Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherungsschutz für ehrenamtlich Tätige in Vereinen. Unfallversicherungsschutz für Vereinsmitglieder. Prozeßführungsbefugnis des Schädigers. Änderung der Reihenfolge von Haupt- und Hilfsantrag keine Klageänderung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Mitgliedschaft in einem rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen Verein schließt ein Beschäftigungsverhältnis iS der Unfallversicherung nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO zwischen dem Vereinsmitglied und Verein nicht von vornherein aus; fehlt es im Einzelfall an dem Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses, kann ein Vereinsmitglied Arbeitsleistung auch wie ein nach § 539 Abs 1 RVO Beschäftigter unfallversichert sein.
2. Bei Vereinsmitgliedern ist zwischen Arbeitsleistungen, die nur auf Mitgliedspflichten beruhen - zB auf der Satzung, auf den Beschlüssen zuständiger Vereinsgremien, auf Verpflichtungen, die mit der Aufnahme in den Verein eingegangen wurden, auf allgemeine Übung- und Arbeitsleistungen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden -, zu unterscheiden. Auch umfangreiche Arbeiten für den Verein sind unversichert, wenn sie lediglich Ausfluß einer mitgliedschaftlichen Verpflichtung sind.
3. Die Mithilfe von Vereinsmitgliedern beim Auf- und Abbau eines Festzeltes hält sich im Rahmen der in einem Verein gewöhnlich anfallenden Arbeiten und ist daher als Mitgliedspflicht vom Unfallversicherungsschutz nicht erfaßt.
4. Die Grundsätze zum Unfallversicherungsschutz von Vereinsmitgliedern gelten auch bei Verrichtungen, die bei Tätigkeiten außerhalb des engeren Vereinszweckes anfallen.
Orientierungssatz
1. Der Versicherungsschutz nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO als auch nach Abs 2 dieser Vorschrift entfällt, wenn der Verletzte die Arbeitsleistung - hier Abbau eines Festzeltes - aufgrund einer dem Verein gegenüber als Mitglied bestehenden rechtlichen Pflicht erbrachte.
2. Verpflichtet sich das Mitglied selbst durch eine entsprechende Willenserklärung zur Arbeitsleistung für den Verein auf mitgliedschaftlicher Grundlage, dann kommt es nicht mehr darauf an, ob die Eingehung dieser Verpflichtung auf die Satzung oder einen Beschluß eines der zuständigen Vereinsorgane zurückzuführen ist. Entscheidend ist allein, daß nach dieser rechtlich verbindlichen Willenserklärung eine sanktionsbewehrte Rechtspflicht als Mitglied bestand, Arbeitsleistungen für den Verein in einem bestimmten Umfang zu erbringen.
3. In der bloßen Änderung der Reihenfolge der bereits in der Berufungsinstanz als Haupt- und Hilfsantrag gestellten Anträge liegt - jedenfalls bei unverändertem Klagegrund - keine im Revisionsverfahren nach § 168 SGG nicht mehr zulässige Klageänderung (so auch BAG vom 1977-05-04 4 AZR 755/75 = AP Nr 17 zu § 611 "Bergbau").
4. Das sich aus § 639 S 1 RVO ergebende Recht, an Stelle des Verletzten, seiner Angehörigen oder Hinterbliebenen zur Durchsetzung der in §§ 636, 637 RVO normierten Haftungsbeschränkung bei Arbeitsunfällen das Klageverfahren zu betreiben, muß dem Schädiger gleichermaßen zugebilligt werden, wenn ein Dritter die auf ihn übergegangenen Schadensersatzansprüche des Verletzten geltend macht.
Normenkette
SGG § 168 Fassung: 1974-07-30; RVO § 539 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30, Abs. 2 Fassung: 1963-04-30, § 639 S. 1 Fassung: 1963-04-30, § 636 Fassung: 1963-04-30, § 637 Fassung: 1971-03-18
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei dem Unfall des Beigeladenen zu 2) (B.) am 30. Juni 1975 um einen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigenden Arbeitsunfall handelt.
Der Kläger und B. waren z.Z. des Unfalls aktive Mitglieder des Angelsportvereins Z......... . Sie hatten sich ebenso wie auch die anderen Mitglieder dieses Vereins in dem Aufnahmeformular verpflichtet, an bis zu 10 Arbeitseinsätzen pro Jahr für den Verein teilzunehmen; im Verhinderungsfalle waren jeweils 15,- DM an den Verein zu zahlen. Aufgrund dieser Verpflichtung errichteten der Kläger und B. sowie weitere acht Vereinsmitglieder bei dem jährlich von dem Angelsportverein veranstalteten Fischerfest ein Bierzelt. Der Verein hatte das Zelt gemietet. Der Zeltmeister des Vermieters führte die Aufsicht über die - vom Verein durchzuführenden - Aufbau- und Abbauarbeiten. Nach dem Mietvertrag war der Verein verpflichtet, die für die Arbeiten erforderlichen Hilfskräfte zur Verfügung zu stellen und den Zeltmeister zu entlohnen. Der Abbau des Zeltes dauerte etwa sieben Stunden. Dabei verursachte der Kläger am 30. Juni 1975 einen Unfall des B., der sich eine Kopfplatzwunde und eine starke Gehirnerschütterung zuzog und deswegen vom 30. Juni 1975 bis zum 31. August 1975 dienstunfähig war.
Die Beklagte lehnte gegenüber B. - bindend - die Gewährung einer Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab (Bescheid vom 27. November 1978, Widerspruchsbescheid vom 21. September 1979).
Mit Bescheid vom 25. April 1980 (Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 1980) verneinte die Beklagte auch dem Kläger gegenüber, gegen den die Bundesrepublik Deutschland als Arbeitgeber des B. übergegangene Schadensersatzansprüche geltend machte, das Vorliegen eines Arbeitsunfalls.
Klage und Berufung des Klägers sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des Sozialgerichts -SG- Speyer vom 14. April 1981; Urteil des Landessozialgerichts -LSG- Rheinland-Pfalz vom 14. Juli 1982). Das LSG hat die Berufung des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Kläger dem Beigeladenen zu 2), B., die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens erster Instanz zu erstatten hat. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Die Beigeladene zu 1) scheide als zuständiger Versicherungsträger aus, weil B. die Arbeitsleistung beim Abbau des Festzeltes für seinen Verein und nicht für den Vermieter des Zeltes erbracht habe. Der auf Verurteilung der Beklagten gerichtete Hilfsantrag sei ebenfalls unbegründet. B. sei allein in Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten tätig geworden. Das gehe aus der im Aufnahmeantrag übernommenen Verpflichtung hervor, an bis zu 10 Arbeitseinsätzen mitzuwirken. Daß der Auf- und Abbau des Zeltes ein solcher Arbeitseinsatz gewesen sei, werde von keinem der Beteiligten in Frage gestellt. B. habe von dem Verein auch kein Entgelt erhalten wie in dem vom Bayerischen LSG entschiedenen Fall in Breithaupt 1961, 1093. Mit der Verpflichtung zur Zahlung von 15,- DM habe der Verein lediglich die Erfüllung der übernommenen Vereinspflicht durch seine Mitglieder sicherstellen wollen. Der Auffassung des Klägers, eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit müsse angenommen werden, weil der Auf- und Abbau des Zeltes den Rahmen gelegentlicher geringfügiger Arbeiten für den Verein überschritten habe und zudem besonders gefährlich gewesen sei, sei nicht zu folgen. Auch umfangreiche Arbeiten für den Verein würden ebenfalls und gerade dann als unversichert angesehen, wenn sie lediglich Ausfluß einer mitgliedschaftlichen Verpflichtung seien. Wesentlich sei nicht, daß die Pflicht zur Teilnahme am Arbeitseinsatz nicht in der Vereinssatzung festgeschrieben sei; entscheidend sei allein, daß B. wie auch die anderen Vereinsmitglieder diese Pflicht rechtsgültig übernommen habe und insoweit nicht mehr frei gewesen sei. Die Veranstaltung eines alljährlich stattfindenden Vereinsfestes überschreite nicht den Rahmen eines üblichen Vereinslebens. Nicht jede Darstellung des Vereins in der Öffentlichkeit könne als den Vereinszweck überschreitende Tätigkeit nach § 539 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) versichert sein. Die Gefährlichkeit einer Tätigkeit sei kein Maßstab dafür, ob sie gesetzlich versichert sei oder nicht. Eine Leistungspflicht des beigeladenen Gemeindeunfallversicherungsverbandes entfalle schließlich schon deshalb, weil in jedem Falle ein Arbeitsunfall nicht vorliege.
Zur Begründung der - vom LSG zugelassenen - Revision trägt der Kläger vor: B. habe im Zeitpunkt des Unfalls gemäß § 539 Abs 2 RVO unter Versicherungsschutz gestanden, weil er den Weisungen des Zeltmeisters unterworfen gewesen sei und eine dem Vermieter dienende Tätigkeit ausgeübt habe. Es handele sich dabei weder um eine Gefälligkeitsleistung noch um eine reine Vereinstätigkeit. Nach der Vereinssatzung gehöre es nicht zu den Zielen des Vereins, ein jährliches Fischerfest durchzuführen. Zu den im Aufnahmeformular genannten Pflichten des Vereinsmitgliedes gehöre deshalb nicht die Mitwirkung bei der Errichtung des Festzeltes. Selbst wenn man eine andere Auffassung vertrete, liege eine auf Mitgliedspflichten beruhende Arbeitsleistung schon deshalb nicht vor, weil es darüber weder eine Satzungsbestimmung noch einen Beschluß der Mitgliederversammlung gebe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entfalle der Versicherungsschutz nur dann, wenn es sich um originäre Pflichten handele, die sich aus der Satzung bzw aus einem Mitgliederbeschluß ergäben. Es sei danach weiterhin durchaus möglich, daß ein Vereinsmitglied eine Tätigkeit für seinen Verein wie ein Arbeitnehmer nach § 539 Abs 2 RVO ausübe, ohne daß diese Tätigkeit einen Ausfluß der Mitgliedschaft darstelle. So sei die Tätigkeit beim Zeltabbau zumindest in dem Verhältnis zu dem Verein eine versicherte Tätigkeit gewesen. Des weiteren rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 103, 106, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Er meint, das LSG hätte sich gedrängt sehen müssen, der Frage nachzugehen, ob B. beim Eintritt in den Verein in dem Aufnahmeantrag sich verpflichtet habe, an bis zu 10 Arbeitseinsätzen im Jahr mitzuwirken. Ein derartiger Sachverhalt werde unterstellt. Im Berufungsverfahren sei dazu von keiner Seite etwas Substantielles vorgetragen worden. Der festgestellte Sachverhalt beruhe ausschließlich auf den Angaben des Rechtsanwalts des Klägers im Verwaltungsverfahren. B. habe auch ein entsprechendes Aufnahmeformular nicht unterschrieben; dies sei seinerzeit noch nicht üblich gewesen. Aus der Sicht des LSG habe zur Aufklärung dieses Punktes um so mehr Anlaß bestanden, als in dem Bescheid der Beklagten vom 27. November 1978 ausgeführt sei, B. habe sich verpflichtet, sich an bis zu sechs Tagen im Jahr für anfallende Arbeiten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Der Rechtsstreit sei deshalb an das LSG zurückzuverweisen. Das LSG unterstelle, daß eine Vereinspflicht dahingehend bestanden habe, daß jedes aktive Mitglied sich zu Arbeitseinsätzen verpflichte und daß zu diesen Arbeitseinsätzen auch der Auf- und Abbau des Zeltes gehört habe. Eine Bestimmung in der Satzung über evtl. Arbeitseinsätze existiere nicht. Auch die Mitgliederversammlung habe niemals einen Beschluß darüber gefaßt, daß es zu den regulären Pflichten eines jeden Vereinsmitgliedes gehöre, an bestimmten Arbeitseinsätzen teilzunehmen. Die - beigefügten - Protokolle der Mitglieder- und Generalversammlung gäben lediglich Auskunft darüber, in welcher Höhe eine Ausgleichszahlung vorzunehmen sei, wenn ein Mitglied an Arbeitseinsätzen nicht teilnehme. Die Pflege geselligen Beisammenseins gehöre überdies nicht zum Vereinszweck. Also könne aus dem Vereinszweck nicht die Verpflichtung zum Auf- und Abbau des Zeltes gefolgert werden. Ob eine Vereinspflicht aufgrund allgemeiner Übung vorliege, habe das LSG nicht festgestellt. Zur Klärung dieses Punktes wäre das LSG verpflichtet gewesen, den Vorstand des Vereins und evtl. weitere Mitglieder als Zeugen zu hören. Selbst wenn aber eine allgemeine Übung existierte, bestehe gleichwohl Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 RVO. Voraussetzung für eine Tätigkeit in Ausübung der Vereinspflicht sei nämlich, daß diese Tätigkeit in engem Zusammenhang mit dem Vereinszweck selbst stehe. Daß bestimmte Tätigkeiten alljährlich von einem bestimmten Personenkreis unentgeltlich verrichtet würden, hindere den Versicherungsschutz nicht. Die Vereinsmitglieder hätten ganz normale Arbeitnehmertätigkeiten wahrgenommen. Ein Bezug zum Verein sei nicht herstellbar. Es habe sich um reguläre Bauarbeiten gehandelt, die mit der Sportfischerei nichts zu tun gehabt hätten. Selbst wenn B. sich mündlich bereit erklärt haben sollte, an bis zu 10 Arbeitseinsätzen im Jahr für den Verein mitzuwirken, werde dadurch die Mithilfe beim Auf- und Abbau des Zeltes nicht zu einer "Vereinspflicht". Die behauptete Vereinbarung besage nichts darüber, ob von diesen Arbeitseinsätzen auch die Mithilfe beim Zeltaufbau und Zeltabbau umfaßt werde.
Der Kläger beantragt, die Urteile des Sozialgerichts Speyer vom 14. April 1981 und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. Juli 1982 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. November 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 1979 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. April 1980 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1980 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu 1), Berufsgenossenschaft für Nahrungsmittel und Gaststätten, hilfsweise den Beigeladenen zu 3), Gemeindeunfallversicherungsverband Rheinland-Pfalz, zu verurteilen, den Unfall des Beigeladenen zu 2), A..... B........, vom 30. Juni 1975 als Arbeitsunfall zu entschädigen.
Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1) bis 3) beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Sie halten die Entscheidungen des SG und des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Über die vom Kläger in der Revisionsinstanz gestellten Anträge ist ungeachtet der vorgenommenen Umstellung von Haupt- und Hilfsantrag zu entscheiden. In der bloßen Änderung der Reihenfolge der bereits in der Berufungsinstanz als Haupt- und Hilfsantrag gestellten Anträge liegt - jedenfalls bei unverändertem Klagegrund - keine im Revisionsverfahren nach § 168 SGG nicht mehr zulässige Klageänderung (BAG AP Nr 17 zu § 611 "Bergbau").
Die Entscheidung des LSG, das die Klage als zulässig, jedoch nicht als begründet angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Die Prozeßführungsbefugnis des Klägers ergibt sich, wie das LSG zutreffend angenommen hat, aus § 639 Satz 1 RVO, eine auch noch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende Prozeßvoraussetzung (BSG SozR 2200 § 639 Nr 1). Das Recht, an Stelle des Verletzten, seiner Angehörigen oder Hinterbliebenen zur Durchsetzung der in §§ 636, 637 RVO normierten Haftungsbeschränkung bei Arbeitsunfällen das Klageverfahren zu betreiben, muß dem Schädiger gleichermaßen zugebilligt werden, wenn ein Dritter die auf ihn übergegangenen Schadensersatzansprüche des Verletzten geltend macht. Zudem hat auch B. als Verletzter, wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, eine Inanspruchnahme des Klägers nur vorerst, dh bis zum Abschluß dieses Verfahrens, hinten angestellt.
Einer Prüfung der Voraussetzungen des § 639 Satz 2 RVO bedarf es nicht. Die Beklagte hat sich nicht auf die Bestandskraft des Bescheides vom 27. November 1978 berufen, vielmehr den Kläger mit Bescheid vom 25. April 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 1980 in der Sache selbst beschieden. Somit stellt sich die Frage einer Versäumung der Klagefrist gegen den Bescheid vom 27. November 1978 und eines etwaigen Verschuldens daran nicht.
Das LSG ist auf der Grundlage der getroffenen Tatsachenfeststellungen ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich bei dem Unfall des B. am 30. Juni 1975 nicht um einen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigenden Arbeitsunfall handelt. Nach § 548 Abs 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO sind die aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten gegen Arbeitsunfall versichert. Die Mitgliedschaft in einem - rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen - Verein schließt die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht von vornherein aus (BSGE 14, 1, 3; 17, 211, 216; BSG SozR Nrn 24, 27 und 33 zu § 539 RVO; SozR 2200 § 539 Nr 81; BSG ZfS 1976, 121; BSG, Urteil vom 23. Juni 1977 - 2 RU 67/75 - = USK 77 142; BSG SozR 2200 § 539 Nrn 68, 83; BSGE 52, 11, 12; BSG, Urteil vom 29. April 1982 - 2 RU 83/80 - = HVGBG RdSchr VB 127/82). Es ist jedoch zu unterscheiden zwischen Arbeitsleistungen, die auf Mitgliedspflichten beruhen (auf der Satzung, auf Beschlüssen der zuständigen Vereinsorgane, auf allgemeiner Übung) und den Arbeitsleistungen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden. Nur im letzteren Fall kann nach der Rechtsprechung, wenn die erforderliche Abhängigkeit gegeben ist, ein Arbeits- oder Dienstverhältnis angenommen werden (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl, S 471c, 476e und f mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Diese Rechtsprechung findet ihre Parallele in der im Arbeitsrecht herrschenden Ansicht, daß eine Tätigkeit, die zB auf gesellschaftsrechtlicher oder körperschaftlicher Verpflichtung beruht, wegen Fehlens eines Abhängigkeitsverhältnisses nicht aufgrund eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt wird (Brackmann aaO, S 476g mit Nachweisen). Bei einer auf Mitgliedspflichten beruhenden Tätigkeit scheidet auch eine Versicherung gegen Arbeitsunfall wie ein Beschäftigter nach § 539 Abs 2 RVO aus (Brackmann aaO, S 476f).
Das LSG hat diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den festgestellten Sachverhalt fehlerfrei angewendet; danach entfällt der Versicherungsschutz sowohl nach § 539 Abs 1 Nr 1 RVO als auch nach Abs 2 dieser Vorschrift schon deshalb, weil B. die Arbeitsleistung beim Abbau des Zeltes aufgrund einer dem Angelsportverein Z.......... gegenüber als Mitglied bestehenden rechtlichen Pflicht erbrachte.
