Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungswahl. Friedenswahl. freie Liste. Vorschlagsliste. Wahlprüfung. mandatsirrelevanter Wahlfehler. Klagebefugnis. Unterstützerliste. Formstrenge. Unterzeichnung. Wahlausschuss. Widerspruchsverfahren. Klagegegenstand
Leitsatz (amtlich)
- Bei der Unterschriftensammlung zur Unterstützung einer Vorschlagsliste für eine Sozialversicherungswahl muss die vollständige Kandidatenliste vorliegen; dennoch darf die Vorschlagsliste nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden, der genaue Hergang der Unterschriftensammlung habe sich nicht klären lassen.
- Eine freie Liste als solche ist nicht befugt, eine Sozialversicherungswahl anzufechten.
- Die vorbereiteten Entscheidungen der Wahlausschüsse können im Rahmen des gerichtlichen Wahlanfechtungsverfahrens nicht (mehr) selbständig angefochten werden (Abgrenzung zu BSG vom 23.9.1982 – 8 RK 19/82 = BSGE 54, 104 = SozR 2100 § 57 Nr 1; BSG vom 14.6.1984 – 1/8 RK 18/83 = BSGE 57, 42 = SozR 2100 § 48 Nr 1).
Orientierungssatz
1. Der Klammerzusatz in § 48 Abs 1 Nr 4 SGB 4 ("freie Liste") weist nach dem Sinn der Vorschrift nicht auf weitere Vorschlagsberechtigte, sondern lediglich auf die gesetzliche Bezeichnung für die auf Grund dieser Bestimmung eingereichten Vorschlagslisten hin.
2. Die Verletzung von Wahlvorschriften, die sich auf das Wahlergebnis (hier Mandatsverteilung) letztlich nicht auswirkt (sogenannte mandatsirrelevante Wahlfehler), bleibt im Wahlprüfungsverfahren unbeachtlich (zum Ganzen BSG vom 28.1.1998 - B 6 KA 98/96 R = BSGE 81, 268 = SozR 3-2500 § 80 Nr 3 mwN zur Rechtsprechung des BVerfG und des BSG).
Normenkette
SGB IV § 48 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, § 56 S. 2 Nr. 5, § 57 Abs. 2; SVWO § 15 Abs. 1, 2 S. 7, § 23 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. März 2002 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger bestreiten die Gültigkeit einer Wahl zum Verwaltungsrat einer Krankenkasse, weil die von ihnen vorgeschlagene Kandidatenliste zur Wahl nicht zugelassen wurde.
Zur Vorbereitung der Wahl zum Verwaltungsrat der beklagten AOK im Rahmen der Sozialversicherungswahlen 1999 reichten die Kläger für die Gruppe der Versicherten zusätzlich zu den Vorschlagslisten zweier Arbeitnehmervereinigungen die sog "Freie Liste von Taube" mit insgesamt 24 Kandidaten ein. Beigefügt war eine aus 878 Blättern bestehende Unterstützerliste mit 4006 Unterschriften. Die hierzu gemäß § 56 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erlassene Wahlordnung für die Sozialversicherung (SVWO in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22. Juli 1998, BGBl I 1894) legt in Anlage 4 ein Muster für die Unterstützerliste fest, das auf der Vorderseite die Namen der ersten sechs Wahlbewerber der Vorschlagsliste, die Namen der Listenvertreter und Raum für die Angaben und Unterschriften von jeweils fünf Unterstützern vorsieht. In der Überschrift zur Bewerberliste heißt es ua: "Auszug aus der - bei der Unterschriftensammlung vorzulegenden - vollständigen Vorschlagsliste". Eine Fußnote zu diesem Text verweist auf die erste von vier Anmerkungen auf der Rückseite des Blattes, wonach dem Listenunterzeichner bei der Unterschriftensammlung die vollständige Vorschlagsliste vorzulegen ist. Anders als das Muster enthielten die Blätter der zu der genannten freien Liste vorgelegten Unterstützerliste keine Anmerkungen, weil nur die Vorderseite und nicht auch die Rückseite des Musters fotokopiert worden war.
Die Beklagte versuchte im Wege einer Umfrage bei den Unterstützern zu ermitteln, ob im Zeitpunkt der jeweiligen Unterschrift die vollständige Bewerberliste vorgelegen habe. Das Ergebnis ist zwischen den Beteiligten umstritten und im Berufungsurteil im Einzelnen nicht festgestellt. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit welcher der Beklagten ua die Mitgliederbefragung untersagt werden sollte, hatte auch im Beschwerdeverfahren keinen Erfolg. Ebenso wie schon das Sozialgericht (SG) verneinte das Landessozialgericht (LSG) einen offenkundigen Wahlverstoß (Beschluss vom 23. Dezember 1998 - L 4 B 351/98 KR ER ).
