Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzung für die Weitergewährung des Übergangsgeldes nach RVO § 1241e Abs 1, daß jedenfalls die erste der beiden Maßnahmen vom Rentenversicherungsträger gewährt worden ist, ist unabhängig von einer gerichtlichen Verurteilung des Rentenversicherungsträgers bereits dann erfüllt, wenn er für die Durchführung der Maßnahme zuständig und dazu verpflichtet ist und hierdurch Zuständigkeit und Verpflichtung eines anderen Rehabilitationsträgers verdrängt werden (Anschluß an und Fortführung von BSG 1981-09-23 11 RA 58/80 = SozR 2200 § 1241e Nr 12).
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bundesanstalt für Arbeit ist nicht befugt im Rahmen des beruflichen Rehabilitationsverfahrens die Teilnahme des Behinderten an einer Maßnahme zur Arbeitserprobung und Berufsfindung zu fördern, wenn der Rentenversicherungsträger nach der materiellen Rechtslage für die Gewährung der Maßnahmen zuständig ist; zu den Anforderungen an eine berufsfördernde Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung.
2. Hat die Bundesanstalt für Arbeit, um dem zuständigen Rentenversicherungsträger die erforderlichen berufsfördernden Maßnahmen vorschlagen zu können (§ 57 S 2 AFG), eine Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung gewährt, so steht dies einem Anspruch des Versicherten gegen den Rentenversicherungsträger auf Gewährung von sogenannten Zwischenübergangsgeld für die Zeit bis zum Beginn weiterer berufsfördernder Maßnahmen (§ 1241e Abs 1 RVO in entsprechender Anwendung) nicht entgegen.
3. Leistungen für Maßnahmen der Arbeitserprobung und Berufsfindung fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der Bundesanstalt für Arbeit, wenn diese Maßnahmen notwendig sind, um einem anderen Rehabilitationsträger die erforderlichen berufsfördernden Maßnahmen vorschlagen zu können (§ 57 S 2 AFG).
Normenkette
RVO § 1241e Abs. 1 Fassung: 1974-08-07; AFG § 57; RehaAnglG § 6 Abs. 1; RehaAnO 1975 § 19 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 08.06.1982; Aktenzeichen L 18 J 83/81) |
SG Gelsenkirchen (Entscheidung vom 08.04.1981; Aktenzeichen S 8 J 185/79) |
Tatbestand
Im Streit ist ein Anspruch auf Übergangsgeld.
Der im Dezember 1956 geborene Kläger gab im April 1976 seinen erlernten und bis dahin ausgeübten Beruf des Kraftfahrzeugmechanikers aus gesundheitlichen Gründen auf und beantragte im Juni 1976 bei der Beklagten Berufsförderung. Diese erbat mit Schreiben vom 14. Juli 1976 "als zuständiger Rehabilitationsträger" beim Arbeitsamt (AA) G. einen Eingliederungsvorschlag. Das AA veranlaßte die Durchführung einer Maßnahme zur Arbeitserprobung bzw Berufsfindung beim Berufsförderungswerk (BFW) H. und erklärte sich zur Übernahme der entstehenden Kosten bereit. Die Maßnahmen wurden vom 15. August bis 8. September 1977 durchgeführt. Für diesen Zeitraum zahlte das AA dem Kläger Übergangsgeld und für die anschließende Zeit bis zum 1. September 1978 Arbeitslosenhilfe.
Aufgrund der Ergebnisse der im BFW H. durchgeführten Maßnahmen unterbreitete das AA der Beklagten einen Eingliederungsvorschlag. Diesem Vorschlag entsprechend bewilligte die Beklagte dem Kläger als berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation eine Vorschulung in einer kaufmännischen Privatschule (Bescheid vom 19. Januar 1978) und eine Ausbildung für den Beruf des Nachrichtengerätemechanikers (Bescheid vom 25. Januar 1978). Die Vorschulung konnte erst am 1. September 1978 beginnen. Nach ihrer Beendigung am 30. November 1978 nahm der Kläger am 4. Dezember 1978 beim BFW O. die Ausbildung zum Nachrichtengerätemechaniker auf. Sie wurde im Juni 1979 krankheitsbedingt vorzeitig beendet. Vom 1. September 1978 bis zur Beendigung der Ausbildung gewährte die Beklagte dem Kläger Übergangsgeld.
Den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Übergangsgeld auch für die Zeit vom 8. September 1977 bis 1. September 1978 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Juni 1979 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 14. August 1979 ab.
Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen nach Beiladung der Bundesanstalt für Arbeit (BA) die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 9. September 1977 bis 31. August 1978 Übergangsgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen (Urteil vom 8. April 1981). Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 8. Juni 1982) und zur Begründung ausgeführt:
Dem Kläger stehe für den streitigen Zeitraum Übergangsgeld in entsprechender Anwendung des § 1241e Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu. Die Vorschrift sei entsprechend anzuwenden, wenn nach Abschluß berufsfördernder Maßnahmen weitere berufsfördernde Maßnahmen erforderlich seien. Die im BFW H. durchgeführte Berufsfindungsmaßnahme sei nach Dauer, Art der Durchführung und Zeit eine berufsfördernde Maßnahme gewesen. Auch seien nach ihrem Abschluß weitere berufsfördernde Maßnahmen in Form der Umschulung zum Nachrichtengerätemechaniker mit vorangehender Vorschulung erforderlich gewesen. Diese weiteren Maßnahmen hätten aus vom Kläger nicht zu vertretenden Gründen erst am 1. September 1978 beginnen können. Ungeachtet dessen, daß während der Berufsfindung und Arbeitserprobung die Beigeladene und nicht die Beklagte Übergangsgeld gewährt habe, sei diese Maßnahme von der Beklagten durchgeführt worden. Sie sei hierfür zuständig gewesen, weil sowohl die medizinischen als auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür vorgelegen hätten. Die Beklagte sei auch in ihrem Schreiben vom 14. Juli 1976 nach außen hin erkennbar als der zuständige Rehabilitationsträger aufgetreten. Angesichts dieser Zuständigkeit habe die Beigeladene lediglich unterstützend tätig werden können und müssen. Hingegen habe sie nicht in eigener Zuständigkeit berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation gewähren dürfen. Daß sie während des Zeitraums der Berufsfindung und Arbeitserprobung dem Kläger Übergangsgeld gezahlt habe, ändere nichts an der Verpflichtung der Beklagten zu dessen Weitergewährung. Für diese Verpflichtung sei nicht maßgebend, wer das Übergangsgeld - möglicherweise ohne Rechtspflicht - gezahlt, sondern wer als zuständiger Leistungsträger die Maßnahme gewährt habe. Eine Aufhebung der Zuständigkeit der Beklagten als Folge der organisatorischen Durchführung der Berufsfindungsmaßnahme durch die Beigeladene würde den Kläger unangemessen benachteiligen, weil die für die Beigeladene geltenden Vorschriften die Gewährung von Zwischenübergangsgeld nicht vorsähen. Daß der Kläger während des streitigen Zeitraums Arbeitslosenhilfe bezogen habe, schließe seinen Anspruch auf Übergangsgeld nicht aus, weil während dessen Bezuges die Arbeitslosenhilfe ruhe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte Verletzungen des § 1241e Abs 1 RVO und des § 5 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG). Anders als in den vom Bundessozialgericht (BSG) ua durch Urteil vom 12. September 1978 - 5 RJ 8/78 - entschiedenen Rechtsstreitigkeiten sei der vorliegende Sachverhalt dadurch gekennzeichnet, daß die für die Erstellung des Eingliederungsvorschlages gemäß § 5 RehaAnglG notwendige Berufsfindung und Arbeitserprobung von der Beigeladenen in eigener Zuständigkeit durchgeführt worden sei. Nach dem Urteil des BSG vom 20. März 1980 - 11 RA 56/79 - könne Übergangsgeld nach § 1241e Abs 1 RVO nur gewährt werden, wenn die erste der beiden Rehabilitationsmaßnahmen vom Träger der Rentenversicherung bewilligt worden sei. Was in diesem Urteil für die Zeit zwischen einer zu Lasten der Krankenversicherung durchgeführten Maßnahme und einer vom Rentenversicherungsträger anschließend geförderten Umschulungsmaßnahme ausdrücklich gefordert worden sei, müsse gleichermaßen für die Zeit zwischen einer von der Arbeitsverwaltung durchgeführten Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung und einer anschließenden berufsfördernden Maßnahme des Rentenversicherungsträgers zur Rehabilitation gelten. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf das Urteil des BSG vom 23. September 1981 - 11 RA 58/80 - sei irrelevant. In jenem Fall habe der Träger der Rentenversicherung die Arbeitsverwaltung mit der Durchführung einer Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung beauftragt, zu der er rechtskräftig verurteilt worden sei. Nur in einem solchen Falle solle der Versicherte vor einer Schlechterstellung dadurch bewahrt bleiben, daß das für die BA geltende Arbeitsförderungsgesetz (AFG) im Gegensatz zur RVO ein "Zwischenübergangsgeld" nicht kenne. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei der Beigeladenen die Durchführung der Berufsfindungs- und Arbeitserprobungsmaßnahme in eigener Zuständigkeit möglich gewesen. Für die Erstellung eines begründeten Eingliederungsvorschlages sei kraft Gesetzes die ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsverwaltung gegeben. Nach dem Sinn dieser Regelung sollten damit im wohlverstandenen Interesse des Behinderten die vielfältigen Erfahrungen der Arbeitsämter in Fragen der Arbeits- und Berufsförderung und des Arbeitsmarktes sowie ihre besonderen Fachdienste nutzbar gemacht werden. Nach der entsprechend der in § 5 Abs 6 RehaAnglG ausgesprochenen Empfehlung des Gesetzgebers vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) und anderen Trägern der beruflichen Rehabilitation mit der BA abgeschlossenen "Gesamtvereinbarung über die Beteiligung der Bundesanstalt für Arbeit bei beruflicher Rehabilitation" vom 3. Februar 1977 habe die BA alles Erforderliche einschließlich einer eventuellen Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung zu veranlassen, um dem zuständigen Rehabilitationsträger einen Eingliederungsvorschlag unterbreiten zu können. Aus diesem der BA gesetzlich zugewiesenen Verfahren zur Erstellung eines Eingliederungsvorschlages dürfe nicht die Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung herausgenommen und fiktiv unterstellt werden, es handele sich dem Grunde nach um eine Leistung des zuständigen Rehabilitationsträgers, die im Rahmen der Rentenversicherung die Rechtsfolgen des § 1241e Abs 1 RVO auszulösen vermöge. Die Maßnahme der Arbeitserprobung und Berufsfindung sei zur Erstellung eines begründeten Eingliederungsvorschlages notwendig, nicht aber selbst Gegenstand des Eingliederungsvorschlages gewesen und damit von der Beigeladenen im Rahmen ihrer ausschließlichen Zuständigkeit erbracht worden. Somit sei die Weitergewährung des Übergangsgeldes für den streitigen Zeitraum zu Recht abgelehnt worden.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. Juni 1982 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 8. April 1981 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene hat von einer Antragstellung abgesehen. Sie hält die vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel an ihrer Zuständigkeit für die Förderung der Berufsfindungsmaßnahme für unbegründet. Ihr obliege in jedem Fall der beruflichen Rehabilitation durch andere Rehabilitationsträger die Erstellung eines Eingliederungsvorschlages. Sei hierfür die Durchführung von Maßnahmen der Arbeitserprobung und Berufsfindung erforderlich, so fielen die in diesem Zusammenhang zu gewährenden Leistungen in ihren (der Beigeladenen) Zuständigkeitsbereich. Eine solche Konstellation sei auch im vorliegenden Fall gegeben. Folgerichtig habe der Kläger bis zum Beginn der beruflichen Bildungsmaßnahmen Leistungen bei Arbeitslosigkeit erhalten.
Entscheidungsgründe
Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "Zwischenübergangsgeldes" für die Zeit vom 9. September 1977 (Tag nach dem Abschluß der im BFW H. durchgeführten Maßnahme der Arbeitserprobung bzw Berufsfindung) bis zum 31. August 1978 (Tag vor dem Beginn der Vorschulung in einer kaufmännischen Privatschule). Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ist § 1241e Abs 1 RVO in der Fassung des RehaAnglG vom 7. August 1974 (BGBl I S. 1881). Danach ist, wenn nach Abschluß medizinischer Maßnahmen zur Rehabilitation berufsfördernde Maßnahmen erforderlich sind und diese aus Gründen, die der Betreute nicht zu vertreten hat, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden können, das Übergangsgeld für diese Zeit weiterzugewähren, wenn der Betreute arbeitsunfähig ist und ihm ein Anspruch auf Krankengeld nicht zusteht oder wenn ihm eine zumutbare Beschäftigung nicht vermittelt werden kann.
Dem Kläger ist eine medizinische Maßnahme zur Rehabilitation nicht bewilligt oder gewährt worden. Die berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation in Form der Vorschulung in einer kaufmännischen Privatschule und der ihr folgenden Ausbildung zum Nachrichtengerätemechaniker sind vielmehr nach Abschluß einer Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung erforderlich geworden. Das steht jedoch der jedenfalls entsprechenden Anwendung des § 1241e Abs 1 RVO nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG sind § 1241e Abs 1 RVO und der ihm inhaltlich entsprechende § 17 Abs 1 RehaAnglG unter der Voraussetzung, daß die übrigen Erfordernisse dieser Vorschriften erfüllt sind, analog auf den Fall anzuwenden, daß nach Beendigung einer berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation eine weitere derartige Maßnahme erforderlich ist und aus von dem Versicherten nicht zu vertretenden Gründen nicht unmittelbar im Anschluß an die erste Maßnahme durchgeführt werden kann. Nach dem Sinn des § 1241 Abs 1 RVO muß derjenige Versicherte, welcher sich während einer Pause zwischen der medizinischen und der berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation zur Verfügung des Rentenversicherungsträgers halten muß (kritisch dazu 11. Senat in BSG SozR 2200 § 1241e Nr 12 S. 34) und nicht als Arbeitsunfähiger durch Krankengeld oder als Arbeitsfähiger durch Arbeitsentgelt in seiner wirtschaftlichen Existenz gesichert ist, vom Rentenversicherungsträger unterhalten werden, weil dieser den Versicherten durch die Anordnung der weiteren Rehabilitationsmaßnahme an anderen Dispositionen hindert. Dies gilt jedoch in gleicher Weise für eine vom Versicherten nicht zu vertretende Pause zwischen zwei berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation (vgl vor allem BSGE 47, 51, 53 f = SozR 2200 § 1241e Nr 3 S. 11 sowie ferner BSGE 49, 10, 11 = SozR 2200 § 1241e Nr 8 S. 18; BSG SozR aaO Nr 12 S. 32).
Die dem Kläger in der Zeit vom 15. August bis 8. September 1977 im BFW H. gewährte Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung ist eine berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation im Sinne des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1237a Abs 1 Satz 1 Nr 2 RVO). Nach Ansicht des 4. Senats des BSG sind unter Maßnahmen die Veranstaltungen zu verstehen, an denen der Behinderte auf Veranlassung und auf Kosten des Rehabilitationsträgers teilnimmt. Für die Annahme einer berufsfördernden Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung sei zu verlangen, daß es sich um eine Veranstaltung handele, die in einer dafür vorgesehenen Einrichtung wie zB einem Berufsförderungswerk in Form eines systematisch und planmäßig angelegten Lehrganges von gewisser Dauer, in der Regel von mindestens einer Woche, und in der Regel ganztägiger Beanspruchung der Teilnehmer in der Weise durchgeführt werde, daß darauf aufbauend weitere, nun auf einen bestimmten Beruf gerichtete Rehabilitationsleistungen gewährt werden könnten. Solche Maßnahmen der Berufsfindung und Arbeitserprobung gehörten zum engeren Kreis der berufsfördernden Maßnahmen. Sie dienten unmittelbar der Umschulung und damit der Eingliederung und seien bereits Teil des Rehabilitationsprogramms (vgl BSGE 49, 10, 11 f = SozR 2200 § 1241e Nr 8 S. 18 f). Gegen diese Ansicht hat der 11. Senat in nicht tragenden Gründen seines Urteils vom 23. September 1981 (BSG SozR 2200 § 1241e Nr 12 S. 32) Bedenken in der Richtung geäußert, daß möglicherweise schon geringere Anforderungen für die Qualifizierung einer Berufsfindung und Arbeitserprobung als Maßnahme der Rehabilitation genügen. Darauf braucht hier nicht eingegangen zu werden. Nach den für den Senat bindenden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts entspricht die dem Kläger für einen Zeitraum von über drei Wochen in einem Berufsförderungswerk gewährte Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung selbst unter Zugrundelegung der vom 4. Senat aufgestellten Kriterien den Erfordernissen für eine Qualifizierung als berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation.
Als weitere Voraussetzung einer Gewährung des sogenannten "Zwischenübergangsgeldes" nach § 1241e Abs 1 RVO für die Zeit zwischen zwei Maßnahmen zur Rehabilitation muß zumindest die erste dieser Maßnahmen vom Träger der Rentenversicherung gewährt worden sein. Nur unter dieser Voraussetzung kann das Übergangsgeld von dem bisherigen Rehabilitationsträger im Sinne des § 1241e Abs 1 RVO "weitergewährt" bzw im Sinne des § 17 Abs 1 RehaAnglG "weitergezahlt" werden (vgl BSGE 50, 64, 66 = SozR 2200 § 1241e Nr 10 S. 24 f; BSG SozR aaO Nr. 12 S. 32). Im vorliegenden Fall ist die Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung dem Kläger nicht von der Beklagten gewährt worden. Vielmehr hat die Beigeladene - und zwar unter Inanspruchnahme einer eigenen Zuständigkeit, wie ihr Vorbringen in der Revisionsinstanz bestätigt - dem Kläger die Maßnahme sowie während ihrer Dauer Übergangsgeld und daran anschließend Arbeitslosenhilfe gewährt. Indes ist den Vorinstanzen darin zuzustimmen, daß dieser Umstand einem Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Leistung von Zwischenübergangsgeld für den streitigen Zeitraum nicht entgegensteht.
Nach dem Urteil des 11. Senats vom 23. September 1981 (BSG SozR 2200 § 1241e Nr 12 S. 32 f) ist der Rentenversicherungsträger in Ausnahme von dem Grundsatz, daß wenigstens die erste der beiden Maßnahmen zur Rehabilitation von ihm gewährt worden sein muß, zur Zahlung des Zwischenübergangsgeldes auch dann verpflichtet, wenn er rechtskräftig zur Gewährung berufsfördernder Maßnahmen einschließlich einer Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung verurteilt worden ist, die BA ihm jedoch in eigener Zuständigkeit diese Verpflichtung abgenommen und sowohl die Berufsfindung und Arbeitserprobung durchgeführt als auch dem Versicherten während ihrer Dauer Übergangsgeld gezahlt hat. Könnte sich der Rentenversicherungsträger darauf berufen und auf diese Weise von den Folgeleistungen freikommen, so wäre damit eine wesentliche Schlechterstellung des Versicherten verbunden, weil nach den Vorschriften des AFG Übergangsgeld in der Zeit zwischen zwei berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation nicht gewährt wird. Diese Schlechterstellung braucht der Versicherte im Hinblick auf den gegen den Rentenversicherungsträger erstrittenen rechtskräftigen Titel nicht hinzunehmen. Der erkennende Senat tritt diesen Erwägungen bei. Dabei mißt er allerdings dem Umstand, daß der Rentenversicherungsträger zur Gewährung berufsfördernder Maßnahmen ua zur Berufsfindung und Arbeitserprobung rechtskräftig verurteilt worden ist, nicht die ausschlaggebende Bedeutung bei. Entscheidend ist vielmehr, ob der Rentenversicherungsträger nach der materiellen Rechtslage für die Gewährung der Maßnahmen zuständig und dazu verpflichtet ist. Ist dies der Fall, so kann es keinen Unterschied machen, ob seine Zuständigkeit und Verpflichtung durch ein rechtskräftiges Urteil festgestellt worden sind oder nicht. Vielmehr gilt unabhängig davon in allen derartigen Fällen die vom 11. Senat angestellte Erwägung, daß eine Verschiebung der Zuständigkeit und Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers auf einen anderen Träger der Rehabilitation nicht zu Lasten des Rehabilitanden gehen darf (vgl auch BSG 47, 176, 180 = SozR 2200 § 1241e Nr 7 S. 16). Das muß über den vom 11. Senat entschiedenen Fall einer rechtskräftigen Beurteilung des Rentenversicherungsträgers hinaus allgemein dann gelten, wenn die erste von zwei mit zeitlichem Abstand aufeinander folgenden berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation zwar nicht vom Rentenversicherungsträger, sondern von der BA gewährt worden ist und sie auch Übergangsgeld gezahlt hat, die Zuständigkeit und rechtliche Verpflichtung zur Leistungsgewährung jedoch dem Rentenversicherungsträger und nicht der BA obgelegen hat. In diesen Fällen würde die Inanspruchnahme einer eigenen Zuständigkeit und Verpflichtung seitens der BA und die Berufung des Rentenversicherungsträgers darauf stets dazu führen, daß dem Rehabilitanden das nur im Rehabilitationsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung, nicht aber im AFG vorgesehene Zwischenübergangsgeld versagt werden könnte. Für eine solche Schlechterstellung des Rehabilitanden durch Verlagerung der Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers auf die BA fehlt die rechtliche Grundlage und eine sachliche Rechtfertigung.
Das muß auch im vorliegenden Fall gelten. Die Beklagte ist - worauf sie selbst in ihrem Schreiben an das Arbeitsamt G. vom 14. Juli 1976 zutreffend hingewiesen hat - sowohl im Zeitpunkt der Abfassung dieses Schreibens als auch während der Durchführung der Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung vom 15. August bis 8. September 1977 für die berufliche Rehabilitation des Klägers zuständig gewesen. Das ergibt sich aus § 1236 Abs 1 und Abs 1a Nr 1 RVO in der ab 1. Oktober 1974 geltenden Fassung des RehaAnglG. Danach kann, wenn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist und sie voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann, der Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Rehabilitation in dem in den §§ 1237 bis 1237b RVO bestimmten Umfang gewähren (§ 1236 Abs 1 RVO). Versicherter in diesem Sinne ist ua, für wen im Zeitpunkt der Antragstellung in den vorausgegangenen 24 Kalendermonaten mindestens für sechs Kalendermonate Beiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet worden sind (§ 1236 Abs 1a Nr 1 RVO). Der Kläger hat - worüber unter den Beteiligten kein Streit herrscht - in dem hier maßgebenden Zeitraum sowohl die versicherungsrechtlichen (§ 1236 Abs 1a Nr 1 RVO) als auch die leistungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 1236 Abs 1 RVO) für die Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation durch die Beklagte erfüllt. Zwar sind durch das Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz - 20. RAG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I S. 1040) die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation durch die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung stark eingeschränkt worden. Seither gilt bei berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation als Versicherter nur noch, wer im Zeitpunkt der Antragstellung eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten zurückgelegt hat oder Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit bezieht (§ 1236 Abs 1 Satz 1 Nr 3 RVO in der Fassung des Art 2 § 1 Nr 5 Buchst b), cc) des 20. RAG). Indes ist diese Rechtsänderung für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Sie ist erst am 1. Juli 1978 in Kraft getreten (Art 3 § 6 des 20. RAG; vgl auch die Überleitungsregelung des Art 3 § 1 Abs 2 und 3 des 20. RAG) und läßt die bereits vorher begründete Zuständigkeit der Beklagten für die berufliche Rehabilitation des Klägers unberührt.
Durch diese Zuständigkeit der Beklagten ist diejenige der Beigeladenen - die Frage einer eventuellen "Aufstockung" der Leistungen des Rentenversicherungsträgers stellt sich im vorliegenden Rechtsstreit nicht (vgl hierzu die Rechtsprechungshinweise bei Funk SGb 1983, 45, 54 f mit Fn. 127 bis 130) - verdrängt worden. Das ergibt sich aus § 57 Satz 1 AFG in der Fassung des RehaAnglG. Danach darf die Bundesanstalt für Arbeit berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation nur gewähren, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger im Sinne des RehaAnglG zuständig ist. Im vorliegenden Fall ist für die berufliche Rehabilitation des Klägers während der Durchführung der Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung vom 15. August bis 8. September 1977 die Beklagte zuständig und damit die Beigeladene zur Gewährung entsprechender Leistungen nicht befugt gewesen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten läßt sich eine Zuständigkeit der Beigeladenen für die dem Kläger gewährte Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung nicht aus § 57 Satz 2 AFG, § 5 Abs 4 RehaAnglG und § 3 Abs 1 der Gesamtvereinbarung über die Beteiligung der Bundesanstalt für Arbeit bei beruflicher Rehabilitation vom 3. Februar 1977 (DOK 1977, 523; abgedruckt auch bei Kugler, Rehabilitation in der Rentenversicherung, 1979, Anhang 1.3, S. 312 ff) herleiten. Nach der erstgenannten Vorschrift hat die Bundesanstalt für Arbeit, wenn ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist, diesem die erforderlichen berufsfördernden Maßnahmen vorzuschlagen. Nach § 5 Abs 4 Satz 1 RehaAnglG ist die BA von den anderen Rehabilitationsträgern vor der Einleitung berufsfördernder Maßnahmen zur Rehabilitation, insbesondere bei der ersten Beratung des Behinderten, zu beteiligen, damit rechtzeitig Feststellungen über Notwendigkeit, Art und Umfang der Maßnahmen getroffen werden können. Gemäß § 3 Abs 1 der Gesamtvereinbarung vom 3. Februar 1977 unterbreitet das Arbeitsamt dem Rehabilitationsträger unter Berücksichtigung von Eignung, Neigung und bisheriger Tätigkeit des Behinderten sowie Lage und Entwicklung des allgemeinen oder gegebenenfalls des besonderen Arbeitsmarktes der Werkstätten für Behinderte unverzüglich einen Eingliederungsvorschlag. Der Beklagten ist darin beizupflichten, daß es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, im wohlverstandenen Interesse des Behinderten die vielfältigen Erfahrungen der Arbeitsämter in Fragen der Arbeits- und Berufsförderung sowie des Arbeitsmarktes und ihre besonderen Fachdienste nutzbar zu machen und dadurch Maßnahmen zu vermeiden, welche sich nach einigen Jahren als arbeitsmarktpolitisch falsch erweisen und in Wirklichkeit keine echten Rehabilitationsmaßnahmen darstellen. Indes ändern diese Erwägungen nichts daran, daß die BA vor und bei Durchführung berufsfördernder Maßnahmen zur Rehabilitation durch den zuständigen Rehabilitationsträger lediglich beratend und gutachtlich beteiligt ist. Nicht hingegen wird sie, sofern bereits im Rahmen dieser Beteiligung berufsfördernde Maßnahmen im eigentlichen Sinne wie etwa solche der Berufsfindung und Arbeitserprobung erforderlich werden, der hierfür zuständige Leistungsträger. In die gesetzlich festgelegten Zuständigkeiten der verschiedenen Rehabilitationsträger wird vielmehr durch die Beteiligung der BA nicht eingegriffen (vgl Begründung zu § 5 Abs 4 RehaAnglG im Gesetzentwurf der Bundesregierung; abgedruckt bei Jung-Preuß, Kommentar zum Rehabilitationsangleichungsgesetz, 2. Aufl 1975, S. 143f).
Der Senat gelangt somit zu folgendem Ergebnis: Die dem Kläger in der Zeit vom 15. August bis 8. September 1977 gewährte Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung ist zwar von der Beigeladenen unter Inanspruchnahme einer eigenen Zuständigkeit bewilligt worden. Der für diese als berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation im eigentlichen Sinne zu qualifizierende Maßnahme zuständige Träger ist jedoch die Beklagte gewesen. Durch das Tätigwerden der Beigeladenen anstelle der an sich zuständigen Beklagten dürfen dem Kläger keine Nachteile erwachsen. Deswegen ist er so zu stellen, als sei die Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung von der dafür zuständigen Beklagten durchgeführt worden. Damit hat im Rahmen des § 1241e Abs 1 RVO auch die erste der aufeinander folgenden Maßnahmen zur Rehabilitation als vom Träger der gesetzlichen Rentenversicherung durchgeführt zu gelten.
Die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift für die Gewährung des "Zwischenübergangsgeldes" sind ebenfalls erfüllt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beginn der weiteren berufsfördernden Maßnahme erst am 1. September 1978 auf organisatorischen Gründen im Einflußbereich der Beklagten bzw der Beigeladenen und nicht auf vom Kläger zu vertretenden Gründen beruht. In der Zeit vom 9. September 1977 bis 31. August 1978 hat ihm vom Arbeitsamt eine zumutbare Beschäftigung nicht vermittelt werden können. Gegen diese tatsächlichen Feststellungen sind Revisionsrügen nicht vorgebracht worden. Sie sind somit für den Senat bindend (§ 163 SGG).
Der Kläger hat nach alledem für den Zeitraum vom 9. September 1977 bis 31. August 1978 Anspruch auf Übergangsgeld. Dem steht nicht entgegen, daß er während dieses Zeitraumes tatsächlich Arbeitslosenhilfe bezogen hat. Gegenüber dieser Leistung ist auch im Falle der zweiten Alternative des § 1241e Abs 1 RVO das Übergangsgeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht subsidiär (BSG SozR 2200 § 1241e Nr 9 S. 22; vgl auch BSGE 46, 295, 297 = SozR 2200 § 1241e Nr 4 S. 7). Vielmehr bewirkt umgekehrt der Anspruch auf Übergangsgeld ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe (§ 134 Abs 4 in Verbindung mit § 118 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AFG). Über eine Rückforderung dieser Leistung durch die Beigeladene oder eine Verrechnung seitens der Beklagten hat der Senat nicht zu befinden.
Die Urteile der Vorinstanzen treffen zu. Das führt zur Zurückweisung der Revision der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen