Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweisantrag. bestimmter Arzt. Hilfsantrag
Orientierungssatz
Ein Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG kann auch hilfsweise für den Fall gestellt werden, daß dem Klageantrag nicht oder nicht in vollem Umfange entsprochen wird (vgl 1958-04-02 4 RJ 23/58 = SozR Nr 17 zu § 109 SGG). Zwar sind bedingte Prozeßhandlungen im allgemeinen unzulässig; wird aber ein Antrag von innerprozessualen Vorgängen abhängig gemacht, dann kann eine bedingte Prozeßhandlung als zulässig erachtet werden, weil hierdurch keine Unsicherheit in das Verfahren getragen wird.
Normenkette
SGG § 109
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 09.02.1967) |
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 23.05.1962) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Februar 1967 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Gründe
Der im Jahre 1896 geborene Kläger war im September 1914 als Berufssoldat in die deutsche Wehrmacht eingetreten. Mit Wirkung vom 25. April 1923 wurde er aus der Reichsmarine entlassen; sein letzter Dienstrang war Oberleutnant zur See. Der Kläger studierte sodann Rechtswissenschaften und ist seit 1932 mit Unterbrechungen als Rechtsanwalt tätig. Im zweiten Weltkrieg leistete er Kriegsdienst vom 30. Mai 1940 bis 9. Mai 1945 und befand sich bis 13. Juni 1945 in amerikanischer Gefangenschaft. Der Kläger war als Marineartillerist einberufen worden und bis zum Kapitänleutnant aufgestiegen.
Am 27. September 1952 stellte der Kläger einen Antrag auf Versorgung wegen Verwundung am linken Unterarm mit Medianusnerv-Schädigung. Mit Schriftsatz vom 11. Juni 1954 erweiterte er seinen Antrag auf Anerkennung von Lungentuberkulose, Herzleiden, Nervenleiden und Lähmung von Knie- und Fußgelenken.
Das Versorgungsamt (VersorgA) veranlaßte Begutachtungen durch den Facharzt für innere Krankheiten Dr. S und den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. Gestützt auf diese Gutachten erkannte das VersorgA D mit Bescheid vom 6. Mai 1955 "Geringgradige Gebrauchsbehinderung der linken Hand infolge Teilschädigung des Mittelnerven" als Versorgungsleiden an bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) unter 25 %. Die Anerkennung von Herzmuskelschädigung, Erkrankung der Knochen und Gelenke, Nervenleiden und Tbc wurde abgelehnt. Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes - LVersorgA - Nordrhein vom 23. Juni 1955).
Der Kläger erhob Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf. Das SG hat die Marinepersonalakte des Klägers beigezogen und ein Gutachten des Facharztes für innere Krankheiten Dr. M-B vom 19. November 1959 eingeholt. Das SG ordnete eine weitere Begutachtung durch den Direktor der II. Medizinischen Klinik der Medizinischen Akademie in D, Prof. Dr. O oder Vertreter, an. Die Akten wurden unerledigt zurückgesandt, da der Kläger den angesetzten Termin zur stationären Untersuchung mehrfach abgesagt hatte. Eine weitere Begutachtung durch Prof. Dr. S, Medizinische- und Nervenklinik der Städtischen Krankenanstalten W, konnte nicht beendet werden, da der Kläger die Klinik vor Abschluß der Untersuchungen verlassen hatte.
In der mündlichen Verhandlung vor dem SG beantragte der Kläger, ein Gutachten gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von Prof. Dr. G-B, I. Medizinische Klinik der Medizinischen Akademie D, über die Zusammenhangsfrage einzuholen.
Das SG hat die Klage durch Urteil vom 23. Mai 1962 abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, dem Gutachten von Dr. M-B könne nicht gefolgt werden, da dieser nur die Möglichkeit einer wehrdienstbedingten Verschlimmerung bejaht habe. Der Antrag auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG von Prof. Dr. G-B sei verspätet gestellt; die Erledigung des Rechtsstreits würde dadurch weiter verzögert werden.
Im Berufungsverfahren teilte der Kläger mit Brieftelegramm vom 20. Oktober 1963 dem Landessozialgericht (LSG) mit, daß "sämtliche Beweisanträge ... und anschließend Einholung Gutachten § 109 SGG aufrecht erhalten bleiben ...". Den Inhalt des Brieftelegramms wiederholte er wörtlich in seinem Schriftsatz vom 30. Oktober 1963. Das LSG hat einen Befundbericht von Dr. H beigezogen und gemäß § 106 SGG die Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. G-B "oder Vertreter im Amt", I. Medizinische Klinik Düsseldorf, angeordnet. Das Gutachten ist am 10. August 1966 - mit dem Briefkopf von Prof. Dr. G-B - von Privatdozent Dr. K, Oberarzt der Klinik, und Privatdozent Dr. S erstattet worden. Darin heißt es ua, die Myodegeneratio cordis könne nicht mit Wahrscheinlichkeit auf Einflüsse des Wehrdienstes im Sinne der Entstehung oder der Verschlimmerung zurückgeführt werden. Heute könne nicht mehr entschieden werden, ob der Zustand nach Tbc mit Einflüssen des Wehrdienstes in Zusammenhang stehe; gegebenenfalls liege die hierdurch bedingte MdE unter 10 %. Unabhängig davon sei die schädigungsbedingte Gesamt-MdE mit 10 % einzuschätzen. In einem Zusatzgutachten der Orthopädischen Universitäts- und Poliklinik Düsseldorf bewerteten die Oberärzte Dr. H und Dr. B die Medianusteilparese mit 10 % MdE; weitere Schädigungsfolgen auf ihrem Fachgebiet lägen nicht vor. Eine neurologische Untersuchung und Begutachtung wurde von dem Kläger abgelehnt.
Das LSG beraumte Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 9. Februar 1967 an. Die Ladung zu diesem Termin wurde dem Kläger am 24. Januar 1967 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 4. Februar 1967 beantragte der Kläger die Aufhebung des Termins. Er fügte ein ärztliches Attest von Dr. F vom 12. Januar 1967 bei. Danach war "nach einer ambulant durchgemachten Grippe eine erhebliche Verschlechterung seines Herzleidens eingetreten". Der Kläger machte in diesem Schriftsatz weiter geltend, der schon in erster Instanz gestellte und in zweiter Instanz gleichfalls unter Berufung auf § 109 SGG gestellte Antrag, zur Frage auch der Kausalität Herrn Prof. Dr. G-B zu hören, habe die Erstattung des Gutachtens durch diesen Arzt persönlich erstrebt. Diesem Antrag sei bisher nicht entsprochen worden. Das Gutachten der I. Medizinischen Klinik der Universität D trage zwar den Namen von Prof. Dr. G-B, vermöge aber nicht an die Stelle eines von ihm persönlich gemäß § 109 SGG erstatteten Gutachtens zu treten. Sollten dem Vertagungsantrag Bedenken entgegenstehen, so beantrage er hilfsweise ... "3) alsdann die erbetene Anhörung von Prof. Dr. G-B durchführen zu wollen".
Das LSG hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 9. Februar 1967 (Entscheidung nach Lage der Akten) zurückgewiesen. In den Gründen wird ausgeführt, dem Vertagungsantrag habe der Senat nicht zu entsprechen brauchen. Das von dem Kläger vorgelegte Attest sei bereits am 12. Januar 1967, also vier Wochen vor dem Termin, ausgestellt und spreche nur von einer ambulant behandelten Grippe. Im zweiten Rechtszuge habe der Kläger zu keinem Zeitpunkt einen Antrag nach § 109 SGG unter Benennung von Prof. Dr. G-B als Arzt seines Vertrauens gestellt. Die vom Kläger benannten Arzte Dr. H und Dr. H brauchten nicht als sachverständige Zeugen gehört zu werden, da ausreichende Befunderhebungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit in den Akten vorlägen und die Angaben des Klägers über seine dienstlichen Belastungen im Kriege als wahr unterstellt werden könnten. Die früher bestehende Tbc sei ausgeheilt; jedenfalls lasse sich nicht feststellen, daß sie durch den Wehrdienst bis 1923 verursacht worden sei. Anhaltspunkte für Lähmungserscheinungen an den Knie- und Fußgelenken hätten sich nicht feststellen lassen. Nach der überwiegend vertretenen medizinischen Auffassung stehe die Herzmuskelschädigung, die auf einer Sklerose der Herzkranzgefäße beruhe, weder im Sinne der Entstehung noch der Verschlimmerung mit Kriegseinflüssen in ursächlichem Zusammenhang. Das anerkannte Versorgungsleiden bedinge keinen rentenberechtigenden Grad der MdE, auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines besonderen beruflichen Betroffenseins des Klägers. Seinen Anspruch auf Anerkennung eines nervösen Erschöpfungszustandes mit Schwächezuständen und Aussetzen des Denkvermögens habe der Kläger ausdrücklich fallengelassen und die angeordnete fachärztliche Untersuchung abgelehnt.
Dieses Urteil wurde dem Kläger am 15. März 1967 zugestellt, der dagegen mit Schriftsatz vom 15. April 1967, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 17. April 1967, Revision einlegte. Nach Verlängerung der Begründungsfrist ging die Revisionsbegründung in zwei Schriftsätzen am 17. Mai und 15. Juni 1967 beim BSG ein. Der Kläger rügt in seinen Schriftsätzen, auf die Bezug genommen wird, eine Verletzung der §§ 103, 109, 112, 123, 126, 128 SGG und der §§ 1, 30 Abs. 2 Buchst. b des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Er trägt ua vor, seinem Vertagungsantrag sei zu Unrecht nicht stattgegeben worden; aus gesundheitlichen Gründen sei ihm das Erscheinen zum Termin vom 9. Februar 1967 unmöglich gewesen. Die Feststellungen des LSG über sein Ausscheiden aus der Reichsmarine 1923 und die kriegsgerichtlichen Verfahren 1943/44 und 1945 seien unzutreffend. Die durch Urteil des Marine-Kriegsgerichts vom 28. Februar 1944 zunächst ausgesprochene Bestrafung - sechs Monate Gefängnis und Rangverlust unter Zubilligung von § 51 Abs. 2 StGB - müsse als offensichtliches Unrecht im Sinne des § 1 Abs. 2 BVG gewertet werden, da er durch das zweite Urteil vom 28. Juni 1944 freigesprochen worden sei. Das Berufungsgericht hätte in der Beweisanordnung vom 10. August 1965 diejenigen dienstlichen Verrichtungen bezeichnen müssen, die als Ursache der gesundheitlichen Schädigung in Betracht kommen könnten, und die Klärung dieser Frage nicht dem ärztlichen Gutachter überlassen dürfen. Die versorgungsärztlichen Gutachter Dr. S und Dr. S hätten zur Ergänzung ihrer Gutachten veranlaßt werden müssen. Die Briefbücher der Marinestation der Ostsee hätten daraufhin nachgeprüft werden müssen, unter welcher Briefnummer das Schreiben verzeichnet sei, durch welches eine Dienstbeschädigung bei ihm anerkannt worden sei. Die Akten über die Anerkennung der Dienstbeschädigung hätten ermittelt und beigezogen werden müssen. Die Herzmuskelschädigung sei ursächlich auf seine vielfachen und unzumutbaren Belastungen während des Krieges zurückzuführen. Bei der Einschätzung der MdE habe unter Anwendung von § 30 Abs. 2 BVG berücksichtigt werden müssen, daß er als Rechtsanwalt gezwungen sei, seine Schriftsätze selbst auf der Schreibmaschine zu schreiben. Die Feststellung des LSG, er habe im zweiten Rechtszuge keinen Antrag nach § 109 SGG gestellt, sei unzutreffend. Den Antrag auf Anhörung eines von ihm bestimmten Arztes habe er im zweiten Rechtszuge sowohl in seinem Telegramm vom 20. Oktober 1963 als auch in seinen Schriftsätzen vom 30. Oktober 1963 und 4. Februar 1967 unter Benennung von Prof. Dr. G-B gestellt. Dieser Gutachter werde schwerlich die Ansicht teilen, die seine Vertreter im Amt in ihrem Gutachten vom 10. August 1966 geäußert hätten. Selbst ohne Anerkennung des Herzmuskelschadens müsse die MdE aufgrund der Verletzung der linken Hand mit mehr als 50 % bewertet werden.
Der Kläger beantragt nach seinen in der mündlichen Verhandlung berichtigten Revisionsantrag,
1) das Berufungsverfahren aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen,
hilfsweise,
2) gegen eine etwaige Versäumung der Revisionsfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
3) unter Abänderung des Urteils zweiter Instanz das beklagte Land zu verurteilen, mit Wirkung vom 1. September 1952 an ihn die der MdE um 60 % entsprechenden Rentenbezüge auf Grund des BVG zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers gegen das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9. Februar 1967 als unzulässig zu verwerfen.
Der Beklagte ist in seinem Schriftsatz vom 27. Juli 1967 dem Vorbringen des Klägers entgegengetreten.
Der Kläger hat die Revision form- und fristgerecht eingelegt - der 15. und 16. April 1967 fielen auf Sonnabend und Sonntag (s. § 64 Abs. 3 SGG nF) - und innerhalb der bis zum 15. Juni 1967 verlängerten Revisionsbegründungsfrist rechtzeitig begründet. Einer Entscheidung über den hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag bedurfte es daher nicht. Da das LSG die Revision nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG zugelassen hat, ist die Revision nur statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel im Verfahren des LSG im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG gerügt wird und vorliegt (BSG 1, 150), oder wenn bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung oder des Todes mit einer Schädigung im Sinne des BVG das Gesetz verletzt ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG). Der Kläger rügt in seiner Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, in mehrfacher Hinsicht einen Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 103, 109, 112, 123, 126, 128 SGG und eine Gesetzesverletzung bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs, Werden mehrere Verfahrensmängel gerügt, so genügt es, wenn einer dieser Verfahrensmängel vorliegt und die Revision trägt. In einem solchen Falle kommt es für die Statthaftigkeit der Revision nicht mehr darauf an, ob auch die übrigen Rügen durchgreifen (ständige Rechtsprechung; s. dazu BSG in SozR SGG § 162 Nr. 122).
Der Kläger rügt zutreffend eine Verletzung des § 109 SGG. Nach dieser Vorschrift muß auf Antrag des Versorgungsberechtigten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Das LSG ist davon ausgegangen, daß der Kläger im zweiten Rechtszug "zu keinem Zeitpunkt einen Antrag nach § 109 SGG unter Benennung von Prof. Dr. G-B als Arzt seines Vertrauens gestellt hat". Diese Feststellung des LSG wird von dem Kläger zu Recht unter Hinweis auf sein Brieftelegramm und seine Schriftsätze vom 30. Oktober 1963 und 4. Februar 1967 an das LSG angegriffen. Der Kläger hatte erstmalig in der mündlichen Verhandlung vor dem SG den Antrag auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG gestellt und dabei Prof. Dr. G-B, I. Medizinische Klinik der Universität Düsseldorf, namentlich benannt. Dieser Antrag war von dem SG in den Entscheidungsgründen seines Urteils unter Hinweis auf § 109 Abs. 2 SGG als verspätet abgelehnt worden. Der Kläger hatte darauf im Berufungsverfahren in einem Brieftelegramm vom 20. Oktober 1963 dem LSG mitgeteilt, daß "sämtliche Beweisanträge, insbesondere ... und anschließend Einholung Gutachten § 109 SGG aufrechterhalten bleiben ...". Den Inhalt dieses Brieftelegramms hatte der Kläger in seinem Schriftsatz vom 30. Oktober 1963 wörtlich wiederholt. In diesem Brieftelegramm und dem nachfolgenden Schriftsatz ist zwar Prof. Dr. G-B nicht ausdrücklich benannt. Im Zusammenhang mit dem vor dem SG gestellten Antrag konnte das Brieftelegramm eigentlich nur dahin verstanden werden, daß der Kläger seinen Antrag auf Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. G-B für die zweite Instanz wiederholen wollte. Diese Frage bedurfte jedoch keiner abschließenden Beurteilung, da der Kläger jedenfalls in seinem Schriftsatz vom 4. Februar 1967 beantragt hat, "alsdann die erbetene Anhörung von Prof. Dr. G-B durchführen zu wollen". Dieser Schriftsatz hat dem LSG bei seiner Entscheidung vorgelegen, wie die Entscheidungsgründe mit der Ablehnung des in dem gleichen Schriftsatz gestellten Vertagungsantrages erkennen lassen. Der Kläger hat zwar in diesem formulierten Antrag nicht ausdrücklich auf § 109 SGG hingewiesen; das ist jedoch auf Seite 2 des Schriftsatzes geschehen, wenn der Kläger dort vorträgt, daß das Gericht seinem Antrag auf Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. G-B gemäß § 109 SGG bisher nicht nachgekommen sei. Im übrigen braucht nach der Rechtsprechung des BSG ein Antrag auf gutachtliche Äußerung eines bestimmten Arztes nicht ausdrücklich als "Antrag nach § 109 SGG" bezeichnet zu werden (vgl. BSG in SozR SGG § 109 SGG Nr. 26).
Allerdings hat der Kläger seinen Antrag nur "hilfsweise" gestellt; das BSG hat jedoch bereits entschieden, daß der Antrag auf Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 SGG auch hilfsweise für den Fall gestellt werden kann, daß dem Klageantrag nicht oder nicht in vollem Umfange entsprochen wird (vgl. BSG in SozR SGG § 109 Nr. 17 und 35). Zwar sind bedingte Prozeßhandlungen im allgemeinen unzulässig; wird aber ein Antrag, wie hier, von innerprozessualen Vorgängen abhängig gemacht, dann kann eine bedingte Prozeßhandlung als zulässig erachtet werden, weil hierdurch keine Unsicherheit in das Verfahren getragen wird (vgl. Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl., § 61 Anm IV 2). Obwohl das SGG in der Regel mündliche Verhandlung vorschreibt (§ 124 SGG), kann ein Antrag nach § 109 SGG auch schriftsätzlich gestellt werden, da nur auf diese Weise gewährleistet wird, daß das Gutachten bereits vor der mündlichen Verhandlung beigezogen werden kann, wie es § 106 Abs. 3 Nr. 4 SGG zur Straffung des Verfahrens vorschreibt. Der Kläger weist auch zutreffend darauf hin, daß seinem Antrag, ein Gutachten gemäß § 109 SGG von Prof. Dr. G-B einzuholen, nicht durch das von Amts wegen eingeholte Gutachten der I. Medizinischen Klinik der Universität D, das von den Privatdozenten Dr. K (Oberarzt der Klinik) und Dr. S erstattet worden ist, entsprochen worden war. Hierbei kann dahinstehen, wie ein Gutachten zu beurteilen ist, das zwar von einem Krankenhausarzt abgesetzt, aber von dem Chefarzt mit seiner Unterschrift persönlich gebilligt worden ist (vgl. BSG in SozR SGG § 109 Nr. 7 und Nr. 20). Im vorliegenden Falle ist der von dem Kläger benannte Gutachter, soweit erkennbar, bei der Erstattung des Gutachtens überhaupt nicht tätig geworden und hat das Gutachten auch nicht durch seine Unterschrift gebilligt.
Das BSG brauchte nicht darüber zu entscheiden, ob das LSG dem Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG stattgeben mußte oder ob es diesen Antrag ablehnen konnte. Jedenfalls durfte das LSG diesen Antrag nicht einfach übergehen (vgl. BSG in SozR SGG § 109 Nr. 1, 26 und 35) oder unter Außerachtlassung bzw. Verkennung des Akteninhalts davon ausgehen, daß der Kläger einen derartigen Antrag im zweiten Rechtszug überhaupt nicht gestellt hat. § 109 SGG stellt eine zwingende Verfahrensvorschrift dar, die aus rechtsstaatlichen Gründen ergangen ist. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift bedeutet einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 162 SGG (vgl. BSG in SozR SGG § 109 Nr. 1 und 26); die Revision ist daher statthaft. Sie ist auch begründet, denn es ist nicht auszuschließen, daß das LSG ohne den aufgezeigten Verfahrensmangel dem Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens von dem Arzt seines Vertrauens stattgegeben hätte und alsdann hinsichtlich der Gesamtbeurteilung zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis gekommen wäre. Das angefochtene Urteil war somit aufzuheben und der Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG), um dem LSG Gelegenheit zu geben, über den Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG zu entscheiden und evtl. das beantragte Gutachten einzuholen. Bei dieser Rechtslage brauchte nicht mehr geprüft zu werden, ob auch die anderen von dem Kläger gerügten Verfahrensmängel vorliegen.
Die Kostenentscheidung mußte dem abschließenden Urteil vorbehalten bleiben.
Fundstellen