Der Wahlausschuss der Beklagten kam zum Ergebnis, dass die freie Liste ungültig sei, weil auf den für die Unterschriftensammlung verwendeten Formularen die Rückseite des in der Wahlordnung vorgeschriebenen Musters nicht abgedruckt sei und Stichproben ergeben hätten, dass in zahlreichen Fällen die vollständige Vorschlagsliste bei der Unterschrift nicht vorgelegen habe (Beschluss vom 30. Dezember 1998). Auf die Beschwerde gab der Landeswahlausschuss den Klägern als Listenvertreter bzw stellvertretender Listenvertreter und dem Ehepaar von A. als Initiatoren der Vorschlagsliste Gelegenheit zur mündlichen Äußerung. Die Beschwerde wurde mit Beschluss vom 19. Januar 1999 zurückgewiesen, weil sich nicht feststellen lasse, ob bei der Unterschriftensammlung jedem Unterzeichner die vollständige Bewerberliste vorgelegt worden sei. Die Initiatoren hätten Auskünfte über die bei der Unterschriftensammlung angefallenen schriftlichen Unterlagen verweigert und die beiden Listenvertreter hätten sich gegen weitere Ermittlungen gewandt, sodass sie die Nachteile der nicht aufklärbaren Voraussetzungen für die Gültigkeit der Liste trügen. Der auch hiergegen betriebene einstweilige Rechtsschutz hatte ebenfalls keinen Erfolg, weil das LSG in der Zurückweisung der freien Liste keinen offensichtlichen Wahlverstoß sah (Beschluss vom 29. März 1999 - L 4 B 88/99 KR ER ).
In der Folge legten die beiden bereits erwähnten Arbeitnehmervereinigungen eine gemeinsame Liste vor, deren Bewerber als gewählt galten, da keine weitere Liste eingereicht worden war (sog Friedenswahl).
In der Hauptsache ist die Klage gegen die Gültigkeit der Wahl sowohl erstinstanzlich als auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben. Das SG hat den Bundeswahlbeauftragten für die Sozialversicherungswahlen (Beigeladener zu 1), das LSG den Deutschen Gewerkschaftsbund und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmerorganisationen als Träger der anderen (gemeinsamen) Vorschlagsliste beigeladen (Beigeladene zu 2 und 3). Das Berufungsurteil führt aus, eine wirksame Unterschrift unter die Unterstützerliste setze die Vorlage der vollständigen Vorschlagsliste voraus. Der Auffassung des Bundeswahlbeauftragten, wonach die Unterzeichnung der Unterschriftenliste mit Rücksicht auf die darin enthaltenen Hinweise sinngemäß als Verzicht auf die Vorlage der vollständigen Bewerberliste gelten könne, sei nicht zu folgen. Da die Ermittlungen der Beklagten und die Äußerungen der Listenvertreter sowie des Ehepaares von A. vor dem Landeswahlausschuss daran zweifeln ließen, ob die Bewerberliste immer vorgelegt worden sei, habe die Klägerin den Nachteil der fehlenden Ermittelbarkeit der Einhaltung der Formvorschriften zu tragen. Der Einwand der Listenvertreter, Ermittlungen nach Vorlage der Vorschlagsliste stellten ein unzulässiges Nachschieben von Gründen dar, sei nicht stichhaltig.
Das Ergebnis sei dasselbe, wenn rechtlich davon ausgegangen werde, dass die Unterzeichner der Unterschriftenliste lediglich Gelegenheit haben müssten, die vollständige Bewerberliste einzusehen. Denn es sei weder durch Angaben der Listenvertreter noch des Ehepaares von A. belegt, dass in mindestens 2.000 Fällen die vollständige Vorschlagsliste bei Ableistung der Unterschrift tatsächlich griffbereit gewesen sei. Im Übrigen seien die Angaben der Genannten auch widersprüchlich; vor allem zur Verantwortung für die Ausgabe der Listen gebe es unterschiedliche Aussagen, die zu den Zweifeln im Umgang mit den Listen beitrügen. Bei dem bekannten - nicht weiter aufklärbaren - Sachverhalt seien Wahlausschuss und Landeswahlausschuss nicht berechtigt gewesen, die freie Liste zuzulassen.
Im Revisionsverfahren hat der Senat das Rubrum geändert und an die Stelle der bisher als Klägerin auftretenden "Freien Liste von Taube" die beiden Listenvertreter in ihrer Funktion des Listenträgers als Kläger bezeichnet. Die Kläger rügen Verletzungen von § 23 Abs 2 Nr 4 und Nr 6 SVWO sowie § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Das LSG habe zu Unrecht die Unaufklärbarkeit des Sachverhalts angenommen und eine Beweislastentscheidung getroffen. In Übereinstimmung mit dem Bundeswahlbeauftragten sei von der Beweislast der Beklagten auszugehen. Die von der Beklagten durchgeführten Stichproben bei den Unterzeichnern der Unterschriftenlisten seien nicht geeignet gewesen, einen Verstoß gegen die Formvorschriften zu belegen, weil die Befragten nicht ausreichend belehrt worden seien und weil der Schluss von den untersuchten Einzelfällen auf die übrigen Fälle im Wege der Hochrechnung nicht zulässig sei. Das Bemühen der Kläger, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Einstellung der Befragungen zu erreichen, beruhe auf humanitären Erwägungen und dürfe nicht als Beleg für Verstöße gegen Formvorschriften gewertet werden; es habe sich ausschließlich gegen die Art und Weise der Aufklärung gerichtet. Gegen ordnungsgemäße Ermittlungen gebe es keine Einwände. Allerdings dürfte es wegen des beschränkten Erinnerungsvermögens nach so langer Zeit nicht mehr möglich sein, diese Ermittlungen nachzuholen, zumal die zahlreichen Helfer bei der Unterschriftensammlung nicht registriert worden seien.
Die Kläger beantragen,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 20. März 2002 und des Sozialgerichts München vom 26. April 2001 aufzuheben, die 1999 in der Gruppe der Versicherten durchgeführte Wahl zum Verwaltungsrat der Beklagten für ungültig zu erklären und festzustellen, dass die Wahl unter Berücksichtigung der so genannten "Freien Liste von Taube" unverzüglich zu wiederholen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Weil die Rückseite des Musters für die Unterschriftensammlung nicht mitkopiert gewesen sei, habe den Unterschriftensammlern die klare Anweisung gefehlt, die vollständige Bewerberliste vorzulegen. Ein weiteres Indiz für den Verstoß gegen Formvorschriften ergebe sich aus dem Flugblatt eines Zahnärzte-Verbandes, das auf die Bewerberliste nicht hinweise, obwohl es um Unterstützung für die Liste werbe. Um diesen Verdachtsmomenten nachzugehen, sei die Befragung eingeleitet worden, die vom LSG im Verfahren um eine einstweilige Anordnung für rechtens erklärt worden sei. Die Klägerin habe an der weiteren Aufklärung nicht mitgewirkt, sondern diese im Gegenteil durch Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz zu verhindern versucht.
Der beigeladene Bundeswahlbeauftragte stellt keinen Antrag. Er vertritt wie bereits im Berufungsverfahren die Auffassung, dass die Anmerkungen auf der Rückseite der Anlage 4 kein zwingender Bestandteil der Unterschriftenliste seien. Durch die Überschrift auf der Vorderseite sei für jeden Unterzeichner klar erkennbar, dass er das Recht auf Einsicht in die vollständige Vorschlagsliste habe. Unter diesen Umständen stehe mit der Unterschrift unter die Liste fest, dass der Unterstützer die vollständige Vorschlagsliste eingesehen oder auf die Vorlage konkludent verzichtet habe. Ob die Vorschlagsliste tatsächlich vorgelegen habe, sei demnach unerheblich; eine entsprechende Überprüfung während des Wahlverfahrens sei insbesondere bei großen Versicherungsträgern schon aus Zeitgründen auch gar nicht möglich. Selbst wenn man die Frage für entscheidungserheblich halte, bleibe es bei der Ungültigkeit der Wahl. Denn die Prüfung einer ausreichenden Zahl von Unterstützern obliege dem Wahlausschuss, den deshalb eine diesbezügliche Feststellungslast treffe; eine Hochrechnung aus einer Stichprobe sei unzulässig. Für die Umkehr der Feststellungslast biete das Gesetz oder die SVWO keinen Anhalt.
Die beigeladenen Listenträger (Beigeladene zu 2 und 3) stellen ebenfalls keinen Antrag.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist zulässig.
Die ursprünglich als Klägerin bezeichnete freie Liste wäre als solche allerdings nicht berechtigt, die Wahl anzufechten und Rechtsmittel einzulegen. Dabei kann offen bleiben, ob eine Vorschlagsliste bereits mangels Rechtsfähigkeit keine Prozesse im eigenen Namen führen darf oder ob sie etwa als Gesellschaft bürgerlichen Rechts hierzu befugt wäre. Jedenfalls sind Vorschlagslisten weder in § 57 Abs 2 SGB IV genannt, noch gehören sie zu den dort in Bezug genommenen Personen und Vereinigungen, denen nach § 48 Abs 1 SGB IV das Recht zusteht, Vorschlagslisten einzureichen. Der Klammerzusatz in § 48 Abs 1 Nr 4 SGB IV (“freie Liste”) weist nach dem Sinn der Vorschrift nicht auf weitere Vorschlagsberechtigte, sondern lediglich auf die gesetzliche Bezeichnung für die auf Grund dieser Bestimmung eingereichten Vorschlagslisten hin. Zwar mag durch die Bezeichnung des Erklärungs- und Empfangsbevollmächtigten einer Vorschlagsliste als Listenvertreter in § 16 SVWO bei den Beteiligten und den Vorinstanzen der Eindruck entstanden sein, dieser habe das Verfahren im Namen der Liste und als deren gesetzlicher Vertreter zu führen; dementsprechend wurde (außer vom Landeswahlausschuss) die Liste als Klägerin und der Listenvertreter sowie sein Stellvertreter als gemeinschaftlich handelnde gesetzliche Vertreter aufgeführt. Da die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit einer Vorschlagsliste nach § 60 SGB IV den Listenträger treffen, kann mit der Nennung einer Liste als Prozessbeteiligte aber nur der dahinter stehende Träger gemeint sein, also regelmäßig die in § 48 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB IV genannten Vereinigungen, die zugleich vorschlagsberechtigt sind. Bei einer freien Listen fungiert der Listenvertreter nach § 17 Abs 1 Satz 3 SVWO als Listenträger, wobei nach Satz 4 eine eventuell angeordnete gemeinsame Vertretung zu beachten ist. Deshalb musste die Bezeichnung der Liste als Klägerin von Anfang an auf den Listenträger bezogen werden, der durch die gemeinschaftlich handelnden Listenvertreter repräsentiert wird. Da sich dadurch nur die angesprochene Funktion der Personen ändert, die auch schon bisher den Prozess tatsächlich geführt haben, liegt darin keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung, sondern lediglich die Berichtigung des ursprünglich falschen Rubrums und infolgedessen auch kein zur Unzulässigkeit der Revision führender Mangel.
Die Revision ist unbegründet.
Die Kläger haben die Anfechtung der Beschlüsse des Wahlausschusses und des Landeswahlausschusses, wie sie vor den Instanzgerichten erklärt wurde, zu Recht fallen gelassen, denn insoweit war die Klage unzulässig. Anfechtungsgegenstand ist allein die Wahl selbst, wie dem Wortlaut des § 57 Abs 2 SGB IV in der hier anwendbaren, seit dem 3. August 1984 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung des Wahlrechts für die Sozialversicherungswahlen vom 27. Juli 1984 (BGBl I 1029) zu entnehmen ist. Eine eventuelle Ungültigkeit der Wahl ergibt sich nicht zwingend aus der Rechtswidrigkeit der im Laufe des Wahlverfahrens getroffenen Zwischenentscheidungen – etwa wenn diese sich auf das Wahlergebnis nicht auswirken. Nach § 131 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) führt eine erfolgreiche Wahlanfechtung dementsprechend lediglich dazu, dass das Gericht die Wahl für ungültig erklärt. Dass die Wahlanfechtungsklage nicht auf die während des Wahlverfahrens ergangenen Beschlüsse der Wahlausschüsse abzielt, ergibt sich zusätzlich sinngemäß daraus, dass das diesbezügliche Verfahren zwar nach § 57 Abs 4 SGB IV Zulässigkeitsvoraussetzung für die spätere Klage ist, aber nicht das Vorverfahren darstellt. Denn ein solches findet nach § 57 Abs 3 Satz 3 SGB IV nicht statt, sodass § 95 SGG weder unmittelbar noch entsprechend heranzuziehen ist. Unter der Geltung des § 57 SGB IV in der bis zum 2. August 1984 anzuwendenden Fassung hat die Rechtsprechung allerdings ohne nähere Ausführungen die Zulässigkeit einer Anfechtung der Zwischenentscheidungen unterstellt; möglicherweise hat dabei der mittlerweile gestrichene Hinweis auf einzelne Gesichtspunkte der Wahlanfechtung in § 57 Abs 2 SGB IV eine Rolle gespielt (vgl BSGE 57, 42, 43 = SozR 2100 § 48 Nr 1 S 2 und BSGE 54, 104, 105 = SozR 2100 § 57 Nr 1 S 2). Bereits zur früheren Fassung hat das BSG jedoch im Sinne der hier angestellten Erwägungen betont, dass im Wahlanfechtungsverfahren nicht über ein mit der Wahl zusammenhängendes Verwaltungshandeln zu entscheiden ist (BSGE 54, 104 aaO) bzw dass Ziel jeglicher Wahlprüfung die Rechtmäßigkeit der Wahl als solche ist (BSGE 57, 42, 45 = SozR 2100 § 48 Nr 1 S 4 f).
Die von den Klägern vorinstanzlich begehrte Verurteilung der Beklagten, eine Urwahl durchzuführen, ist in § 131 Abs 4 SGG ebenfalls nicht vorgesehen. Vielmehr kommt nach dem Gesetzeswortlaut nur ein Ausspruch über die Ungültigkeit der Wahl und die sich daraus ergebenden Folgerungen in Betracht. Die Erklärung der Wahl für ungültig ist im bisherigen Antrag sinngemäß enthalten. Als Folgerung mag im Interesse der Klarstellung eine Aussage zur Wahlwiederholung zulässig sein, obwohl es sich im Grunde um eine Selbstverständlichkeit handelt. Allerdings steht einer entsprechenden Verurteilung der Beklagten entgegen, dass Sozialversicherungswahlen nicht von den Sozialversicherungsträgern, sondern nach § 53 Abs 2 Satz 2 SGB IV vom Bundes- bzw von den Landeswahlbeauftragten durchzuführen sind, die jedoch nicht notwendigerweise am Prozess beteiligt sind. In dieser besonderen Konstellation mag es ausnahmsweise zulässig sein, die Verpflichtung eines Nichtbeteiligten auszusprechen (vgl nochmals BSGE 54, 104, 106 = SozR 2100 § 57 Nr 1 S 3). Der auf eine Feststellung beschränkte Ausspruch, dass die Wahl zu wiederholen ist, scheint jedoch besser auf die prozessuale Situation zu passen, ohne dass dadurch Nachteile für den Anfechtungsberechtigten erkennbar wären. Dem entspricht der nunmehr gestellte Antrag, sodass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage nicht (mehr) bestehen.
Die Klage ist jedoch unbegründet, sodass die Revision keinen Erfolg haben kann. Im Ergebnis haben die Vorinstanzen zutreffend entschieden, dass die Wahl gültig ist.
Das Demokratiegebot sowie die Rechte von Wahlberechtigten und Wahlbewerbern verpflichten den Gesetzgeber einerseits, ein Wahlprüfungsverfahren vorzusehen, um die Richtigkeit der Ermittlung des Wählerwillens so weit wie möglich sicherzustellen. Andererseits kann der Zweck des Prüfungsverfahrens nicht weiterreichen als derjenige der Wahl selbst: Da es dabei ausschließlich um die Feststellung der Mandatsverteilung geht, beschränkt sich auch das Prüfungsverfahren auf diejenigen Fehler, die diese Verteilung beeinflussen können; die Verletzung von Wahlvorschriften, die sich auf das Wahlergebnis letztlich nicht auswirkt (sog mandatsirrelevante Wahlfehler), bleibt infolgedessen im Wahlprüfungsverfahren unbeachtlich (zum Ganzen BSGE 81, 268, 270 f = SozR 3-2500 § 80 Nr 3 S 22 mwN zur Rechtsprechung des BVerfG und des BSG). Nach diesen Kriterien ist die Rüge der Kläger im Wahlprüfungsverfahren beachtlich, die von ihnen eingereichte Bewerberliste sei zu Unrecht zurückgewiesen worden. Abgesehen davon, dass bei zwei zugelassenen Vorschlagslisten die Vorgeschlagenen nicht nach § 46 Abs 3 SGB IV durch Friedenswahl ohne Wahlhandlung als gewählt gegolten hätten, ist nicht ohne weiteres anzunehmen, dass keiner der Kandidaten der freien Liste ein Mandat erhalten hätte. Deshalb würde es sich um einen mandatsrelevanten Wahlfehler handeln.
Wie schon der Wahlausschuss der Beklagten angenommen hat, ist die sog “Freie Liste von Taube” jedoch kein zulässiger Wahlvorschlag und infolgedessen zu Recht zurückgewiesen worden.
Nach § 48 Abs 1 Nr 4 SGB IV können ua Versicherte eigene Vorschlagslisten einreichen, die nach § 48 Abs 2 und 3 SGB IV von einer ausreichenden Anzahl von Wahlberechtigten unterschrieben sein müssen. Die näheren Voraussetzungen ergeben sich aus § 15 Abs 1 SVWO und den darin genannten Anlagen; hierzu wird der Verordnungsgeber in § 56 Satz 2 Nr 5 SGB IV ausdrücklich ermächtigt. Unterstützerlisten müssen nach § 15 Abs 1 Satz 2 SVWO dem Muster der Anlage 4 entsprechen. Die richtige Benennung der Liste ist in § 15 Abs 2 Satz 3 bis 5 SVWO geregelt. Danach ist der Bezeichnung “freie Liste” ein oder bis zu fünf Familiennamen von Unterstützern beizufügen.
Die hier eingereichte Vorschlagsliste ist ungültig.
Die Bezeichnung mit dem Familiennamen des Listenvertreters als “Freie Liste von Taube” ist zwar unzulässig, da der Listenvertreter mangels Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht Listenunterstützer sein kann. Das allein führt aber nicht zur Ungültigkeit. Vielmehr hat der Wahlausschuss nach § 15 Abs 2 Satz 7 SVWO das unzulässige Kennwort durch ein zulässiges zu ersetzen; daraus ergibt sich im Gegenschluss, dass die falsche Benennung keine Rechtfertigung für eine Zurückweisung der Liste nach § 23 Abs 2 Satz 2 SVWO darstellt. Ob dem Gericht in dieser Hinsicht dieselben Befugnisse wie dem Wahlausschuss zustehen und welche weiteren Folgerungen aus einer unzulässigen Bezeichnung zu ziehen wären, braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil die Liste aus einem anderen Grunde zurückzuweisen war.
Wird die in § 15 Abs 1 Satz 2 SVWO und der Anlage 4 vorgeschriebene Form nicht gewahrt, ist die Vorschlagsliste nach § 23 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SVWO ungültig und der Wahlausschuss hat sie nach § 23 Abs 2 Satz 2 SVWO zurückzuweisen. Die eingereichte Vorschlagsliste ist in diesem Sinne ungültig, denn die beigefügte Unterstützerliste entspricht nur auf der Vorderseite dem verbindlich vorgeschriebenen Muster. Der für die Rückseite vorgesehene Text war nicht mitkopiert worden. Dadurch fehlt eine für die Unterschriftensammlung wesentliche Ergänzung des Textes auf der Vorderseite. Abgesehen davon, dass die auf der Vorderseite angebrachten Anmerkungsziffern ohne die Rückseite ins Leere gehen und daher beim Unterzeichner zur Unsicherheit darüber führen können, ob der Verweisungstext für ihn wichtige Informationen enthält, ist insbesondere die Anmerkung 1, die auf die Pflicht hinweist, dem Unterzeichner die vollständige Vorschlagsliste vorzulegen, für die Rechtmäßigkeit der Unterschriftensammlung von Bedeutung. Dabei geht es nicht darum, ob dieser Hinweis zusätzlich zur inhaltlich ähnlichen Parenthese auf der Vorderseite die Beachtung der Vorlagepflicht wirklich zu garantieren vermochte. Es genügt in diesem Zusammenhang, dass die zusätzliche Anmerkung jedem Unterzeichner und Sammler unmissverständlich vor Augen hält, die Vorschlagsliste habe im Zeitpunkt der Unterzeichnung in vollständiger Form vorzuliegen. Dieser Inhalt geht über den auf der Vorderseite angebrachten Vermerk insoweit hinaus, als dort noch nicht völlig klar ist, wann und wem die Liste vorzulegen ist.
Bei der Gestaltung des Musterformulars hat der Verordnungsgeber zur Recht besondere Anstrengungen unternommen, um die Vorlage der vollständigen Vorschlagsliste bei möglichst allen Unterzeichnungsakten sicher zu stellen. Die Vorlagepflicht hängt eng mit den gesetzlichen Voraussetzungen für eine freie Vorschlagsliste zusammen. Nach § 48 Abs 2 SGB IV müssen “Vorschlagslisten der Versicherten … von … (nach Größe des Versicherungsträgers gestufte Zahl) Personen unterzeichnet sein.” Diese gesetzliche Voraussetzung wäre nach der Rechtsprechung zu vergleichbaren Vorschriften (etwa bei Personalratswahlen oder Bürgerbegehren) nur erfüllt, wenn sich die vollständige Vorschlagsliste und die Unterschriften der Unterstützer auf derselben Urkunde befänden (Hessischer VGH ESVGH 48, 22 sowie HessVGRSPR 1980, 44 mwN). Die Zulassung einer Unterstützerliste auf einzelnen Blättern, die nur einen Auszug aus der Vorschlagsliste enthalten, bedeutet gegenüber dem Gesetzeswortlaut eine wesentliche Erleichterung, um insbesondere freie Listen – etwa bei größeren Versicherungsträgern und einer entsprechend hohen Zahl von Unterstützern – nicht schon an übermäßigen formalen Hürden scheitern zu lassen. Der Verordnungsgeber ist durch § 56 Satz 2 Nr 5 SGB IV ausdrücklich zu Vorschriften über die Form der Vorschlagslisten und der dazugehörigen Unterlagen ermächtigt, sodass sich von daher keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des hier einschlägigen § 15 Abs 1 Satz 2 SVWO und der Anlage 4 ergeben.
Mit Rücksicht auf den Wortlaut von § 48 Abs 2 SGB IV darf die notwendige Verknüpfung zwischen der Vorschlagsliste und der einzelnen Unterschrift nicht über das durch § 15 Abs 1 Satz 2 SVWO erlaubte Maß hinaus gelockert werden. Deshalb ist die Unterschrift eines Unterstützers entgegen der Auffassung des Bundeswahlbeauftragten fehlerhaft, wenn die vollständige Bewerberliste dabei nicht tatsächlich vorgelegen hat, weil dann auch bei großzügiger Auslegung die Liste nicht als “unterzeichnet” angesehen werden kann und der im Gesetz vorgeschriebene Bezug zwischen Unterschrift und Vorschlagsliste nicht gewahrt ist. Ob der Unterschreibende ausdrücklich oder sinngemäß darauf verzichtet, vom Unterschriftensammler Einsicht in die vollständige Liste zu verlangen, ist unter diesen Umständen unerheblich. Gerade deshalb kommt dem auf der Rückseite des Musters nach Anlage 4 angebrachten Hinweis besondere Bedeutung zu, der unabhängig von einem eventuellen Verzicht des Unterstützers die unbedingte Pflicht zur Vorlage der vollständigen Vorschlagsliste hervorhebt.
Das heißt allerdings nicht, dass der Frage weiter nachzugehen wäre, ob diese Pflicht bei über 4.000 Unterzeichnungen tatsächlich eingehalten wurde. Selbst wenn der Nachweis gelänge, dass die vollständige Kandidatenliste in mindestens 2.000 Fällen wirklich vorgelegen hat, bliebe die Vorschlagsliste ungültig. Die Besonderheiten von Wahlhandlungen zwingen im Wahlprüfungsverfahren zu einer weitgehenden Beschränkung auf ohne großen Ermittlungsaufwand sicher feststellbare äußerliche Gültigkeitsvoraussetzungen; ähnlich wie mandatsirrelevante Wahlfehler bleiben Verstöße gegen Wahlvorschriften, die sich nicht in Formfehlern niederschlagen, infolgedessen regelmäßig unbeachtlich. Der Wahlvorgang als solcher und seine Vorbereitung müssen schon deshalb vor allem an förmliche Voraussetzungen anknüpfen, weil jede eingehendere Prüfung die Gefahr der inhaltlichen Kontrolle der Wahlentscheidung heraufbeschwört. Außerdem ist die schwer hinnehmbare Rechtsunsicherheit zu bedenken, könnte erst auf Grund einer langwierigen Beweiserhebung und -würdigung über die Gültigkeit einer Wahl entschieden werden. Demgegenüber liegt der Vorteil eines eher berechenbaren rein formalen Prüfungsverfahrens auch für Beteiligte, denen nicht alle Einzelheiten des Wahlverfahrens bekannt sind, auf der Hand: Sie können sich darauf verlassen, dass die Wahl gültig sein wird, wenn sie die Formalien genau einhalten. Das bedingt umgekehrt eine Formstrenge bei der Wahlprüfung, wie sie der Senat im vorliegenden Fall in Bezug auf die Musterformulare nach § 15 Abs 1 Satz 2 SVWO annimmt.
Die hier einschlägigen Vorschriften bestätigen diesen aus allgemeinen Erwägungen abzuleitenden Grundsatz. Insbesondere ist den Vorschriften über Sozialversicherungswahlen im SGB IV und der SVWO kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass eine nachträgliche Überprüfung des ordnungsgemäßen Zustandekommens der Unterschriftenliste – etwa durch Befragung der Unterstützer – in Betracht kommt. Dieser von den Hauptbeteiligten, den Wahlausschüssen und den Vorinstanzen übereinstimmend zu Grunde gelegten Auffassung folgt der Senat nicht; sie übersieht wesentliche Unterschiede zwischen einer Wahl und einem Sozialverwaltungs- oder Sozialgerichtsverfahren, das durch die grundsätzlich umfassende Amtsermittlungspflicht geprägt ist. Nach dem Sinn und Zweck der Regelungen in der hier einschlägigen Wahlordnung sind nur bestimmte – vor allem formale – Umstände aufklärungsbedürftig.
Zunächst ist eine Wahl schon nach der gesetzlichen Definition in § 8 SGB X kein Verwaltungsverfahren, weil sie weder den Erlass eines Verwaltungsakts noch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zum Ziel hat. Dass Verwaltungsentscheidungen bei der Wahlvorbereitung eine Rolle spielen, steht dem nicht entgegen, denn sie werden nicht von der Behörde, sondern von aus der Behördenhierarchie ausgegliederten Ausschüssen getroffen. Die Wahl ist außerdem vor allem dadurch geprägt, dass sich der Wähler zwischen vordefinierten Möglichkeiten entscheiden muss und dass sich die Wahlentscheidung als solche aus einer Vielzahl von voneinander unabhängigen Einzelentscheidungen zusammensetzt. Aus beiden Gründen ist sowohl die Wahlvorbereitung als auch der Wahlakt selbst in hohem Grade formalisiert (vgl demgegenüber den Grundsatz des § 9 SGB X).
Die aufgezeigten Merkmale kommen auch bei der Einreichung einer freien Liste für Sozialversicherungswahlen zum Tragen. Die Form für die Vorschlagsliste und die dafür erforderliche Unterstützerliste ist bis ins Detail vorgeschrieben. Die Listenunterstützung ist ein wahlähnlicher Akt, denn sie beruht auf einer Vielzahl von Einzelentscheidungen, die im Fall der Wahl des Verwaltungsrats der Beklagten durch mindestens 2.000 Namen, Adressen und Unterschriften dokumentiert sein müssen. Der Zweck der Wahlvorbereitung durch den Wahlausschuss kann nicht darin liegen, in Hunderten von Fällen zu klären, unter welchen Umständen die Unterstützerliste zu Stande gekommen ist. Die sonst geltende umfassende Sachverhaltsaufklärung würde die Wahlausschüsse und die Gerichte dazu zwingen, die Unterstützer und die Unterschriftensammler sowie andere eventuelle Zeugen nach den Vorgängen bei der Unterzeichnung im Einzelnen zu befragen. Eine Hochrechnung von “repräsentativen” Zeugen auf die Übrigen wäre als vorweggenommene Beweiswürdigung unzulässig; für eine Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises gäbe es keine Rechtfertigung. Die Vermutung, dass sich die meisten an den Vorgang wohl nicht erinnern würden, die auch im jetzigen Verfahren eingewandt wird, wäre ebenfalls mit geltenden Beweiserhebungsgrundsätzen unvereinbar, denn aus diesem Grund darf von einer Zeugenvernehmung nicht abgesehen werden (vgl BSG SozR 3-2200 § 1248 Nr 17 S 72 ff mwN; BSG vom 24. Juni 1981 – 9 RV 6/81). Da die Unterzeichnung einer Vorschlagsliste wahlähnlichen Charakter hat, wäre bei derartigen Ermittlungen überdies nur sehr schwer zwischen der Klärung des äußeren Verlaufs der Unterschriftensammlung und einer unzulässigen Erforschung weiterer Umstände – etwa der Motive für die Wahlunterstützung – zu unterscheiden. Deshalb und mit Rücksicht auf die engen Terminvorgaben bei der Wahlvorbereitung sowie die fehlende Ausstattung des Wahlausschusses mit den notwendigen Ressourcen kann eine umfassende Ermittlungspflicht nicht in der Absicht des Gesetz- bzw Verordnungsgebers gelegen haben.
Das wird dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber eine umfassende Prüfung offenbar nicht für selbstverständlich hält, denn sonst hätte er dem Verordnungsgeber in § 56 Satz 2 Nr 5 SGB IV nicht eigens aufgegeben, Vorschriften über die Prüfung von Vorschlagslisten zu erlassen. Dementsprechend verpflichtet die Verordnung den Ausschuss vor allem zur Prüfung der äußeren Form: § 23 Abs 2 Satz 1 Nr 4 SVWO erklärt eine Vorschlagsliste für ungültig, die nicht die Form des § 15 Abs 1 Satz 1, 2 und 4 SVWO wahrt. Da dort bestimmt ist, dass Unterstützerlisten “nach dem Muster der Anlage 4” beizubringen und Unterschriften eigenhändig zu vollziehen sind, beschränkt sich die vorgeschriebene Form in diesem Sinne darauf, dass die Unterschrift auf einem Formular nach Anlage 4 zu leisten (nicht: zu kopieren) ist, auf dem außer Name und Anschrift des Unterstützers der Auszug aus der Vorschlagsliste und die Namen der Listenvertreter verzeichnet sein müssen. Eine Unterstützerliste nach diesem Muster wahrt die vorgeschriebene Form, auch wenn die darin wiedergegebene Anweisung nicht beachtet wurde, die vollständige Vorschlagsliste vorzulegen. Das “Muster” für eine Unterschriftenliste betrifft die äußere Form des Dokuments und nicht die Begleitumstände seiner Erstellung.
Daneben ist der SVWO die Verpflichtung des Wahlausschusses zu entnehmen, die Wählbarkeit von Bewerbern und das Wahlrecht von Unterstützern zu prüfen. Bei Zweifeln ist der Wahlausschuss durch § 15 Abs 6 SVWO ermächtigt, entsprechende Unterlagen zu verlangen; er hat die Vorschlagsliste nach § 23 Abs 2 Satz 2 SVWO zurückzuweisen, wenn die angeforderten Unterlagen nicht rechtzeitig nachgereicht werden. § 22 Abs 2 Satz 3 SVWO beschränkt die vorläufige Prüfung der Wählbarkeit von Wahlbewerbern auf Fälle, in denen dazu ein besonderer Anlass besteht. Schließlich erlaubt § 15 Abs 4 Satz 4 SVWO dem Listenvertreter, der Unterschriftenliste Erklärungen beizufügen, um Zweifel am Wahlrecht der Unterstützer auszuschließen; hierfür ist das Muster nach Anlage 8 zur Verordnung vorgesehen.
