Verfahrensgang
SG Hamburg (Urteil vom 09.05.1975) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Mai 1975 teilweise aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen, soweit sie sieh gegen die Verfügungssätze Nr. 1 und 3 des Bescheides vom 22. August 1973 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 1974 richtet.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer mit Androhung von Zwangsgeld verbundenen Untersagungsverfügung im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung.
Die Klägerin betreibt mit Erlaubnis der Beklagten gewerbemäßig Arbeitnehmerüberlassung. Bei der Prüfung von Zweigniederlassungen der Klägerin stellte die Beklagte fest, daß die Klägerin befristete Arbeitsverträge abschloß und dabei als Grund für die Befristung den Wunsch des Leiharbeitnehmers ohne Angabe erläuternder Umstände genügen ließ. Ferner ergab die Überprüfung, daß mit Leiharbeitnehmern der tageweise oder stundenweise Einsatz auf Abruf und das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurden. Die Beklagte untersagte der Klägerin diese Vertragsgestaltung, weil mit ihnen unerlaubte Arbeitsvermittlung betrieben werde. Sie drohte für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von DM 1.000,– an (Bescheid vom 22. August 1973). Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 1974).
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Hamburg den Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben (Urteil vom 9. Mai 1975). Die von der Beklagten ausgesprochenen Verbote seien zu Unrecht ergangen. Für die Annahme eines sachlichen Grundes i. S. von Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) reiche es aus, daß der Leiharbeitnehmer die Befristung des Arbeitsvertrages wünsche. Zur Erklärung dieses Wunsches sei es nicht notwendig, daß der Leiharbeitnehmer Tatsachen angebe. Die übereinstimmende Formulierung in Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 und in Art. 1 § 9 Nr. 2 AÜG, der eine arbeitsrechtliche Vorschrift sei, lege es nahe, den Begriff des sachlichen Grundes jeweils im gleichen – arbeitsrechtlichen – Sinne auszulegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sei als sachlicher Grund, der eine Befristung rechtfertige, auch der besondere Wunsch des Arbeitnehmers ohne Darlegung erläuternder Umstände anzusehen. Demgegenüber könne sich die Beklagte auch nicht auf die Begründung zum Gesetzentwurf des AÜG (BT-Drucks. VI/2303 S. 11) berufen. Wenn dort davon ausgegangen werde, daß sich der sachliche Grund aus bestimmten Tatsachen ergeben müsse, so sei dies im Gesetzestext nicht zum Ausdruck gekommen. Da jedermann in der Gestaltung seines Lebens prinzipiell frei sei, müsse es auch in sein nicht weiter zu begründendes Belieben gestellt sein, ein befristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Die Vereinbarung von Beschäftigungspausen verstoße dann nicht gegen Arte 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG, wenn ein sachlicher Grund gegeben sei. Auch Nr. 5 dieser Vorschrift stütze das Verbot nicht, da es sich nicht nur auf die Fälle beziehe, in denen der Beginn der Beschäftigungspause für den Zeitpunkt vereinbart worden sei, zu dem die erstmalige Überlassung an einen Entleiher ende. Dem Verbot, eine Beschäftigung auf Abruf zu vereinbaren, stehe entgegen, daß eine Suspendierung der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten aus einem sachlichen, in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grunde zulässig sei. Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG rechtfertige das umfassende Verbot nicht, da es nicht auf die Fälle beschränkt sei, in denen ein Abruf nach der erstmaligen Überlassung an einen Entleiher erfolge.
Das SG hat durch Beschluß des Kammervorsitzenden gemäß § 161 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz (Sprungrevision) zugelassen.
