen. Das GUFG gehört auch nach der Auffassung des erkennenden Senats zu den im Geltungsbereich der FRG geltenden Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2, § 7 FRG (vgl. auch Hoernigk/Jahn/Wickenhagen, FRG, Anm. 3 zu § 6; Rösener, BG 1960, 407, 410).
Da der Unfall vom 8. Oktober 1954 sich bei der Arbeit unter Tage in einem Bergwerk ereignet hat, hätte er, wenn er sich im Geltungsbereich des FRG ereignet hätte, Entschädigungsansprüche nach dem GUFG begründet. Infolgedessen wäre der Kläger auch nach dem an dem nach § 7 FRG maßgebenden Ort maßgebenden Recht gegen die Folgen dieses Unfalls versichert gewesen. Der Unfall gehört deshalb nicht zu den Unfällen, die nach § 5 Abs. 2 FRG nicht als Arbeitsunfälle im Sinne von § 5 FRG gelten.
Andererseits ergibt sich hieraus, daß sich die Zuständigkeit für die Feststellung und Gewährung der Leistungen, auf die der Kläger nach dem FRG Anspruch hat, nach dem GUFG bestimmt (§§ 5, 7, 9 Abs. 1 FRG).
Das LSG hat auch zutreffend entschieden, daß anstelle des Generalstaatsanwalts, der nach dem GUFG zuständig gewesen wäre (vgl. jetzt §§ 653 Abs. 1 Nr. 6, 655 Abs. 2 Nr. 3 RVO), die BAfU für die Feststellung und Gewährung der Leistungen zuständig ist (§ 9 Abs. 2 FRG).
Da hiernach die Revision der Beklagten nicht begründet ist, war sie zurückzuweisen (§ 170 SGG).
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens ergeht auf Grund von § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2296951 |
BSGE, 40 |