Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsnachentrichtung nach verfolgungsbedingter Auswanderung
Orientierungssatz
1. In Fällen, in denen der Versicherte seine Arbeitsstelle durch Auswanderung des jüdischen Arbeitgebers verloren hat, ist regelmäßig davon auszugehen, daß dieser Verlust durch einen Verfolgungstatbestand, der sich auch auf ihn auswirkte, herbeigeführt worden ist.
2. Ausbildungen können nicht nur dann der Vorbereitung auf die Auswanderung dienen, wenn der Einzelne im Hinblick auf die besonderen Bedingungen des Landes, in das er auswandern will, eine Umschulung durchläuft oder an einer Maßnahme teilnimmt, die speziell zur Vorbereitung auf die Auswanderung eingerichtet ist, wie die sogenannte Hachscharah-Maßnahmen. Auch Erstausbildungen junger Menschen sind als Vorbereitungsmaßnahmen einzustufen, wenn Anhaltspunkte vorhanden sind, daß gerade dieser Berufsweg wegen der geplanten Auswanderung gewählt wurde.
3. Allein schon die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Beruf im Inland auszuüben, und das Ziel, mit diesem Beruf im Ausland den Lebensunterhalt zu verdienen, erlaubt nicht eine Einordnung als Vorbereitungsmaßnahme; denn diese Voraussetzungen lagen in der damaligen Zeit für jüdische Mitbürger, die auswandern wollten, für nahezu jeden Beruf vor.
4. Ist der Verlust der letzten Arbeitsstelle verfolgungsbedingt eingetreten, so ist auch der Umstand, daß in der Folgezeit eine versicherungspflichtige Tätigkeit nicht wieder aufgenommen wurde, auf diesen Verfolgungstatbestand zurückzuführen, wenn für die Nichtaufnahme einer Tätigkeit verständige Gründe vorgelegen haben.
Normenkette
WGSVG §§ 9-10
Verfahrensgang
LSG Hamburg (Entscheidung vom 09.01.1980; Aktenzeichen III JBf 71/79) |
SG Hamburg (Entscheidung vom 26.04.1973; Aktenzeichen 17 J 1395/72) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin nach § 10 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) vom 22. Dezember 1970 (BGBl I, 1846) berechtigt ist, Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung nachzuentrichten.
Die Klägerin (geboren am 9. Oktober 1920) gehört zum Kreis der rassisch Verfolgten des nationalsozialistischen Regimes. Nach Abschluß der Volksschule nahm sie eine Tätigkeit als Hausgehilfin auf. Ihre letzte Stellung in dem Haushalt des jüdischen Apothekers Kauf (K) endete am 1. April 1937, weil die Familie K auswanderte. Danach absolvierte die Klägerin eine Ausbildung als Kindergärtnerin. Neben dieser Ausbildung war sie in einem Privatkindergarten fünf Stunden täglich als Helferin tätig. Hierfür bezog sie ein Entgelt, das sie mit 30,-- DM für jeweils zwei Wochen angibt. Im März 1939 ist auch die Klägerin ausgewandert. Auch danach war sie weiterhin in verschiedenen Stellungen als Arbeitnehmerin tätig.
Den Antrag der Klägerin vom 20. Januar 1972 auf Beitragsnachentrichtung nach § 10 WGSVG lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 8. September 1972). Klage und Berufung blieben ebenfalls erfolglos (Urteil des Sozialgerichts -SG- Hamburg vom 26. April 1973; Urteil des Landessozialgerichts -LSG- Hamburg vom 3. März 1977). Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Revision führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG (Urteil des Bundessozialgerichts -BSG- vom 4. April 1979). In seiner erneuten Entscheidung (Urteil vom 9. Januar 1980) hat das LSG auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten aufgehoben sowie die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Beitragsnachentrichtung nach § 10 WGSVG zu gestatten.
