Entscheidungsstichwort (Thema)
Servolenkung. Bedienungseinrichtung bzw sonstige Änderung eines Motorfahrzeugs. Kannleistung. Verfassungsmäßigkeit. Gleichheitsgrundsatz
Leitsatz (amtlich)
Ersatzleistungen iS des BVG§11Abs3§13DV § 2 S 1 Nr 3 (hier: Servolenkung) sind von entsprechenden verkehrstechnischen Auflagen im Führerschein gemäß BVG§11Abs3§13DV § 5 Abs 3 Nr 1 abhängig.
Orientierungssatz
1. Die Servolenkung ist keine sonstige Änderung des Motorfahrzeugs iS des BVG§11Abs3§13DV § 2 S 1 Nr 4. BVG§11Abs3§13DV § 2 S 1 Nr 3 erfaßt diejenigen Ersatzleistungen, die mit der Bedienung von Lenkung, Motor, Getriebe und Bremsen im Zusammenhang stehen. Sonstige Änderungen eines Motorfahrzeuges iS des BVG§11Abs3§13DV § 2 S 1 Nr 4 sind mithin solche, die die Ausstattung des Fahrzeuges betreffen, so etwa den Einbau eines Handabblendschalters (vgl BSG vom 1967-01-27 9 RV 476/64 = SozEntsch BSG IX/3 § 13 Nr 7), die Anbringung eines Sicherheits- oder besonderen Haltegurts oder die Sonderanfertigung des Fahrersitzes.
2. Die in BVG§11Abs3§13DV § 2 genannten Ersatzleistungen können anstelle bestimmter Hilfsmittel gewährt werden. Demnach handelt es sich um sogenannte Kann-Leistungen, die in das Ermessen der Verwaltungsbehörde gestellt sind. Sie dienen zur Ergänzung der orthopädischen Versorgung (BVG § 11 Abs 3). Diese Ermessensleistungen sind nach BVG§11Abs3§13DV § 5 von zwingenden Voraussetzungen abhängig. Indem die Versorgungsbehörde diese verneint, ist es zu einer Ermessensausübung nicht gekommen. Die Entscheidung darüber ist im vollen Umfang gerichtlich zu überprüfen (vgl ua BSG vom 1973-12-18 9 RV 230/73 = BSGE 37, 60).
3. In der Regelung des BVG§11Abs3§13DV § 5 Abs 3 Nr 1, die Ersatzleistungen von verkehrstechnischen Auflagen im Führerschein abhängig zu machen, liegt keine Korrektur der Entscheidung des Gesetzgebers, die unzulässig wäre (vgl BVerfG vom 1963-07-23 1 BvR 265/62 = BVerfGE 16, 339).
4. Es ist mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, die Änderungen der Bedienungseinrichtung (BVG§11Abs3§13DV § 2 S 1 Nr 3) allein von einer Auflage im Führerschein abhängig zu machen.
Normenkette
BVG § 11 Abs 3 Fassung: 1974-08-07; BVG§11Abs3§13DV § 2 S 1 Nr 3 Fassung: 1976-08-23, § 5 Abs 3 Nr 1 Fassung: 1972-01-31, § 2 S 1 Nr 4 Fassung: 1976-08-23; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 80 Abs 1 Fassung: 1949-05-23
Verfahrensgang
SG Mainz (Entscheidung vom 18.09.1979; Aktenzeichen S 5 V 35/79) |
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für die Ausstattung des ihm von seiner Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Personenkraftwagen (Pkw mit einer Fremdkraft-Lenkhilfe (Servolenkung).
