Leitsatz (amtlich)
Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei maschineller Rentenfeststellung unrichtige Rentenbescheide, deren Fehlerhaftigkeit durch eine falsche Eintragung in das Schlüsselblatt bewirkt worden ist, berichtigt oder zurückgenommen werden dürfen.
Normenkette
SGG § 138 Fassung: 1953-09-03, § 77 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 14. September 1962 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Herabsetzung ihrer Witwenrente und der Waisenrenten ihrer zwei Kinder. Sie und ihre zwei Kinder sind die Hinterbliebenen des am 24. März 1958 im Alter von 48 Jahren verstorbenen Kaufmanns W S Dieser war seit Juni 1957 erwerbsunfähig; er hatte bis dahin bei einer Versicherungsdauer von 316 Monaten - er trat im Februar 1931 in die Angestelltenversicherung ein - insgesamt 100 Pflichtbeitragsmonate zurückgelegt; die letzten 60 Monate vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit waren nicht mit mindestens 36 Pflichtbeiträgen belegt. Über seinen Rentenantrag wurde erst nach seinem Tod mit Bescheid vom 1. Juli 1958 entschieden; darin wurde die Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit ohne Anrechnung einer Zurechnungszeit festgestellt; sie wurde an die Klägerin zu 1) als Rechtsnachfolgerin gezahlt. Mit Bescheiden vom gleichen Tage gewährte die Beklagte den Klägern auch Witwenrente und Waisenrenten; bei der Festsetzung dieser Renten wurde - wie jetzt unter den Beteiligten unstreitig ist - zu Unrecht eine Zurechnungszeit von 86 Monaten berücksichtigt. Die Renten wurden maschinell berechnet auf Grund von Zahlenangaben, die handschriftlich in Schlüsselblätter eingetragen waren. Die Beklagte bemerkte diesen Fehler, als die Klägerin zu 1) auch bei der Festsetzung der Versichertenrente die Anrechnung der Zurechnungszeit begehrte. Unter Aufhebung der Bescheide über die Witwen- und Waisenrenten vom 1. Juli 1958 stellte die Beklagte daraufhin diese Renten durch die Bescheide vom 24. September 1958 rückwirkend neu fest, weil die "infolge eines Verschlüsselungsfehlers" angerechnete Zurechnungszeit den Klägern nicht zustehe. Der monatliche Zahlbetrag der Witwenrente wurde dabei von 152,60 DM auf 110,20 DM, der Zahlbetrag der beiden Waisenrenten von 126,60 DM auf 112,60 DM herabgesetzt. Von der Rückforderung der überzahlten Beträge sah die Beklagte ausdrücklich ab.
Das Sozialgericht (SG) Hannover hob die Bescheide der Beklagten vom 24. September 1958 auf (Urteil vom 24. Juni 1960). Die Berufung der Beklagten wies das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen am 14. September 1962 zurück: Die Bescheide der Beklagten vom 1. Juli 1958 über die Witwenrente und die Waisenrenten seien zwar fehlerhaft, weil bei der Feststellung der Renten Zurechnungszeiten angerechnet worden seien; die Beklagte könne sich jedoch von diesen Bescheiden nicht lösen, weil sie nach § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindend geworden seien. Eine Abänderung nach den Grundsätzen über die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten scheide hier aus, weil das Versehen, das zu den fehlerhaften Rentenfeststellungen geführt habe, keinem Schreib- oder Rechenfehler gleichzustellen sei. Der Fehler in der Rentenberechnung sei vielmehr dadurch entstanden, daß der Sachbearbeiter bei der Ausfüllung des Schlüsselblatts, das der maschinellen Berechnung der Hinterbliebenenrenten zugrunde lag, offenbar auf Grund unzutreffender Überlegungen für die Berechnung der Zurechnungszeit einen falschen Versicherungsfall (Erwerbsunfähigkeit des Versicherten anstatt seines Todes) eingesetzt habe. Auch eine Rücknahme der fehlerhaften Bescheide sei nicht möglich.
Das LSG ließ die Revision zu.
Gegen das am 11. Oktober 1962 zugestellte Urteil legte die Beklagte am 3. November 1962 Revision ein mit dem Antrag,
das Urteil des LSG vom 14. September 1962 und das Urteil des SG vom 24. Juni 1960 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie begründete die Revision - nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist - am 29. Dezember 1962: Das LSG habe zu Unrecht die Voraussetzungen für eine Berichtigung der Bescheide vom 1. Juli 1958 nach den Grundsätzen für die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten verneint. Die Fehlerhaftigkeit dieser Bescheide beruhe darauf, daß der Sachbearbeiter bei der gleichzeitigen Feststellung der Versichertenrente und der Hinterbliebenenrenten ebenso wie in dem Schlüsselblatt Nr. 17 a für die Berechnung der Versichertenrente auch in dem Schlüsselblatt Nr. 17 c für die Berechnung der Hinterbliebenenrenten im Feld 8 die Ziffern "06/57" (Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit des Versicherten) eingetragen habe. Das sei unrichtig gewesen; da bei der Versichertenrente eine Zurechnungszeit nicht zu berücksichtigen gewesen sei, hätten hier Monat und Jahr des Versicherungsfalls des Todes eingesetzt werden müssen. Die falsche Eintragung der Ziffern "06/57" bei der Berechnung der Hinterbliebenenrenten habe "automatisch" zur Anrechnung der Zurechnungszeit geführt; der Sachbearbeiter selbst habe darüber, ob eine Zurechnungszeit zu berücksichtigen sei, nicht zu entscheiden gehabt, diese Prüfung sei durch den Maschinenrechner erfolgt. Da eine besondere Verschlüsselung für den Fall der gleichzeitigen Berechnung von Versichertenrente und Hinterbliebenenrenten seinerzeit nicht vorgesehen gewesen sei, seien zwar die Hinterbliebenenrenten erst nach der Versichertenrente zu berechnen gewesen; daß der Sachbearbeiter hier nicht zunächst die Berechnung der Versichertenrente abgewartet habe, sei aber ebensowenig eine "Entscheidung" wie die Eintragung des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit statt des Versicherungsfalls des Todes in Feld 8 des Schlüsselblatts Nr. 17 c. Die Unrichtigkeit der Hinterbliebenenrentenbescheide sei auch "offenbar" gewesen. Schon aus dem gleichzeitig erlassenen Bescheid über die Versichertenrente, bei der keine Zurechnungszeit angerechnet worden sei, habe die Klägerin zu 1) erkennen müssen, daß ein Fehler vorliege. Darüber hinaus hat die Klägerin zu 1) auch aus den "Erläuterungen zum Rentenbescheid" ohne weiteres entnehmen können, daß die Voraussetzungen zur Anrechnung der Zurechnungszeit nicht gegeben seien.
Die Kläger beantragten,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung (§§ 165, 153 Abs. 1; 124 Abs. 2 SGG) einverstanden.
II
Die Revision ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG); sie ist jedoch nicht begründet.
Das LSG ist ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gelangt, daß die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 24. September 1958 rechtswidrig sind. Die Beklagte ist nicht befugt gewesen, durch diese Bescheide die Hinterbliebenenrenten der Kläger - unter Aufhebung der Bescheide vom 1. Juli 1958 - herabzusetzen. Die Bescheide vom 1. Juli 1958 sind zwar - darüber besteht kein Streit - fehlerhaft, weil die Witwenrente und die Waisenrenten der Kläger unter Anrechnung einer Zurechnungszeit von 86 Monaten zu hoch festgesetzt worden sind; diese fehlerhafte Rentenfeststellung hat die Beklagte jedoch nicht zum Nachteil der Kläger abändern dürfen; die Bescheide vom 1. Juli 1958 sind als begünstigende Verwaltungsakte nach § 77 SGG mit dem Zugang an die Berechtigten für die Beklagte bindend geworden; diese Bindungswirkung kann hier nicht beseitigt werden.
Die Beklagte meint, die Berechtigung zur Neufeststellung der Renten ergebe sich hier aus den Grundsätzen über die Berichtigung "offenbarer Unrichtigkeiten"; dies trifft jedoch nicht zu. Zwar ist der Rechtsgedanke, der den Vorschriften über die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten in Urteilen (vgl. § 319 der Zivilprozeßordnung, § 138 SGG, § 118 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 107 der Finanzgerichtsordnung) und den Vorschriften für die Berichtigung von bindend gewordenen Verwaltungsakten auf bestimmten Gebieten des Verwaltungsverfahrens (vgl. zB § 25 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung, § 92 Abs. 3 der Abgabenordnung) zugrunde liegt, auch für den Bereich des Verwaltungsverfahrens der Versicherungsträger maßgebend (vgl. BSG 15, 96 und Urteile des Bundessozialgerichts - BSG - vom 23. November 1962 und vom 9. September 1965, SozR Nr. 36 und Nr. 48 zu § 77 SGG); die Voraussetzungen einer Berichtigung sind jedoch, wie das LSG zutreffend erkannt hat, hier nicht erfüllt.
Wie auch die Beklagte nicht verkennt, kommt eine solche Berichtigung nur in Betracht, wenn die fehlerhafte Rentenfeststellung weder auf einer unrichtigen Tatsachenwertung noch auf einem Rechtsirrtum beruht, denn nach den Grundsätzen über die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten sind nur Fehler im Ausdruck des Willens, nicht aber in der Bildung des Willens der Berichtigung zugänglich; sachlich fehlerhafte Entscheidungen, mögen sie auch durch ein leicht erkennbares Versehen bei der Anwendung von Rechtsvorschriften oder durch die Nichtanwendung von Rechtsvorschriften zustande gekommen sein, können nach diesen Grundsätzen nicht "korrigiert" werden (vgl. BSG aaO und Urteil des erkennenden Senats vom 17. Mai 1962 - 11 RV 116/60 -, teilweise abgedruckt in "Die Kriegsopferversorgung" - KOV - 1963, 38 mit weiteren Hinweisen). Schon die Möglichkeit, daß der fehlerhafte Bescheid auf einem Rechtsirrtum beruht, schließt die Berichtigung nach diesen Grundsätzen aus (vgl. BFH, Urteil vom 17. März 1961, BStBl 1961 III, 229 = BFH E 72, 625 ff). Im vorliegenden Fall steht fest, daß die fehlerhafte Anrechnung der Zurechnungszeit in den Hinterbliebenenrentenbescheiden vom 1. Juli 1958 durch eine falsche Eintragung in Feld 8 des Schlüsselblatts 17 c bewirkt worden ist; der Fehler hat darin bestanden, daß in dieses Feld der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit ("06/57") statt der des Todes ("03/58") eingetragen worden ist. Diese falsche Zahleneintragung ist jedoch, entgegen der Ansicht der Beklagten, kein mechanischer "Verschlüsselungsfehler" gewesen; die Eintragung ist nicht deshalb unrichtig gewesen, weil sich der Sachbearbeiter verschrieben oder bei der Übertragung aus einer anderen Rubrik dieses oder eines anderen Aktenblatts versehen hat; es kommen zwar, wie auch das LSG angenommen hat, verschiedene Gründe für diese falsche Eintragung in Betracht; zu Recht ist aber das LSG der Auffassung gewesen, der Fehler sei in jedem Fall offenbar auf Grund unzutreffender Überlegungen, also bei der Bildung des Willens entstanden.
Bei der hier durchgeführten maschinellen Feststellung der Renten hat allerdings der Sachbearbeiter die Frage, ob eine Zurechnungszeit zu berücksichtigen sei, an sich nicht selbst zu prüfen gehabt, sie sollte durch den Maschinenrechner beantwortet werden. Der Maschinenrechner ist so programmiert gewesen, daß er die Voraussetzungen des § 37 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) - hier in der Fassung vor dem Rentenversicherungs-Änderungsgesetz (RVÄndG) vom 9. Juni 1965 -, ob nämlich entweder von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt des Versicherungsfalles mindestens 36 Kalendermonate oder aber die Zeit vom Eintritt in die Versicherung bis zum Eintritt des Versicherungsfalles mindestens zur Hälfte mit Beiträgen für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind (sog. Halbdeckung), automatisch geprüft hat; der Sachbearbeiter hat nur die auch für diese Prüfung bedeutsamen Eingabewerte feststellen und in das Schlüsselblatt eintragen müssen (Geburtsdatum des Versicherten, Eintritt in die Versicherung und Eintritt des Versicherungsfalls, Angabe der Pflichtbeiträge überhaupt und in den letzten 60 Monaten usw., vgl. die Felder des Schlüsselblatts 17 c). Der Maschinenrechner hat die Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer Zurechnungszeit jedoch nur für den Fall "automatisch" geprüft, daß die Hinterbliebenenrenten ohne vorausgegangene Versichertenrente ("Erstfestsetzung") zu berechnen waren; hatte dagegen der Versicherte selbst schon eine Rente bezogen, war also die Frage der Anrechnung einer Zurechnungszeit bereits bei der Festsetzung der Versichertenrente geklärt, dann fand eine nochmalige automatische Prüfung nicht statt. In den Erläuterungen zu Feld 8 des Schlüsselblatts 17 c heißt es:
"Zurechnungszeiten rechnen ab Monat - Jahr:
a) ab vorliegenden Versicherungsfall bei Erstfestsetzung - oder
b) ab früheren Versicherungsfall, wenn dem verstorbenen Rentner die Zurechnungszeit gewährt wurde."
Danach sind als Eingabewerte hier für Feld 8 entweder die Datenziffern "03/58" (Eintritt des - vorliegenden - Versicherungsfalls des Todes) oder "06/57" (Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit des Versicherten, - aber nur, "wenn diesem die Zurechnungszeit gewährt wurde" -) in Betracht gekommen. Wäre, wie im Normalfall, vor Eintritt des Versicherungsfalles des Todes bereits die Versichertenrente festgestellt gewesen, so hätte aus dieser Festsetzung ohne weitere rechtliche Erwägungen abgelesen werden können, ob eine Zurechnungszeit gewährt und welche der beiden Datenziffern damit für die Berechnung der Hinterbliebenenrenten einzusetzen ist. Abweichend von diesem Normalfall, für den offensichtlich auch das Schlüsselblatt 17 c nur eingerichtet gewesen ist, ist aber hier im Zeitpunkt der Ausfüllung des Schlüsselblatts 17 c die Versichertenrente noch nicht festgestellt und damit die Berücksichtigung einer Zurechnungszeit bei der Versichertenrente noch offen gewesen. Das Feld 8 hat daher richtig nur dann ausgefüllt werden können, wenn der Sachbearbeiter die Frage der Gewährung einer Zurechnungszeit bei Festsetzung der Versichertenrente selbständig geprüft oder die Eintragung bis zur Festsetzung der Versichertenrente zurückgestellt hat. Da der Sachbearbeiter hier die Eintragung in Feld 8 vorgenommen hat, ohne die Festsetzung der Versichertenrente abzuwarten, ist nicht auszuschließen, daß er diese Prüfung auch angestellt hat und zu der - rechtsirrigen - Ansicht gelangt ist, die Voraussetzungen nach den Erläuterungen unter Feld 8 b des Schlüsselblatts für die Anrechnung einer Zurechnungszeit seien erfüllt.
Aber auch dann, wenn der Sachbearbeiter in Feld 8 des Schlüsselblatts 17 c den Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit (06/57) eingetragen hat, weil er - wie das LSG auf Grund des Vortrags der Beklagten erwogen hat- "glaubte, dadurch für den Maschinenrechner die Berücksichtigung der Zurechnungszeit offen halten zu müssen", ergibt sich nichts anderes. Auch dann hat es sich bei dieser Eintragung, die nach dem eindeutigen Wortlaut der Erläuterungen zu Feld 8 nur in Betracht gekommen ist, "wenn dem verstorbenen Rentner die Zurechnungszeit gewährt wurde", nicht nur um einen Irrtum "über die richtige Bedienung der die endgültige Berechnung durchführenden Maschine" gehandelt, wie dies etwa - nach dem von der Beklagten herangezogenen Beispiel - bei dem versehentlichen Gebrauch der falschen Taste einer Rechenmaschine statt der "gewollten" richtigen Taste der Fall wäre, sondern um einen fehlerhaften Denkvorgang, der vor dem Einsatz des Maschinenrechners hat angestellt werden müssen. Dieser fehlerhafte Denkvorgang ist ein Teil der für das Zustandekommen der Bescheide erheblichen Willensbildung gewesen, es hat sich nicht nur um ein Versehen im Ausdruck des wirklich Gewollten gehandelt. Das durch die Eintragung des Versicherungsfalls der Erwerbsunfähigkeit (06/57) bewirkte fehlerhafte Ergebnis der Hinterbliebenenrentenbescheide vom 1. Juli 1958 beruht somit nicht auf einem Schreib- oder Rechenfehler oder einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit. Eine Berichtigung der Bescheide vom 1. Juli 1958 ist deshalb nicht möglich gewesen.
Die Beklagte hat die Bescheide vom 1. Juli 1958, die von Anfang an fehlerhafte begünstigende Verwaltungsakte gewesen sind, auch nicht zurücknehmen dürfen. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. insbesondere BSG 18, 84, 88/91 und Urteil vom 16.12.1964, 12 RJ 546/61, SozR Nr. 1 zu § 3 des 1. RAG vom 21.12.1958 je mit weiteren Hinweisen) ist die Rücknahme fehlerhafter Bescheide für die Unfallversicherung und die Rentenversicherungen durch das 3. und 6. Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) im wesentlichen (über besonders gelagerte Fälle vgl. BSG 17, 295, 298 und BSG 20, 293) erschöpfend und abschließend geregelt und deshalb für die ergänzende Heranziehung der ungeschriebenen Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Rücknahme fehlerhafter Bescheide zur Zeit kein Raum, mag auch die Rechtslage, die sich so ergibt, jedenfalls rechtspolitisch gesehen, nicht befriedigend sein, vgl. dazu auch die Verhandlungen des 45. Deutschen Juristentages, Karlsruhe 1964, Bd. II - - Sitzungsberichte - H 6 ff, H 10 - 12, 24 (Thieme), H 61 (Langkeit), H 67 (Wickenhagen), H 91 (Rohwer/Kahlmann), H 122, K 22 (Bogs), in denen die sozialrechtliche Arbeitsgemeinschaft u. a. mit Nachdruck auch auf die Notwendigkeit einer Vereinheitlichung der Vorschriften über die Rücknahme fehlerhafter begünstigender Bescheide jedenfalls für den Bereich des Sozialrechts (zB des Rechts der Renten-, Unfall-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, der Kriegsopferversorgung, des Lastenausgleichs, der Sozialhilfe und der Wiedergutmachung) hingewiesen hat, und Küster, Probleme der Leistungsverwaltung, 1965, 2-16, der die Notwendigkeit eines Systems der öffentlichen Leistungen besonders betont, sowie Haueisen, in "Deutsche Rentenversicherung", 1962, 81 ff, DVBl 1964, 710, 714-716, und Groschupf, DÖV 1964, 189, 194, unter III 2 b); unbefriedigend ist insbesondere, daß derjenige, der im Kriege zu Hause gewesen ist, (vielleicht auf Grund einer UK-Stellung), gearbeitet und deshalb auch Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet hat, nahezu uneingeschränkt auf den Bestand seines Rentenbescheids vertrauen darf, während sowohl derjenige, der im Kriege gewesen, verwundet worden ist und seine Gesundheit verloren hat, als auch derjenige, der am Ende des Krieges seine Heimat und seine ganze Habe verloren hat, in dem Vertrauen auf den Bestand der Rentenbescheide des Versorgungsamts und des Ausgleichsamts nur begrenzt geschützt wird.
Das LSG hat daher zu Recht die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG, durch das die Bescheide der Beklagten vom 24. September 1958 aufgehoben worden sind, zurückgewiesen.
Die Revision der Beklagten ist unbegründet und zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen