Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgekürztes Urteil. Verwaltungsverfahren als Klagevoraussetzung
Orientierungssatz
1. ZPO § 543 ist nicht nach SGG § 202 im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar; vielmehr enthält SGG § 136 erschöpfende Sonderregelungen für den Urteilsinhalt (vgl BSG 1979-07-05 9 RV 72/77 = SozR 1750 § 543 Nr 2).
2. Grundsätzlich prüfen die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit als besondere Verwaltungsgerichte die Tätigkeit der Verwaltung nachträglich. Ausnahmsweise kann eine zulässige Klage um einen weiteren Streitgegenstand erweitert werden (SGG § 99; vgl BSG 1977-10-06 9 RV 66/76 = BSG SozR 1500 § 99 Nr 2), wenn der Grundsatz der Prozeßwirtschaftlichkeit eine beschleunigte materiell richtige Entscheidung vollen Umfangs gebietet. (Verwaltungs- und Vorverfahren erübrigen sich dann).
Normenkette
SGG § 136 Fassung: 1953-09-03, § 202 Fassung: 1953-09-03; ZPO § 313 Fassung: 1976-12-03, § 543 Fassung: 1976-12-03; SGG § 99 Abs. 3 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 27.04.1978; Aktenzeichen L 11 V 111/76) |
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 15.06.1976; Aktenzeichen S 28 V 84/75) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. April 1978 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin ihres am 30. September 1977 während des Berufungsverfahrens verstorbenen Ehemannes (L.) eine höhere Versorgungsrente. Die Gewährung dieser Rente hatte der Ehemann im Jahre 1974 beantragt. Bei ihm war als Schädigungsfolge nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) ein Teilverlust von vier Fingern der rechten Hand mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 vom Hundert (vH), und zwar mit 10 vH wegen besonderen beruflichen Betroffenseins anerkannt. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) zurückgewiesen (Urteil vom 27. April 1978): Die Verstümmelung der rechten Hand habe sich gegenüber dem Zustand von 1956, also seit der Rentenfeststellung nicht verschlimmert. Weitere mit dem militärischen Dienst oder mit der Kriegsgefangenschaft ursächlich zusammenhängende Gesundheitsstörungen, die eine Neufeststellung nach § 62 BVG rechtfertigten, seien nicht nachträglich aufgetreten. Insbesondere bestehe kein Versorgungsanspruch wegen eines Herz- und Kreislaufleidens. Insoweit übernehme das Gericht ohne weiteres die Gründe des angefochtenen Urteils (§ 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 543 Zivilprozeßordnung (ZPO) idF der Vereinfachungsnovelle vom 3. Dezember 1976 - BGBl I 3281). Soweit L. erst mit der Klage die Berücksichtigung eines ausgeprägteren besonderen beruflichen Betroffenseins geltend gemacht habe, sei die Klage nicht zulässig. Eine solche weitere Höherbewertung der MdE gegenüber der verbindlichen Feststellung habe L. im Juli 1974 nicht beantragt und habe die Verwaltung infolgedessen nicht abgelehnt. Da die Versorgungsbehörden und Gerichte wiederholt über eine berufliche Betroffenheit entschieden hätten (Bescheide vom 3. Januar 1958, 28. Januar 1965, 8. Juni 1965, 21. Juni 1967, 13. September 1967, 11. März 1971 und 17. Mai 1971, Urteile vom 14. September 1966, 23. März 1972 und 8. Februar 1973), demgegenüber aber für eine wesentliche Änderung nichts vorgetragen sei und kein Anhalt bestehe, hätte ein noch höherer Grad der MdE nur durch einen Zugunstenbescheid nach § 40 Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) zuerkannt werden können. Darüber sei kein Verwaltungsakt ergangen. An derselben Verfahrensvoraussetzung fehle es insoweit, als erneut periphere Durchblutungsstörungen, Leistenbrüche und Wirbelsäulenveränderungen als Schädigungsfolgen geltend gemacht werden. Die Anerkennung dieser Gesundheitsstörungen sei wiederholt verbindlich abgelehnt worden (Bescheide vom 16. Juli 1956, 28. September 1956, 11. Juni 1969 und 17. November 1969, Urteil vom 29. Juli 1970). Ein darauf bezogener Verwaltungsakt nach § 40 KOVVfG sei nicht ergangen. Weder ein solcher noch ein Zweitbescheid liege in der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellung, daß die bezeichneten Gesundheitsschäden nicht in ursächlichem Zusammenhang mit den anerkannten Schädigungsfolgen ständen. Ein entsprechender Regelungswille sei nach dem Akteninhalt nicht zu erkennen. In einer Vorlageverfügung vom 24. Juni 1975 sei erst nach der Erteilung des angefochtenen Bescheides vom 9. Mai 1975 darauf hingewiesen worden, daß noch über einen Antrag auf einen Zugunstenbescheid entschieden werden müsse.
Die Klägerin rügt mit der - vom LSG zugelassenen - Revision eine Verletzung der §§ 54, 77, 95, 106, 109, 125, 136, 141, 153, 202 und "160 I Ziffer 3" SGG sowie des § 40 KOVVfG. Das Berufungsurteil enthalte nicht in der nach § 136 SGG gebotenen Weise Tatbestand und Entscheidungsgründe, soweit es um die Anerkennung von Herz- und Kreislaufleiden gehe. Dies sei ein absoluter Revisionsgrund. § 543 ZPO nF sei nicht nach § 202 SGG im Sozialgerichtsverfahren entsprechend anwendbar. Selbst nach § 543 Abs 2 ZPO müsse ein mit der Revision anfechtbares Urteil den Sach- und Streitstand gedrängt darstellen. Das SG-Urteil, auf das sich das LSG beziehe, sei auch materiell unrichtig. Es sei widersprüchlich, daß einerseits Dr. S-B ein Herz- und Kreislaufleiden nicht habe objektivieren können, andererseits eine vom SG angenommene Coronarsklerose nicht kriegsbedingt sein solle. Bei dieser Sachlage hätte die erste Instanz die von L. beantragte Einholung eines weiteren Gutachtens nicht ablehnen dürfen, auch nicht deshalb, weil ein solches schon 1959 Prof.Dr. P, ein ausgesprochener Spezialist für periphere Durchblutungsstörungen, erstattet habe. Dies sei keine hinreichende Begründung im Sinne des § "160 I Ziffer 3 SGG"; denn inzwischen sei Weiteres über Durchblutungsstörungen erforscht worden, und ein Vergleich zwischen früheren und neuen Befunden könne zusätzliche Erkenntnismöglichkeiten bieten. Außerdem sei § 109 SGG verletzt; das Gericht hätte den früheren Kläger auffordern müssen, einen Arzt als Sachverständigen zu benennen. Soweit eine Rentenerhöhung nach § 30 Abs 2 BVG begehrt werde, sei die Klage nicht unzulässig. Da die Bemessung der MdE nach § 35 Abs 1 und 2 (gemeint: § 30 Abs 1 und 2) BVG eine einheitliche sei, hätte der Kläger nicht eine Entscheidung nach § 40 KOVVfG beantragen müssen. Über diesen Anspruch sei noch nicht rechtskräftig entschieden gewesen. Rechtsverbindlich sei lediglich die Erhöhung auf 40 vH geworden. Ein darüber hinausgehender Antrag sei im früheren Verfahren nicht abgelehnt worden. Die Klägerin strebt in der Sache die gleiche Leistung wie im ersten und zweiten Rechtszug an. In diesem Sinn soll ihr Antrag zu verstehen sein.
Sie beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen,
hilfsweise,
die Urteile des SG und des LSG und den Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 1975 aufzuheben und den Beklagten für verpflichtet zu erklären, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1974 bis 30. September 1977 Beschädigtenrente nach einer MdE von mindestens 50 vH zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen,
hilfsweise,
sie zurückzuweisen.
Er hält die Ausführungen im Berufungsurteil über das Herz- und Kreislaufleiden nach § 136 SGG für ausreichend. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, daß sie im Berufungsverfahren neue Tatsachen und Gesichtspunkte geltend gemacht hätte. Zum Verfahrensmangel, daß § 109 SGG verletzt sein soll, habe die Revision nicht substantiiert dargelegt, daß die Klägerin einen Antrag nach dieser Vorschrift gestellt hätte. Im übrigen tritt der Beklagte der Begründung des Berufungsurteils bei.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist erfolgreich; der Rechtsstreit ist an das LSG zurückzuverweisen. Die Klägerin rügt als wesentlichen Verfahrensmangel das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen in dem nach § 136 Abs 1 Nr 5 und 6 und Abs 2 SGG gebotenen Umfang, soweit sie eine zusätzliche Anerkennung einer Herz- und Kreislauferkrankung als Schädigungsfolge (§ 1 BVG) und Rente nach einer höheren MdE (§ 30 Abs 1 BVG) für ihren verstorbenen Ehemann anstrebt. Das LSG durfte sich für die Kurzfassung des diesen Streitgegenstand betreffenden Teiles seines Urteiles nicht auf § 543 ZPO idF der Vereinfachungsnovelle stützen. Diese Vorschrift ist nicht nach § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden; vielmehr enthält § 136 SGG erschöpfende Sonderregelungen für den Urteilsinhalt (Urteil des erkennenden Senats vom 5. Juli 1979 - 9 RV 72/77 -).
Abgesehen davon kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben, weil das Berufungsgericht nicht sachlich entschieden hat, ob periphere Durchblutungsstörungen, Wirbelsäulenveränderungen und Leistenbrüche doch als Schädigungsfolgen beim verstorbenen Ehemann der Klägerin anzuerkennen waren. Entgegen der Auffassung des LSG sind die Sachurteilsvoraussetzungen für diesen Klageanspruch gegeben.
Der Beklagte hat den angefochtenen Bescheid erkennbar auf eine versorgungsärztliche Begutachtung gestützt, soweit es um diese Leiden geht, über die früher schon verbindlich - ablehnend - entschieden worden war (Bescheid vom 16. Juli 1956, Widerspruchsbescheid vom 28. September 1956, rechtsverbindlich geworden durch Vergleich vom 1. Juli 1958 - §§ 77, 101 SGG -; Bescheid vom 11. Juni 1969, Widerspruchsbescheid vom 17. November 1969, SG-Urteil vom 29. Juli 1970, rechtskräftig durch Rücknahme der Berufung - §§ 141, 156 SGG -; LSG-Urteil vom 8. Februar 1973). Damit hat die Verwaltung nach außen erkennbar zum Ausdruck gebracht, daß sie einen ursächlichen Zusammenhang im Sinne des § 1 BVG erneut sachlich geprüft hat. Ungeachtet der allgemeinen Problematik, die an die Bindungswirkung von Verwaltungsakten der Versorgungsverwaltung und von Urteilen der Sozialgerichtsbarkeit geknüpft wird, ist die selbständige Entscheidung über Schädigungsfolgen als Teil des "Verfügungssatzes" der Rechtsverbindlichkeit fähig (BSG SozR 3100 § 62 Nr 16, S 37; § 35 Nr 10, S 32). Gleiches muß für ablehnende Entscheidungen gelten. Das wird gerade bei dem üblichen Verfahren nach § 40 KOVVfG vorausgesetzt. Andernfalls könnte die Verwaltung nach einer solchen Ablehnung beliebig oft zur neuen uneingeschränkten Sachprüfung gezwungen werden. Allerdings hat das Versorgungsamt eine Verursachung der genannten Leiden mit einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG, unter Umständen nur mit Schädigungsfolgen, unter dem Gesichtspunkt der nachträglichen Änderung nach § 62 BVG geprüft. Da aber derselbe Leidenszustand entgegen der früheren Ablehnung als Schädigungsfolge nunmehr anerkannt werden soll, so daß es nicht auf die nachträgliche Änderung (BSG SozR 3100 § 62 Nr 16, S 38 f) ankommt, ist dieser rechtliche Gesichtspunkt nicht maßgebend für die Gestaltung und Beurteilung des Bescheids. Faktisch wurde die Kausalität erneut umfassend geprüft. Ob die Verwaltung sich darüber schon bei Erlaß des Bescheides vom 9. Mai 1975 im klaren war und daß sie eine Neuprüfung erst in einem späteren Aktenvermerk erwogen hat, ist für das Außenverhältnis zum früheren Kläger unerheblich. Dieser mußte nach dem im Bescheid zum Ausdruck gebrachten Regelungswillen annehmen, über die Kausalität sei abermals befunden worden. Diese Entscheidung muß er im Rechtsweg anfechten können, damit nicht dieser erneute Ausspruch rechtsverbindlich wird.
Das LSG hat nun die gebotene Sachaufklärung darüber nachzuholen, ob Herz- und Kreislaufleiden, periphere Durchblutungsstörungen, Wirbelsäulenveränderungen und Leistenbrüche als Schädigungsfolgen zu beurteilen sind und in welchem Umfang sie die Erwerbsfähigkeit des Ehemannes der Klägerin gemäß § 30 Abs 1 BVG minderten.
Hingegen hat das Berufungsgericht mit Recht eine Sachentscheidung abgelehnt, soweit mit der Klage eine weitere Höherbewertung der MdE wegen besonderen beruflichen Betroffenseins (§ 30 Abs 2 BVG), dh um mehr als 10 vH (vgl dazu BSG SozR 3100 § 30 Nr 34), angestrebt wird. Ob dem früheren Kläger eine solche Leistung zusteht, müßte zuvor in einem Verwaltungsverfahren geprüft werden (§ 54 Abs 1 und 4, §§ 78, 95 SGG). Grundsätzlich prüfen die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit als besondere Verwaltungsgerichte (§ 1 SGG) die Tätigkeit der Verwaltung nachträglich. Ausnahmsweise kann eine zulässige Klage um einen weiteren Streitgegenstand, zB eine weitere Schädigungsfolge beim Streit um einen Versorgungsanspruch, unter bestimmten Voraussetzungen erweitert werden (§ 99 SGG; BSG SozR 1500 § 99 Nr 2), wenn nämlich der Grundsatz der Prozeßwirtschaftlichkeit eine beschleunigte materiell richtige Entscheidung vollen Umfangs gebietet. Im gegenwärtigen Fall gilt aber eine Ausnahme von dieser Ausnahme und damit der zuvor dargelegte Grundsatz; denn über die Erhöhung der MdE wegen besonderer beruflicher Betroffenheit um nicht mehr als 10 vH wurde wiederholt rechtskräftig entschieden (§§ 77 und 144 SGG). Nachdem dem L. durch Urteil vom 14. September 1966 eine um 10 vH erhöhte MdE nach § 30 Abs 2 BVG zuerkannt worden war und er seine Berufung zurückgenommen hatte (§ 156 SGG), wurde - entgegen der Ansicht der Revision - wiederholt durch rechtsverbindliche Entscheidungen eine weitere Erhöhung auf 50 vH nach § 30 Abs 2 BVG abgelehnt, und zwar sowohl mangels einer wesentlichen Änderung (§ 62 BVG) als auch mangels der Voraussetzungen für einen Zugunstenbescheid. Dies geschah durch Bescheid vom 21. Juni 1967 und Widerspruchsbescheid vom 13. September 1967, die durch Klagerücknahme (§ 102 SGG) rechtsverbindlich wurden, durch Urteil vom 29. Juli 1970, das durch Rücknahme der Berufung rechtskräftig wurde, sowie durch Bescheid vom 1. März 1971, Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 1971, Urteil des SG vom 23. März 1972 und Urteil des LSG vom 8. Februar 1973. Eine Abweichung von diesen Feststellungen hat die Verwaltung mangels einer weiteren wesentlichen Verschlechterung nach § 62 BVG abgelehnt. Darüber herrscht kein Streit. Die Klägerin könnte vielmehr den nachträglich erhobenen Klageanspruch nur darauf stützen, daß der Beklagte einen neuen Zugunstenbescheid nach § 40 KOVVfG erteilen müßte, was auch nach Gerichtsurteilen zulässig wäre (BSG SozR 1500 § 141 Nrn 2 und 3). Darüber hätte aber die Verwaltung zuvor zu befinden. Dies ist bisher nicht geschehen. Der Bescheid vom 9. Mai 1975 enthält keine auf § 40 KOVVfG bezogene Entscheidung über die MdE. Mit der Ablehnung des auf § 62 BVG gestützten Antrages bestätigte das Versorgungsamt den aufgrund des Urteils vom 14. September 1966 im Ausführungsbescheid vom 4. November 1966, also vor den wiederholten Verfahren auf Bewertung des MdE-Anteils nach § 30 Abs 2 BVG mit 10 vH festgestellten Grad der MdE. Durch die Bezugnahme auf den Bescheid vom 4. November 1966 schloß die Behörde eine Überprüfung der später ergangenen Entscheidungen über eine nach § 30 Abs 2 BVG um 20 vH zu erhöhende MdE aus. Mit Recht hat das LSG den Inhalt dieser Entscheidung nicht durch den - nachträglichen - Vermerk in der Weise interpretiert, daß die erst darin enthaltene Feststellung, die Voraussetzung für einen Zugunstenbescheid sei nicht gegeben, bereits dem Bescheid vom 9. Mai 1975 zugrundezulegen wäre. Zu einem Widerspruchsbescheid (§ 85 SGG), in dem dazu hätte Stellung genommen werden können, ist es infolge der direkten Klageerhebung (§ 78 Abs 2 Satz 1 SGG) nicht gekommen. Die abgelehnte Neufeststellung nach § 62 BVG stand auch nicht irgendwie in einem derart zwingenden Sachzusammenhang mit einer Überprüfung der rechtsverbindlichen Entscheidungen im Hinblick auf § 40 KOVVfG, daß eine erneute Kontrolle der Ablehnungen von der vorgenommenen Sachentscheidung eingeschlossen worden wäre. Die Einheitlichkeit des Rentenanspruches ändert an diesem Ergebnis nichts. Sie ist nur bedeutsam in anderen Sachverknüpfungen. Auch zwingt nicht etwa ein Zusammenhang zwischen den Bewertungen der MdE nach § 30 Abs 1 und nach Abs 2 BVG (vgl dazu BSG SozR 1500 § 99 Nr 2, S 3), bei einer Sachentscheidung nach Abs 1 gleichzeitig nach Abs 2 zu befinden. Erst nach einer erneuten Überprüfung im Verwaltungsverfahren gemäß § 40 KOVVfG könnte die Klägerin ein - ablehnendes - Ergebnis im Gerichtsverfahren voll kontrollieren lassen (BSG SozR 1500 § 103 Nr 16; BSG 14. Juni 1978 - 9 RV 52/77 -). Die rechtskräftigen Entscheidungen über die MdE-Erhöhung nach § 30 Abs 2 BVG verbieten nach den Grundsätzen der Gewaltentrennung und der Rechtssicherheit, diesen Anspruch erneut unmittelbar zur richterlichen Entscheidung zu bringen. Entweder schließt die materielle Rechtskraft eine Sachentscheidung der Gerichte - ohne eine vorausgegangene Prüfung durch die Verwaltung - überhaupt aus (BSG SozEntsch BSG I/4 § 156 SGG Nr 4; BSG SozR Nr 10 zu § 102 SGG; Bundesverwaltungsgericht Sammlung Buchholz 310 § 74 VwGO Nr 4), oder sie steht einer abweichenden Entscheidung entgegen; im zweiten Fall wäre die Klage allerdings nicht ohne ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis zulässig (Meyer-Ladewig, SGG, 1977, § 141, Rz 6 mN; Peters/Sautter/Wolff, Komm. zur Sozialgerichtsbarkeit, § 141 SGG, Anm 3a, S. II/246 f; BSGE 8, 185, 188; BSGE 13, 181, 188 = SozR Nr 7 zu § 141 SGG), woran es hier wegen der Möglichkeit einer Verwaltungskontrolle fehlt.
Das LSG hat auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden.
Fundstellen