Der Kläger bezieht wegen hoher Amputation des linken Beines im Oberschenkel mit Bewegungseinschränkung des Stumpfes im Hüftgelenk, Bewegungseinschränkung im rechten Schulter- und Ellenbogengelenk, Radialis- und Ulnarislähmung rechts, Verschmächtigung der Muskulatur des rechten Armes, erheblicher Bewegungseinschränkung im rechten Hüftgelenk sowie weiterer Schädigungsfolgen Versorgung eines Erwerbsunfähigen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Seinen im April 1976 gestellten Antrag auf Kostenübernahme wegen des Einbaus einer Servolenkung lehnte die Versorgungsbehörde mit dem Hinweis ab, seinem Begehren könne nur stattgegeben werden, wenn die Servolenkung zur Auflage im Führerschein gemacht sei. (Die Fahrerlaubnis enthält ua folgende Beschränkungen: vollständige Handbedienung, bei Kraftfahrzeug mit automatischer Kupplung, Fußhebel mit Gleitschutz ausstatten, Hupe, Fahrtrichtungsanzeiger und Abblendschalter müssen unter gleichzeitigem Festhalten des Lenkrades bedienbar sein usw). Dies lehnte der Kläger ab, da ihm dann die Möglichkeit genommen sei, gelegentlich einen Wagen ohne Lenkhilfe zu fahren. Die daraufhin ergangenen ablehnenden Verwaltungsbescheide hob das Sozialgericht (SG) auf, da es sich bei der Servolenkung weder um eine Änderung der Bedienungseinrichtung noch um ein Zusatzgerät, sondern um eine bessere Ausstattung der üblichen Lenkung handele. In Ausführung dieses Urteils lehnte die Versorgungsverwaltung eine Kostenerstattung erneut ab, da die Durchführungsverordnung (DV) zu § 11 Abs 3 und § 13 BVG eine solche für die vom SG bezeichnete Ausstattung nicht vorsehe (Bescheid vom 15. August 1978, Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 1979).
Einem weiteren Antrag vom April 1977 auf Erstattung der Kosten, die dem Kläger durch den Einbau einer Servolenkung in einen zwischenzeitlich neu übernommenen Pkw entstanden waren, gab die Verwaltung ebenfalls nicht statt (Bescheid vom 15. August 1978; Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1979).
In seiner Klageschrift benannte der Kläger den Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 1979, in einem späteren Schriftsatz und in dem Klageantrag vor dem SG den Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1979. Er begehrt den Ersatz der Kosten für den Einbau der Servolenkung in Höhe von 515,-- DM zuzüglich 11 % Mehrwertsteuer. Das SG hat die Klage abgewiesen: Bei der Servolenkung handele es sich um ein Zusatzgerät iS von § 2 Nr 3 DV zu § 11 Abs 3 und § 13 BVG. Die Kosten hierfür könnten jedoch nur erstattet werden, wenn die Änderung oder besondere Ausstattung des Fahrzeuges den Auflagen oder Beschränkungen entspräche, unter denen die Fahrerlaubnis erteilt worden sei. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Überdies sei der Kläger nach seinen eigenen Angaben wegen der Schädigungsfolgen nicht auf die Servolenkung angewiesen.
Der Kläger hat mit Zustimmung des Beklagten die - vom SG zugelassene - Sprungrevision eingelegt. Er rügt die Verletzung des § 2 Nrn 3 und 4 und des § 5 Abs 3 Nrn 1 und 2 Buchst c) der DV zu § 11 Abs 3 und § 13 BVG und meint, die Kostenübernahme sei nicht von einer entsprechenden Beschränkung der Fahrerlaubnis abhängig zu machen. Die Servolenkung sei weder unter "Zusatzgerät" noch unter "sonstige Änderung der Bedienungseinrichtung" iS des § 2 Nr 3 DV zu subsumieren. Vielmehr handele es sich um eine bessere Ausführung, weshalb § 2 Nr 4 DV zur Anwendung gelange. Die Lenkhilfe erleichtere unter Berücksichtigung der langen Berufsfahrten des Klägers die Folgen der Schädigung. Die Bedingungen, unter denen nach den einschlägigen Gesetzesvorschriften eine Kostenübernahme abhängig sei, seien von der Ermächtigung nicht gedeckt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts sowie die angefochtenen
Verwaltungsbescheide vom 15. August 1978 und
22. Februar 1979 aufzuheben und den Beklagten
zur Kostenerstattung in Höhe von 515,-- DM zuzüglich
11 % Mehrwertsteuer zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene sieht die Revision des Klägers als unbegründet an. Der Verordnungsgeber habe - so die Beigeladene - entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung mit der in § 5 Abs 3 Nr 1 DV zu § 11 Abs 3 und § 13 BVG enthaltenen Beschränkung erreicht, daß nur diejenigen Beschädigten eine Ersatzleistung erhielten, die ohne besondere Einrichtungen wegen der Schädigungsfolgen von der Teilnahme am Straßenverkehr ausgeschlossen wären. Damit sei dem Zweck der Heilbehandlung nach § 10 Abs 1 BVG Genüge getan. Demgegenüber seien Versorgungsberechtigte mit uneingeschränkter Fahrerlaubnis nicht auf eine Sonderausstattung angewiesen. Nach der DV sei maßgebliches Unterscheidungsmerkmal die Schwere der Behinderung. Diese rechtliche Differenzierung stehe dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nicht entgegen.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision hat, soweit der Bescheid vom 15. August 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 1979 Gegenstand des Verfahrens ist, keinen Erfolg. Dem Kläger sind die Kosten, die ihm infolge des Einbaus einer Servolenkung in das firmeneigene Kraftfahrzeug entstanden sind, nicht zu erstatten. Soweit daneben der in der Klageschrift bezeichnete Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 1979 mit dem zugrundeliegenden, den Antrag von 1976 betreffenden Bescheid vom 15. August 1978 in Streit steht, wird der Rechtsstreit an das SG zurückverwiesen.
Die - allerdings nicht begründete - Annahme des SG, Gegenstand der Anfechtungsklage (§ 95 SGG) sei der Bescheid vom 15. August 1975 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 1979, ist nicht zu beanstanden. Zwar führte der Kläger in der Klageschrift den Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 1979 an. Jedoch verdeutlicht bereits die Klagebegründung, daß dem Kläger - zumindest auch - an einer sachlichen Überprüfung des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 1979 gelegen ist. Denn er beanstandete darin die nach seiner Ansicht unrichtige Beurteilung der Leistungsvoraussetzungen, über die das SG im früheren, durch den ersten Antrag ausgelösten Verfahren noch nicht mit aller Deutlichkeit entschieden hatte. Es geht nämlich hier um die Rechtmäßigkeit der Forderung der Versorgungsverwaltung, daß die Notwendigkeit einer Servolenkung im Führerschein eingetragen sein müsse, um eine Kostenerstattung zu bewirken. Überdies bekundete der Prozeßbevollmächtigte des Klägers späterhin selbst, daß sich die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1979 richtet. Schließlich stellt der im erstinstanzlichen Verfahren gestellte Prozeßantrag darauf ab.
Das SG hat nunmehr außerdem über den Ausführungsbescheid vom 15. August 1978 idF des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 1979 (§ 95 SGG), der den 1976 gestellten Antrag betrifft, zu entscheiden. Diese Verwaltungsakte hat der Kläger ausdrücklich mit der Klageschrift angefochten. Zwar hat er dies nicht in dem zuletzt vor dem SG gestellten Prozeßantrag wiederholt. Aber damit hat er nicht etwa stillschweigend die den ersten Erstattungsantrag betreffende Klage zurückgenommen. Eine Klagerücknahme als Prozeßhandlung müßte eindeutig und unmißverständlich erklärt worden sein (Urteil des erkennenden Senats vom 29. Mai 1980 - 9 RV 8/80 -). Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß ein Kläger mit seinem Rechtsstreit alles erreichen möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts, auf den er seine Klage stützt, rechtlich zustehen kann (Meyer-Ladewig, SGG, § 123 RdZf 3). Wenn aber zweimal die gleiche Leistung zu praktisch derselben Zeit abgelehnt worden ist und der Kläger sich anfangs sogar ausdrücklich gegen die eine und sodann auch gegen die andere Entscheidung wendet, ist grundsätzlich anzunehmen, daß er bis zuletzt beide Leistungen begehrt.
Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, die den 1977 gestellten Antrag betreffen, beurteilt sich nach § 11 Abs 3 BVG idF der Bekanntmachung vom 22. Juni 1976 (BGBl I 1633) iVm der Verordnung zu § 11 Abs 3 und § 13 BVG idF der Änderungsverordnung vom 23. August 1976 (BGBl I 2422). Nach § 2 Nr 3 DV hierzu können als Ersatzleistungen ua die Übernahme der Kosten für die Beschaffung und den Einbau von Zusatzgeräten sowie für sonstige Änderungen der Bedienungseinrichtung gewährt werden. Es kann dahinstehen, ob die Servolenkung zu den Bedienungseinrichtungen (so Rundschreiben des BMA vom 12. April 1978, BVBl 1978 S 30 Nr 8) oder zu den Zusatzgeräten (darunter hatte man nach der gesetzlichen Definition des ehemals geltenden § 5 Abs 3 Nr 3 DV idF vom 6. Juni 1961 - BGBl I 669 - fabrikmäßig hergestellte, zusätzlich in ein Motorfahrzeug einzubauende Geräte zur Bedienung von Motor, Getriebe und Bremsen verstanden; vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 27. Januar 1967 - 9 RV 476/74 - abgedruckt in SozEntsch BSG IX/3 § 13 Nr 7) zu rechnen ist. Eine solche Unterscheidung wäre lediglich für den Umfang der Kostenerstattung relevant (vgl § 5 Abs 3 Nr 2 DV). Vorliegendenfalls steht jedoch die Anspruchsgrundlage als solche in Streit. Insoweit ist ua Voraussetzung für die Kostenübernahme der in § 2 S 1 Nr 3 DV genannten Ersatzleistungen, daß sich das Fahrzeug im Besitz des Beschädigten befindet und die Änderung oder die bessere Ausstattung den Auflagen oder Beschränkungen entspricht, unter denen die Fahrerlaubnis erteilt worden ist. Das dem Kläger zur Verfügung gestellte firmeneigene Fahrzeug befindet sich in seinem Besitz (vgl Urteil des erkennenden Senats in BSG SozR 3614 § 5 Nr 1). Jedoch ist nach den unbestrittenen Feststellungen des SG, die für das Bundessozialgericht (BSG) verbindlich sind (§ 163 SGG), die Fahrerlaubnis nicht von dem Einbau einer Servolenkung abhängig gemacht. Das Ansinnen der Versorgungsverwaltung, eine entsprechende Auflage im Führerschein anbringen zu lassen, hatte der Kläger sogar abgelehnt.
Demgegenüber ist die Meinung des Klägers, bei der fraglichen Lenkung handele es sich um eine sonstige Änderung des Motorfahrzeugs iS des § 2 S 1 Nr 4 DV, nicht zu folgen. § 2 S 1 Nr 3 DV erfaßt, wie der Wortlaut dieser Gesetzesvorschrift unschwer erkennen läßt, diejenigen Ersatzleistungen, die mit der Bedienung von Lenkung, Motor, Getriebe und Bremsen im Zusammenhang stehen. Sonstige Änderungen eines Motorfahrzeuges iS des § 2 S 1 Nr 4 DV sind mithin solche, die die Ausstattung des Fahrzeuges betreffen, so etwa den Einbau eines Handabblendschalters (vgl SozEntsch BSG § 13 Nr 7), die Anbringung eines Sicherheits- oder besonderen Haltegurts oder die Sonderanfertigung des Fahrersitzes.
Die in § 2 DV genannten Ersatzleistungen können anstelle bestimmter Hilfsmittel gewährt werden. Demnach handelt es sich um sogenannte Kann-Leistungen, die in das Ermessen der Verwaltungsbehörde gestellt sind. Sie dienen zur Ergänzung der orthopädischen Versorgung (§ 11 Abs 3 BVG).
Diese Ermessensleistungen sind nach § 5 DV von zwingenden Voraussetzungen abhängig. Indem die Versorgungsbehörde diese verneint, ist es zu einer Ermessensausübung nicht genommen. Die Entscheidung darüber ist im vollen Umfang gerichtlich zu überprüfen (BSGE 5, 276, 279; 37, 60, 61; BSG SozR Nr 1 zu § 13 BVG).
Die Bestimmung des § 5 Abs 3 Nr 1 DV, daß die Leistungsgewährung von den im Führerschein eingetragenen Auflagen abhängig ist, ist durch die gesetzliche Ermächtigung gedeckt. Nach § 24a Buchst a) BVG darf die Bundesregierung durch eine Rechtsverordnung sowohl Art und Umfang als auch die besonderen Voraussetzungen der orthopädischen Versorgung und der näheren Bestimmung der Ersatzleistungen näher regeln. Im Zusammenhang mit § 11 Abs 3 BVG sind Inhalt, Zweck und Ausmaß dieser gesetzlichen Ermächtigung hinreichend deutlich bestimmt (Art 80 Abs 2 Satz 2 des Grundgesetzes -GG-). Die dem Verordnungsgeber zuerkannte Regelungsbefugnis ist an dem rechtlichen Maßstab der einschlägigen Gesetzesvorschriften zu messen (Urteil des erkennenden Senats in BSG SozR 3614 § 5 Nr 1). Die in § 2 DV vorgesehenen Ersatzleistungen können nach § 11 Abs 3 BVG unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 1, 2, 6 und 7 BVG übernommen werden. Demnach haben sich diese Ersatzleistungen an den in § 10 Abs 1 Satz 1 BVG festgelegten Zwecken der Heilbehandlung zu orientieren. Die Rechtsverordnung darf mithin den in der genannten Vorschrift ua enthaltenen Leitgedanken, die Folgen der Schädigung zu beseitigen oder etwa zu erleichtern oder eine Leistungszunahme zu verhüten, nicht unbeachtet lassen. Zu Unrecht schließt daraus der Kläger, er habe deswegen einen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung ohne die in der DV festgesetzten Voraussetzungen, die er - zumindest derzeit noch - nicht erfüllt.
Richtig ist, daß nach § 10 Abs 1 Satz 1 BVG den gesundheitlichen Bedürfnissen der Beschädigten Rechnung zu tragen ist. Dies kommt für die orthopädische Versorgung in § 13 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 BVG gesondert zum Ausdruck. Art und Umfang der orthopädischen Versorgung - wie der Heilbehandlung überhaupt -, auf die ein Rechtsanspruch besteht, decken sich mit den Leistungen, zu denen die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ihren Mitgliedern gegenüber verpflichtet sind (§ 11 Abs 1 Satz 3 BVG iVm § 182 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung -RVO-): Die Leistung muß ausreichend und zweckmäßig sein und darf das notwendige Maß nicht überschreiten. Dies gilt auch für die ergänzenden Ersatzleistungen, die in das Ermessen der Verwaltung gestellt sind (Urteil des erkennenden Senats in BSG SozR 3610 § 2 Nr 1). Abweichende Besonderheiten des Rechts der Kriegsopferversorgung (KOV) bestehen insoweit nicht (Urteil des erkennenden Senats vom 8. Oktober 1969 - 9 RV 676/76 -). Daraus ist erkennbar, daß der Umfang der Heilbehandlung nicht unbegrenzt ist. Mit diesem Grundgedanken ist es vereinbar, wie der Verordnungsgeber den Umfang und die Voraussetzung der hier umstrittenen Ersatzleistungen in § 5 DV festgelegt hat. In der Regelung des § 5 Abs 3 Nr 1 DV, die Ersatzleistungen von verkehrstechnischen Auflagen im Führerschein abhängig zu machen, liegt keine Korrektur der Entscheidung des Gesetzgebers, die unzulässig wäre (BVerfGE 16, 339). Zwar mag damit diese Vorschrift hinter derjenigen Normbegrenzung zurückbleiben, die durch das Gesetz abgesteckt ist. Dies vorzuschreiben, lag aber in der Kompetenz des Verordnungsgebers, soweit er damit die Absichten des Gesetzgebers nicht verfehlt. Für ein solches Verfehlen besteht kein Anhalt. Die Ersatzleistungen ermöglichen den Beschädigten, die wegen der Schädigungsfolgen eine eingeschränkte Fahrerlaubnis erhalten und die damit ohne besondere Einrichtung von der Teilnahme im Straßenverkehr ausgeschlossen wären, dieses Hindernis zu beseitigen. Die umstrittene Versorgungsleistung dient sonach, wie die Beigeladene zutreffend anmerkt, in besonderer Weise der in § 10 Abs 1 Satz 1 BVG enthaltenen Zielvorstellung, die Folgen der Schädigung zu erleichtern. Daß damit gleichzeitig auch den Erfordernissen der Verkehrssicherheit Rechnung getragen wird, ist ohne Belang. Die Gesetzesvorschrift ist somit weder willkürlich noch unterliegt sie sachfremden Erwägungen. Ebensowenig ist der Gleichheitsgrundsatz (Art 3 GG) verletzt, weil mit dem Leistungsmaßstab objektive Unterscheidungskriterien geschaffen sind, die eine Differenzierung rechtfertigen. Schließlich kann es nicht Sache der Rechtsauslegung sein, unmittelbar aus dem Gesetz eine den Wortlaut voll ausschöpfende Inhaltsdeutung, die das Begehren des Klägers rechtfertigt, abzuleiten und diese abweichend von der Verordnung für verbindlich zu erklären (BSG SozR Nr 1 zu § 2 DV zu § 13 BVG 1964). Andernfalls würde in das normgeberische Ermessen des Verordnungsgebers unzulässig eingegriffen.
Es kann nicht zweifelhaft sein, daß die orthopädische Versorgung und die zur Ergänzung dienenden Ersatzleistungen, die in der DV zu § 11 Abs 3 und § 13 BVG eine Regelung erfahren haben, vor allem auch der Erleichterung der Schädigungsfolgen dienen. Jedoch kann daraus nicht die Folgerung abgeleitet werden, jeder Behinderte müsse Hilfsmittel oder Ersatzleistungen in einem solchen Ausmaß erhalten, daß er einem Nichtbehinderten gleichgestellt ist (Urteil des erkennenden Senats - 9 RV 656/66 - SozEntsch BSG IC/3 § 13 Nr 5). Im Gegenteil erscheint es, wie die Beigeladene mit Recht ausführt, angängig, gewisse schädigungsbedingte Benachteiligten der Eigenverantwortung des Beschädigten zu überlassen. Davon geht offenbar auch der Gesetzgeber aus. Denn er hat bisher in die Rechtsetzung des Verordnungsgebers nicht eingegriffen, was zu erwarten gewesen wäre, wenn er dies für angebracht gehalten hätte. An Anlässen zu solchen Eingriffen hätte es nicht gefehlt, so etwa, als er mit dem 3. NOG vom 18. Dezember 1966 (BGBl I 750) die in § 13 Abs 5 BVG idF vor dem 1. Januar 1967 enthaltene Ermächtigung in § 24a Buchst a) BVG einfügte und die Vorschrift über die sogenannten Ersatzleistungen der orthopädischen Versorgung aus § 13 Abs 1 BVG aF nahm und in § 11 Abs 3 BVG einbrachte. Indes ließ er die hier einschlägigen Bestimmungen der Ausführungsverordnung unangetastet (vgl Begründung zu § 34a BVG: BT-Drucks V/1012 S 25; BT-Drucks V/1216 S 4). Daraus läßt sich schließen, daß der Gesetzgeber seine Vorstellungen durch die Verordnung verwirklicht sah, zumindest, daß er die dort getroffene Regelung billigte und duldete (BSG SozR 3610 § 5 Nr 2).
Wenn die in § 2 Satz 1 Nr 4 DV behandelten sonstigen Änderungen nach § 5 Abs 4 Nr 1 DV außer bei der Beschränkung der Fahrerlaubnis auch entsprechend der Begutachtung des Facharztes der orthopädischen Versorgungsstelle oder eines technischen Sachverständigen gewährt werden können, so ist es mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, die Änderungen der Bedienungseinrichtung (§ 2 Satz 1 Nr 3 DV) allein von einer Auflage im Führerschein abhängig zu machen. Diese Unterscheidung ist sachgemäß. Es ist sachlich vertretbar, die Änderungen der Bedienungseinrichtung, über deren Anwendung die zuständige Straßenverkehrsbehörde entscheidet, allein nach verkehrstechnischen Maßstäben (§ 2 StVG, §§ 4 und 12 Abs 2 StVZO) aus der orthopädischen Versorgung anteilig zu finanzieren. Falls im Einzelfall die Entscheidung dieser Behörde die versorgungsrechtlichen Gesichtspunkte des § 10 Abs 1 BVG nicht genügend berücksichtigt und sich daraus andererseits verkehrstechnische Folgerungen ergeben, kann der Beschädigte - notfalls auf dem Rechtsweg - eine Korrektur der Fahrerlaubnis anstreben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen