Entscheidungsstichwort (Thema)

allgemeinen Anwendung des Eingliederungsprinzips des FRG auf "sozialversicherungsrechtlich erhebliche Sachverhalte mit Auslandsberührung"

 

Leitsatz (amtlich)

Für die in AVG § 42 (= RVO § 1265) vorausgesetzte Unterhaltspflicht des Versicherten ist auch dann, wenn die frühere Ehefrau zu den Berechtigten nach FRG § 1 gehört, allein das von Eingliederungsgedanken unberührt gebliebene zivile Unterhaltsrecht maßgebend.

 

Orientierungssatz

Hinterbliebenenrente - Ehescheidung - eigenständige Berechtigung Hinterbliebener nach dem FRG - Gleichstellung hinterbliebener Vertriebener nach dem FRG - sonstiger Unterhaltsgrund - ausländischer Unterhaltstitel - internationales Privatrecht - Scheidungsstatut - internationales Scheidungsfolgenrecht

 

Normenkette

FRG § 1 Buchst a Fassung: 1960-02-25, § 14 Fassung: 1960-02-25, § 15 Fassung: 1960-02-25; AVG § 42 S 1 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1265 S 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 42 S 2 Fassung: 1972-10-16; RVO § 1265 S 2 Fassung: 1972-10-16; BGBEG Art 17 Fassung: 1896-08-18

 

Verfahrensgang

LSG Hamburg (Entscheidung vom 01.02.1978; Aktenzeichen III ANBf 35/76)

SG Hamburg (Entscheidung vom 24.03.1976; Aktenzeichen 10 An 1096/74)

 

Tatbestand

I

Die Ehe der 1909 geborenen Klägerin mit dem 1906 geborenen O L (O.L.) ist 1947 in P aus dem Verschulden von O.L. geschieden worden. Zu jener Zeit hatten beide die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit; sie sind jüdischer Abstammung und Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. 1948 ist O.L. nach Ecuador ausgewandert; bis dahin hatte er in der T (C) eine Beitragszeit von mehr als 60 Kalendermonaten zurückgelegt. Im Oktober 1966 ist er in Q/E als ecuadorianischer Staatsangehöriger verstorben; er war in zweiter Ehe mit der noch in E lebenden Beigeladenen verheiratet gewesen. Die Klägerin, die ebenfalls (aber später als O.L.) nach E ausgewandert war, lebt seit 1961 in der B D sie hat die deutsche Staatsangehörigkeit und ist als Vertriebene anerkannt. Nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) haben die Klägerin und O.L. anläßlich der Ehescheidung einen außergerichtlichen Unterhaltsvergleich geschlossen, aufgrund dessen O.L. der Klägerin lebenslang eine Unterhaltsrente von monatlich 3.000,-- tschechische Kronen zahlen und ein Wohnrecht gewähren sollte. Bis Mai 1949 hat die Klägerin hieraus Unterhaltsleistungen erhalten.

Den im Juni 1972 gestellten Antrag auf Hinterbliebenenrente nach § 42 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 2. August 1974 ab. Die Klage hat das Sozialgericht (SG) abgewiesen, das LSG hat ihr für die Zeit ab Juli 1972 stattgegeben (Urteil vom 1. Februar 1978). Es hält die Wartezeit für die Rente mit Rücksicht auf die §§ 1 Buchst e, 14 und 15 des Fremdrentengesetzes (FRG) für erfüllt. Zwar habe O.L. nicht zu dem Personenkreis des § 1 Buchst a bis d FRG gehört; zu den nach Buchst e Berechtigten zählten jedoch auch Hinterbliebene von nicht anerkannten Vertriebenen, sofern sie - wie die Klägerin - selbst als Vertriebene anerkannt seien. Von den drei Alternativen des § 42 Satz 1 AVG kämen die erste und dritte nicht in Betracht, weil O.L. der Klägerin zur Zeit seines Todes weder Unterhalt nach dem deutschen Ehegesetz (EheG) zu leisten gehabt noch im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt gewährt habe. Nach den Regeln des internationalen Privatrechts richteten sich die Unterhaltsansprüche der geschiedenen Eheleute in entsprechender Anwendung des Art 17 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) nach dem für die Scheidung gültigen Recht; dies sei hier das tschechoslowakische Recht. Der spätere Wechsel der Staatsangehörigkeit ändere daran nichts; das für das Unterhaltsrecht geltende Scheidungsstatut sei unwandelbar. Die zweite Alternative des § 42 Satz 1 AVG indessen sei erfüllt. Hiernach sei auch ein nach fremdem Recht verwirklichter Unterhaltstatbestand als ein "sonstiger Grund" zur Unterhaltspflicht beachtlich. Insofern könne man zum einen das nach Art 17 EGBGB berufene Recht anwenden, zum anderen in Anlehnung an den Grundsatz der Eingliederung im FRG es genügen lassen, daß zur Zeit der Vertreibung das fremde Recht einen Unterhaltsanspruch zwischen Geschiedenen gekannt habe und zur Zeit des Todes des Versicherten das deutsche Recht einen Unterhaltsanspruch vorsehe. Im vorliegenden Fall sei es nach tschechoslowakischem Recht jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß die Klägerin zumindest aufgrund der Unterhaltsvereinbarung zur Zeit des Todes von O.L. einen Unterhaltsanspruch gehabt habe. Eine abschließende Ermittlung der Rechtslage nach tschechoslowakischem Recht zu diesem Zeitpunkt sei indessen nicht notwendig, weil sich der Unterhaltsanspruch in Anlehnung an das FRG ergebe. Es erscheine nicht sinnvoll, nach diesem Gesetz nur das Arbeitsleben und Versicherungsleben als in D zurückgelegt zu fingieren und es bei anderen sozialversicherungsrechtlich erheblichen Sachverhalten bei der Anwendung des alten Heimatrechts zu belassen. Hier habe die Klägerin bis zum Verlassen der C einen Unterhaltsanspruch gehabt; zur Zeit seines Todes hätte O.L. - die Anwendung von § 58 EheG unterstellt - ihr Unterhalt gewähren müssen. Da sie keine eigenen Einkünfte gehabt habe, wäre ein Drittel bis ein Viertel seines Nettoeinkommens von monatlich umgerechnet ca 1.125,-- DM dafür in Betracht gekommen; dieser Betrag von wenigstens 280,-- DM monatlich hätte 25% des monatlichen Mindestbedarfs der Klägerin überstiegen.

Mit der - zugelassenen - Revision beantragt die Beklagte,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das LSG zurückzuverweisen.

Sie rügt eine Verletzung des FRG, insbesondere der §§ 1 und 14 iVm §§ 40 Abs 2 und 42 AVG. O.L. sei zur Zeit des Todes weder nach deutschem Eherecht noch aus "sonstigen Gründen" zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Die Regelungen der §§ 15 ff FRG seien abschließend, § 42 AVG gelte daher unverändert auch bei den FRG-Berechtigten. Im zivilen Unterhaltsrecht habe der Eingliederungsgedanke aber keinen Niederschlag gefunden; der Anspruch auf Unterhalt unterliege somit bei Auslandsberührung dem - unwandelbaren - Scheidungsstatut. Im vorliegenden Fall habe dementsprechend das tschechoslowakische Unterhaltsrecht zu gelten (§§ 92, 93, 96 des Familiengesetzbuches der CSSR); danach habe die Klägerin keinen Unterhaltsanspruch gegen O.L. gehabt; auch der Unterhaltsvergleich habe Unterhaltsansprüche im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode von O.L. nicht mehr begründet.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Bei vertriebenen deutschen Volkszugehörigen ohne deutsche Staatsangehörigkeit seien die Grenzen des Personalstatuts durchbrochen; diese Personen seien auf dem Gebiet des Privatrechts - also auch des internationalen Privatrechts und des Prozeßrechts - wegen Art 116 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) als Deutsche zu behandeln. Damit richteten sich die unterhaltsrechtlichen Beziehungen zur Zeit des Todes von O.L. nach §§ 58, 59 EheG.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der erkennende Senat hat dem Großen Senat (GS) des Bundessozialgerichts (BSG) gemäß § 43 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Frage zur Entscheidung vorgelegt: "Kann ein Hinterbliebener ein Recht auf Hinterbliebenenleistungen nach § 1 Buchst a iVm §§ 14, 15 (und ggf 16) FRG auch dann haben, wenn nur der Hinterbliebene als Vertriebener anerkannt ist, der Versicherte aber keine der Voraussetzungen des § 1 FRG erfüllt und er auch nicht schon vor der Vertreibung des Hinterbliebenen verstorben ist?".

Diese Frage hat der GS mit Beschluß vom 6. Dezember 1979 wie folgt beantwortet: "Ist ein Hinterbliebener nach § 1 Buchst a FRG Berechtigter, ohne daß der verstorbene Versicherte eine der Voraussetzungen nach § 1 Buchst a bis d FRG erfüllt hat, und ist der Tod des Versicherten nicht vor der Vertreibung des Hinterbliebenen eingetreten, so sind für die Hinterbliebenenansprüche alle von dem verstorbenen Versicherten bis zum Zeitpunkt der Vertreibung des Hinterbliebenen zurückgelegten Beitragszeiten gemäß §§ 14, 15 FRG zu berücksichtigen".

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist insofern begründet, als das Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen ist, denn der vom LSG festgestellte Sachverhalt reicht zu einer abschließenden Entscheidung darüber nicht aus, ob die Klägerin Anspruch auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente nach § 42 AVG hat.

Was zunächst die allgemeinen Voraussetzungen hierfür angeht, so ist die Wartezeit für die begehrte Leistung bei der Klägerin erfüllt (§ 40 Abs 2 iVm § 23 Abs 3 AVG), denn nach dem Sachverhalt hatte O.L. zur Zeit seines Todes eine Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt. Diese Versicherungszeit kommt der Klägerin zugute, obgleich O.L. eine Versichertenrente nach deutschem Recht nicht zustehen konnte; nach den Feststellungen des LSG hatte er Versicherungszeiten (Beitragszeiten) nur zu dem tschechoslowakischen Versicherungsträger zurückgelegt und gehörte dem Personenkreis nach § 1 Buchst a bis d FRG nicht an. Indessen ist die Klägerin selbst nach dem FRG berechtigt; sie gehört zu dem Personenkreis der nach § 1 Buchst a FRG Berechtigten (nicht Buchst e, wie das LSG angenommen hat), da sie als Vertriebene im Sinne des § 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG) im Geltungsbereich dieses Gesetzes anerkannt ist. Aufgrund ihres Status als FRG-Berechtigte aus eigenem Recht sind für ihren Anspruch auf Hinterbliebenenrente alle von O.L. bis zum Zeitpunkt ihrer Vertreibung aus der C zurückgelegten Beitragszeiten gemäß §§ 14, 15 FRG zu berücksichtigen. Dem Umstand, daß O.L. erst nach ihrer Vertreibung gestorben ist und keine der Voraussetzungen nach § 1 Buchst a bis d FRG erfüllt hatte, kommt insoweit keine Bedeutung zu, wie der GS im Beschluß vom 6. Dezember 1979 (GS 1/79, zur Veröffentlichung bestimmt) klargestellt hat. Die Klägerin kann deshalb gemäß §§ 14, 15 FRG aus den Versicherungszeiten Rechte nach den allgemeinen Vorschriften des Rentenversicherungsrechts herleiten.

Als eine solche allgemeine Vorschrift, die eine Rechtsgrundlage für den erhobenen Anspruch bilden kann, kommt - zunächst - § 42 Satz 1 AVG in Betracht. Hiernach steht einer geschiedenen Frau Hinterbliebenenrente zu, wenn ihr der Versicherte zur Zeit seines Todes Unterhalt nach den Vorschriften des EheG (1. Alternative) oder aus sonstigen Gründen (2. Alternative) zu leisten hatte oder wenn er ihr im letzten Jahr vor seinem Tode Unterhalt geleistet hat (3. Alternative).

Das LSG hat die erste und dritte Alternative verneint, das Vorliegen der zweiten Alternative hat es für gegeben erachtet. Im Hinblick auf die dritte Alternative (tatsächliche Unterhaltszahlung im Jahr vor dem Tode) ist den Ausführungen aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG ohne weiteres beizutreten. Was die Ausführungen zur ersten Alternative anlangt, so könnten sie (auf S. 11) allerdings darauf hindeuten, daß das Berufungsgericht in Wahrheit dazu neigte, auch die erste Alternative zu bejahen, weil es auf der Grundlage des Eingliederungsgedankens die Anwendbarkeit von § 58 EheG zur Zeit des Todes von O.L. unterstellt hat. Diese Frage braucht der Senat indessen nicht weiter zu vertiefen. Gleichviel, ob das LSG der Klägerin den Anspruch allein nach der zweiten Alternative oder letzten Endes nach der zweiten sowie nach der ersten Alternative zugesprochen hat, "auf der Grundlage des Eingliederungsgedankens" besteht hierzu keine Möglichkeit.

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß das FRG besondere Maßnahmen zur "Eingliederung" der Berechtigten nur in bestimmten Punkten trifft. Daß das Gesetz im übrigen zur Frage schweige, in welcher Weise andere "sozialversicherungsrechtlich erhebliche Sachverhalte mit Auslandsberührung" dem deutschen Recht unterstellt werden sollten, ist indessen nicht richtig; die Antwort hierauf folgt unmittelbar aus § 14 FRG. Nach dieser Generalregel richten sich die Rechte und Pflichten der FRG-Berechtigten nach den allgemeinen Vorschriften, und nur soweit sich aus dem FRG etwas anderes ergibt, richten sie sich nach diesem Spezialgesetz. Da sich in bezug auf § 42 AVG aber nichts ergibt, kann diese Vorschrift auch bei den nach § 1 FRG berechtigten Personen nur so angewandt werden, wie sie sich unmittelbar darstellt; dem Eingliederungsprinzip entnommene Gedankengänge können ihr nicht zugefügt werden. Das entspräche auch weder ihrer Systematik noch ihrem Sinn und Zweck. § 42 AVG baut nämlich auf der Unterhaltsregelung des zivilen Rechts auf; die Hinterbliebenenrente nach § 42 AVG soll der geschiedenen Frau nach dem Tode des (unterhaltsverpflichteten) Versicherten den Unterhalt ersetzen, den der Versicherte ihr schuldete (oder zahlte).

Hiernach müßte sich der Eingliederungsgedanke, um in § 42 AVG zum Ausdruck zu kommen, auch zivilrechtlich niedergeschlagen haben. Dort ist jedoch keine allgemeine Eingliederung in der Weise erfolgt, daß die Rechtsverhältnisse von Vertriebenen allein nach dem innerdeutschen Recht der Bundesrepublik Deutschland zu beurteilen wären. Dazu bedurfte es vielmehr Sondervorschriften. Das bestätigt § 1 des Gesetzes über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen vom 4. August 1969 (BGBl I 1067). Nach dieser Vorschrift gilt für vertriebene Ehegatten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben und im gesetzlichen Güterstand eines außerhalb maßgebenden Rechts leben, das eheliche Güterrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches. Eine vergleichbare Vorschrift im nachehelichen Unterhaltsrecht gibt es nicht. Hier kann auch nicht die Gleichstellung in der Staatsangehörigkeit bei Anwendung des deutschen bürgerlichen Rechts (Art 9 Abschn II Nr 5 des Familienrechtsänderungsgesetzes vom 11. August 1961, BGBl 1961, 1221, 1232) an dem maßgebend gebliebenen Scheidungsstatut etwas ändern. Selbst wenn man ein Fortschleppen alten Rechts für wertlos hielte, wenn alle Beteiligten eine neue Heimat haben (so Soergel-Siebert, BGB, 10. Aufl, Nr 56 zu Art 21 EGBGB für den Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes), würde eine "Wandelbarkeit" des maßgebenden Statuts aus einem solchen Grunde mindestens voraussetzen, daß beide Partner des Unterhaltsrechtsverhältnisses eine neue gemeinsame Heimat gefunden haben; das war aber für die Klägerin und den Versicherten allenfalls in Ecuador, nicht in der Bundesrepublik Deutschland der Fall, in die nur die Klägerin gekommen ist.

Ist sonach davon auszugehen, daß für den Anspruch auf "Unterhalt" im Sinne von § 42 AVG auch in dem Fall einer vertriebenen früheren Ehefrau des Versicherten das - von Eingliederungsgedanken hier unberührt gebliebene - Zivilrecht maßgebend ist, dann ist, weil es sich um einen Fall mit Auslandsberührung handelt, zunächst das deutsche internationale Privatrecht (IPR) zu beachten. Nach diesem ist Grundlage für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs das Scheidungsstatut (Art 17 EGBGB), denn die Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehegatten richten sich in entsprechender Anwendung von Art 17 EGBGB nach dem für die Scheidung gültigen Recht (Staudinger/Gamillscheg, BGB, 10./11. Aufl, Art 17 EGBGB Nr 549 ff). Das konnte und kann unbeschadet aller möglichen Modifizierungen des Art 17 EGBGB durch Art 3 Abs 2 GG hier deutsches Recht nicht sein, weil die Klägerin und O.L. zur Zeit ihrer Scheidung in der CSSR ansässig waren, die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit besaßen und dementsprechend auch nach dem Recht dieses Staates geschieden worden sind. Da das Scheidungsstatut unwandelbar ist (so der erkennende Senat schon in SozR 2200 § 1265 Nr 38 unter Hinweis auf Staudinger/Gamillscheg aaO u.a.), ist die für § 42 AVG entscheidende Frage nach einer Unterhaltspflicht von O.L. zur Zeit seines Todes gemäß dem deutschen IPR (vgl hierzu Staudinger/Gamillscheg, Anm 370 ff vor Art 13; Anm 363, 567 zu Art 17 EGBGB) dahin zu beantworten, daß hierfür das tschechoslowakische Recht maßgebend ist.

Hieraus folgt, daß ein Unterhaltsanspruch der Klägerin nach der ersten Alternative des § 42 Satz 1 AVG nicht bestehen kann, weil diese auf die "Vorschriften des Ehegesetzes" abstellende Alternative nur Unterhaltspflichten nach dem deutschen Eherecht erfaßt; auch das hat der erkennende Senat in SozR 2200 § 1265 Nr 38 schon ausgeführt. Wie er gleichfalls dort entschieden hat, enthält aber die zweite Alternative des "sonstigen Grundes" keine Begrenzung auf bestimmte Rechtspositionen; sie schließt Positionen ein, die ihre Grundlage im ausländischen Recht haben; das gilt selbst dann, wenn es sich um ein ausländisches Recht handelt, das nach dem deutschen IPR nicht heranzuziehen wäre (hier etwa das Recht des Staates Ecuador), auch der Wegfall solcher Positionen mit dem Tode des Versicherten kann durch die Hinterbliebenenrente nach § 42 AVG ersetzt werden.

Darüber, ob nach tschechoslowakischem Recht im Todesjahr 1966 ein Unterhaltsanspruch aus sonstigen Gründen - in der für die Anwendung des § 42 AVG erforderlichen Höhe - bestanden hat, vermag der Senat nicht endgültig zu befinden. Hierfür hat das LSG - aus seiner Sicht zu Recht - die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen, sowohl als es gesetzliches Unterhaltsrecht als auch vertragliches Unterhaltsrecht angeht; beide Unterhaltsquellen sind nach dem Sachverhalt in Betracht zu ziehen. Das wird nunmehr nachzuholen und hierbei die Behauptung der Beigeladenen im Schriftsatz an das BSG vom 4. Juli 1978 zu beachten sein, die Klägerin sei mit den Unterhaltsansprüchen abgefunden gewesen. Darüber hinaus enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen zur Frage, ob sich ein sonstiger Grund für eine Unterhaltspflicht möglicherweise auch aus dem Recht des Staates Ecuador ergeben konnte, dessen Angehörige die Klägerin (bis 1961) und O.L. (bis zum Tode) gewesen sind.

Bei seiner neuen Entscheidung wird das LSG ferner zu erwägen haben, ob die Klägerin einen Anspruch auch aus § 42 Satz 2 AVG (idF vor und nach dem Rentenreformgesetz, vgl Art 2 § 18 AnVNG) haben kann. O.L. hat zwar eine Witwe, die Beigeladene, hinterlassen; ihr wird - soweit ersichtlich - eine Witwenrente von der Beklagten nicht gewährt. Aus den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist indessen nicht zu entnehmen, ob das der Fall ist, weil ihr "eine Witwenrente nicht zu gewähren ist". Sollte sich dies herausstellen (vgl hierzu SozR Nr 60 zu § 1265 RVO), dann würden jedenfalls die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Tatbestände des Satzes 2 zu prüfen sein.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656789

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