Die Beklagte hat Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des Art. 1 § 3 Abs. 1 Nrn. 3 und 5 i.V.m. Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG und der §§ 4 und 13 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG). Sie meint, der ohne erkennbaren äußeren Anlaß geäußerte Wunsch eines Leiharbeitnehmers könne nicht als sachlicher Grund im Sinne des Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG für eine Befristung des Leiharbeitsvertrages angesehen werden. Die gegenteilige Auffassung des SG finde keine Stütze in der Rechtsprechung des BAG, Das zur Erläuterung des „besonderen Wunsches”, der eine Befristung rechtfertige, angeführte Beispiel zeige, daß auch das BAG ähnlich wie die Bundesregierung den bloßen Wunsch als solchen nicht für ausreichend halte. Da das Vorliegen eines sachlichen Grundes im konkreten Einzelfall zu untersuchen sei, müsse auch die Angabe der den Wunsch begründeten Tatsachen gefordert werden, Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG sei jedoch im Gegensatz zu Art. 1 § 9 Nr. 2 AÜG keine Vorschrift des Arbeitsrechts, sondern diene der Kontrolle der Verleiher und damit den Interessen der Gesamtheit der Leiharbeitnehmer. Daher sei es einem Leiharbeitnehmer durchaus zuzumuten, die Umstände zu nennen, die das Vorliegen eines sachlichen Grundes nachprüfbar machten. Die Vereinbarung von Beschäftigungspausen, in denen die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag ein verständlich aufgehoben seien, stelle eine nachträgliche Befristung und somit eine Umgehung des Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG dar. Der Verleiher erhalte dadurch die Möglichkeit, das Arbeitgeberrisiko zwar äußerlich zu übernehmen, in Wirklichkeit jedoch durch Vereinbarung einer Pause bei mangelnder Beschäftigung auszuschalten. Außerdem bedeute eine derartige Vereinbarung einen Verstoß gegen Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5. Eine Verletzung dieser Vorschrift sei unabhängig davon, ob sich für eine nachträgliche Befristung im Einzelfall ein anerkennenswerter sachlicher Grund ergebe. Die Parteien des Leiharbeitsvertrages hätten insoweit keine Dispositionsfreiheit. Die Vereinbarung einer Beschäftigung auf Abruf verstoße gegen Art. 1 § 3 Abs. 1 Nrn. 3 und 5 AÜG. Ein solches Arbeitsverhältnis sei bereits im Zeitpunkt seiner Begründung – des Abrufs – befristet. Da der Abruf nicht auf Wunsch des Leiharbeitnehmers erfolge, sondern Einvernehmen zwischen ihm und dem Verleiher erforderlich sei, entscheide über die Beschäftigung der Verleiher. Der Fall, daß für die erwähnte Vereinbarung ein sachlicher Grund aus der Person des Leiharbeitnehmers gegeben sei, habe daher außer Betracht zu bleiben. Der Verstoß gegen Nr. 5 der Bestimmung liege deshalb vor, weil für jeden Einsatz bei einem Entleiher eine Absprache nötig sei, also auch für die Zeit der erstmaligen Überlassung an einen Entleiher.
Die von der Klägerin praktizierten Vertragsgestaltungen dienten dazu, ihr Arbeitgeberrisiko auf die Zeiten tatsächlicher Einsätze der Leiharbeitnehmer bei Entleihern zu beschränken. Da in allen zu beurteilenden Fällen ein Tatbestand des Art. 1 § 3 Abs. 1 AÜG erfüllt sei und somit die Vermutung der Arbeitsvermittlung gemäß Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG Platz greife, habe das Verbot der genannten Vertragsgestaltungen auf der Rechtsgrundlage des § 4 AFG ergehen können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin führt u. a. aus: § 4 AFG stelle keine hinlängliche Rechtsgrundlage für eine Unterlassungsverfügung mit Zwangsgeldandrohung dar. Es sei mit dem Grundgesetz –GG– (Art. 1 Abs. 1, Art. 2) unvereinbar und stelle eine unerträgliche Bevormundung des Bürgers durch eine Behörde dar, wenn dem Arbeitnehmer zugemutet werde, entweder die Motivation für die von ihm gewünschte Befristung darzulegen oder auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zu verzichten. Die Vereinbarung einer Beschäftigungspause sei keine Befristung des Arbeitsvertrages. Nach dem Ende der vereinbarten Pause werde das Arbeitsverhältnis fortgesetzt. Da Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 5 AÜG nach seinem klaren Wortlaut voraussetze, daß die Deckungsgleichheit vom Arbeitgeber herbeigeführt sein müsse, könne eine auf dem Wunsch des Arbeitnehmers beruhende Pause von dieser Vorschrift nicht erfaßt werden. Die Vereinbarung einer Beschäftigung auf Abruf bedeute nicht, daß immer nur für eine Überlassung an einen bestimmten Entleiher eine Absprache getroffen werde.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist statthaft.
Sie ist allerdings vom SG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß des Kammervorsitzenden zugelassen worden. Die Entscheidung ist demnach fehlerhaft zustande gekommen. Das Revisionsgericht ist aber dennoch an die Zulassung gebunden, da die Gesetzwidrigkeit nicht offensichtlich ist (BSG SozR 1500 § 161 Nr. 4).
Die Revision der Beklagten ist auch teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage, soweit sich diese gegen die Untersagung des Abschlusses befristeter Arbeitsverträge der Klägerin mit Leiharbeitnehmern sowie gegen die Untersagung der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf Abruf richtet. Hinsichtlich des Verbots, längere Beschäftigungspausen innerhalb des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren, ist dagegen die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Angefochten ist ein Bescheid, mit dem der Klägerin unter Androhung von Zwangsgeld die Vereinbarung von Arbeitsverhältnissen mit den beanstandeten Ausgestaltungen untersagt wird. Die Beklagte durfte, worauf auch das SG zutreffend abgestellt hat, diese Untersagungsverfügung auf der Rechtsgrundlage des § 4 AFG erlassen. Das in § 4 AFG normierte Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt für Arbeit (BA), das eine verfassungsrechtlich unbedenkliche und im Interesse der Allgemeinheit schutzwürdige Einrichtung ist (BVerfGE 21, 245; 21, 266; BSGE 31, 235, 242), gibt der Beklagten auch die Befugnis, Zuwiderhandlungen gegen das aus der Monopolstellung gleichzeitig folgende Verbot privater Arbeitsvermittlung nicht nur als Ordnungswidrigkeit gemäß § 228 AFG zu verfolgen, sondern auch ihre Fortsetzung unter Androhung von Zwangsmitteln (Zwangsgeld) zu untersagen. Die Beklagte kann die Befolgung der ausgesprochenen Verpflichtung somit notfalls zwangsweise durchsetzen. Dies hat bereits der 7. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 11. Mai 1976 – 7 RAr 120/74 – (SozR 4100 § 4 Nr. 2 mit weiteren Nachweisen) entschieden. Der erkennende Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Die Beklagte durfte die von der Klägerin vorgenommenen Vertragsgestaltungen auch sachlich untersagen, soweit sie gegen Vorschriften des AÜG verstoßen. Insoweit handelt es sich nämlich um verbotene Arbeitsvermittlung. Das AÜG bezweckt nicht nur den Schutz des Leiharbeitnehmers vor ungerechtfertigten Benachteiligungen, sondern auch, die Verhinderung der Umgehung des verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Vermittlungsmonopols der BA. Seine Vorschriften, die die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse zwischen dem Verleiher und den Leiharbeitnehmern betreffen, dienen daher auch der Abgrenzung zwischen der – erlaubten – Arbeitnehmerüberlassung und der – verbotenen – Arbeitsvermittlung. Sie sollen gewährleisten, daß zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis begründet wird, das dem Verleiher nicht nur das volle Arbeitgeberrisiko aufbürdet, sondern auch sicherstellt, daß die Arbeitsuche des Leiharbeitnehmers bereits mit dem Abschluß des Vertrages mit dem Verleiher befriedigt ist (vgl. BSGE 31, 235, 242), Letzteres ist aber nur möglich, wenn der Verleiher grundsätzlich gehindert ist, Verträge mit Leiharbeitnehmern auf die Dauer der Überlassung an einen Dritten zu beschränken (vgl. BSG aaO). In einem solchen Fall würde erst die jeweilige Überlassung in Wirklichkeit die Arbeitsuche beenden und daher verschleierte Arbeitsvermittlung darstellen.
Um einerseits gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung zu ermöglichen, andererseits aber eine Umgehung des verfassungsrechtlich unbedenklichen Vermittlungsmonopols der BA zu verhindern, ist deshalb mit Recht vom Gesetzgeber in Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 und 5 AÜG eine Regelung getroffen worden, die die Befristung des Vertrages im Interesse des Verleihers grundsätzlich verbietet, sie aber dann zuläßt, wenn sich für die Befristung aus der Person des Leiharbeitnehmers ein sachlicher Grund ergibt. Durch diese gewerberechtliche Ausgestaltung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung wird auch der vom BVerfG als verfassungsrechtlich zulässig bezeichnete Zweck der Arbeitnehmerüberlassung ermöglicht, die Arbeitskraft solcher Arbeitnehmer zu mobilisieren, die aus verschiedenen Gründen keine Dauerstellung, auch nicht als Teilzeitbeschäftigung, annehmen können oder wollen (BVerfGE 21, 261 ff; a.A. Becker, AÜG, Art. 1 § 3 Anm. 36, der aber übersieht, daß Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG nicht nur dem individuellen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Schutz des Leiharbeitnehmers, sondern auch dem Schutz des Vermittlungsmonopols der BA vor verschleierter verbotener privater Arbeitsvermittlung dienen soll).
Durch die Regelung in Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG hat der Gesetzgeber das Grundrecht der freien Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) weder der Verleiher noch der Leiharbeitnehmer verletzt.
Das Verbot der Befristung berührt das Grundrecht der freien Berufswahl des Unternehmers für Arbeitnehmerüberlassung nicht. Sein Grundrecht auf freie Berufsausübung wird auch nicht in einer gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG verstossenden Weise eingeschränkt. Nach dieser Vorschrift kann die Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden. Art. 1 § 3 Abs. 1 AÜG ist eine solche Berufsausübungsregelung gewerberechtlicher Art. Sie bestimmt, in welcher Art und Weise die Berufsangehörigen ihre Berufstätigkeit im einzelnen zu gestalten haben. In diesem Bereich können vom Gesetzgeber in weitem Maße Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit bei der Ausgestaltung der Regelung berücksichtigt werden. Eine Regelung der Berufsausübung wird daher auf dieser Stufe durch jede sachgerechte und vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt. Da das Vermittlungsmonopol der BA einem Gemeinschaftswert von hohem Rang dient und mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist (vgl. BVerfG 21, 245; 21, 267; BSGE 37, 1, 7), kann Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG in der vom Gesetzgeber getroffenen Ausgestaltung unter vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls und unter dem Gesichtspunkt der zu schützenden öffentlichen Interessen nicht als übermäßig belastend und unzumutbar für die Verleiher angesehen werden.
Aus der Zweckbestimmung des AÜG, eine Umgehung des Vermittlungsmonopols durch Verschleierung privater Stellenvermittlung als Arbeitnehmerüberlassung zu verhindern, folgt, daß die ausnahmsweise eine Befristung des Arbeitsvertrages rechtfertigenden sachlichen Gründe des Leiharbeitnehmers in einer für die Beklagte nachprüfbaren Weise dargelegt werden müssen. Denn nur so wird die Beklagte in die Lage versetzt festzustellen, ob die Voraussetzungen objektiv gegeben sind, unter denen von dem grundsätzlichen Befristungsverbot abgegangen werden darf. Die bloße Angabe, der Leiharbeitnehmer wünsche selbst die Befristung, genügt nicht, da sich hieraus allein ein sachlicher Grund aus der Person des Arbeitnehmers noch nicht objektivieren läßt.
Das Verlangen, seine persönlichen Gründe für eine Befristung des Arbeitsvertrages substantiiert darzulegen, beeinträchtigt auch den Leiharbeitnehmer weder in der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit, insbesondere in der Wahrung seiner Intimsphäre (Art. 2 Abs. 1 GG) noch in der Freiheit seiner Berufswahl (Arte 12 Abs. 1 GG). Eine solche Pflicht zur Offenlegung von persönlichen Umständen besteht im Arbeitsleben auch beim Abschluß sonstiger Arbeitsverträge, oder beispielsweise auch bei der Vereinbarung von unbezahltem Urlaub. Auch bei der Arbeitsvermittlung durch die Beklagte und bei Anträgen auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ist der Arbeitsuchende und Arbeitslose gehalten, seine für die begehrte Rechtsfolge erheblichen persönlichen Umstände offenzulegen (vgl. z. B. §§ 14 Abs. 1 und 119 Abs. 1 AFG).
Es kann dabei hingenommen werden, daß in Einzelfällen in der Person des Arbeitnehmers liegende – nachteilig erscheinende – Gründe diesen davon abhalten können, sie darzulegen, so daß das erwünschte befristete Leiharbeitsverhältnis nicht zustande kommt. Soweit die Revision hierin eine Verletzung der Grundrechte des Arbeitnehmers, insbesondere auch auf freie Arbeitsplatzwahl, sieht, wird nicht berücksichtigt, daß damit Arbeitnehmer von der befristeten, vorübergehenden Berufsausübung nicht generell ausgeschlossen werden. Sie haben in jedem Fall die Möglichkeit, sich mit Hilfe der Arbeitsvermittlung (sog. Job-Vermittlung) der BA, in ein vorübergehendes, befristetes Arbeitsverhältnis vermitteln zu lassen, ohne die persönlichen Gründe für ihren Befristungswunsch offenlegen zu müssen.
Die Beklagte hat somit zu Recht angenommen, daß Vertragsgestaltungen, in denen eine Befristung des Leiharbeitsverhältnisses lediglich mit dem bloßen Wunsch des Leiharbeitnehmers und ohne erläuternde Angaben begründet wird, unzulässig sind, so daß das insoweit entgegenstehende Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen werden muß.
Das gleiche gilt für Verträge, in denen die Beschäftigung auf Abruf vereinbart wird und zwischendurch die gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ruhen. Eine solche Vereinbarung ist schlechthin unzulässig, auch wenn sachliche Gründe aus der Person des Leiharbeitnehmers vorhanden sein sollten. Da es in einem solchen Fall dem Verleiher jeweils freistehen würde, den Abruf vorzunehmen oder – falls eine geeignete Möglichkeit der Überlassung des Leiharbeitnehmers an einen Dritten nicht gegeben ist – trotz der etwaigen Verfügbarkeit des Leiharbeitnehmers davon abzusehen, unterläge der Abruf letztlich der freien Disposition des Verleihers. Es bliebe somit dem Verleiher überlassen, von Fall zu Fall die zwischenzeitlich bestehende Arbeitslosigkeit des Leiharbeitnehmers zu beenden. Das wäre aber bei jedem Abruf Arbeitsvermittlung, die lediglich mit der begriffsjuristischen Konstruktion eines unechten Leiharbeitsverhältnisses verschleiert wäre (vgl. BSGE 31, 235, 243). Mit Vertragsgestaltungen dieser Art verstößt die Klägerin gegen die zwingenden Vorschriften des § 4 AFG und des Art. 1 § 1 Abs. 1 Nr. 3 AÜG, da es sich insoweit um unerlaubte Arbeitsvermittlung und nicht mehr um erlaubte gewerbemäßige Arbeitnehmerüberlassung handelt. Die Beklagte hat deshalb den Abschluß derartiger Verträge mit Recht untersagt.
Soweit die Entscheidung der Beklagten das Verbot betraf, in den Arbeitsverträgen längere Beschäftigungspausen innerhalb des Leiharbeitsverhältnisses zu vereinbaren, ist sie dagegen vom SG zu Recht aufgehoben worden. Insoweit ist die Revision zurückzuweisen. Die Beklagte hätte dieses Verbot nicht in dieser uneingeschränkten Weise aussprechen dürfen. Beschäftigungspausen sind letztlich nichts anderes als unbezahlter Urlaub, der bei Vorliegen ausreichender Gründe in jedem Arbeitsverhältnis vereinbart werden kann. Wenn für eine solche Vereinbarung auf Seiten des Leiharbeitnehmers ein in seiner Person gegebener sachlicher Grund vorliegt, muß es im Hinblick auf Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG auch zulässig sein, bei Einverständnis des Verleihers eine solche Beschäftigungspause in Gestalt eines unbezahlten Urlaubs zu vereinbaren. Um aber zu verhindern, daß auf diese Weise in Wirklichkeit gegen Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG verstoßende befristete Leiharbeitsverhältnisse begründet werden, müssen auch hier die sich aus der Person des Leiharbeitnehmers ergebenden und die Vereinbarung von Beschäftigungspausen rechtfertigenden sachlichen Gründen substantiiert dargelegt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 926367 |
BSGE, 100 |
NJW 1978, 853 |