Entscheidungsstichwort (Thema)

Einzug von Sozialversicherungsbeiträgen durch Ersatzkassen. Beschränkung der Revisionszulassung durch das Berufungsgericht bei uneingeschränkter Zulassung im Urteilsausspruch. notwendige Beiladung des Rentenversicherungsträgers bei Streit über die Beitragsschuldnerschaft von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer. Beitragsschuldnerschaft hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge, wenn der Arbeitgeber sie an den Arbeitnehmer (versicherungspflichtiges Ersatzkassenmitglied) ausgezahlt hat

 

Leitsatz (redaktionell)

Krankenversicherungspflichtigen Mitgliedern einer Ersatzkasse, die sich von der Mitgliedschaft bei der gesetzlichen Krankenkasse (§ 225 RVO) befreien lassen, hat der Arbeitgeber den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil der Beiträge zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung auszuzahlen, soweit nicht eine unmittelbare Beitragsabführung an die Ersatzkasse vereinbart ist.

 

Orientierungssatz

1. Bei Streit über die Beitragsschuldnerschaft von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer ist der Rentenversicherungsträger notwendig beizuladen.

2. Die gesetzlichen Vorschriften lassen es nicht zu, allein der Auszahlung der Rentenversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer (versicherungspflichtiges Ersatzkassenmitglied) eine den Arbeitgeber befreiende Wirkung gegenüber der Einzugsstelle beizumessen.

3. Hat das Berufungsgericht die Revision im Urteilsausspruch uneingeschränkt zugelassen, so kann eine Beschränkung der Revisionszulassung aus den Gründen nur entnommen werden, wenn sie sich aus ihnen zweifelsfrei ergibt (so etwa BSG vom 3.7.1956 1 RA 87/55 = BSGE 3, 135, 137/138).

 

Normenkette

RVO § 520 Abs. 1 Fassung: 1972-08-07, § 1396 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1957-02-23, § 1398 Fassung: 1957-02-13; AVG § 118 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1957-02-23, § 120 S. 1 Fassung: 1957-02-23; SGG § 75 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 160 Abs. 2 Fassung: 1974-07-30; RVO § 225

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Entscheidung vom 20.03.1985; Aktenzeichen L 9 Kr 66/84)

SG Berlin (Entscheidung vom 27.04.1984; Aktenzeichen S 73 Kr 206/82)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger an die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 24. September bis zum 31. Dezember 1980 zu zahlen hat.

Der Kläger war seit dem 1. Juli 1980 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der beigeladenen Universität beschäftigt. Sein Gehalt lag zunächst über der Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung. Er war nichtversicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Ersatzkasse.

Vom 24. September 1980 an verringerte der Kläger seine wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 20 Wochenstunden, überschritt jetzt mit seinem Gehalt die Versicherungspflichtgrenze in der Krankenversicherung nicht mehr und wurde daher versicherungspflichtig. Er legte seiner Arbeitgeberin eine Mitgliedsbescheinigung der Beklagten nach § 517 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) vor und blieb deren - nunmehr versicherungspflichtiges - Mitglied. Die Beklagte ging davon aus, die Beigeladene führe die Gesamtsozialversicherungsbeiträge an sie ab, und erstattete dem Kläger daher im Dezember 1980 die für die Zeit vom 24. September bis zum 31. Oktober 1980 im Bankabbuchungsverfahren von ihm eingezogenen Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 405,77 DM. In Wirklichkeit hatte die Beigeladene jedoch für die Zeit vom 24. September bis zum 31. Dezember 1980 keine Beiträge an die Beklagte abgeführt, sondern dem Kläger das Gehalt voll, dh ohne Einbehalt von Arbeitnehmeranteilen und einschließlich der Arbeitgeberanteile, ausgezahlt. Vom 1. Januar 1981 an führte sie dann jedoch die Beiträge an die Beklagte ab, nachdem das Firmeneinzugsverfahren vereinbart worden war.

Erstmals mit Schreiben vom 18. Mai 1981 forderte die Beklagte vom Kläger rückständige Gesamtsozialversicherungsbeiträge von 2.444,52 DM für die Zeit vom 24. September bis 31. Dezember 1980. Nach längerem Schriftwechsel bestand die Beklagte mit Bescheid vom 11. Januar 1982 auf der Beitragsforderung und bezifferte sie nunmehr in einem Kontoauszug auf 2.310,92 DM. Der Widerspruch blieb nach weiterem Schriftwechsel schließlich erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 1982 wurde der Beitragsrückstand nebst Säumniszuschlägen auf nunmehr 2.688,62 DM beziffert.

Auf die Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin durch Urteil vom 27. April 1984 den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 1982 aufgehoben, soweit er die Beiträge zur Angestelltenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit (BA) sowie die entsprechenden Nebenforderungen betrifft; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nur hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung Beitragsschuldner der Beklagten, wegen der übrigen Beiträge sei es die Beigeladene als Arbeitgeberin. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin hat auf die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 20. März 1985 das Urteil des SG geändert, die Klage in vollem Umfang abgewiesen und die Anschlußberufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat den Kläger in allen drei Versicherungszweigen als Beitragsschuldner angesehen. Für die Krankenversicherung ergebe sich das aus § 520 RVO, für die Arbeitslosenversicherung sei diese Vorschrift nach § 179 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entsprechend anzuwenden. Hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung sei zwar der Arbeitgeber Schuldner des gesamten Beitrags und habe ihn abzuführen (§§ 118, 119 Angestelltenversicherungsgesetz -AVG-); diese Regelung sei auch nicht abdingbar. Wenn aber ein Mitglied einer Ersatzkasse nach § 150 Abs 2 AVG bestraft werde, falls es ihr Beitragsteile vorenthalte, die es von seinem Arbeitgeber erhalten habe, so folge hieraus die Pflicht, die Beiträge abzuführen, die ihm der Arbeitgeber zu treuen Händen überlassen habe. Da es nicht um die Versicherungs- und Beitragspflicht, sondern nur um die Zahlungspflicht gegenüber der Beklagten als Einzugsstelle gehe, habe es einer Beiladung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und der BA nicht bedurft. Zur Zulassung der Revision, die im Urteilsausspruch ohne Einschränkung erfolgt ist, hat das LSG in der Begründung seines Urteils ausgeführt: Der Senat habe der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen, soweit es um die Zahlungspflicht in Ansehung der Rentenversicherungsbeiträge gehe; er habe deshalb die Revision zugelassen.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 118 bis 121 sowie der §§ 150 und 151 AVG durch das LSG und führt näher aus, inwiefern er die Forderung der Beiträge zur Rentenversicherung für unberechtigt hält. Zugleich sollten mit der Revision die Entscheidungen zum Krankenversicherungsbeitrag und zum Beitrag an die BA zur Überprüfung gestellt werden. Die Beklagte habe gewußt, daß damals kein Firmeneinzugsverfahren vereinbart gewesen sei. Sie habe die Beiträge für September und Oktober auch erhalten, aber angenommen, der Arbeitgeber werde ihr die Beiträge zahlen. Nach Rückzahlung der Beiträge im Dezember habe sie bis Mitte Mai des folgenden Jahres zugewartet, um dann die Beiträge erneut anzufordern. Dies erscheine ungerechtfertigt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landessozialgerichts vom 20. März 1985 aufzuheben, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 27. April 1984 zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts und den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 1982 auch hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung und der auf sie entfallenden Nebenforderungen aufzuheben.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Revision des Klägers hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit als unzulässig zu verwerfen und sie hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beigeladene schließt sich dem Vortrag und den Anträgen der Beklagten an.

Der Senat hat nach Lage der Akten entschieden (§ 126 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung zulässig. Insbesondere hat der Kläger insofern, wie § 164 Abs 2 Satz 3 SGG das verlangt, die verletzten Rechtsnormen bezeichnet.

Hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung und der auf sie entfallenden Nebenforderungen ist die Revision im Sinne einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und einer Zurückverweisung an das Berufungsgericht begründet. Bei einer zulässigen Revision, wie sie hier hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung vorliegt, hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen, ob einer Entscheidung in der Sache nicht ein in jeder Lage des Verfahrens zu beachtender Verfahrensmangel entgegensteht. Dieses ist hier der Fall, weil die Beiladung des Rentenversicherungsträgers nach § 75 Abs 2 SGG notwendig ist, diese jedoch bisher nicht erfolgt ist und gemäß § 168 SGG im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden kann. Der Auffassung des LSG, dieser - von der Beklagten schon im Berufungsverfahren angeregten - Beiladung habe es nicht bedurft, weil nicht um die Versicherungs- und Beitragspflicht, sondern allein um die Zahlungspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten als Einzugsstelle gestritten werde, vermag der Senat nicht zu folgen. Der Rentenversicherungsträger ist, wenn es um die Frage geht, ob in Fällen der vorliegenden Art der Kläger als Arbeitnehmer oder die Beigeladene als Arbeitgeber die Beiträge zur Rentenversicherung an die Beklagte zu entrichten hat oder ob möglicherweise beide nebeneinander dazu verpflichtet sind, iS des § 75 Abs 2 SGG derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Abgesehen davon, daß von der Frage der Schuldnerschaft abhängen kann, ob die Beitragsforderung mit Erfolg durchgesetzt werden kann, ist es denkbar, daß der Rentenversicherungsträger aufgrund von § 121 Abs 4 AVG für sich in Anspruch nimmt, von der Einzugsstelle die Geltendmachung der Beitragsforderung gegen einen bestimmten Schuldner zu verlangen. Wäre dieser ein anderer als derjenige, gegen den die Einzugsstelle bisher vorgegangen ist, so würde die Gefahr divergierender Entscheidungen über die Beitragsschuldnerschaft drohen. Dem will § 75 Abs 2 SGG begegnen, der daher auch hier anzuwenden ist. Aufgrund ähnlicher Überlegungen hat der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 6. März 1986 - 12 RK 23/83 - die Beiladung ua des Rentenversicherungsträgers für erforderlich gehalten, als es um die Frage ging, ob eine GmbH die Beiträge schuldet oder der Handelnde nach § 11 Abs 2 GmbHG für sie haftet. Das LSG wird daher die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte beizuladen haben.

Bei einer erneuten Entscheidung in der Sache sollte das LSG nochmals prüfen, ob hinsichtlich der Beiträge zur Rentenversicherung eine Rechtsgrundlage für eine Beitragsforderung der Einzugsstelle gegen den Arbeitnehmer besteht. Für eine derartige belastende Forderung könnte zu verlangen sein, daß eine Rechtsgrundlage aus dem Gesetz klar ersichtlich ist. Die Vorschriften, die die Beitragserhebung regeln, ergeben sie nicht. Davon ist auch das LSG ausgegangen. Nach § 118 Abs 1 Satz 1 AVG, der auch für die Rentenversicherungsbeiträge versicherungspflichtiger Ersatzkassenmitglieder gilt (vgl BSGE 31, 59, 63), hat der Arbeitgeber die Beiträge zu entrichten; der Versicherte "kann" sie an Stelle des Arbeitgebers selbst entrichten (§ 120 Satz 1 AVG), ist hierzu aber nicht verpflichtet. Eine dem § 520 RVO entsprechende Regelung oder eine Verweisung hierauf fehlt in der Rentenversicherung. Im Hinblick hierauf hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 23. November 1966 (SozR Nr 2 zu § 520 RVO) entschieden, daß sich die Ersatzkasse wegen der Beiträge zur Rentenversicherung an den Arbeitgeber halten müsse.

Ob aus der späteren Einführung der Strafvorschrift des § 150 Abs 2 AVG eine Beitragsforderung der Einzugsstelle gegen den Arbeitnehmer abgeleitet werden kann, ist zweifelhaft. Die Vorschrift hat ihre heutige Fassung durch Art 253 Nr 6 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. März 1974 (BGBl I S 469, 619) erhalten. Durch Art 252 Nr 18 und Nr 48 EGStGB (aaO S 613/614 und S 617) sind mit § 529 Abs 2 RVO für die Krankenversicherung und § 1428 Abs 2 RVO für die Rentenversicherung der Arbeiter nahezu wortgleiche Vorschriften eingeführt worden. Im Regierungsentwurf war eine solche Strafvorschrift im heutigen Wortlaut als § 533 RVO nur für die Krankenversicherung vorgesehen (Art 233 Nr 21, BT-Drucks 7/550, S 154), während in § 1428 des Entwurfs (Art 233 Nr 46, BT-Drucks 7/550, S 156) für die Arbeiterrentenversicherung und in § 150 des Entwurfs (Art 234 Nr 5, BT-Drucks 7/550, S 158) für die Angestelltenversicherung die entsprechende Geltung des § 533 RVO vorgesehen war. Ob bei einer nur entsprechenden Geltung der Arbeitnehmer strafbar gewesen wäre, wo doch die Regelung über die Beitragsentrichtung zu diesem Versicherungszweig mit der über die Entrichtung der Krankenversicherungsbeiträge nicht übereinstimmte, hätte fraglich sein können. Während der Ausschußberatungen hat dann der Sonderausschuß des Bundestages für die Strafrechtsreform die Art 233 bis 236 des Regierungsentwurfs in der Fassung einer Arbeitsgruppe angenommen (Protokoll der 17. Sitzung des Sonderausschusses vom 17. Oktober 1973, S 734). In dieser Fassung wurde nunmehr nicht mehr die entsprechende Geltung des § 533 RVO des Entwurfs (§ 529 des Gesetzes) angeordnet, sondern der Inhalt des § 533 RVO in § 1428 RVO und in § 150 AVG nahezu wortgleich wiederholt (vgl die Synopse aaO S 903/904 und S 908). Eine Begründung dafür enthalten die Protokolle nicht. Möglicherweise ist die ursprünglich vorgesehene Regelung wegen des im Strafrecht geltenden Analogieverbots (vgl Art 103 Abs 2 des Grundgesetzes und § 1 des Strafgesetzbuchs) als bedenklich erschienen und dann bei der Neufassung übersehen worden, daß der Beitragseinzug in der Krankenversicherung und in der Rentenversicherung nicht übereinstimmend geregelt ist.

Der Schluß von der Strafbarkeit des Arbeitnehmers auf das Bestehen einer gegen ihn gerichteten Beitragsforderung der Einzugsstelle ist auch aus folgendem Grunde nicht zwingend: Der Arbeitnehmer nimmt hinsichtlich der ihm ausgezahlten Arbeitgeberanteile an den Beiträgen die Aufgabe eines Geldboten oder Treuhänders wahr. Solche Personen werden auch sonst bestraft, wenn sie Geld, das sie überbringen sollen, veruntreuen oder unterschlagen. Deshalb richtet sich jedoch die Forderung des in Aussicht genommenen Empfängers, die durch die Zahlung erfüllt werden sollte, weiterhin allein gegen seinen ursprünglichen Schuldner (Absender) und nicht - wegen der Strafbarkeit - gegen den Boten bzw den Treuhänder. Allerdings würde die Annahme einer alleinigen Beitragsschuldnerschaft des Arbeitgebers hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge zu dem wenig befriedigenden Ergebnis führen, daß der Arbeitgeber diese Beiträge, um sicher zu gehen, selbst an die Einzugsstelle abführen müßte, während er die Beiträge zur Krankenversicherung und zur BA an den Arbeitnehmer auszuzahlen hat. Dieses könnte aber deswegen hinnehmbar sein, weil Schwierigkeiten nicht auftreten, wenn - wie häufig - das Firmeneinzugsverfahren vereinbart und damit ein einheitlicher Beitragseinzug gewährleistet ist, und weil der Arbeitgeber, falls er auch die Rentenversicherungsbeiträge zusammen mit den anderen Beiträgen an den Arbeitnehmer auszahlt, durch die Strafvorschrift des § 150 Abs 2 AVG immerhin in einem gewissen Umfang geschützt ist. Auf der anderen Seite wäre, wenn das LSG eine Beitragsschuldnerschaft des Arbeitnehmers weiterhin bejahen sollte, der Arbeitgeber auch dann nicht vor jedem Nachteil sicher. Denn die gesetzlichen Vorschriften lassen es jedenfalls nicht zu, allein der Auszahlung der Rentenversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer eine den Arbeitgeber befreiende Wirkung gegenüber der Einzugsstelle beizumessen.

Hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung und zur BA einschließlich der entsprechenden Nebenforderungen ist die Revision unzulässig; sie war daher nach § 169 Satz 2 SGG zu verwerfen. Das folgt allerdings nicht schon daraus, daß das LSG in den Entscheidungsgründen der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung nur beigemessen hat, "soweit es um die Zahlungspflicht in Ansehung der Rentenversicherungsbeiträge geht". Denn das LSG hat die Revision im Urteilsausspruch uneingeschränkt zugelassen. In einem solchen Fall kann eine Beschränkung der Revisionszulassung aus den Gründen nur entnommen werden, wenn sie sich aus ihnen zweifelsfrei ergibt (so etwa in BSGE 3, 135, 137/138). Daraus, daß hier in den Entscheidungsgründen als Zulassungsgrund die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur hinsichtlich der Rentenversicherungsbeiträge angeführt ist, ergibt sich die Beschränkung der Zulassung nicht eindeutig (vgl Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, RdNr 51). Hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung und zur BA genügt die Revision jedoch nicht den Anforderungen, die an ihre Begründung zu stellen sind. Die Beiträge zu den drei Versicherungszweigen bilden, wenngleich sie zusammen in einem Bescheid geltend gemacht worden sind, verschiedene Streitgegenstände. Über die Rechtmäßigkeit der einzelnen Beiträge hat das Berufungsgericht aufgrund verschiedener Rechtsgrundlagen entschieden, nämlich wegen der Beiträge zur Krankenversicherung aufgrund des § 520 RVO, wegen der Beiträge zur BA aufgrund derselben Vorschrift iVm § 179 Nr 2 AFG und wegen der Beiträge zur Rentenversicherung aufgrund der § 118 Abs 1 Satz 1 und § 150 Abs 2 AVG. Unter diesen Umständen war auch hinsichtlich der Beiträge zur Krankenversicherung und zur BA eine den Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG entsprechende Begründung der Revision, also die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm oder von Tatsachen erforderlich, die einen Verfahrensmangel begründen. Daran fehlt es. Die Ausführungen des Klägers zu den Beiträgen zur Krankenversicherung und zur BA sind so allgemein gehalten, daß der Senat ihnen eine noch ausreichende Rüge einer verletzten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes nicht zu entnehmen vermag. Daß die Beiladung der BA unterblieben ist, hat der Kläger nicht gerügt und ist, da die Revision wegen der Beiträge zu diesem Versicherungszweig nicht in zulässiger Weise eingelegt worden ist, hier - anders als bei der mit einer zulässig eingelegten Revision angefochtenen Beitragspflicht zur Rentenversicherung - nicht von Amts wegen zu beachten.

Das LSG wird - für den gesamten Rechtsstreit - auch über die Erstattung außergerichtlicher Kosten zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1662186

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge