Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung von fiktiven Verdiensten aus Beiträgen nach der FZRSV – Beitragsbemessungsgrenze West – Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Auch fiktive Verdienste, die ausgehend von ursprünglich nach der FZRV-DDR 1968 in Mark der DDR entrichteten Beiträgen errechnet, auf DM aufgewertet und mittels der Anl 10 zum SGB 6 auf das Niveau der westlichen Arbeitsverdienste hochgewertet wurden, können der Rentenwertfestsetzung nach dem SGB 6 nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze (West) zugrundegelegt werden (Bestätigung und Fortführung von BSG vom 9.11.1999 – B 4 RA 2/99 R = SozR 3-2600 § 256a Nr 5).
Stand: 25. Juni 2001
Normenkette
SGB VI § 256a Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 1, § 70 Abs. 1 S. 1, §§ 157, 260 S. 2; SGB VI Anlage 10; FZRSV; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
Beteiligte
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte |
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 18. November 1999 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist der Wert des Rechts des Klägers auf Altersrente (wegen Arbeitslosigkeit). Insofern geht es noch um die Frage, in welchem Umfang aufgrund der für die Zeit vom 1. Juli 1968 bis zum 30. Juni 1973 nach der Verordnung über die freiwillige Versicherung auf Zusatzrente bei der Sozialversicherung der DDR vom 15. März 1968 (≪FZRVO 1968≫, GBl DDR II, 154) gezahlten Beiträge fiktive Entgelte nach dem SGB VI zu berücksichtigen sind.
Der am 9. August 1930 geborene Kläger war im streitigen Zeitraum in die allgemeine Sozialpflichtversicherung der DDR einbezogen. Daneben entrichtete er nach der FZRVO 1968 insgesamt 6.680 M an Beiträgen (vom 1. Juli 1968 bis zum 28. Februar 1971 monatlich 200 M sowie von März 1971 bis einschließlich Juni 1973 monatlich 10 M) und war ab dem 1. Mai 1971 außerdem nach der Verordnung über die Verbesserung der freiwilligen Zusatzrentenversicherung und der Leistungen der Sozialversicherung bei Arbeitsunfähigkeit vom 10. Februar 1971 (≪FZRVO 1971≫, GBl DDR II, 121) versichert.
Seit dem 30. Dezember 1992 bezog der Kläger Altersübergangsgeld. Mit Bescheid vom 15. Februar 1995 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 1995) bewilligte ihm die Beklagte ab dem 1. Januar 1995 ein Recht auf Altersrente (wegen Arbeitslosigkeit) mit einem monatlichen Wert von 2.482,84 DM. Die Beklagte ermittelte wegen der Beiträge nach der FZRVO 1968 für die Rentenwertfeststellung nach dem SGB VI fiktive als versichert geltende Verdienste, indem sie die in Mark der DDR gezahlten Beiträge im Verhältnis 1 : 1 auf DM hochwertete, sie dann verzehnfachte und schließlich durch Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI zusätzlich auf bundesdeutsches Lohnniveau anhob. Ansonsten bestimmte sie die maßgeblichen Verdienste, indem sie die wirklich in Mark der DDR erzielten Beträge ebenfalls im Verhältnis 1 : 1 auf DM hochwertete und mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI vervielfachte. Anschließend berechnete sie für die von ihr unterstellten Bereiche „Beitragspflichtiger Verdienst zur Sozialversicherung”, „Zusätzlicher Arbeitsverdienst”, „Freiwilliger Beitrag” (nach der FZRVO 1968) und „Verdienst, für den Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung im Beitrittsgebiet gezahlt wurden” jeweils anteilig fiktive Entgeltbeträge, deren kalenderjährliche Summe jeweils auf die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze (West) beschränkt war. Im wesentlichen hiervon ausgehend lagen der Ermittlung des Rentenwerts damit insgesamt 70,0378 sog Entgeltpunkte (EP) zugrunde.
Während des anschließenden Klageverfahrens hat die Beklagte mit dem weiteren „Rentenbescheid” vom 7. August 1996 den Wert des Rentenrechts im Blick auf die Mindestbewertung für beitragsgeminderte Zeiten außerhalb des streitigen Zeitraums nach § 71 Abs 2 SGB VI neu festgestellt und nunmehr ausgehend von 72,1668 EP ab dem 1. Januar 1995 auf 2.558,31 DM festgestellt. Das SG Dresden hat die Klage mit Urteil vom 29. Juli 1997 insgesamt abgewiesen. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 3. September 1998 den Wert des Rechts auf Altersrente des Klägers im Blick auf die Bewertung von – ebenfalls nicht streitigen – Zeiten abermals neu festgestellt. Das LSG hat mit Urteil vom 18. November 1999 die Berufung zurück- und die Klage gegen den Bescheid vom 3. September 1998 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es dabei im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger könne Leistungen aus der zum 31. Dezember 1991 aufgehobenen FZRVO 1968 nicht mehr beanspruchen. Die Beklagte habe statt dessen rechnerisch zutreffend und ohne daß hiergegen insbesondere aus dem Gesichtspunkt von Art 14 Abs 1 bzw Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtliche Bedenken bestünden, nach § 256a Abs 2 Satz 2 SGB VI ermittelte Verdienste – entsprechend der Beitragsbemessungsgrenze anteilig – in die Ermittlung der EP einbezogen; auf diese Weise hätten sich zusätzlich 2,3717 EP ergeben.
Der Kläger hat hiergegen die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt: Sowohl die Beklagte als auch die Vorinstanzen hätten zwar die §§ 256a Abs 2 Satz 2, 260 Satz 2 SGB VI richtig angewandt, doch verletzten die genannten Vorschriften den Kläger in seinen Grundrechten aus Art 14 Abs 1 Satz 1 und Art 3 Abs 1 GG. In die zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung bestehende und dem Schutz der Eigentumsgarantie unterfallende Anwartschaft in Höhe von 141,90 DM nach der FZRVO 1968 sei nämlich unverhältnismäßig eingegriffen worden, indem dem Kläger nach dem SGB VI auf der Grundlage von 2,3717 EP sowie unter Zugrundelegung des aktuellen Rentenwerts (Ost) von 35,45 DM ersatzweise lediglich ein Gegenwert von 84,04 DM zuerkannt worden sei. Der Kläger werde zudem gegenüber denjenigen Versicherten aus dem Beitrittsgebiet benachteiligt, deren Arbeitsverdienst – ebenso wie derjenige des Klägers – oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung der DDR gelegen habe, die jedoch – anders als er – von der Möglichkeit eines Beitritts zur FZRVO 1968 keinen Gebrauch gemacht hätten. Bei der letztgenannten Gruppe würden nämlich gemäß § 256a Abs 3 SGB VI sog Überentgelte auch ohne Beitragsleistung berücksichtigt. Darüber hinaus liege eine ungerechtfertigte Benachteiligung auch gegenüber denjenigen vor, die im alten Bundesgebiet von der Möglichkeit der Höherversicherung Gebrauch gemacht und nunmehr weiterhin Anspruch auf Steigerungsbeträge auch dann hätten, wenn ihr pflichtversicherter Verdienst die Beitragsbemessungsgrenze bereits erreicht habe.
Der Kläger beantragt,
- das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 18. November 1999 und das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 29. Juli 1997 – dieses im nachgenannten Umfang – sowie die Rentenhöchstwertfestsetzungen in den Bescheiden vom 15. Februar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 1995, vom 7. August 1996 und vom 3. September 1998 aufzuheben,
- die Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, wegen der in den Zeiten vom 1. Juli 1968 bis zum 30. Juni 1973 nach der Verordnung über die freiwillige Versicherung auf Zusatzrente bei der Sozialversicherung vom 15. März 1968 gezahlten Beiträge höhere Rente ohne Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze zu zahlen,
- hilfsweise, einen statischen Betrag in Höhe von 141,90 DM monatlich ab dem 1. September 1995 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Unabhängig von der Gesetzmäßigkeit und rechnerischen Richtigkeit der vorgenommenen anteilsmäßigen Berücksichtigung der verschiedenen Verdienstbestandteile dürften diese jedenfalls insgesamt die jeweilige jährliche Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigen; hierdurch werde der Kläger nicht in seinen Grundrechten aus Art 14 Abs 1 und 3 Abs 1 GG verletzt. Ansprüche unmittelbar aus der VO von 1968 könnten im Blick auf deren Aufhebung zum 1. Januar 1992 nicht mehr geltend gemacht werden. Gemäß dem bestandskräftigen Bescheid vom 27. Juli 2000 ergebe sich auch kein Übergangszuschlag, weil der nach dem SGB VI ermittelte Monatsbetrag der Rente die Beträge überschreite, die zum 31. Dezember 1991 monatlich nach dem Übergangsrecht für das Beitrittsgebiet zu zahlen gewesen wären (Sozialpflichtversicherung: 1.180,00 DM, Zusatzrente aus der FZR: 564,00 DM; Leistung nach der FZRVO 1968: 151,71 DM).
II
Die zulässige Revision des Klägers erweist sich als sachlich in vollem Umfang unbegründet.
Über die angefochtenen Rentenhöchstwertfestsetzungen war im Revisionsverfahren allein insofern zu entscheiden, als der Kläger die Berücksichtigung auf der Grundlage von Beiträgen nach der FZRVO 1968 fiktiv ermittelter Verdienste auch oberhalb der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen für die alten Bundesländer begehrt. Die Beklagte hat die Rangstelle des Klägers im Vergleich zu den zeitgleich versichert Gewesenen (die sog EP) zutreffend unter Beachtung dieser Grenzen ermittelt und auf dieser Grundlage den monatlichen Wert der Altersrente des Klägers festgestellt. Das geltende Bundesrecht kennt schlechthin keine Grundlage dafür, im Rahmen der Wertfestsetzung von Rentenrechten nach dem SGB VI fiktive DM-Verdienste oberhalb seiner jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen, die sich auf der Grundlage der FZRVO 1968 tatsächlich in Mark der DDR entrichteter Beiträge lediglich als rechnerische Zwischenstufe ergeben. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht. Der Senat hält daher an seiner Rechtsprechung zu § 256a und § 260 SGB VI in den Entscheidungen vom 10. November 1998 (BSGE 83, 104 = SozR 3-2600 § 256a Nr 3) und vom 9. November 1999 (SozR 3-2600 § 256a Nr 5) auch insofern fest, als für Beiträge nach der FZRVO 1968 in deren zehnfachem Nennbetrag fiktive „Verdienste” zuerkannt und nach Aufwertung und Anhebung auf „West-Niveau” als versicherte Arbeitsentgelte behandelt werden. Das LSG hat demgemäß im Ergebnis zutreffend die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Kläger ausgehend von einem dynamisierbaren Rentenwert von ursprünglich 2.482,84 DM von Anfang an und durchgehend mehr gezahlt, als ihm die DDR als grundsätzlich statischen Betrag je zugesagt hatte. Dies ergibt sich mittelbar auch aus den Berechnungen der Beklagten im zwischenzeitlich bestandskräftigen Bescheid über die Ablehnung eines Übergangszuschlages, obwohl dieser sich zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens entgegen dem Einigungsvertrag (EV) und dem SGB VI (dazu Urteil des Senats vom 9. November 1999, B 4 RA 54/98 R, SozR 3-8575 Art 2 § 31 RÜG Nr 1) auch auf Verdienste nach dem 31. Dezember 1991 stützt und so zu einem ohnehin überhöhten Wert der SV-Rente gelangt ist. Schon deshalb ist nicht erkennbar, inwiefern der Kläger durch das – einfachgesetzlich und im rechnerischen Ergebnis nicht zu beanstandende – Vorgehen der Beklagten überhaupt und erst recht unverhältnismäßig benachteiligt sein sollte.
Der Wert des gegen den jeweiligen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gerichteten Rentenrechts richtet sich primär (vgl näher etwa Urteil des Senats in SozR 3-2600 § 256a Nr 5) nach der Höhe der während des Versicherungslebens versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs 1 SGB VI). Da die Beklagte grundsätzlich nur ihren Versicherten zur Leistung verpflichtet ist (BSGE 9, 67, 72; 82, 64, 66 = SozR 3-2600 § 307a Nr 11), bedurfte es zur erforderlichen bundesdeutschen Neubegründung und Ausgestaltung ursprünglich von der DDR geregelter und mit ihr untergegangener Rechte und Anwartschaften (vgl etwa Urteil des Senats in BSGE 83, 224, 234 f mit Hinweisen auf die stRspr) im Rahmen des SGB VI auch erstmals besonderer bundesrechtlicher Grundlagen für deren Wertbestimmung nach dessen Grundsätzen. In diesem Zusammenhang legt § 256a SGB VI in Ergänzung von §§ 63 ff SGB VI fest, wie trotz fehlenden Deckungsverhältnisses für Versicherte im Beitrittsgebiet im nachhinein ein als „durch Beiträge versichert” geltendes Individualeinkommen aus Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit zu bilden ist (BSGE 82, 104, 112 = SozR 3-2600 § 256a Nr 3). Ohne die Überleitungsvorschriften der §§ 256a, 248 SGB VI als besonderen Rechtsgrund für ihre gleichwertige leistungsrechtliche Berücksichtigung und die darin enthaltene Umschreibung einer fiktiv an die Stelle versicherten Einkommens tretenden Größe wären demgegenüber in der ehemaligen DDR zurückgelegte Beitrags- und Beschäftigungszeiten für den Wert einer SGB VI-Rente von vornherein unbeachtlich bzw gäbe es keinen Rechtsgrund, zu Lasten der gegenwärtig Erwerbstätigen Leistungen nach den Bestimmungen des SGB VI zu erbringen.
Der Senat hat zu § 256a SGB VI bereits entschieden (SozR 3-2600 § 256a Nr 5), daß die Vorschrift in Abs 1 zunächst weitestgehend an den Wortlaut von § 70 Abs 1 Satz 1 SGB VI anknüpft und eigenständig nur Modifikationen des Begriffs „Beitragsbemessungsgrundlage” im besonderen Zusammenhang von Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 umschreibt; EP sind demgemäß insofern zu ermitteln, indem der für derartige Zeiten festgestellte „Verdienst” durch Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 auf Westniveau hochgewertet wird und das Produkt durch das Durchschnittsentgelt (West) für denselben Zeitraum geteilt wird. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 10. November 1998 (BSGE 83, 104) darüber hinaus bereits dargelegt hat,
- regelt § 256a SGB VI leistungsrechtlich, was bei Rechten auf SGB VI-Renten, soweit deren Werte auf nach § 248 Abs 3 SGB VI gleichgestellten Beitragszeiten aus dem Beitrittsgebiet beruhen, rangstellenbildender Versicherungsgegenstand, dh der Verdienst ist, der als versichertes Erwerbseinkommen gilt, den Rang des Versicherten unter den zeitgleich versichert Gewesenen begründet und deshalb bei der (verwaltungstechnischen) Umrechnung in EP zugrunde zu legen ist,
- ist nach Maßgabe von § 256a SGB VI nicht nur der damals „beitragspflichtige” Arbeitsverdienst maßgeblich, aus dem in der Sozialpflichtversicherung und in der FZR Beiträge zu erheben waren, sondern bis zur Einführung der FZR 1971 auch der gesamte damals nicht „beitragspflichtige” und auch nicht rentenwirksame Arbeitsverdienst (bis zur jeweiligen bundesrechtlichen Beitragsbemessungsgrenze); ab März 1972 gilt dasselbe für DDR-Arbeitsverdienste über 1.200 M, falls die Höchstbeträge zur FZR gezahlt waren, aufgrund der Regelungen des Einigungsvertrages aber auch bei bestimmten Berufsgruppen für Arbeitsverdienste, die in der DDR nicht „beitragspflichtig”, jedoch nach den faktischen und normativen Gegebenheiten in der DDR in der Sozialversicherung rentenwirksam versichert gewesen waren,
- bestimmt Abs 2 der Vorschrift, welche Beträge des individuellen, in der DDR erzielten Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens zur Ermittlung der persönlichen EP („Rangstelle”) als Verdienst berücksichtigt werden, dh – nach Aufwertung auf DM – den in den alten Bundesländern versicherten Durchschnittsentgelten gegenübergestellt und damit in die Vergleichsbetrachtung eingestellt werden können,
- ergibt sich aus Abs 3 aaO im Wege einer begünstigenden Erweiterung, unter welchen Voraussetzungen für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet (iS von § 248 Abs 3 Satz 1 SGB VI) auch solche Arbeitsverdienste als iS des SGB VI geltend bestimmt und damit für die SGB VI-Rente erheblich werden, die nach den Gegebenheiten der DDR dort nicht rentenwirksam versichert waren,
- wird mit der auf diese Weise zugrunde gelegten verfassungskonformen Auslegung das Ziel erreicht, auf der Grundlage der in der DDR erzielten Verdienste einander leistungsrechtlich vergleichbare Größen zu schaffen, um versicherte Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen des einzelnen mit versicherten Arbeitsentgelten und Arbeitseinkommen aller Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung (West), den sogenannten versicherten Durchschnittsentgelten, vergleichen zu können,
- hat § 256a Abs 1 Satz 1 SGB VI über seine integrierende Funktion, für Zugangsrentner aus dem Beitrittsgebiet im nachhinein erstmals und auf notwendig fiktiver Grundlage als unselbständiges Zwischenergebnis ein DM-Einkommen zu bilden, das berechtigterweise dem Durchschnittsentgelt der Versicherten in der alten Bundesrepublik gegenübergestellt werden kann, keine systemsprengende Wirkung, die es erlauben würde, den auf diese Weise mehrfach begünstigten Personenkreis – anders als alle originär vom Kernsystem erfaßten beitragsrelevanten Mitglieder – zusätzlich von der Beachtung der Beitragsbemessungsgrenze freizustellen.
Speziell für Rechte und Anwartschaften auf der Grundlage der FZRVO 1968 sieht § 256a Abs 2 Satz 2 SGB VI in Anlehnung an § 27 Abs 3 der 1. Durchführungsbestimmung zur FZRVO 1971 vom 10. Februar 1971 (GBl DDR II S 128) vor, daß abweichend von der beitragsorientierten Wertermittlung von Rechten nach der FZRVO 1968 überhaupt in der Weise erstmals „Verdienste” ermittelt und als bundesrechtlich maßgeblich zugrunde gelegt werden, daß das Zehnfache der (ursprünglich in Mark der DDR) gezahlten Beiträge als Verdienst gilt. Anstelle einer Fortführung als eigenständige Leistung innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung ist demgemäß das SGB VI dazu übergegangen, die entsprechenden Positionen im Rahmen der Rentenwertbestimmung zu berücksichtigen: Entsprechend den Vorgaben im „Erlaß des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Weiterentwicklung des Rentenrechts und zur Verbesserung der materiellen Lage der Rentner sowie zur Verbesserung der Leistungen der Sozialfürsorge vom 15. März 1968” (GBl DDR I S 187) war die DDR im Rahmen der Neuordnung ihres Rentenrechts von dem Grundsatz ausgegangen, daß der „Anspruch auf Rente im Prinzip” nur durch Berufstätigkeit erworben werden kann (vgl etwa – ohne Verfasserangabe – Freiwillige Beiträge in der DDR ab 1. Juli 1968, MittLVA Oberfr 1982, 362 f und Bienert, Die Altersversorgung der Intelligenz in der DDR – Betrachtungen zur Entstehung und Abwicklung von Ansprüchen und Anwartschaften, ZSR 1993, 349, 351 f). Ab 1. Juli 1968 konnten demgemäß neue freiwillige Versicherungsverhältnisse auf Alters- und Invalidenrente nicht mehr begonnen werden (vgl für den Übergang § 1 der VO über die Fortsetzung bestehender freiwilliger Versicherungsverhältnisse auf Alters- und Invalidenrente der Sozialversicherung vom 15. März 1968, GBl DDR II S 166). Entsprechend der Feststellung des Staatsrates (aaO S 188), daß die Erhöhung der Versorgung im Alter und bei Invalidität nicht allein Sache des Staates sei, konnte jedoch auf freiwilliger Basis eine Versicherung auf zusätzliche Alters- und Invalidenrente (Tarif B) bzw nach Wahl auf Zusatzalters-, Zusatzinvaliden- und Zusatzhinterbliebenenrente (Tarif B) abgeschlossen werden (§ 1 FZRVO 1968; zur Entwicklung s etwa Bonz, Die freiwillige Versicherung in der Sozialversicherung der DDR – Ihre Entwicklung vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen Veränderungen –, DAngVers 1987, 266, 268). Die Höhe der Beiträge wurde innerhalb des vorgesehenen Rahmens zwischen 10 und 200 M allein vom Versicherten festgelegt (§ 5 Abs 1 FZRVO 1968) und war insbesondere unabhängig davon, ob (Erwerbs-)Einkommen (bestimmter Höhe) erzielt wurde. Bestand bei Inkrafttreten der Verordnung über die Verbesserung der freiwilligen Zusatzrentenversicherung und der Leistungen der Sozialversicherung bei Arbeitsunfähigkeit (GBl DDR II S 121) vom 10. Februar 1971 am 1. März 1971 bzw der Verordnung über die freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung vom 17. November 1977 (GBl DDR I S 395) eine Versicherung nach der FZRVO 1968, konnte diese fortgesetzt werden (§ 37 VO 1971 bzw § 39 Abs 2 VO 1977). Die Höhe nach der FZRVO 1968 zu erbringender Leistungen ergab sich aus der Summe der kalenderjährlichen Teilbeträge, die entsprechend einem in Tabellen bestimmten und nach dem Lebensalter im Jahr der Beitragsentrichtung gestaffelten Prozentsatz aus dem gezahlten Jahresbeitrag ermittelt wurden (vgl §§ 7 ff FZRVO 1968).
Der EV hatte bundesrechtlich Rechte und Anwartschaften nach der FZRVO in Anlehnung an §§ 9, 17 des übergangsrechtlich (als sekundäres Bundesrecht) zunächst fortgeltenden (EV Anl II Kap VIII Sachg F Abschn III Nr 8) Rentenangleichungsgesetzes vom 28. Juni 1990 (GBl DDR I S 495) ursprünglich zwar bereits ausdrücklich dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung – entgegen der Auffassung des Klägers demgemäß gerade nicht dem Privatversicherungsrecht – zugeordnet, jedoch außerhalb der Gruppierungen Sozialpflichtversicherung und FZR einerseits bzw Zusatz- und Sonderversorgungssysteme andererseits als eigenständige Kategorie behandelt (Anl II Kap VIII H III Nr 8). § 315b Nr 3 SGB VI behält diese Vorgehensweise hinsichtlich der sog Bestandsrentner bei, die bereits vor Inkrafttreten des SGB VI am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine Zusatzrente nach der FZRVO 1968 hatten (vgl hierzu Urteil des Senats in SozR 3-2600 § 307b Nr 4). Im übrigen ist die FZRVO 1968 durch Art 41 Nr 5 des Renten-Überleitungsgesetzes zum 1. Januar 1992 aufgehoben und die Abgeltung von Anwartschaften in Anlehnung an das Modell des § 38 Abs 2 FZRVO 1971 in § 256a Abs 2 Satz 2 SGB VI vorgenommen worden (vgl zur Entwicklung etwa Diel in Hauck/Haines, Komm zum SGB VI, Stand: 1995, § 256a RdNrn 140 ff).
Für den vorliegenden Fall erhellt bereits aus den im Versicherungsverlauf der Rentenbescheide aufgelisteten Individualdaten und der dort zum Ausdruck kommenden Vorgehensweise der Beklagten, daß es sich bei den nach dieser Bestimmung errechneten „Verdiensten” des Klägers keinesfalls um reales Erwerbseinkommen handelt; weder hat er die angegebenen DM-Beträge nämlich je tatsächlich verdient, noch überschreiten die ermittelten und 1 : 1 auf DM aufgewerteten Beträge als solche bereits die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze. Vielmehr erlangt die bundesdeutsche Beitragsbemessungsgrenze durchgehend überhaupt erst dadurch Bedeutung, daß
- in der DDR beim dortigen System der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) zurückgelegte Beitragszeiten aufgrund besonderer gesetzlicher Anordnung in § 248 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI nachträglich originären bundesdeutschen Beitragszeiten gleichgestellt werden,
- tatsächlich in Mark der DDR erzieltes – und als solches in der Sozialpflichtversicherung bzw FZR ggf nur partiell bis zur dortigen Beitragsbemessungsgrenze (BBG) versichertes – Einkommen insgesamt zunächst der Benennung nach gleichgestellt, dh wirtschaftlich bereits hierdurch mindestens um 100 vH im Verhältnis 1 : 1 auf DM aufgewertet wird,
- aus Beiträgen nach der FZRVO 1968 erstmals und allein im Kontext des bundesdeutschen Rechts sowie unabhängig davon, ob ein entsprechender Verdienst überhaupt erzielt wurde oder bereits anderweitig versichert war, ein fiktives als versichert geltendes und ebenfalls auf DM aufgewertetes Einkommen unterstellt wird, und schließlich vor allem
- diese – real nie verdienten und zu keinem Zeitpunkt versicherten – DM-Beträge zur Herstellung der Vergleichbarkeit mit dem bundesdeutschen Lohnniveau zusätzlich noch mit den Umrechnungswerten der Anlage 10 zum SGB VI vervielfältigt, dh auf West-Niveau angehoben werden.
Der Kläger weist zutreffend darauf hin, daß ihm durch die Zugrundelegung der Beitragsbemessungsgrenze im Rahmen der Wertbestimmung seines Rechts auf SGB VI-Rente die rechnerischen Vorteile aus DM-Aufwertung und Vervielfältigung mit dem Wert der Anlage 10 zum SGB VI hinsichtlich
- in der DDR erzielter und versicherter,
- erzielter, aber nicht versicherter, bzw
- erstmals im Rahmen des bundesdeutschen Rechts als erzielt fingierter Verdienste
nicht unbegrenzt zugute kommen. Vielmehr hätte ausgehend von der Formel „Beitragsbemessungsgrenze (West): Werte der Anlage 10 zum SGB VI = höchstens anrechenbares Erwerbseinkommen in DM bzw zuvor in Mark der DDR” die äußerstenfalls berücksichtigungsfähige Obergrenze der Beitragsbemessungsgrundlage im streitigen Zeitraum auch bereits ausgehend von folgenden „Verdiensten” erreicht werden können: 1968: 11.703,75 M; 1969: 11.777,61 M; 1970: 11.443,71 M; 1971: 11.127,38 M; 1972: 11.610,23 M; 1973: 11.676,61 M.
Hierin liegt indessen kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG. Vielmehr hat der Senat (SozR 3-2600 § 256a Nr 5 S 45 f) insbesondere bereits darauf hingewiesen, daß
- sich die bundesdeutsche Neubegründung von Ansprüchen und Anwartschaften nach dem SGB VI im Rahmen der sog Systementscheidung weder notwendig an einem Gebot der strikten Ergebniskonservierung von Teil-Rechtszuständen der DDR orientiert noch einer Verpflichtung gehorcht, an ehemals in der DDR relevante Sachverhalte in unverändertem Umfang anzuknüpfen,
- demgemäß der Gedanke einer rechtlichen Symmetrie zwischen einem fiktiven „DDR-Deckungsverhältnis” und realem bundesdeutschen Leistungsrecht – damit erst recht eine Herauslösung von Einzelelementen beider Bereiche nach dem Gesichtspunkt individueller Günstigkeit („Rosinentheorie”) – von vorneherein ausscheidet,
- die ursprüngliche Zuordnung von Verdiensten innerhalb der DDR-Rentenversicherung entgegen der irreführenden Berechnungsweise der Beklagten im Zusammenhang der Wertbestimmung von Rentenrechten nach Bundesrecht rechtlich uneingeschränkt bedeutungslos ist,
- durch die Anordnung der alleinigen Maßgeblichkeit der im einzelnen nach den Erwerbsgründen der RV des SGB VI gestalteten Rechtslage grundsätzlich auch geklärt ist, daß zukunftsgerichtet Rechte und Ansprüche grundsätzlich nur in den Grenzen des hierauf beruhenden RV-Systems be- bzw entstehen können und damit insbesondere die Beitragsbemessungsgrenze als für das System der gesetzlichen RV in der Bundesrepublik signifikante Größe nicht überschritten werden darf.
Die Betroffenen – wie der Kläger – unterliegen damit exakt denselben Gesetzmäßigkeiten wie die originär in der bundesdeutschen gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten. Sie werden darüber hinaus auch nicht gegenüber solchen Personen ungerechtfertigt benachteiligt, die am 31. Januar 1991 bereits eine Zusatzrente nach der FZRVO 1968 bezogen haben und diese Rente als bestandsgeschützten Wert gemäß § 315b SGB VI in bisheriger Höhe weiter erhalten; jedenfalls bei daneben § 307a SGB VI unterfallenden Bestandsrentnern würden andernfalls nämlich gerade diejenigen Vorteile weitgehend entwertet, aus denen sich diese Bestimmung rechtfertigt (vgl hierzu eingehend Urteil des Senats in SozR 3-2600 § 307a Nr 11). Ebensowenig wird der Kläger schließlich gegenüber Inhabern von Ansprüchen und Anwartschaften aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen ungerechtfertigt benachteiligt (vgl näher Urteil des Senats in SozR 3-2600 § 256a Nr 5 S 47 ff).
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt auch kein unzulässiger Eingriff in sein Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG vor. Auch ohne ausdrückliche Begrenzung der bundesrechtlichen Anwendung der FZRVO 1968 auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 1991 waren auch hierauf beruhende Ansprüche und Anwartschaften vom EV (Anl 2 Kap VIII Sachg H Abschn II Nr 8) sachlich von vornherein dem Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung zugeordnet und damit in ihrem weiteren Schicksal von der Regelung der „Einzelheiten der Überleitung des SGB VI” abhängig. Der ihnen im Wege bundesrechtlicher Ausgestaltung zugewiesene Rechtsgehalt bestand demgemäß in einer systemkonformen Bewertung der zugrundeliegenden Sachverhalte innerhalb des zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen SGB VI. Eine Festlegung, daß gerade im Zusammenhang der FZRVO 1968 innerhalb des SGB VI neben den dort vorgesehenen Rentenarten ausnahmsweise eine Anwartschaft auf ein besonderes Recht begründet werden würde, ist dem EV demgegenüber nicht zu entnehmen. Damit ist auch nicht weiter zu erörtern, ob dem Kläger damals – wie er meint – eine derartige Ausgestaltung seiner künftigen Position (durch Gesetz) bereits individuell versprochen war. Ebensowenig findet in den als Zwischenresultat für die Wertbestimmung von SGB VI-Renten ermittelten Verdiensten bereits eine eigenständige Rechtsposition ihren Ausdruck (vgl Urteil des Senats in SozR 3-2600 § 256a Nr 5 S 38), so daß auch insofern der Schutzbereich von Art 14 Abs 1 Satz 1 GG nicht eröffnet ist.
Der erstmals vor dem Revisionsgericht gestellte Hilfsantrag, dem Kläger ab dem 1. September 1995 eine monatliche statische Zusatzrente von 141,90 DM neben der Altersrente nach dem SGB VI zu zahlen, ist als Klagänderung im Revisionsverfahren unzulässig (§ 168 Satz 1 SGG). Es ist daher nicht darauf einzugehen, daß es auch an den vorab erforderlichen Verwaltungsentscheidungen hierüber fehlt und es keine Grundlage im positiven Recht hierfür gibt (zum Überleitungsrecht s oben).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
SozR 3-2600 § 256a, Nr. 8 |