Nach den vom LSG getroffenen Tatsachenfeststellungen hatte sich B. ebenso wie die anderen Vereinsmitglieder in dem Aufnahmeformular verpflichtet, an bis zu 10 Arbeitseinsätzen im Jahr für den Verein mitzuwirken und im Verhinderungsfalle jeweils 15,- DM zu zahlen; an diese Feststellungen ist das Revisionsgericht gebunden (§ 163 SGG). Soweit die Revision den festgestellten Sachverhalt bestreitet, ist dieses Vorbringen im Revisionsrechtszug unbeachtlich. Die außerdem von der Revision gegen die getroffenen Feststellungen erhobenen Rügen sind unbegründet. Der Vorwurf, das LSG unterstelle einen Sachverhalt, trifft schon deshalb nicht zu, weil die Tatsachenfeststellung, wie die Revision selbst vorträgt, auf dem eigenen Vorbringen des Klägers im Verwaltungsverfahren beruht, das bereits das SG seiner Entscheidung zugrundegelegt und das der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht nachträglich in Frage gestellt hat. Das Tatsachengericht ist nicht gehindert, das Vorbringen der Beteiligten seiner Sachentscheidung zugrunde zu legen (vgl § 106 SGG), ungeachtet dessen, daß das Beweismittel der Parteivernehmung im sozialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen ist (vgl § 118 Abs 1 SGG). Denn die Prozeßordnung fordert grundsätzlich nicht, daß das Gericht bei der Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen alle vorhandenen Beweismittel ausschöpft, wenn es sich bereits Gewißheit verschafft hat (Meyer-Ladewig, SGG, 2. Aufl, § 103 RdNr 12). Auch die in diesem Zusammenhang erhobene Aufklärungsrüge geht fehl. Dem Revisionsvorbringen läßt sich nicht entnehmen, aus welchem Grunde das LSG sich, ausgehend von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt, zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt sehen müssen. Gerade weil auch in der Berufungsinstanz gegen den vom SG festgestellten unstreitigen Sachverhalt nichts vorgebracht wurde, der Kläger insbesondere keinen Beweisantrag gestellt hat, ist das Verfahren des LSG nicht zu beanstanden.
Die weitere Revisionsrüge, das LSG hätte klären müssen, ob ein entsprechender Beschluß der Mitgliederversammlung vorliegt, greift ebenfalls nicht durch. Verpflichtet sich das Mitglied selbst durch eine entsprechende Willenserklärung zur Arbeitsleistung für den Verein auf mitgliedschaftlicher Grundlage, dann kommt es nicht mehr darauf an, ob die Eingehung dieser Verpflichtung auf die Satzung oder einen Beschluß eines der zuständigen Vereinsorgane zurückzuführen ist. Entscheidend ist allein, daß nach dem vom LSG für das Revisionsgericht bindend festgestellten Inhalt dieser rechtlich verbindlichen Willenserklärung eine sanktionsbewehrte Rechtspflicht des B. als Mitglied bestand, Arbeitsleistungen für den Verein in dem bezeichneten Umfang zu erbringen.
Auch von der weiteren Feststellung des LSG, die Mithilfe des B. beim Zeltabbau sei in Erfüllung der übernommenen Verpflichtung erfolgt, hat der Senat bei der rechtlichen Beurteilung auszugehen. Insoweit bleibt der von der Revision erhobenen Aufklärungsrüge der Erfolg ebenfalls versagt. Das LSG mußte sich nicht gedrängt fühlen zu klären, ob die übernommene Verpflichtung zur Arbeitsleistung auf "bis zu 6 Tage im Jahr für anfallende Arbeiten" oder auf "bis zu 10 Arbeitseinsätzen" lautete. Entscheidungserheblich war insoweit nur, ob der Arbeitseinsatz beim Zeltabbau noch in den Umfang der übernommenen Verpflichtung fiel oder - wie in dem der Entscheidung des 8. Senats des BSG (SozR 2200 § 539 Nr 68) zugrundeliegenden Sachverhalt - nach Erbringung der Arbeitsleistungen in dem festgelegten Umfang bereits auf dem freien Entschluß zur Mithilfe beruhte. Das letztere ist aber im gesamten Verfahren von keinem der Beteiligten behauptet worden.
Soweit das LSG davon ausgegangen ist, daß der Arbeitseinsatz beim Zeltabbau von der von B. abgegebenen Willenserklärung gedeckt war, ist diese Feststellung des Erklärungsinhalts der Willenserklärung ebenfalls für das Revisionsgericht verbindlich. Denn insoweit ist die Auslegung einer Willenserklärung durch das Tatsachengericht nur eingeschränkt auf Rechtsfehler hin überprüfbar (s ua BSGE 43, 37, 39; BSG SozR 1500 § 163 Nr 2; BSG Urteil vom 26. Januar 1983 - 1 RA 11/82 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Derartige Rechtsfehler, zB ein Verstoß gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze, sind aber nicht erkennbar. Ein Arbeitseinsatz von etwa 7 Stunden Dauer hält sich jedenfalls noch im Rahmen der in einem Verein gewöhnlich anfallenden Arbeiten. Daß mit der abgegebenen Willenserklärung etwas anderes erklärt werden sollte, zB nur Arbeitsleistungen in geringerem Umfang umfaßt werden sollten, ist überdies in den ersten beiden Rechtszügen von keinem der Beteiligten, insbesondere nicht von dem Kläger oder von B., behauptet worden.
Verrichten Mitglieder Arbeiten, die den Rahmen der gewöhnlichen Zwecke des Vereins überschreiten, wie zB die Tätigkeit beim Bau eines Vereinshauses oder einer Vereinskantine (BSGE 14, 1, 4; 52, 11, 15; BSG SozR 2200 § 539 Nr 81; BSG, Urteil vom 26. Januar 1982 - 2 RU 43/80 - = USK 8252 und vom 29. April 1982 aaO) kann, wenn im Einzelfall die Voraussetzungen des § 539 Abs 1 Nr 1 RVO (vgl insoweit BSG SozR 2200 § 539 Nr 68 und das Urteil vom 29. April 1982 aaO) oder des § 539 Abs 2 RVO gegeben sind, Unfallversicherungsschutz bestehen. Um derartige umfangreiche Arbeiten handelte es sich jedoch beim Abbau des Zeltes nicht. Die Revision mißversteht die Rechtsprechung des BSG, wenn sie meint, die Grundsätze zum Versicherungsschutz von Vereinsmitgliedern kämen bei außerhalb des - engeren - Vereinszwecks anfallenden Arbeiten nicht zum Tragen. Unfallversicherungsrechtlich relevant für den Versicherungsschutz von Vereinsmitgliedern wird die "Zweckverfolgung" erst dann, wenn die Heranziehung des Vereinsmitgliedes zu Arbeitsleistungen den Rahmen der gewöhnlichen Zwecke des Vereins überschreitet. Das ist bei einem einmal im Jahr stattfindenden Vereinsfest jedenfalls nicht der Fall, wie auch das LSG zu Recht angenommen hat. Die Pflege geselligen Beisammenseins stellt, wenn auch der in der Satzung bezeichnete Hauptzweck eines Angelsportvereins ein anderer sein mag, doch auch eines der Ziele dar, die im Rahmen des üblichen Vereinslebens angestrebt werden, zumal dann, wenn - wie hier - neben den aktiven auch passive Mitglieder dem Verein angehören.
Auch der in der Revisionsinstanz als Hilfsantrag gestellte Antrag auf Verurteilung der Beigeladenen zu 1) ist nicht begründet. Wie bereits ausgeführt, ist B. beim Abbau des Zeltes ausschließlich aufgrund der gegenüber seinem Verein übernommenen Verpflichtung tätig geworden. Ebenso wie jemand, wenn er im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses tätig wird, dh Tätigkeiten verrichtet, die zu seinem Aufgabenbereich als Beschäftigter gehören, nicht dabei gegenüber einem fremden Unternehmen, dem diese Arbeiten nutzen, wie ein Beschäftigter tätig wird, ist es bei einer Tätigkeit aufgrund von Mitgliedschaftspflichten ausgeschlossen, dadurch wie ein Beschäftigter gegenüber einem fremden Unternehmen tätig zu werden (BSGE 43, 65, 67, 68; Brackmann aaO S 477a). Selbst wenn seine Tätigkeit auch dem Unternehmen des Zeltvermieters nützlich gewesen sein sollte, so kann der Revision auch nicht darin gefolgt werden, daß Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 RVO gegeben sei, weil B. der Weisungsgewalt des Zeltmeisters unterstellt gewesen sei und eine auch dem Vermieter dienende Tätigkeit ausgeübt habe. Daß eine Tätigkeit auch den Zwecken oder Interessen eines (weiteren) Unternehmens dient, wird - wie bereits aufgezeigt - für den Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 RVO ohnehin nicht als ausreichend erachtet; gefordert wird vielmehr eine rechtlich wesentliche innere Beziehung zu dem anderen Unternehmen, die sich, wenn vertragliche Vereinbarungen vorhanden sind, nach deren Inhalt richtet (vgl BSGE 7, 195, 197; BSG SozR 2200 § 539 Nr 25 = SGb 1977 S 312, 313 mit zustimmender Anmerkung von Freitag; BSG, Urteil vom 4. November 1981 - 2 RU 53/81 - = RdSchr BVLBG UV 4/82 = Lauterbach - Kartei UV § 636 Abs 2 Nr 11134; Brackmann aaO S 476e und h). Die vertraglichen Vereinbarungen rechtfertigen hier jedoch keine andere Entscheidung. Nach dem zwischen dem Angelsportverein und dem Zeltvermieter abgeschlossenen Mietvertrag fielen die Auf- und Abbauarbeiten ausschließlich in den Verantwortungsbereich des Vereins, der Zeltvermieter stellte nur das Zelt zur Verfügung. Die Hilfstätigkeit der Vereinsmitglieder läßt sich damit nicht zugleich wie eine Beschäftigung für den Zeltvermieter qualifizieren (vgl insoweit das Urteil vom 4. November 1981 - 2 RU 53/81 - aaO).
Daß die vom Verein gestellten Hilfskräfte der Weisungsbefugnis des Zeltmeisters des Vermieters unterworfen waren, vermag an dieser rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. Auch der Zeltmeister war bei der Durchführung der Auf- und Abbauarbeiten im vertraglich vereinbarten Verantwortungsbereich des Vereins und damit - gegen ein entsprechendes Entgelt - für den Verein tätig.
Da B. beim Abbau des Zeltes nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand, erweist sich auch der weitere Hilfsantrag auf Verurteilung des Beigeladenen zu 3) als unbegründet. Aus demselben Grunde brauchte der Frage, ob im Entschädigungsfalle wegen der vorgenommenen Zeltbauarbeiten die beklagte Südwestliche Bau-Berufsgenossenschaft oder aber unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Eigen- oder Regiebauten (vgl BSGE 38, 6, 7) die für Vereine zuständige Verwaltungs-Berufsgenossenschaft leistungspflichtig gewesen wäre, nicht nachgegangen zu werden.
Nicht zu beanstanden ist schließlich die Änderung der Kostenentscheidung im sozialgerichtlichen Urteil durch das LSG. Die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils kann auch dann geändert werden, wenn es bei der Entscheidung in der Hauptsache verbleibt; das Verbot der reformatio in peius gilt insoweit nicht (Meyer-Ladewig aaO § 193 RdNr 16).
Die Revision des Klägers war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen