Leitsatz (amtlich)
Ist als Schädigungsfolge Verlust des rechten Oberschenkels nach nicht diagnostizierter Verstopfung der Endadern (Endangiitis obliterans) iS der Verschlimmerung" anerkannt, so umfaßt diese Anerkennung nicht auch das Leiden, das zur Absetzung des Oberschenkels und in seinem Verlauf zum Verlust weiterer Gliedmaßen geführt hat. 2. Die Tragweite einer Anerkennung hängt von den Umständen, insbesondere von dem Inhalt des Bescheides ab. Bei der Beurteilung der Frage, wie weit die Anerkennung der Schädigungsfolge reicht, kommt es darauf an, ob und ggf inwieweit die Versicherungsbehörde die Anerkennung einschränken wollte.
Normenkette
BVG § 1 Fassung: 1950-12-20
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts ... vom 18. Juni 1954 wird zurückgewiesen.
Die Revision des Beklagten wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Der Kläger wurde am 27. August 1939 zu einer Infanterieeinheit der Wehrmacht einberufen, nahm am Polenfeldzug teil und war danach im Westen eingesetzt. Am 24. Dezember 1939 wurde er entlassen. Am 4. Februar 1941 stellte er Antrag auf Gewährung von Fürsorge und Versorgung nach dem Wehrmachtfürsorge- und Versorgungsgesetz (WFVG) vom 26. August 1938 (RGBl. I S. 1077), den er damit begründete, daß er wegen vieler anstrengender Märsche während des Polenfeldzuges an Fußbeschwerden gelitten habe und schon während seiner Zugehörigkeit zur Wehrmacht wegen dieser Fußbeschwerden ärztlich behandelt worden sei. Das Wehrmachtfürsorge- und Versorgungsamt ( WFVA .) ... lehnte den Versorgungsantrag mit Bescheid vom 1. November 1941 ab. Seine Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde durch das Wehrkreiskommando III ... am 18. März 1943 zurückgewiesen. Auf den Inhalt der Entscheidungen wird Bezug genommen. Im Jahre 1944 wurde das rechte und am 4. Juni 1948 das linke Bein des Klägers im Oberschenkel wegen Fortschreitens einer Gefäßerkrankung ( Endangitis obliterans) amputiert. Sein Antrag vom 25. August 1950 auf Gewährung von Leistungen nach dem Gesetz über die Versorgung von Kriegs- und Militärdienstbeschädigten sowie ihren Hinterbliebenen (KVG) vom 24. Juli 1950 (VOBl. für ... S. 318) wurde mit Bescheid der Versorgungsstelle des Magistrats ... Abteilung Sozialwesen, vom 14. Februar 1951 abgelehnt, weil die Gewährung eines Versehrtengeldes durch Bescheid des WFVA . ... vom 1. November 1941 rechtskräftig abgelehnt und die Amputation des linken Oberschenkels wegen einer Gangrän keine Wehrdienstbeschädigungsfolge sei.
Im Einspruchsverfahren vor dem Landesversorgungsamt (LVersA.) ... hat ... vom ärztlichen Dienst der Versorgungsstelle in einer Stellungnahme vom 5. Juni 1951 ausgeführt, daß man sich bei großzügiger Beurteilung auf den Standpunkt stellen könne, daß sich die bis September 1939 latente Erkrankung durch den vom Kläger geschilderten Unfall - er hatte behauptet, daß ihm während des Polenfeldzugs im September 1939 ein leichtes Maschinengewehr auf den rechten Fuß gefallen sei - am rechten Bein manifestiert habe. Für den Verlust des rechten Beines sei somit ein Zusammenhang mit dem Militärdienst nach § 1 KVG im Sinne der Verschlimmerung wahrscheinlich. Für den Verlust des linken Beines sei dieser Zusammenhang nicht anzunehmen. Der Chirurg Dr. ... vom ärztlichen Dienst des LVersA. ... hat in dem Versorgungszeugnis vom 12. November 1951 im Ergebnis die gleiche Auffassung vertreten. Der Vorstand der Chirurgischen Klinik und Poliklinik der Freien Universität ... Prof. Dr. ... ist in seinem Gutachten vom 16. Februar 1952 ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, daß der Verlust des linken Oberschenkels in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Verlust des rechten Oberschenkels stehe. Prof. Dr. ... und Dr. ... haben darauf hingewiesen, daß dem vom Kläger als mittelbare Ursache für den Verlust des linken Oberschenkels angeschuldigten Bewegungsmangel infolge des Tragens der Prothese keine Bedeutung zukomme.
Der Einspruchsausschuß bei dem LVersA. ... hat am 31. März 1952 entschieden, daß dem Kläger für "Verlust des rechten Oberschenkels nach nicht diagnostizierter Verstopfung der Endadern ( Endangitis obliterans) im Sinne der Verschlimmerung" mit Wirkung vom 1. Juli 1950 ab Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 v.H. zu gewähren sei. Er hat den Einspruch jedoch als unbegründet zurückgewiesen, soweit der Kläger die Anerkennung des Verlustes seines linken Beines als Versorgungsleiden begehrt hatte. Auf den Inhalt eines Schreibens des LVersA. an den Kläger vom 4. August 1951 wird Bezug genommen.
Das Versorgungsgericht ( VersGer .) ... hat nach mündlicher Verhandlung am 2. Dezember 1952 die Amputation des linken Oberschenkels als Schädigungsfolge im Sinne der §§ 1 KVG und BVG anerkannt und den Beklagten verurteilt, dem Kläger vom 1. Juli 1950 ab Versorgungsgebührnisse nach einer MdE um 100 v.H. und für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 1950 eine Pflegezulage von 100,- DM monatlich nach dem KVG und vom 1. Oktober 1950 ab eine solche von 75,- DM monatlich nach dem BVG zu zahlen. Es hat ausgeführt: Es sei unmöglich, alle Folgen der bei dem Kläger bestehenden Endangitis obliterans in einzelne voneinander unabhängige Krankheitsbilder aufzuteilen. Die zweite Amputation wäre nicht notwendig geworden, wenn bei dem damals 28 Jahre alten Kläger nicht vorher die als Dienstbeschädigungsfolge anerkannte Amputation des rechten Beines erforderlich gewesen wäre. Wenn die medizinische Wissenschaft auch von einem schicksalsmäßigen Verlauf der Krankheit spreche, müsse die Amputation des linken Beines trotzdem als Schädigungsfolge im Sinne der §§ 1 KVG und BVG anerkannt werden, weil die durch die erste Amputation hervorgerufene Verschlimmerung des Krankheitsablaufs schwer und für den weiteren Verlauf des Leidens ausschlaggebend gewesen sei. Im übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Das Landessozialgericht (LSGer.) hat nach mündlicher Verhandlung am 18. Juni 1954 die Klage unter Abänderung des Urteils des VersGer . ... vom 2. Dezember 1952 abgewiesen und die Revision zugelassen. Es hat ausgeführt: Prof. Dr. ..., Darmstadt, habe in seinem von dem Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Gutachten vom 10. Juni 1953 die Ansicht vertreten, daß die Erkrankung und Absetzung des linken Beines weder mit Wehrmachtseinflüssen noch mit der Erkrankung des rechten Beines in ursächlichem Zusammenhang stehe. Der Senat habe sich dieser Ansicht angeschlossen. Der Verlust beider Beine könne nicht mit Wahrscheinlichkeit auf schädigende Kriegseinwirkungen zurückgeführt werden. Da sowohl der Bescheid des LVersA. vom 4. August 1951 als auch die Entscheidung des Einspruchsausschusses vom 31. März 1952 unmißverständlich abgelehnt hätten, den Verlust des linken Beines als Schädigungsfolge anzuerkennen, könne nicht davon gesprochen werden, daß mit der Anerkennung des Verlustes des rechten Oberschenkels in Wahrheit das Grundleiden (die Endangitis obliterans) anerkannt werden sollte. Der Verlust des linken Beines hätte nur dann als Schädigungsfolge anerkannt werden können, wenn das Grundleiden selbst in einer die Verwaltung bindenden Weise anerkannt worden wäre. Im übrigen wird auf das Urteil des LSGer. Bezug genommen.
Gegen dieses am 20. Juli 1954 zugestellte Urteil hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit einem beim Bundessozialgericht ( BSGer .) am 12. August 1954 eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt und beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des LSGer. Berlin vom 18. Juni 1954 die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des VersGer . ... vom 2. Dezember 1952 zurückzuweisen und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger auch die Kosten des zweiten und dritten Rechtszuges zu erstatten.
Er hat die Revision gleichzeitig begründet und ausgeführt, daß der Bescheid des LVersA. ... vom 4. August 1951 Rechtskraft erlangt habe. Durch die Entscheidung des Beschwerdeausschusses vom 31. März 1952 sei das Grundleiden, die Endangitis obliterans, als Versorgungsleiden anerkannt worden. Der Kläger habe deshalb auch wegen der weiteren Verschlimmerungen dieses Leidens und des Verlustes des linken Oberschenkels Anspruch auf Versorgung. Dabei werde auf den vom Reichsversorgungsgericht (RVGer.) am 28. August 1924 entschiedenen ähnlichen Fall hingewiesen (RVGer. 4 S. 125). Das VersGer . ... habe daher zutreffend entschieden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte hat mit einem beim BSGer . am 1. April 1955 eingegangenen Schriftsatz ebenfalls Revision eingelegt und beantragt,
1.) unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das LSGer. zurückzuverweisen;
2.) die Revision des Klägers als unzulässig zu verwerfen; hilfsweise: die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Er hat zur Begründung ausgeführt, daß sowohl das VersGer . als auch das LSGer. den Anspruch zu Unrecht auch nach den Vorschriften des BVG geprüft hätten, weil die Versorgungsverwaltung über diesen Anspruch noch nicht entschieden habe. Nur soweit das LVersA. dem Einspruch stattgegeben habe, sei durch den Bescheid des VersA. I ... vom 14. Mai 1952 eine vorläufige Anerkennung nach dem KVG und BVG erfolgt. Dieser Bescheid sei jedoch nicht Gegenstand des anhängigen Streits. Der Antrag auf Zurückverweisung sei daher begründet. Es sei unerheblich, daß der Beklagte durch das angefochtene Urteil nicht beschwert sei, weil die Zulässigkeit der Anschlußrevision nicht von dem Vorliegen einer Beschwer abhänge.
Die Revision des Klägers sei unzulässig, weil mit ihr nach § 162 Abs. 2 SGG nur die Nichtanwendung oder die unrichtige Anwendung einer Vorschrift des Bundesrechts (BVG) gerügt werden könne; bisher sei aber nur eine Entscheidung auf Grund des KVG, das nur im Land Berlin gelte, ergangen. Die Revision sei auch sachlich nicht begründet. Der § 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei nicht verletzt. Bei der in dem vorläufigen Bescheid vom 14. Mai 1952 erfolgten Anerkennung handelte es sich um eine abgrenzbare und in dem Anerkennungsbescheid abgegrenzte Körperschädigung und nicht um die Anerkennung eines Grundleidens. Das ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. ... das der Entscheidung des Einspruchsausschusses zugrundegelegt worden sei. Dort sei ausgeführt, daß der Verlust des rechten Beines auf eine durch die Verhältnisse des Wehrdienstes bedingte verspätete Diagnostizierung des anlagebedingten Leidens zurückzuführen und eine richtunggebende Verschlimmerung im Bereich des rechten Beines eingetreten sei. Im übrigen wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 30. März 1955 Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Anschlußrevision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Er hat in dem Schriftsatz vom 27. April 1955 ausgeführt, daß die Verwaltungsbehörde und die Vorinstanzen über den Versorgungsanspruch des Klägers nach dem BVG entschieden hätten. Der "vorläufige" Bescheid vom 14. Mai 1952 sei mit Recht Gegenstand der Klage beim VersGer . gewesen. Dieser Bescheid könne jedoch nur insoweit als vorläufig angesehen werden, als über den Anspruch auf Ausgleichsrente entschieden worden sei. Der Kläger hat ferner seine in der Revisionsschrift vorgetragene Rechtsansicht wiederholt. Im übrigen wird auf den Schriftsatz vom 27. April 1955 Bezug genommen.
Die Revision des Klägers ist statthaft, da das LSGer. sie zugelassen hat (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§ 164 SGG). Sie ist daher zulässig.
Die Revision ist jedoch nicht begründet. Nach § 162 Abs. 2 SGG kann die Revision nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung des Berufungsgerichts auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 8. Dezember 1955 - 8 RV 73/54 - entschieden, daß die materiell-rechtlichen Vorschriften des ... KVG nicht revisibles Recht im Sinne dieser Vorschrift sind. Der Kläger kann deshalb seine Revision, soweit er den Rentenanspruch nach dem KVG durchsetzen will, nicht auf materiell-rechtliche Vorschriften dieses Gesetzes stützen. Sein Rechtsmittel ist somit insoweit unbegründet, als er die Ablehnung einer höheren Rente nach dem KVG angefochten hat.
Die Revision konnte auch keinen Erfolg haben, soweit der Kläger eine höhere Rente nach dem BVG begehrt. Nach Ansicht des Senats konnten die Vorinstanzen auch über den Versorgungsanspruch des Klägers nach dem BVG entscheiden. Zwar hat die Versorgungsstelle des Magistrats von ... - Abt. Sozialwesen - in dem Bescheid vom 12. Februar 1951 nur zu dem Anspruch nach dem KVG Stellung nehmen können, weil das BVG im Zeitpunkt der Bescheiderteilung in ... noch keine Geltung hatte. Das LVersA. ... hat jedoch im Einspruchsverfahren auch über den Anspruch des Klägers nach dem BVG entschieden, indem es Rente vom 1. Juli 1950 ab ohne zeitliche Beschränkung auf die Geltungsdauer des KVG zugesprochen hat. Für diese Auffassung spricht auch die Tatsache, daß das LVersA. dem Kläger im Schreiben vom 4. August 1951 angeboten hat, ihm für den Verlust des rechten Oberschenkels Rente nach dem KVG und nach dem BVG zu gewähren, wenn er seinen Einspruch zurücknehme. Auch das VersA. ... hat die Einspruchsentscheidung vom 31. März 1952 in diesem Sinne verstanden, denn es hat in dem Ausführungsbescheid vom 14. Mai 1952 die Grundrente nach dem BVG festgestellt und gezahlt. Die Vorschriften des BVG sind im Revisionsverfahren nachprüfbares Recht, da das Land ... dieses Gesetz inhaltsgleich durch das Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges vom 12. April 1951 (GVOBl. für ... S. 317) übernommen hat (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 8.12.1955 - 8 RV 73/54 -; ebenso Urteile des 10. Senats vom 7.7.1955 - 10 RV 160/54 - und des 9. Senats vom 24.8.1955 - 9 RV 184/55 -).
Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Beklagte nur für den Verlust des rechten Oberschenkels als Schädigungsfolge Rente bewilligt hat. Es hat den mittelbaren ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Verlust des rechten Oberschenkels und der im Jahre 1948 notwendigen Absetzung des linken Oberschenkels geprüft und hierzu unter Hinweis auf das Gutachten des Prof. ... festgestellt, daß der Verlust des linken Oberschenkels nicht durch Wehrmachtseinflüsse und Kriegseinwirkungen bedingt sei. Berücksichtigt man dabei, daß das Berufungsgericht auch auf das diese Frage ebenfalls verneinende Gutachten des Prof. ... hingewiesen hat, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß auch ein Zusammenhang zwischen dem Verlust des rechten Oberschenkels und dem damit nach den Angaben des Klägers verbundenen Bewegungsmangel und der späteren Absetzung des linken Oberschenkels abgelehnt worden ist. Das BSGer . ist an diese tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind (§ 163 SGG). Das ist hier nicht der Fall. Die Revision meint nun, daß das "Grundleiden", die Endangitis obliterans, in der Anerkennung durch das LVersA. ... enthalten sei, und daß die weitere Verschlimmerung dieses Leidens und deren Folgen durch Rente entschädigt werden müßten. Die entgegenstehende rechtliche Beurteilung der Vorinstanz ist nach der Überzeugung des Senats frei von Rechtsirrtum. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß sowohl das Berufungsgericht als auch der Kläger das Schreiben des LVersA. Berlin vom 4. August 1951 als Bescheid angesehen haben; der Kläger hat dazu geltend gemacht, daß darin die Anerkennung des Gefäßleidens ausgesprochen sei. Auch der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat dieses Schreiben in der Revisionsschrift als Bescheid bezeichnet. Demgegenüber ist festzustellen, daß es sich nicht um einen Anerkennungsbescheid handelt, denn das LVersA. hat dem Kläger am 4. August 1951 nur mitgeteilt, daß für den Verlust des rechten Beines Rente gewährt werden könne und daß er einen Anerkennungsbescheid erhalte, wenn er seinen Einspruch zurücknehme. Der Kläger hat sich aber mit diesem Angebot nicht einverstanden erklärt. Es ist daher von der Entscheidung des Einspruchsausschusses des LVersA. vom 31. März 1952 auszugehen. Darin ist ausgeführt, daß wegen "Verlustes des rechten Oberschenkels nach nicht diagnostizierter Verstopfung der Endadern ( Endangitis obliterans) im Sinne der Verschlimmerung" mit Wirkung vom 1. Juli 1950 ab Rente nach einer MdE um 70 v.H. zu gewähren sei. In dem Bescheid des VersA. ... vom 14. Mai 1952 ist die anerkannte Schädigungsfolge ebenso bezeichnet. Die Tragweite einer Anerkennung hängt von den Umständen, insbesondere von dem Inhalt der Entscheidung und des Bescheides ab. Bei der Beurteilung der Frage, wie weit die Anerkennung der Schädigungsfolge reicht, kommt es darauf an, ob und gegebenenfalls inwieweit der Beklagte die Anerkennung einschränken wollte. In dieser Beziehung läßt die Einspruchsentscheidung des LVersA., wenn es darin heißt, daß die Rente nach einer MdE um 70 v.H. wegen Verlustes des rechten Oberschenkels nach nicht diagnostizierter Verstopfung der Endadern ( Endangitis obliterans) gewährt werde, nur die Deutung zu, daß lediglich der Verlust des rechten Oberschenkels und nicht auch das zu der Amputation führende Leiden als Schädigungsfolge anerkannt werden sollte. Das ergibt sich insbesondere aus dem Zusatz "nach nicht diagnostizierter Verstopfung der Endadern". Damit sollte, gestützt auf das Versorgungszeugnis von Dr. ... und das Gutachten von Prof. Dr. ... ausgedrückt werden, daß das Leiden des Klägers im Lazarett zunächst nicht diagnostiziert worden und dadurch eine Verschlimmerung im Bereich des rechten Beines eingetreten ist. Dagegen ist in dem Versorgungszeugnis ausdrücklich erwähnt, daß am linken Bein nicht erst sieben Jahre später die ersten klinischen Erscheinungen aufgetreten wären, wenn das Leiden dieses Bein schön während des Wehrdienstes im Jahre 1939 befallen hätte. Auch Prof. Dr. ... hat nur den Verlust des rechten Beines als Schädigungsfolge angesehen und auch ausdrücklich einen mittelbaren Zusammenhang zwischen der Amputation des linken und des rechten Oberschenkels verneint. Da sich der Einspruchsausschuß in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich auf diese Gutachten beruft und den Anspruch des Klägers, soweit er die Anerkennung des Verlustes des linken Beines als Schädigungsfolge begehrt hat, als zweifellos unbegründet bezeichnet hat, ist das Berufungsgericht mit Recht davon ausgegangen, daß sich das LVersA. diese Beurteilungen vollkommen zu eigen gemacht hat. Der Kläger kann sich daher nicht darauf berufen, daß durch diese Entscheidung die Endangitis obliterans, die in schicksalsmäßiger Fortentwicklung später auch das linke Bein betroffen hat, als Schädigungsfolge anerkannt worden sei. In diesem Zusammenhang ist die Tatsache ohne Bedeutung, daß beide Amputationen die Folge desselben Leidens sind. Der Hinweis der Revision des Klägers auf die Grundsätzliche Entscheidung des RVGer. vom 28. August 1924 (RVGer. 4 S. 125) kann die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts nicht widerlegen. Die in dieser Entscheidung gemachten Ausführungen sprechen sogar gegen das Begehren des Klägers. Es heißt dort, daß es von den Umständen des Falles, insbesondere von dem Inhalt des Bescheids abhänge, welche Tragweite die in einem Rentenbewilligungsbescheid enthaltene Anerkennung einer Dienstbeschädigung habe. Der Fiskus könne im Versorgungsverfahren eine Dienstbeschädigung mit Einschränkung anerkennen, die er nach Lage der Sache für geboten erachtet (a.a.O. S. 129). Das werde namentlich dann angebracht sein, wenn er zwar eine Dienstbeschädigung nicht überhaupt verneinen wolle, aber Anlaß zu der Befürchtung zu haben glaube, daß seine Haftung in Zukunft weitergehen könnte, als mit dem materiellen Recht vereinbar sei. Von solchen Erwägungen hat sich der Einspruchsausschuß des LVersA. offenbar im Streitfall leiten lassen. Obwohl damals beide Beine amputiert waren und das Übergreifen der Endangitis obliterans auf den linken Arm bereits festgestellt war, hat der Einspruchsausschuß nicht dieses Leiden, sondern nur den Verlust des rechten Oberschenkels als Schädigungsfolge anerkannt. Der Beklagte hat deshalb auch nur wegen der durch diese Schädigungsfolge bedingten MdE Rente zu gewähren. Die rechtliche Schlußfolgerung des Berufungsgerichts ist daher nicht zu beanstanden. Da die Entscheidung des LSGer. keinen Verstoß gegen das materielle Recht erkennen läßt und wesentliche Verfahrensmängel weder gerügt noch ersichtlich sind, ist die Revision nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Revision des Beklagten ist unzulässig. Da die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils des LSGer. keinen Hinweis enthält, daß die Revision einen bestimmten Antrag enthalten müsse, und deshalb unrichtig war (§ 66 SGG, Urteile des erkennenden Senats vom 24.11.1955 - 8 RV 479/55 - und des 3. Senats vom 23.9.1955 - 3 RJ 26/55 -), betrug die Revisionsfrist ein Jahr vom Zeitpunkt der Zustellung des Urteils des LSGer. am 20. Juli 1954 ab (§ 66 SGG). Die Revision des Beklagten ist deshalb rechtzeitig eingelegt worden. Es handelt sich hiernach bei der Anschlußrevision des Beklagten nicht um eine sogenannte unselbständige, nach Ablauf der Revisionsfrist eingelegte, sondern um eine selbständige, innerhalb der Revisionsfrist eingelegte Revision. Diese ist unzulässig, weil der Beklagte nicht beschwert ist. Als Rechtsmittel setzt sie ein Rechtsschutzbedürfnis in Gestalt einer Beschwer voraus. Die Entscheidung der Vorinstanz muß zu Ungunsten der das Rechtsmittel einlegenden Partei ergangen sein, so daß eine Änderung zu ihren Gunsten möglich ist (vgl. RGZ. 100, 208; Stein-Jonas-Schönke, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 18. Aufl. Anm. IV zu § 545; Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 6. Aufl. § 140 Anm. II; Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Anm. zu § 160 und Anm. 1 a cc zu § 143 SGG). Eine Beschwer des Beklagten liegt aber hier nicht vor, weil das LSGer. die Klage abgewiesen und ihn auch nicht zur Erstattung von außergerichtlichen Kosten verurteilt hat. Da die Vorinstanzen, wie oben ausgeführt, mit Recht über den Anspruch des Klägers nach dem BVG entschieden haben, liegt auch insoweit eine Beschwer nicht vor. Die Revision des Beklagten ist somit unzulässig und war deshalb zu verwerfen (§ 169 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen