Leitsatz (redaktionell)

Ein Versicherter, der ohne weitere Angehörige mit seinem Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führt und sonst keine Angehörigen unterhält, hat den Ehegatten nur dann überwiegend unterhalten, wenn sein Beitrag zur Haushaltskasse nach Abzug der Hälfte des gemeinsamen Unterhaltsbedarfs größer ist als dessen Beitrag.

 

Normenkette

RVO § 1241 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; AVG § 18 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Bremen vom 22. Juli 1965 und des Sozialgerichts Bremen vom 29. Oktober 1964 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der im Jahre 1939 geborene Kläger erkrankte Ende April 1962 und wurde zunächst stationär behandelt. Danach bewilligte ihm die Beklagte ein Heilverfahren. Er hatte zuletzt ein Gehalt von 608,95 DM netto bezogen, das ihm bis zum 15. Juni 1962 gezahlt wurde.

Die Beklagte bewilligte ihm deshalb vom 16. Juni 1962 an ein Übergangsgeld in Höhe von 7,80 DM täglich. Da die Ehefrau des Klägers damals ebenfalls erwerbstätig war und monatlich 335,98 DM netto verdiente, war die Beklagte bei der Berechnung des Übergangsgeldes davon ausgegangen, daß der Kläger seine Ehefrau vor Beginn der Maßnahmen nicht überwiegend unterhalten habe (§ 18 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -). Sie lehnte mit Bescheid vom 28. April 1964 die Zahlung eines höheren Übergangsgeldes ab. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage mit dem Antrage,

die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Dauer der für ihn durchgeführten Heilbehandlungsmaßnahmen ein Übergangsgeld unter Berücksichtigung der von ihm überwiegend unterhaltenen Ehefrau zu gewähren.

Das Sozialgericht (SG) Bremen gab der Klage statt, indem es sich auf das Urteil des 3. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Februar 1964 - 3 RK 75/59 - (BSG 20, 148) berief; die Berufung wurde zugelassen. Die daraufhin von der Beklagten eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht (LSG) Bremen durch Urteil vom 22. Juli 1965 zurück, wobei es die Revision zuließ.

Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt mit dem Antrage,

das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Bremen vom 29. Oktober 1964 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

Die Revision zurückzuweisen.

Durch Beschluß vom 27. Juni 1967, auf den Bezug genommen wird, hat der Senat gemäß § 42 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) dem Großen Senat des BSG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Hat ein Ehegatte, der ohne weitere Angehörige mit seinem Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führt und außerhalb dieses Haushalts keine Angehörigen unterhält, seinen Ehegatten dann im Sinne des § 18 Abs. 2 AVG überwiegend unterhalten, wenn sein Beitrag zum gemeinsamen Haushalt größer ist als die Hälfte der Summe der Beiträge beider Ehegatten?

Durch Beschluß vom 21. Mai 1969 (BSG 29, 225), auf den ebenfalls Bezug genommen wird, hat der Große Senat die ihm vorgelegte Rechtsfrage wie folgt beantwortet:

Ein Ehegatte, der ohne weitere Angehörige mit dem anderen Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führt und sonst keine Angehörigen unterhält, hat den anderen Ehegatten nicht schon dann überwiegend unterhalten im Sinne des § 18 Abs. 2 AVG, wenn sein Beitrag zum gemeinsamen Unterhalt größer ist als die Hälfte der Summe der Beiträge beider Ehegatten; sein Beitrag muß nach Abzug der Hälfte des gemeinsamen Unterhalts größer sein als der Beitrag des anderen Ehegatten.

Die Parteien wiederholen ihre bisherigen Anträge. Im Termin zur mündlichen Verhandlung war nur die Beklagte erschienen. Sie hat Entscheidung nach Lage der Akten (§ 126 SGG) beantragt.

II

Nach dem genannten Beschluß des Großen Senats hat der Kläger seine Ehefrau vor Beginn der Heilbehandlungsmaßnahmen nicht überwiegend unterhalten. Sein Gehalt und das seiner Ehefrau betrugen bis Mitte Juni 1962 zusammen rund 945,- DM monatlich. Die Hälfte hiervon ergibt 472,50 DM. Zieht man diese Summe vom Nettogehalt des Klägers von rund 609,- DM monatlich ab, verbleiben nur 136,50 DM übrig, denen als Beitrag der Ehefrau 335,98 DM monatlich gegenüberstehen. Somit hat der Kläger seine Ehefrau nicht von seinem Verdienst von monatlich 608,95 DM überwiegend unterhalten, so daß sein Übergangsgeld richtig berechnet worden ist. Sein Beitrag war nach Abzug der Hälfte des gemeinsamen Unterhalts wesentlich niedriger als der Beitrag seiner Ehefrau.

Damit rechtfertigt sich die aus der Urteilsformel ersichtliche Entscheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1670491

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