Das LSG hat die Auffassung vertreten, es könne zwar nicht festgestellt werden, daß die Klägerin im April 1937 ihre Arbeitsstelle durch Verfolgungsmaßnahmen verloren habe, die gegen sie oder ihren Arbeitgeber gerichtet gewesen seien. Darauf komme es indes nicht entscheidend an, weil § 9 WGSVG nicht auf die Unterbrechung eines konkreten Beschäftigungsverhältnisses, sondern auf eine Unterbrechung der weiteren Teilnahme am Arbeitsleben als versicherter Beschäftigter abstelle. Ein solcher Fall liege stets vor, wenn Verfolgungsmaßnahmen dafür verantwortlich zu machen seien, daß der Verfolgte nach dem Verlust der Arbeitsstelle bis zu seiner Auswanderung keine versicherungspflichtige Beschäftigung mehr aufgenommen habe. Diese Voraussetzungen seien auch bei der Klägerin gegeben. Sie habe wegen der Aussichtslosigkeit, als jüdische Bürgerin noch eine Erwerbstätigkeit in Deutschland zu finden, den Entschluß zur Auswanderung gefaßt und die Durchführung dieses Entschlusses in der Folgezeit vorbereitet. Dies ergebe sich aus ihrem schon mit dem Verlust der Arbeitsstelle bekundeten Willen zur Auswanderung und der Durchführung dieser Ausbildung in einem Umschulungslehrgang der von den jüdischen Bürgern organisierten Selbsthilfe zur Vorbereitung auf die Auswanderung. Da die spätere tatsächliche Auswanderung - was bei der Klägerin ausdrücklich anerkannt sei - aus Gründen konkreter Verfolgung geschehen sei, müsse auch die Vorbereitung auf diese Auswanderung als verfolgungsbedingt angesehen werden. Der Umfang der Vorbereitungszeit überschreite nicht das zulässige Maß; denn die Klägerin habe sich im Rahmen der damals üblichen Ausbildungszeiten gehalten. Ein Grund für eine engere Begrenzung sei nicht ersichtlich, denn der Zweck der §§ 9/10 WGSVG werde nicht dadurch berührt, daß der Verfolgte eine Vorbereitung von bestimmter Dauer für die Auswanderung für erforderlich gehalten habe, sofern sich daraus nicht die Absicht ergebe, die Teilnahme am Arbeitsleben als versicherungspflichtige Beschäftigung aus anderen Gründen als denen der Verfolgung aufzugeben. Das sei bei der Klägerin nicht der Fall.
Mit der Revision macht die Beklagte geltend, daß das Gesetz seine Konturen verliere, wenn man auch eine lange vor der Auswanderung begonnene "Umschichtungszeit" als Vorbereitung auf die Auswanderung ansehe. Es sei dann letztlich jedem, der lange Zeit vor der späteren Auswanderung eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe, das Recht zur Nachentrichtung von Beiträgen zuzuerkennen. Sie hält eine zeitliche Grenze im Bereich von etwa sechs Monaten zwischen Aufgabe der letzten Beschäftigung und Auswanderung für geboten.
Darüber hinaus rügt die Beklagte, das LSG habe zu Unrecht aus den vorliegenden eidesstattlichen Versicherungen gefolgert, daß die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Verlustes ihrer letzten Arbeitsstelle im April 1937 die Absicht gehabt habe, auszuwandern und die folgende Ausbildung nur zu diesem Zwecke begonnen habe. Den eidesstattlichen Versicherungen sei vielmehr zu entnehmen, daß sie die Ausbildung zunächst nur deshalb begonnen habe, weil sie eine andere Ausbildung nicht hat finden können und der Plan auszuwandern sich erst später verfestigt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung
der Klägerin gegen das Urteil des SG
zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, daß bereits der Verlust der letzten Arbeitsstelle bei dem Apotheker K auf Verfolgungsmaßnahmen zurückzuführen sei, die auch im Rahmen von § 9 WGSVG Beachtung finden müßten. Der Apotheker K habe sich wegen des allgemeinen Verfolgungsdrucks (um einer Verfolgung zuvorzukommen) zur Auswanderung entschlossen, und dies reiche nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) als Verfolgungstatbestand.
Die Auffassung der Beklagten, daß die Klägerin bei Beginn ihrer Kindergärtnerinnen-Ausbildung nicht die Absicht gehabt habe auszuwandern, sei schon deshalb irrig, weil es völlig klar gewesen sei, daß die Klägerin auf keinen Fall mit dieser Ausbildung in Deutschland eine Stelle hätte finden können.
Die Dauer der Vorbereitung auf die Auswanderung sei eine Frage des Einzelfalles. Sie könne allein nicht entscheidend sein für die Frage, ob es sich um eine verfolgungsbedingte Vorbereitung gehandelt habe oder nicht. Die Klägerin verweist insoweit auf das Urteil des BSG vom 13. Juli 1978 - 12 RK 3/77 -.
Beide Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) entschieden wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Klägerin zur Nachentrichtung von Beiträgen nach § 10 WGSVG berechtigt ist, weil ihre versicherungspflichtige Beschäftigung iS von § 9 WGSVG durch Verfolgungsmaßnahmen unterbrochen worden ist.
Der erkennende Senat hat schon mehrfach darauf hingewiesen, daß nach dem Zweck des § 9 WGSVG von dieser Vorschrift auch die Fälle erfaßt werden, in denen sich die Versicherten aufgrund des allgemeinen Verfolgungsdrucks zur Auswanderung entschlossen haben (BSG SozR 5070 § 9 Nr 1; BSG Urteil vom 13. Juli 1978 - 12 RK 3/77 -; BSG SozR 5070 § 9 Nr 3). Es kann nämlich in Fällen, in denen jüdische Mitbürger in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Deutschland verlassen haben, regelmäßig vermutet werden, daß dies geschehen ist, um drohenden Verfolgungsmaßnahmen zuvorzukommen. Die Auswanderung ist deshalb - wie dies auch in der Praxis durchweg geschieht - als Verfolgungstatbestand anzuerkennen, wenn nicht besondere Anhaltspunkte Anlaß zu Zweifeln geben.
Der Senat hat ferner in mehreren Entscheidungen ausgeführt, daß in Fällen verfolgungsbedingter Auswanderung auch die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zur Vorbereitung auf die Auswanderung als verfolgungsbedingt anzusehen ist (BSG Urteil vom 13. Juli 1978 - 12 RK 3/77 -; BSG SozR 5070 § 9 Nr 3; BSG Urteil vom 9. Juli 1980 - 12 RK 23/79 -). Dabei ist ausdrücklich hervorgehoben worden, daß eine bestimmte zeitliche Grenze für die "zulässige" Vorbereitungszeit nicht festgelegt werden kann, sondern lediglich zu prüfen ist, ob Anhaltspunkte vorhanden sind, daß die Zwischenzeit zwischen Verlust der Arbeitsstelle und Auswanderung letztlich nicht der Vorbereitung auf die Auswanderung, sondern dem Übergang in eine andere nicht versicherungspflichtige Tätigkeit dienen sollte, zB in eine Tätigkeit als Selbständiger, als Hausfrau oder in eine ohnehin beabsichtigte reguläre Ausbildung.
Die Klägerin hat allerdings im vorliegenden Fall nach Beendigung der versicherungspflichtigen Tätigkeit eine Ausbildung durchlaufen. Das LSG hat jedoch festgestellt, daß es sich hier um eine Maßnahme zur Vorbereitung auf die Auswanderung handelte und nicht etwa um eine Maßnahme, die vorwiegend der beruflichen Weiterbildung der Klägerin diente. Die hiergegen auf § 128 SGG gestützten Rügen der Beweiswürdigung greifen nicht durch. Sie könnten nur Erfolg haben, wenn dargetan wäre, daß das LSG gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen hat (vgl Meyer-Ladewig, SGG § 128 Anm 10 ff). Derartiges ist jedoch nicht erkennbar.
Ausbildungen können nicht nur dann der Vorbereitung auf die Auswanderung dienen, wenn der Einzelne im Hinblick auf die besonderen Bedingungen des Landes, in das er auswandern will, eine Umschulung durchläuft oder an einer Maßnahme teilnimmt, die speziell zur Vorbereitung auf die Auswanderung eingerichtet ist, wie die sogenannten Hachscharah-Maßnahmen. Auch Erstausbildungen junger Menschen sind als Vorbereitungsmaßnahmen einzustufen, wenn Anhaltspunkte vorhanden sind, daß gerade dieser Berufsweg wegen der geplanten Auswanderung gewährt wurde. Daß es sich auch bei der Klägerin um eine solche aus der Not geborene Entscheidung handelte, hat das LSG unangefochten festgestellt.
Dem LSG ist zwar insoweit nicht zu folgen, daß allein schon die Aussichtslosigkeit, den angestrebten Beruf im Inland auszuüben, und das Ziel, mit diesem Beruf im Ausland den Lebensunterhalt zu verdienen, eine Einordnung als Vorbereitungsmaßnahme erlaubt; denn diese Voraussetzungen lagen in der damaligen Zeit für jüdische Mitbürger, die auswandern wollten, für nahezu jeden Beruf vor. Im vorliegenden Fall treten aber weitere Umstände hinzu, die die durchgeführte Ausbildung als Vorbereitungsmaßnahme qualifizieren, wie die Tatsache, daß es sich nicht um eine reguläre Ausbildung handelte, und der Umstand, daß die Klägerin sich lediglich wegen der Auswanderung zu dieser Ausbildung entschlossen hatte.
Dem Urteil des LSG ist im Ergebnis auch noch aus einem weiteren Grund beizutreten. Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, daß auch Verfolgungsmaßnahmen, die sich gegen den Arbeitgeber richten und zum Verlust der Arbeitsstelle führen, als Verfolgungstatbestände iS von § 9 WGSVG in Betracht kommen (SozR 2200 § 1251 Nr 43; Urteil vom 11. Juni 1980 - 12 RK 52/79 -; Urteil vom 9. Juli 1980 - 12 RK 23/79 -). Wie schon dargelegt wurde, ist bei Auswanderung eines jüdischen Arbeitgebers in der damaligen Zeit zu vermuten, daß es sich um einen Verfolgungstatbestand handelt. In jedem Fall hatte der Entschluß des Arbeitgebers, sich dem Verfolgungsdruck durch Auswanderung zu entziehen, für seine Mitarbeiter die gleiche Wirkung wie eine gegen ihn gerichtete konkrete Verfolgungsmaßnahme. Es ist deshalb in Fällen, in denen der Versicherte seine Arbeitsstelle durch Auswanderung des jüdischen Arbeitgebers verloren hat, regelmäßig davon auszugehen, daß dieser Verlust durch einen Verfolgungstatbestand herbeigeführt worden ist. Dem steht das Urteil des erkennenden Senats vom 11. Juni 1980 - 12 RK 52/79 - nicht entgegen. Dort wurde der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen mit der Auflage zu prüfen, ob die Klägerin ihre Arbeitsstelle aufgrund von Verfolgungsmaßnahmen verloren habe. Es handelte sich aber dabei um einen Fall, in dem die Arbeitsstelle nicht wegen der Auswanderung des Arbeitgebers, sondern nach den Behauptungen der Klägerin wegen eines durch Boykott bedingten Geschäftsrückgangs verlorengegangen war.
Allerdings hat der 4. Senat des BSG (SozR 2200 § 1251 Nr 43) als Voraussetzung für die Anerkennung von Ersatzzeiten nach § 1251 Abs 1 Nr 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO), die Feststellung konkreter Verfolgungsmaßnahmen gegen den Versicherten oder den Arbeitgeber gefordert. Auch dort handelte es sich aber nicht um einen Fall, in dem die Arbeitsstelle durch eine Auswanderung des Arbeitgebers verlorengegangen war, sondern ebenfalls um einen Stellenverlust, der nach der Behauptung der Klägerin auf Boykott-Maßnahmen zurückzuführen war.
Der hier vertretenen Ansicht steht schließlich auch die Entscheidung des 1. Senats des ASG (SozR 5070 § 14 Nr 1) nicht entgegen. Der erkennende Senat hat bereits in einem früheren Urteil darauf hingewiesen, daß die für den Bereich des § 14 WGSVG zutreffende Auffassung des 1. Senats nicht auf § 8 WGSVG übertragen werden kann (BSG Urteil vom 13. Juli 1978 - 12 RK 3/77 -).
Ist demnach hier davon auszugehen, daß die Klägerin ihre letzte Arbeitsstelle verfolgungsbedingt verloren hat, so ist auch der Umstand, daß sie in der Folgezeit eine versicherungspflichtige Tätigkeit nicht wieder aufgenommen hat, auf diesen Verfolgungstatbestand zurückzuführen, wenn für die Nichtaufnahme einer Tätigkeit verständige Gründe vorgelegen haben. Solche Gründe können zB darin zu erblicken sein, daß ein Verfolgter, nachdem er bereits mehrfach seine Arbeitsstelle verfolgungsbedingt verloren hat, eine Tätigkeit als Selbständiger aufnimmt, weil es ihm aussichtslos erscheint, eine Arbeitsstelle zu bekommen (BSG SozR 5070 § 10 Nr 11) oder wenn ein junges Mädchen aus Angst vor Verfolgungsmaßnahmen im Elternhaus Zuflucht sucht, angesichts der Tatsache, daß es ohnehin fast aussichtslos ist, eine geeignete Arbeitsstelle zu finden (BSG Urteil vom 9. Juli 1980 - 12 RK 23/79 -; BSG Urteil vom 11. Juni 1980 - 12 RK 52/79 -). Zu denken ist ferner an den Fall, daß die Bemühungen um ein reguläres Arbeitsverhältnis, insbesondere über das Arbeitsamt, aussichtslos oder zu gefährlich erschienen, private Bemühungen keinen Erfolg hatten und deshalb im Hinblick auf eine beabsichtigte Auswanderung eine für diesen Zweck sinnvolle Vorbereitung betrieben wurde. In allen diesen Fällen scheidet eine verfolgungsbedingte Fortdauer der Unterbrechung versicherungspflichtiger Beschäftigung nur dann aus, wenn es sich um einen ohnehin beabsichtigten Übergang in eine selbständige Tätigkeit, zB den Eintritt in das väterliche Geschäft, handelte, eine Eheschließung oder eine Rückkehr in den elterlichen Haushalt als Haustochter oder zur Pflege von Anverwandten von vornherein geplant war oder die Aufnahme einer auch sonst beabsichtigten Ausbildung Ursache für die Nichtausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung war.
Die Entscheidung des 4. Senats des BSG (SozR 2200 § 1251 Nr 43) steht auch insoweit nicht entgegen. Der 4. Senat hat dort entschieden, daß als Voraussetzung der Anerkennung einer verfolgungsbedingten Arbeitslosigkeit als Ersatzzeit eine ernstliche Arbeitsbereitschaft nachzuweisen sei. Dieses Erfordernis ist jedoch dadurch bedingt, daß sich § 1251 Abs 1 Nr 4 RVO lediglich auf die Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung durch Krankheit und unverschuldete Arbeitslosigkeit sowie durch Auslandsaufenthalt bezieht und andere Tatbestände damit ausschließt. Die §§ 9, 10 WGSVG enthalten derartige Eingrenzungen nicht.
Da somit die Entscheidung des LSG jedenfalls im Ergebnis, im wesentlichen auch in der Begründung, zutreffend ist, konnte die Revision keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen