Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenständigkeit einer verkürzten Bildungsmaßnahme. Begriff der Fortbildungsmaßnahme. Abbruch einer Bildungsmaßnahme und Neubeginn durch Eintritt in verkürzte Maßnahme
Leitsatz (amtlich)
Da es sich bei den Sachkostenansprüchen nach § 45 AFG um jeweils selbständige prozessuale Ansprüche handelt, ist die Zulässigkeit der Berufung wegen jedes einzelnen Anspruchs gesondert zu prüfen. Das gilt auch, wenn ohne Kennzeichnung der einzelnen Ansprüche Verurteilung der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme dem Grunde nach begehrt wird (Fortführung von BSG 1975-01-30 7 RAr 87/73 = BSGE 39, 119 = SozR 4100 § 45 Nr 4).
Orientierungssatz
1. Eine institutionelle Abgrenzung verkürzter Lehrgänge gegenüber dem allgemeinen Studiengang ist nur dann als Förderungsvoraussetzung erforderlich, wenn die Ziele und Zugangsbedingungen des § 41 AFG nicht bereits nach den Bedingungen des allgemeinen Studienganges gegeben sind (vgl BSG 1974-12-17 7 RAr 48/72 = SozR 4100 § 41 Nr 13).
2. Eine Fortbildungsmaßnahme iS der §§ 33, 41 ff AFG liegt vor, wenn sie nach objektiven Merkmalen geeignet ist, den Fortbildungszweck zu erfüllen, den gesetzlichen Zugangsvoraussetzungen entspricht und zeitlich den gesetzlichen Rahmen, der eine Förderung zuläßt, nicht überschreitet.
3. Die tatsächliche Gestaltung einer Maßnahme ist für die Beurteilung ihres Charakters und ihres Umfanges von entscheidender Bedeutung (vgl BSG 1977-10-06 7 RAr 68/76 = SozR 4100 § 44 Nr 16).
4. Es kann nicht als treuwidrig oder rechtsmißbräuchlich angesehen werden, wenn der Einzelne rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten ausnutzt, die das Gesetz zuläßt, also eine nicht förderungsberechtigende Fortbildung abbricht und sich einer anderen - förderungsfähigen - zuwendet.
Normenkette
AFG § 45 Fassung: 1975-12-18; SGG § 144 Fassung: 1969-07-27; AFG § 33 Fassung: 1969-06-25, § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; SGG § 144 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Förderung seiner Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme.
Der 1951 geborene Kläger, der nach dem Besuch der Volksschule und der Berufsaufbauschule die Fachschulreife erworben hat, besitzt die Berufsausbildung zum Maschinenschlosser und zum technischen Zeichner, die er nacheinander in der Zeit von 1966 bis September 1971 erwarb. Von September 1971 bis April 1972 arbeitete er als technischer Zeichner. Im Anschluß daran leistete er eine vierjährige Dienstzeit als Zeitsoldat bei der Bundeswehr ab. Seit 1. Mai 197ö war er wieder als technischer Zeichner beschäftigt. Ab 1. April 1977 nahm er an einem bis zum 30. September 1980 (7 Semester) laufenden Fernunterrichtslehrgang mit begleitendem Nahunterricht des DAG-Technikums F mit dem Ziel des staatlich geprüften Maschinenbautechnikers teil. Seinen Antrag vom 11. Juli 1977 auf Förderung der Teilnahme an diesem Lehrgang lehnte das Arbeitsamt durch Bescheid vom 23. August 1977 ab, weil der Kläger in den letzten drei Jahren vor Beginn der Maßnahme nicht mindestens zwei Jahre eine die Beitragspflicht zur Beklagten begründende Tätigkeit ausgeübt habe (§ 46 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes -AFG- idF des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und Bundesversorgungsgesetzes -Haushaltsstrukturgesetz-AFG- vom 18. Dezember 1975 - BGBl I 3113 - HStruktG-AFG -). Der Kläger hat diesen Bescheid nicht angefochten.
Am 25. April 1978 beantragte er erneut Förderung der am 1. April 1977 begonnenen Maßnahme. Am 5. Juli 1978 kündigte er jedoch den mit dem DAG-Technikum geschlossenen Vertrag über diese Maßnahme zum 30. September 1978 (Ende des 3. Semesters), schloß am 15. September 1978 einen neuen auf die Zeit vom 1. Oktober bis zum Ende der Maßnahme (4. bis 7. Semester) laufenden Studienvertrag und stellte hierfür am 26. September 1978 bei der Beklagten einen neuen Förderungsantrag.
Das Arbeitsamt wies die beiden Anträge vom 25. April und 26. September 1978 zurück, weil der angebliche Abbruch der Maßnahme nichts daran ändere, daß es sich insgesamt um eine am 1. April 1977 begonnene einheitliche Maßnahme handele (Bescheid vom 14. Dezember 1978, Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 1979).
Durch Urteil vom 9. Mai 1979 hat das Sozialgericht (SG) Speyer die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 22. Oktober 1979 die Entscheidung des SG abgeändert, den Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 1979 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger für die Teilnahme am Fern- und Nahunterricht des Technikerlehrgangs Fachrichtung Maschinenbau des DAG-Technikums E ab 1. Oktober 1978 Förderungsleistungen zu gewähren. Das LSG hat die Revision zugelassen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger erfülle dem Grunde nach alle Anspruchsvoraussetzungen für die streitige Förderung, insbesondere auch die Voraussetzungen des § 46 Abs 1 AFG. Er habe nämlich nach Abbruch der am 1. April 1977 begonnenen unverkürzten Maßnahme am 1.Oktober 1978 eine neue verkürzte Fortbildungsmaßnahme begonnen. Die Beklagte habe zwar den ersten Förderungsantrag des Klägers zu Recht abgelehnt, weil er zu Beginn seiner Teilnahme an dem unverkürzten Lehrgang im April 1977 noch nicht die Voraussetzungen des § 46 Abs 1 AFG, nämlich eine ausreichende beitragspflichtige Beschäftigung vor Beginn dieser Maßnahme, erfüllt habe. Alle übrigen Anspruchsvoraussetzungen seien jedoch schon damals zweifelsfrei gegeben gewesen. Es könne offen bleiben, ob die Beklagte den zweiten Förderungsantrag des Klägers vom 25. April 1978 unter Berufung auf die Bindungswirkung des Ablehnungsbescheides vom 23. August 1977 ohne erneute sachliche Prüfung hätte ablehnen dürfen. Der Kläger habe nämlich nur noch die Ablehnung seines dritten, auf eine neue verkürzte Maßnahme ab 1. Oktober 1978 gestützten Antrags vom 26. September 1978 angegriffen.
Hinsichtlich des allein streitigen Förderungsanspruchs des Klägers für die Zeit ab 1. Oktober 1978 berufe er sich mit Recht darauf, daß er die am 1. April 1977 begonnene unverkürzte Maßnahme zum 30. September 1978 abgebrochen und ab 1. Oktober 1978 eine neue verkürzte Maßnahme begonnen habe. Insoweit handele es sich weder um eine bloße Fiktion des Klägers, wie die Beklagte im Widerspruchsbescheid ausgeführt habe, noch um ein unwirksames Scheingeschäft zur Umgehung gesetzlicher Bestimmungen. Nach der Auskunft des Maßnahmeträgers vom 8. August 1979 ergebe sich zur vollen Überzeugung des Senats, daß der Kläger den ursprünglich für sieben Semester abgeschlossenen Studienvertrag am 5. Juli 1978 wirksam zum Ende des dritten Semesters, dh zum 30. September 1978, gekündigt und erst am 15. September 1978 einen neuen auf vier Semester begrenzten Studienvertrag abgeschlossen habe. Der nahtlose Übergang von dem ursprünglich unverkürzten zu dem unmittelbar anschließenden verkürzten Studienvertrag zwinge nicht zu der Annahme einer einheitlichen Fortbildungsmaßnahme, die am 1. April 1977 begonnen habe. Dieser Schluß wäre nur dann geboten, wenn der Kläger die am 5. Juli 1978 ausgesprochene Kündigung des ersten Vertrages im Einvernehmen mit dem Maßnahmeträger später zurückgenommen hätte oder wenn der Maßnahmeträger der Verkürzung der Studienzeit im zweiten Vertrag vom 15. September 1978 nur zugestimmt hätte, weil der Kläger bereits an den ersten drei Semestern teilgenommen hatte. Beides sei jedoch nicht der Fall.
Die vom Maßnahmeträger für die Teilnahme an der Technikerausbildung aufgestellten Zugangsvoraussetzungen ließen in begründeten Einzelfällen eine Verkürzung der Studiendauer durch Eintritt in das dritte oder vierte Semester zu. Eine solche Verkürzung sei insbesondere für Teilnehmer mit einer über die Mindestvoraussetzungen (abgeschlossene Berufsausbildung in einem einschlägigen Beruf und mindestens ein Jahr Berufspraxis) hinausgehenden schulischen und beruflichen Vorbildung möglich. Bei diesen Teilnehmern sei das Erreichen des Maßnahmeziels trotz verkürzter Ausbildung gewährleistet. Das gelte auch für den Kläger. Er verfüge nicht nur über die notwendige Ausbildung in einem einschlägigen Beruf; vielmehr besitze er zwei einschlägige Ausbildungen, nämlich als Maschinenschlosser und als technischer Zeichner. Daneben habe er außerdem noch die Fachschulreife erworben. Aus diesen Gründen wäre seine Aufnahme in das vierte Semester des laufenden Lehrganges, wie der Maßnahmeträger ausdrücklich bestätigt habe, am 1. Oktober 1978 auch ohne die vorherige Teilnahme an den ersten drei Semestern möglich gewesen.
Ohne die Verkürzungsmöglichkeit hätte der Kläger nur die Wahl gehabt, die am 1. April 1977 begonnene Technikerausbildung auf eigene Kosten zu Ende zu führen oder sie am 1. Oktober 1978 von neuem zu beginnen. Im letzteren Falle hätte die Beklagte ihm möglicherweise Förderung für volle sieben Semester gewähren müssen. Ob der Kläger bei einem Neubeginn am 1. Oktober 1978 unter Verzicht auf die tatsächlich bestehende Verkürzungsmöglichkeit ebenfalls Anspruch auf Förderung für sieben Semester gehabt hätte, erscheine zwar fraglich; insoweit bedürfe es jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn der Kläger habe die vorhandene Kürzungsmöglichkeit voll ausgenutzt. Seine nicht beitragspflichtige Dienstzeit bei der Bundeswehr habe bereits mehr als zwei Jahre zurückgelegen. Inzwischen hätte der Kläger ununterbrochen wieder eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt, so daß er im Oktober 1978 alle Voraussetzungen für die Förderung einer im Rahmen des Möglichen verkürzten Technikerausbildung beim DAG-Technikum erfüllt habe. Dieser Anspruch sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger die am 1. April 1977 begonnene Maßnahme nicht früher abgebrochen oder die neue Maßnahme nicht später oder bei einem anderen Maßnahmeträger begonnen habe. Ein zeitlicher Abstand zwischen Abbruch und Neubeginn oder ein Wechsel des Maßnahmeträgers hätten die Unterscheidung der beiden Maßnahmen zwar verdeutlicht, aber nicht erst ermöglicht. Deshalb könne die Nichteinhaltung einer solchen "Anstandsfrist" und der Neubeginn der verkürzten Maßnahme beim gleichen Träger dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen.
Dem Anspruch stehe auch nicht entgegen, daß Abbruch und Neubeginn vorliegend offensichtlich nur zu dem Zweck erfolgt seien, um einen Förderungsanspruch zu begründen, der bei Fortsetzung der ursprünglichen Maßnahme nicht entstanden wäre. Der Kläger habe insoweit nicht rechtsmißbräuchlich gehandelt, denn jeder Bürger könne grundsätzlich die gesetzlich vorgesehenen Vergünstigungen ohne Einschränkungen in Anspruch nehmen, sofern er die entsprechenden Voraussetzungen dafür erfülle. Dazu gehöre auch der Abbruch einer Maßnahme der beruflichen Bildung, für die keine Förderung möglich ist, und die Weiterverfolgung des gleichen Bildungsziels in einer neuen, nunmehr förderungsfähigen Maßnahme.
Mit der Revision rügt die Beklagte, daß das Urteil des LSG gegen Grundsätze des Rechts der Förderung der beruflichen Fortbildung nach dem AFG über den Abbruch und Neubeginn von Maßnahmen sowie gegen § 36 Nr 2 AFG und § 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verstoße. Dem Förderungsanspruch des Klägers stehe § 46 Abs 1 AFG entgegen; denn für die Frage, ob der Kläger ununterbrochen an ein und demselben Lehrgang teilgenommen oder den ersteren abgebrochen und einen weiteren neu begonnen habe, könnten nur die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend sein und nicht Vereinbarungen zwischen Maßnahmeteilnehmer und Maßnahmeträger. Hier sei die tatsächliche ununterbrochene Teilnahme des Klägers an objektiv ein und demselben Lehrgang von seiner Ab- und Anmeldung unberührt geblieben. Die wesentlichen Merkmale des Lehrgangs, wie sie in § 41 Abs 1 und § 34 Abs 1 AFG aufgeführt sind, nämlich Inhalt, Ziel, objektive Zugangsvoraussetzungen, Dauer, Lehrplan, Methode, Lehrkräfte, hätten sich durch den vom Kläger beabsichtigten Wechsel nicht verändert; auch im zeitlichen Ablauf liege noch der ursprüngliche Lehrgang vor.
Das LSG könne seine Auffassung, es liege ein neuer Lehrgang vor, deshalb auch lediglich auf das rechtsgeschäftliche Verhalten des Klägers und auf eine hypothetische Entscheidung des Maßnahmeträgers stützen. Wenn der Kläger seine Kündigung zurückgenommen hätte, so hätte auch das LSG eine einheitliche Maßnahme angenommen, ebenso, wenn der Maßnahmeträger der Verkürzung nur deshalb zugestimmt hätte, weil der Kläger bereits an den ersten drei Semestern teilgenommen hatte. Hierauf könne es jedoch nicht ankommen. Schon der Ansatz der Ermittlungen des LSG beim Maßnahmeträger zu der Frage, ob dieser nur wegen seiner Teilnahme an den ersten drei Semestern in das vierte Semester aufgenommen wurde oder nicht, sei verfehlt. Insoweit handele es sich um eine hypothetische Fragestellung an den Maßnahmeträger, die nicht auf die Qualität des Lehrganges, sondern auf die Beurteilung der Qualifikation des Klägers in einem Bereich abziele, der über den objektiven Mindestanforderungen des § 41 Abs 1 AFG liege. Bei der hier fehlenden Eigenständigkeit der verkürzten Maßnahme sei dies aber nicht eine Frage der objektiven Zugangsvoraussetzung, sondern nur ein Kriterium der Eignung und Erfolgserwartung iS des § 36 Nr 2 AFG. Dies komme auch in der Auskunft des Maßnahmeträgers vom 8. August 1979 zum Ausdruck. Diese subjektiven und teilweise nur durch eine Prognose feststellbaren Voraussetzungen des Förderungsanspruchs verschlössen sich aber einer hypothetischen Ermittlung. Die Beurteilung von Eignung und Erfolgserwartung könne durch den tatsächlichen Verlauf der Maßnahme korrigiert werden, wie das Bundessozialgericht (BSG) schon entschieden habe. Bei einer Bei einer hypothetischen Maßnahme lasse sich ein tatsächlicher Verlauf nicht beobachten. Umgekehrt lasse sich die tatsächlich vorausgegangene Teilnahme des Klägers an den ersten drei Semestern beim weiteren Verlauf des Lehrgangs nicht als Wirkursache für den Erfolg ausschalten. Daher könne selbst bei Annahme einer objektiv neuen, mit dem vierten Semester begonnenen Maßnahme die Frage der Eignung des Klägers und der Erfolgserwartung nur nach der tatsächlichen Vorbildung des Klägers, dh, unter Einschluß der drei vorangegangenen Semester, beurteilt werden.
Sollte des dennoch auf die Motivation des Maßnahmeträgers und seine hypothetische Entscheidung über die Aufnahme des Klägers ins vierte Semester für die Frage, ob eine Maßnahme vorliege, ankommen, so wäre das Urteil unter Verstoß gegen die Regeln der Beweiswürdigung zustandegekommen (§ 128 SGG). Nach der Auskunft des Maßnahmeträgers vom 8. August 1979 sei die Aufnahme des Klägers in das vierte Semester wegen seiner Vorbildung auch ohne die vorherige Teilnahme an den ersten drei Semestern möglich gewesen. Die Frage des Gerichts an den Maßnahmeträger, ob der Kläger auch ohne die vorherige Teilnahme in das vierte Semester aufgenommen worden wäre (Schreiben vom 16. Juni 1979), sei damit nicht bejaht worden. Der gesamte Inhalt der Auskunft lasse erkennen, daß eine eindeutig bejahende Antwort nicht möglich und auch nicht beabsichtigt gewesen sei. Für die Aufnahme selbst in das dritte (nicht vierte) Semester seien danach eigentlich nur Bewerber mit Fachhochschulreife in Betracht gekommen, der Kläger habe jedoch nur Fachschulreife besessen. Der Maßnahmeträger mache deutlich, daß er den Direkteinstieg in ein höheres Semester zumindest für andere Bewerber auch im Jahre 1978 als riskant angesehen habe und ihm im Falle des Klägers allenfalls nach ausführlicher Erörterung und auf eigene Gefahr zugelassen haben könnte. Ob der Kläger bei dieser Sachlage überhaupt auf einen Eintritt in das vierte Semester bestanden hätte, bleibe somit unsicher. Da das LSG dennoch den Beweis iS seiner Fragestellung als erbracht angesehen habe, liege eine Verletzung der Regeln der Beweiswürdigung vor. Hierauf beruhe das Urteil; denn das LSG hätte bei seiner Rechtsauffassung, die Teilnahme des Klägers an den drei ersten Semestern dürfte nicht der Grund für seine Aufnahme in das vierte Semester gewesen sein, wenn von da an ein neuer Lehrgang vorliegen solle, die Klage abweisen müssen.
Ob der Kläger die nötige Eignung und Erfolgserwartung iS des § 36 Nr 2 AFG aufzuweisen habe, habe das LSG nicht ausdrücklich festgestellt. In den Urteilsgründen sei allerdings am Anfang festgestellt, der Kläger erfülle dem Grunde nach alle Anspruchsvoraussetzungen für die streitige Förderung. Angesichts der Wege, die das LSG gegangen sei, um die Frage zu beantworten, ob eine neue Maßnahme vorliege, wäre es allerdings nicht folgerichtig, einerseits ein hypothetisches Aufnahmemotiv des Maßnahmeträgers zu erforschen, andererseits aber die Förderungsvoraussetzungen nach § 36 Nr 2 AFG für einen am 1. Oktober 1978 begonnenen verkürzten Lehrgang ohne nähere Prüfung deshalb als erfüllt anzusehen, weil sie für den am 1. April 1977 begonnenen unverkürzten Lehrgang nicht streitig waren. Dies sei nur dadurch möglich, daß das LSG seine Überzeugung, der Kläger wäre auch ohne die vorangegangene Teilnahme an den drei ersten Semestern in das vierte Semester aufgenommen worden, auf die Förderungsvoraussetzungen nach § 36 Nr 2 AFG übertragen habe. Falls eine hypothetische Prüfung von Eignung und Erfolgserwartung überhaupt in Betracht kommen und hierfür die Aufnahmeentscheidung des Maßnahmeträgers überhaupt präjudiziell sein könnte, wäre das LSG zu seinem Ergebnis insoweit ebenfalls unter Verstoß gegen § 128 SGG gelangt. Auch die Konsequenz aus der Auffassung des LSG, Eignung des Klägers und Erfolgserwartung für bzw bei der Teilnahme an einem verkürzten Lehrgang hypothetisch feststellen zu müssen, spreche gegen den Versuch des LSG, hier eine am 1. Oktober 1978 begonnene neue Maßnahme anzunehmen. Eignung und Erfolgserwartung könnten nur nach der tatsächlichen Vorqualifikation und nach einem hiervon tatsächlich beeinflußten Maßnahmeverlauf beurteilt werden. Es könne deshalb nichts anderes festgestellt werden, als daß der Kläger wegen der vorangegangenen Teilnahme an den drei ersten Semestern in das vierte Semester des am 1. April 1977 begonnenen Lehrgangs aufgenommen worden ist.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz
vom 22. Oktober 1979 aufzuheben und die Berufung
des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer
vom 9. Mai 1979 zurückzuweisen sowie zu entscheiden,
daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen und ihr
die Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.
Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen
vor dem SG und dem LSG sowie auf die seiner Meinung
nach zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils.
Beide Beteiligte sind mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet, soweit sie inhaltlich verurteilt worden ist, dem Kläger Förderungsleistungen zur Erstattung von Lehrgangsgebühren und Lernmittelkosten zu gewähren. Im übrigen führt die Revision zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.
Das Klage- und Berufungsbegehren des Klägers ist darauf gerichtet, die Verurteilung der Beklagten dem Grunde nach zur Gewährung aller Förderungsleistungen zu erzielen, die ihm wegen seiner Teilnahme an dem streitigen Lehrgang ab 1. Oktober 1978 zustehen, ohne daß er insoweit eine Kennzeichnung einzelner Ansprüche vorgenommen hat oder das LSG diese festgestellt hätte. In Betracht kommen deshalb Erstattungsleistungen für Kosten iS von § 45 AFG, aber auch Unterhaltsgeld (Uhg) gemäß § 44 AFG; denn es handelte sich um einen Fernunterrichtslehrgang mit begleitendem Nahunterricht.
Nach der Rechtsprechung des Senats liegen nicht nur im Verhältnis von Uhg gemäß § 44 AFG zu den Sachkostenansprüchen nach § 45 AFG selbständige prozessuale Ansprüche vor, sondern auch im Verhältnis der einzelnen Kostenarten des § 45 AFG zueinander (vgl BSGE 39, 119, 120 = SozR 4100 § 45 Nr 4). Hinsichtlich jedes einzelnen auf Erstattung solcher Kosten gerichteten Anspruchs müssen deshalb in jeder Lage des Verfahrens die Sachurteilsvoraussetzungen (Prozeßvoraussetzungen) gegeben sein; dies ist auch bei einer zugelassenen Revision von Amts wegen zu prüfen (BSGE 25, 235, 236). Daran ändert es nichts, wenn - wie hier - insoweit (nur) Verurteilung dem Grunde nach begehrt wird; denn auch für den Erlaß eines Grundurteils müssen sämtliche Voraussetzungen für jeden selbständigen Anspruch in einer zusammengefaßt geltend gemachten Mehrheit von Ansprüchen vorliegen (vgl BSG SozR 1500 § 130 Nr 2).
Da das SG die Berufung insgesamt nicht zugelassen hat (§ 150 Nr 1 SGG), durfte das LSG in der Sache nur entscheiden, soweit die Berufung nicht nach §§ 144 ff SGG ausgeschlossen war. Zwar kommt ein Ausschluß der Berufung wegen der Höhe der einzelnen Leistungsansprüche nach § 147 SGG nicht in Betracht, weil um den Grund der einzelnen Ansprüche gestritten wird (BSGE 39, 119, 120 = SozR 4100 § 45 Nr 4). Es läßt sich jedoch wegen aller der zusammengefaßten Klageansprüche weder aus den Feststellungen des LSG noch aus dem Akteninhalt entnehmen, ob die Berufung hinsichtlich jeden Anspruchs zulässig war, es sich teilweise etwa um einmalige Leistungen oder um wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen (drei Monaten) handelt, und insoweit die Berufung nach § 144 Abs 1 SGG ausgeschlossen ist. Aus dem bei den Verwaltungsakten befindlichen Maßnahmebogen der Beklagten über den Träger und die Art der hier maßgeblichen Maßnahme ergibt sich lediglich, daß die Kosten für Lehrgangsgebühren und Lernmittel in regelmäßigen monatlichen Teilbeträgen zur Erstattung vorgesehen waren und demgemäß beansprucht werden konnten, wie es auch nach den Vorschriften der Anordnung der Beklagten über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) vom 23. März 1976 (ANBA S 559) in der hier maßgeblichen Fassung vom 14. Juli 1978 (ANBA S 1085) zulässig ist. Insoweit steht mit Rücksicht auf die begehrte Förderungsdauer fest, daß es sich um geltend gemachte Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen von mehr als 13 Wochen handelte, so daß die Berufung in dieser Hinsicht nicht nach § 144 Abs 1 SGG ausgeschlossen war.
In diesem Umfange hat das LSG dem Klageanspruch zu Recht stattgegeben. Es durfte offen lassen, ob dem Kläger ein Förderungsanspruch für die Zeit vor dem 1. Oktober 1978 zustand und ob die entsprechenden früheren Ablehnungsbescheide der Beklagten rechtmäßig waren; denn der Kläger hat in dem anhängigen Klageverfahren nur noch die Ablehnung seines Antrags vom 26. September 1978 auf Förderung seiner Teilnahme an der Maßnahme für die Zeit ab 1. Oktober 1978 angefochten und einen dementsprechenden Anspruch geltend gemacht, wie sich aus seinen Anträgen vor dem SG und dem LSG ergibt (§ 123 SGG). Der Ablehnungsbescheid vom 14. Dezember 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 1979 ist deshalb nur in diesem Umfange Gegenstand der Klage geworden (§ 95 SGG).
Die Teilnahme des Klägers an dem Fernunterrichtslehrgang des DAG-Technikums mit dem Ziel "Maschinenbautechniker" war für ihn als ausgebildeten Maschinenschlosser und technischen Zeichner inhaltlich berufliche Fortbildung iS von § 41 Abs 1 AFG. Nach den Feststellungen des LSG erfüllte der Lehrgang die für eine Teilnahmeförderung notwendigen Zugangsvoraussetzungen iS von § 41 Abs 1 AFG; danach galten die für unverkürzte Lehrgänge erforderlichen Teilnahmebedingungen einer abgeschlossenen Berufsausbildung und einer einjährigen Berufspraxis jedenfalls auch für verkürzte Lehrgänge.
Den Feststellungen des LSG ist ferner zu entnehmen, daß es sich bei dem für den Kläger ab 1. Oktober 1978 auf die Teilnahme vom vierten bis siebten Semester verkürzten Lehrgang um eine eigenständige und in sich geschlossene Bildungsmaßnahme gehandelt hat, die sich weder rechtlich noch tatsächlich als bloßer Teil einer schon früher begonnenen Maßnahme darstellt, und die deshalb hinsichtlich der Förderung einer Teilnahme hieran auch selbständig zu beurteilen ist. Infolgedessen stellt sich für den Anspruch des Klägers hier nicht die Frage nach der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Förderung eines selbständigen oder unselbständigen Teils einer Gesamtmaßnahme, deren Besuch als solcher nicht förderungsfähig wäre (vgl dazu BSGE 36, 1 = SozR Nr 1 zu § 47 AFG; BSGE 37, 223 = SozR 4100 § 47 Nr 2; BSGE 38, 63, 104 = SozR 4100 § 47 Nr 5 ; BSG SozR 4100 § 47 Nr 15).
Das LSG hat festgestellt, daß der Kläger den früheren Vertrag über eine siebensemestrige Maßnahme - beginnend ab 1. April 1977 - am 5. Juli 1978 wirksam zum 30. September 1978, dem Ende des dritten Semesters, gekündigt und am 15. September 1978 einen neuen, auf vier Semester beschränkten Studienvertrag - beginnend ab 1. Oktober 1978 - abgeschlossen hat. Es hat weiter festgestellt, daß der Maßnahmeträger dem neuen Vertrag, dh der Aufnahme des Klägers in den verkürzten Lehrgang, nicht etwa lediglich deshalb zugestimmt hat, weil der Kläger bereits an den "ersten drei Semestern" teilgenommen hatte, sondern weil er insoweit allgemein geltende Bedingungen für die Zulassung zu einem verkürzten Studium erfüllte. Die vom Maßnahmeträger aufgestellten Zugangsvoraussetzungen sehen nämlich - wie das LSG festgestellt hat - eine Verkürzung der Studiendauer durch Eintritt in das dritte oder vierte Semester in begründeten Einzelfällen vor, wenn der Teilnehmer eine über die für den unverkürzten Lehrgang geltenden Mindestvoraussetzungen hinausgehende schulische und berufliche Vorbildung besitzt; bei solchen Teilnehmern sei das Erreichen des Maßnahmeziels trotz verkürzter Ausbildung gewährleistet. Der Kläger besitze diese Vorbildung; denn er sei in zwei einschlägigen Berufen - Maschinenschlosser und technischer Zeichner - ausgebildet und habe außerdem die Fachschulreife erworben. Deshalb, so stellt das LSG fest, wäre die Aufnahme des Klägers in das vierte Semester auch ohne die vorherige Teilnahme an den ersten drei Semestern möglich gewesen.
Der Senat hat von diesen Feststellungen auszugehen, denn die Beklagte hat sie nicht wirksam angegriffen (§ 163 SGG). Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht des LSG (§ 103 SGG) macht sie nicht ausdrücklich geltend. Sie behauptet lediglich, das LSG habe bei der Wertung der festgestellten Tatsachen die Grenzen seines Rechts zur Freien Beweiswürdigung überschritten und dadurch § 128 SGG verletzt. Die Beklagte trägt insofern vor, das LSG habe beim Maßnahmeträger angefragt (Schreiben vom 16. Juni 1979), ob der Kläger auch ohne Teilnahme an den ersten drei Semestern in das vierte Semester aufgenommen worden wäre. Der Träger habe darauf lediglich geantwortet, daß dies möglich gewesen wäre, im Grunde aber eine eindeutige Antwort vermieden, einen Direkteinstieg des Klägers sogar nur auf dessen Gefahr für zulassungsfähig gehalten. Deshalb habe das LSG den Beweis iS seiner Fragestellung nicht als erbracht ansehen dürfen und die Klage abweisen müssen.
Dieses Vorbringen ergibt keinen Verstoß gegen § 128 SGG. Nach § 128 Abs 1 SGG entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (Satz 1); im Urteil sind die für die richterliche Überzeugung maßgebenden Gründe anzugeben (Satz 2). Nach § 128 Abs 2 SGG darf das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Der Vortrag der Beklagten betrifft lediglich die Regelung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG. Die Beklagte behauptet nicht, das LSG habe Teile des Verfahrensergebnisses übergangen, erforderliche Beweise nicht erhoben oder bei seiner Beweiswürdigung gegen allgemeine Grundsätze, wie Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen. Nur aus einem dementsprechenden Vortrag könnte sich eine verfahrensfehlerhafte Überschreitung der Grenzen des Rechts der freien Beweiswürdigung ergeben (vgl Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, RdNrn 10 ff zu § 128 mwN). Die Beklagte zieht aus den festgestellten Tatsachen vielmehr eine andere Folgerung als das LSG. Damit rügt sie jedoch keinen Verstoß gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG, sondern nimmt lediglich eine von der des LSG abweichende Beweiswürdigung vor. Der Inhalt der Beweiswürdigung ist aber Teil der materiellen Rechtsfindung (vgl BSGE 1, 150, 153; BSG SozR SGG Nr 34 zu § 128); Kritik hieran kann, auch wenn sie berechtigt sein sollte, nicht eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG ergeben (BSGE 2, 236).
Die danach jedenfalls hinsichtlich des Anspruchs auf Erstattung von Lehrgangsgebühren und Lernmittelkosten verfahrensfehlerfreie Entscheidung des LSG ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Der Begriff der Bildungsmaßnahme, für deren Teilnahme ein Antragsteller Förderungsleistungen erhalten kann, ist im AFG nicht einheitlich abschließend bestimmt. Neben inhaltlichen Merkmalen (zB in §§ 33, 34, 40, 41, 43, 47 AFG) stellt das Gesetz weitere Bedingungen auf, wie zB die Geeignetheit und Qualität der Maßnahme (vgl zB § 34 AFG), ihr Ziel und ihre Dauer (vgl zB §§ 36, 41, 43, 47 AFG), die Beschränkung auf bestimmte Teilnehmergruppen (vgl zB § 41 Abs 1 AFG). Darüber hinaus hängt der Förderungsanspruch selbst wiederum von verschiedenen Voraussetzungen in der Person des einzelnen Teilnehmers ab (vgl zB §§ 42, 44, 46 AFG). Nach der Rechtsprechung des BSG richtet sich die Beurteilung der Voraussetzungen für eine Förderung grundsätzlich nach objektiven Gesichtspunkten, weil subjektive Vorstellungen des Einzelnen nicht geeignet erscheinen, den Plan des Gesetzes zu vollziehen (vgl dazu die Darstellung und Nachweise bei Gagel, Kommentar zum AFG, Rd-Nrn 20/21 vor § 33; zusammenfassend auch BSG SozR 4100 § 151 Nr 7 - S 12 -).
Eine Fortbildungsmaßnahme iS der §§ 33, 41 ff AFG liegt demnach vor, wenn sie nach objektiven Merkmalen geeignet ist, den Fortbildungszweck zu erfüllen, den gesetzlichen Zugangsvoraussetzungen entspricht und zeitlich den gesetzlichen Rahmen, der eine Förderung zuläßt, nicht überschreitet. Teilnehmer hieran sind auf Antrag zu fördern, wenn sie die persönlichen Voraussetzungen nach den Vorschriften des Gesetzes erfüllen. Es wird von der Beklagten offenbar selbst nicht in Zweifel gezogen, daß eine auf die Teilnahme am vierten bis siebten Semester beschränkte Maßnahme beim DAG-Technikum mit dem Ziel des Maschinenbautechnikers grundsätzlich eine geeignete Fortbildungsmaßnahme in diesem Sinne ist und der Antrag eines hieran nach objektiven Gesichtspunkten Teilnahmeberechtigten einen Förderungsanspruch begründet, wenn er die persönlichen Voraussetzungen erfüllt. Der Senat stimmt der damit übereinstimmenden Rechtsauffassung des LSG zu.
Was in dieser Hinsicht für jeden Teilnehmer gilt, der ohne vorherige Teilnahme an dem ersten bis dritten Semester in die verkürzte Maßnahme eintreten kann und eintritt, ist für den Kläger nicht anders. Es trifft zwar zu, daß er zunächst das Vollstudium vom ersten Semester an angetreten hatte. Auch ist es richtig, daß sein ursprünglicher Antrag diesen gesamten Lehrgang umfaßte, da es sich um einen einheitlichen Bildungsgang gehandelt hatte (vgl BSG vom 11. Dezember 1979 - 7 RAr 2/79 -; BSG SozR 4100 § 152 Nr 6). Der Kläger hatte jedoch diese Bildungsmaßnahme durch Kündigung des Studienvertrages wirksam abgebrochen. Dem LSG ist darin beizupflichten, daß es sich insoweit nicht um ein Scheingeschäft gehandelt hat, sondern um eine wirksame, rechtlich zulässige Gestaltung des Rechtsverhältnisses zum Maßnahmeträger. Daß die mit der Kündigung des alten Vertrages und mit dem Abschluß des neuen Vertrages verfolgte Absicht des Klägers dahin ging, nunmehr die Voraussetzungen für einen Förderungsanspruch zu schaffen, war lediglich Motiv für seine Handlungsweise, spricht aber nicht gegen die Ernsthaftigkeit der abgegebenen Willenserklärungen. Jedenfalls ergeben die Feststellungen des LSG nicht, daß die Kündigung des Klägers und die Abrede eines neuen Vertrages nur zum Schein erfolgt sind.
War sonach die frühere Vertragsbeziehung zum Maßnahmeträger rechtswirksam gelöst, die Teilnahme an der ab 1. April 1977 laufenden Maßnahme abgebrochen, könnte von einer Fortsetzung der alten Maßnahme, damit von einer weiterhin einheitlichen Maßnahme, nur gesprochen werden, wenn, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, diese vertraglichen Abreden wieder rückgängig gemacht worden wären. Das ist jedoch nach den Feststellungen des LSG nicht geschehen. Infolgedessen handelte es sich für den Kläger ab 1. Oktober 1978 rechtlich um die Teilnahme an einer neuen Maßnahme. Dies würde für die Begründung eines Förderungsanspruchs allein allerdings nicht ausreichen, wenn nicht auch in tatsächlicher Hinsicht eine neue Maßnahme vorläge. Die tatsächliche Gestaltung einer Maßnahme ist nämlich für die Beurteilung ihres Charakters und ihres Umfanges von entscheidender Bedeutung (vgl BSG SozR 4100 § 44 Nr 16; BSGE 41, 224). Insoweit kommt es auf die objektiven Bedingungen an, die für alle vergleichbaren Bewerber gelten. Im vorliegenden Fall lag in tatsächlicher Hinsicht eine eigenständige Maßnahme vor, weil das verkürzte Studium, wie ausgeführt, die allgemeinen Bedingungen für eine Fortbildungsförderung seiner Teilnahme objektiv erfüllte und der Kläger, wie das LSG festgestellt hat, nicht wegen seiner Teilnahme an den ersten drei Semestern, sondern deswegen zugelassen worden ist, weil er eine besondere Vorbildung besaß, die es auch jedem anderen Bewerber (mit derselben Vorbildung) erlaubt hätte, entsprechend verkürzt zu studieren. Diese objektiven Umstände sind zwar erforderlich, um den Schluß auf eine eigenständige Maßnahme zuzulassen, die Annahme einer gleichwohl einheitlichen Gesamtmaßnahme zu widerlegen und auf diese Weise ungerechtfertigtem Mißbrauch von Förderungsmitteln entgegenzuwirken; sie sind hierfür aber auch ausreichend. Dies ergibt sich schon aus der Betrachtung vergleichbarer Fallgestaltungen. Hätte der Kläger zB die ersten drei Semester nicht an der anfänglichen Maßnahme teilgenommen, bestünden gegen die Annahme einer eigenständigen Maßnahme über die Zeit vom vierten bis siebten Semester sonst keine Bedenken. Ebensowenig wäre dies bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Fall, wenn er ab 1. Oktober 1978 nochmals ein Vollstudium begonnen hätte; die Beklagte hätte dann sogar nicht nur vier, sondern möglicherweise sieben Semester zu fördern gehabt. Zur Annahme einer eigenständigen Maßnahme müßte man zwanglos auch dann gelangen, wenn der Kläger nach Abbruch der früheren Maßnahme den Besuch zeitweilig ausgesetzt und erst später in eine verkürzte Maßnahme eingetreten wäre, oder wenn er zwar zeitlich anschließend, aber bei einem anderen Maßnahmeträger, so wie beim DAG-Technikum, die Teilnahme an der verkürzten Maßnahme begonnen hätte. Bei diesen Ergebnissen erscheint es nicht gerechtfertigt, im Falle des Klägers nur deswegen weiterhin von einer am 1. April 1977 begonnenen einheitlichen Fortbildungsmaßnahme auszugehen, weil er zunächst einen entsprechenden Vertrag eingegangen war und demgemäß vom ersten bis dritten Semester an der ursprünglichen Maßnahme teilgenommen hatte. War ihm vielmehr eine Gestaltung seines Vertragsverhältnisses zum Maßnahmeträger erlaubt, die ihm ebenso wie für andere Bewerber die Teilnahme an einer nach objektiven Gesichtspunkten förderungsberechtigenden eigenständigen Maßnahme eröffnete, so konnte er mit seinem neuen Antrag auch den Umfang dieser Bildungsmaßnahme bestimmen (vgl BSG SozR 4460 § 21 Nr 1). Daß der Kläger hieran nicht gehindert war, weil er damit den Zweck verfolgte, die Förderungsfähigkeit seiner Teilnahme an der verkürzten Maßnahme zu bewirken, hat das LSG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend erkannt (vgl BSG SozR 4460 § 24 Nr 2; Urteil vom 11. März 1976 - 7 RAr 116/74 -). Ebenso wie in den jeweils entschiedenen Fällen kann es nicht als treuwidrig oder rechtsmißbräuchlich angesehen werden, wenn der Einzelne rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten ausnutzt, die das Gesetz zuläßt, wenn der Kläger hier also eine nicht förderungsberechtigende Fortbildung abbricht und sich einer anderen - förderungsfähigen - zuwendet.
Auch der Sinn der Förderungsbedingungen des AFG steht diesem Ergebnis nicht entgegen. Danach ist die Förderung der beruflichen Bildung als ein herausragendes Instrument zur Verhinderung und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit oder unterwertiger Beschäftigung anerkannt; gleichzeitig soll sie beitragen, der Wirtschaft qualifizierte Arbeitnehmer zu beschaffen (vgl §§ 1 - 3 AFG). Die durch das HStruktG-AFG vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) eingeführten Leistungsbeschränkungen, wie zB in § 46 AFG, sollten ein Übermaß an Förderung verhindern, diese jedoch in den tatbestandlich begründeten Fällen nicht ausschalten. Kann aber ein Antragsteller, wenn auch auf dem Wege einer erlaubten Veränderung eines bisherigen Bildungsbemühens, den gesetzlichen Erfordernissen Genüge tun, steht der Sinn des Gesetzes, dem Bildungszweck zu dienen, ihm ebenso zur Seite wie jedem anderen.
Dem vorstehenden Ergebnis stehen nicht die Erwägungen der Beklagten entgegen, eine eigenständige verkürzte Maßnahme könnte schon deshalb nicht angenommen werden, weil dies eine hypothetische Ermittlung von Erfolgserwartung und Eignung iS von § 36 Nr 1 AFG erfordere. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang ausführt, es liege eine hypothetische Maßnahme vor, deren tatsächlicher Verlauf nicht zu beobachten sei, verkennt sie die aus den Feststellungen des LSG begründete Auffassung, daß es sich um eine neue, förderungsberechtigende Maßnahme gehandelt hat. Die Teilnahme des Klägers an der auf das vierte bis siebte Semester verkürzten Maßnahme ist und war keine Hypothese, sondern eine Tatsache. Offenbar will die Beklagte auch nur vortragen, eine neue Maßnahme könnte nur dann angenommen werden, wenn für die Frage der Voraussetzungen des § 36 Nr 2 AFG die - ebenfalls tatsächliche - Teilnahme des Klägers an den ersten drei Semestern der am 1. April 1977 begonnenen Maßnahme "hinweggedacht" werden könnte, was aber nicht möglich sei. Diese Rechtsauffassung kann der Senat nicht teilen.
Die Fragen, ob der Kläger ab 1. Oktober 1978 einerseits an einer neuen - verkürzten - Maßnahme teilgenommen hat und ob er andererseits hierfür die erforderliche Eignung besaß, bzw seine Teilnahme erfolgversprechend war (§ 36 Nr 2 AFG), unterliegen unterschiedlichen Voraussetzungen. Die erstere Frage richtet sich danach, ob eine in sich geschlossene Maßnahme vorliegt, die für einen Bildungszweck iS des AFG (vgl §§ 33, 34) als geeignet vorgesehen ist, die den zeitlich erlaubten Rahmen einhält (§§ 41 Abs 3, 47 Abs 3 AFG) und die für die berufliche Fortbildung bestimmte, allgemein geltende Zugangsvoraussetzungen aufstellt (vgl § 41 Abs 1 AFG). Das war, wie schon ausgeführt wurde, nach den Feststellungen des LSG hier der Fall.
Die Frage nach Eignung und Erfolgserwartung iS von § 36 Nr 2 läßt sich hingegen nur nach den individuellen Verhältnissen des einzelnen Teilnehmers bestimmen (vgl BSGE 39, 291, 294). Ihr Vorliegen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles sowohl bei Beginn der Maßnahme, aber auch nach der Entwicklung der Verhältnisse des Teilnehmers während des Verlaufs der Maßnahme zu beurteilen (vgl BSGE 37, 163, 171; 38, 146, 148; SozR 4100 § 151 Nr 7 - S 11 -). Ebenso wie für jeden anderen Teilnehmer die Ergebnisse irgend einer früheren - abgeschlossenen oder abgebrochenen - Maßnahme Aufschlüsse für die Eignung und Erfolgserwartung bei Teilnahme an einer neuen Maßnahme geben können, können im Falle des Klägers die Ergebnisse seiner Teilnahme an den ersten drei Semestern der am 1. April 1977 begonnenen und später abgebrochenen Maßnahme in diesem Sinne relevant sein. Sie brauchen in seinem Fall für die Beurteilung nach § 36 Nr 2 AFG keineswegs deshalb "hinweggedacht" zu werden, weil die neue Maßnahme sich nahtlos an das letzte Semester der früheren Maßnahme anschloß; denn ob es sich insoweit um eine neue Maßnahme gehandelt hat, hängt nicht davon ab, daß der Kläger hierfür nicht erst durch frühere Bildungsbemühungen die nötige Eignung erworben hat, sondern, wie dargestellt, allein davon, daß sich ihre Eigenständigkeit unabhängig von solchen Bemühungen nach allgemeinen Kriterien objektiv ergibt, wie es hier der Fall ist. Infolgedessen bedarf es nicht, wie die Beklagte meint, einer hypothetischen Ermittlung, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 36 Nr 2 AFG erfülle, etwa in dem Sinne, wie es wäre, wenn er an der früheren Maßnahme nicht teilgenommen hätte. Vielmehr durfte das LSG unter Einbeziehung dieses Geschehensablaufs feststellen, daß diese Anspruchsvoraussetzungen vorlagen. Begründete Rügen gegen diese Feststellung hat die Beklagte nicht vorgebracht (§ 163 SGG). Sie hat zwar behauptet, daß diese Feststellung unter Verstoß gegen das Beweiswürdigungsrecht nach § 128 Abs 1 Satz 1 SGG zustande gekommen sei, dies aber nicht in der für eine Verfahrensrüge erforderlichen Weise dargelegt. Sie begründet ihre Rüge lediglich mit der Rechtsauffassung, eine neue eigenständige Maßnahme liege deshalb nicht vor, weil Eignung und Erfolgserwartung iS von § 36 Nr 2 AFG nicht unter Außerachtlassung der Vorqualifikation aus der Teilnahme an der früheren - abgebrochenen - Maßnahme festgestellt werden können und festgestellt worden seien. Mit dieser, wie dargestellt, zudem unzutreffenden, materiell-rechtlichen Auffassung ist ein Verstoß des LSG gegen § 128 SGG jedoch nicht dargetan.
Nach den Feststellungen des LSG sind auch die übrigen Förderungsvoraussetzungen gegeben. Gegen die Zweckmäßigkeit der Förderung iS von § 36 Nr 3 AFG (idF des HStruktG-AFG) bestehen keine Bedenken, da es sich um eine berufliche Fortbildung handelt (vgl BSG SozR 4100 § 41 Nr 33). Der Kläger erfüllte auch bei Beginn der Maßnahme am 1. Oktober 1978 die Voraussetzung einer mindestens zweijährigen beitragspflichtigen Beschäftigung innerhalb der letzten drei Jahre vor dem 1. Oktober 1978 (§ 46 Abs 1 AFG). Ob es sich bei dem verkürzten Studium um eine von dem allgemeinen Studium abgrenzte eigenständige Maßnahme gehandelt hat, kann dahinstehen; denn eine solche institutionelle Abgrenzung verkürzter Lehrgänge gegenüber dem allgemeinen Studiengang ist nur dann als Förderungsvoraussetzung erforderlich, wenn die Ziele und Zugangsbedingungen des § 41 AFG nicht bereits nach den Bedingungen des allgemeinen Studienganges gegeben sind (vgl BSG 38, 274, 277 = SozR 4100 § 41 Nr 13). Nach den Feststellungen des LSG erfüllte aber sowohl das siebensemestrige Vollstudium beim DAG-Technikum als auch der vom Kläger besuchte verkürzte Lehrgang diese Voraussetzungen. Eine andere Betrachtung ist in Fällen dieser Art schon deshalb ausgeschlossen, weil sonst jede im Einzelfalle sinnvolle Verkürzung einer die Förderungsvoraussetzungen erfüllenden Teilnahme an der vollständigen Maßnahme ohne besondere institutionelle Abgrenzung in dem oa Sinne von der Förderung ausgenommen wäre.
Die Revision der Beklagten kann nach allem insoweit keinen Erfolg haben, als die Berufung zulässig war. Sie führt jedoch zur Zurückverweisung der Sache an das LSG in dem Umfange, als mit der Klage und Berufung Ansprüche auf Uhg und weitere Sachkosten iS von § 45 AFG als die Erstattung von Lehrgangsgebühren und Lernmittelkosten geltend gemacht sind. Hinsichtlich eines Anspruchs auf Uhg kann die Berufung nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGG ausgeschlossen sein, da Uhg möglicherweise nur für die Zeiten des Nahunterrichts begehrt wird und diese wegen der Verkürzung des Lehrgangs möglicherweise weniger als 13 Wochen umfassen. Entsprechend wäre die Berufung wegen geltend gemachter Ansprüche auf Erstattung weiterer Sachkosten ausgeschlossen, ebenso, wenn es sich dabei nur um einmalige Leistungen gemäß § 144 Abs 1 Nr 1 SGG handeln sollte.
Das LSG wird insoweit die erforderlichen Feststellungen zu treffen und danach erneut über die Berufung des Klägers insoweit zu entscheiden haben. Es hat dabei auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu treffen.
Fundstellen