Gerade die zuletzt genannte Bestimmung spricht iVm den zuvor in § 15 Abs 4 Satz 2 und 3 SVWO zur Form von Nachweisen für die Bewerberliste getroffenen Regelungen und im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Zurückweisungspflicht nach § 23 Abs 2 Satz 2 SVWO dafür, dass der Wahlausschuss selbst bei Zweifeln nicht gehalten ist, den Sachverhalt in den angesprochenen Fällen umfassend aufzuklären, sondern sich darauf beschränken darf, den Listenvertretern die Beibringung der erforderlichen Nachweise aufzugeben und allein auf Grund der fristgerecht eingereichten Unterlagen zu entscheiden. Dafür spricht auch § 3 Abs 6 Satz 2 SVWO, der dem Wahlausschuss ausdrücklich die Abnahme von Versicherungen an Eides statt erlaubt, die sonst nur in besonderen Verfahren, etwa um den Erlass von einstweiligen Anordnungen, als Beweismittel zugelassen sind (vgl auch § 23 Abs 2 SGB X). Soweit in der bezeichneten Vorschrift der Wahlordnung Ermittlungen des Wahlausschusses als zulässig unterstellt werden und in einem Klammerzusatz auf §§ 20 bis 25 SGB X verwiesen wird, schließt dies nicht aus, dass der aufzuklärende Sachverhalt insbesondere bei Massenvorgängen durch Spezialvorschriften auf bestimmte formale Merkmale beschränkt ist.
Derartige Beschränkungen sind auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten. Denn die Pflicht des Wahlausschusses, eine Vorschlagsliste zurückzuweisen oder zuzulassen, ist vom Gericht nach denselben Kriterien zu beurteilen, die für die Wahlvorbereitung gelten; andernfalls wäre der Wahlausschuss verfahrensrechtlich gehindert, eine rechtlich gültige Wahl sicherzustellen. Aus der Beschränkung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und der damit einhergehenden Anlehnung an den Beibringungsgrundsatz folgt die Unerheblichkeit darüber hinausreichender Ermittlungen. Auf Grund welcher Feststellungen über die oben angesprochenen Merkmale (Wählbarkeit und Wahlrecht) letztlich zu entscheiden ist, braucht der Senat im vorliegenden Fall nicht zu klären. Jedenfalls lassen die dargestellten Regelungen insgesamt erkennen, dass dem Verordnungsgeber die Problematik der Sachverhaltsaufklärung bei Massenvorgängen im Zusammenhang mit der Wahlvorbereitung bewusst gewesen ist und dass er dazu Regelungen treffen wollte und durfte. Infolgedessen spricht die genaue Auflistung von formalen Merkmalen gerade in Bezug auf Vorgänge wie eine Unterschriftensammlung dafür, dass der Verordnungsgeber die sonst drohende faktische Unaufklärbarkeit und den Streit darüber vermeiden wollte. Auf den Vorteil an Rechtssicherheit für alle Beteiligten, der sich aus der Bindung an einen abschließenden Katalog von Zurückweisungsgründen in § 23 Abs 2 SVWO ergibt, wurde bereits hingewiesen.
Aus allen diesen Gründen ist die nach den vorinstanzlichen Feststellungen offen gebliebene Frage, ob die vollständige Vorschlagsliste bei der notwendigen Anzahl von mindestens 2.000 Unterschriften tatsächlich vorgelegen hat oder wenigstens greifbar war oder ob die Vorlage umgekehrt in mindestens 2.007 Fällen unterlassen wurde oder gar nicht möglich gewesen wäre, nicht entscheidungserheblich; sie dürfte infolgedessen auch nicht zur Grundlage einer Beweislastentscheidung gemacht werden. Das bedeutetet umgekehrt, dass über fehlende formale Voraussetzungen allenfalls dann hinweggesehen werden darf, wenn diese für die Rechtmäßigkeit des Vorgehens bei der Einreichung einer Vorschlagsliste eindeutig unerheblich sind. Da dies – wie aufgezeigt – für den rückseitigen Text des vorgeschriebenen Formulars nicht festgestellt werden kann, hat der Wahlausschuss die hier eingereichte Vorschlagsliste zu Recht als ungültig angesehen.
Da andere Anhaltspunkte für die Ungültigkeit der Wahl nicht ersichtlich sind, haben die Vorinstanzen die Wahl im Ergebnis zu Recht für gültig gehalten. Deshalb konnte die Revision keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Klage vor dem 2. Januar 2002 erhoben wurde, brauchte der Senat nicht zu entscheiden, ob die Kläger als “Versicherte” im Sinne der seitdem geltenden Neufassung des § 184 SGG anzusehen wären. Das neue Recht ist erst in Prozessen anzuwenden, die nach seinem In-Kraft-Treten anhängig geworden sind (BSG SozR 4-1500 § 183 Nr 1 RdNr 9 mwN).
Fundstellen
Haufe-Index 1123437 |
BSGE 2004, 59 |
BSGE 92, 59 |
NZS 2004, 367 |
SGb 2005, 245 |
SozR 4-2400 § 48, Nr.1 |