Leitsatz (amtlich)

Ein staatlich geprüfter Masseur, der in der medizinischen Abteilung eines städtischen Bades überwiegend auf Grund ärztlicher Anordnungen Massagen ausführt und Bäder verabfolgt, ist angestelltenversicherungspflichtig (Fortführung BSG 1959-06-19 3 RJ 95/56).

 

Normenkette

RVO § 1226 Nr. 1 Fassung: 1945-03-17, § 1227 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1957-02-23; AVG § 1 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1945-03-17; RVO § 1656 Abs. 1 Nr. 6 Fassung: 1945-03-17; AVG § 3 Abs. 1 Nr. 6 Fassung: 1957-02-23

 

Tenor

Die Revisionen der Beklagten und der beigeladenen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 25. April 1958 werden zurückgewiesen.

Dem Kläger sind die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zur Hälfte von der Beklagten und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Tatbestand

Der im Jahre 1905 geborene Kläger, der 1930 nach einjähriger Ausbildung als Masseur und Heilgehilfe in einer staatlichen Massageschule eine Abschlußprüfung vor einem staatlichen Prüfungsausschuß abgelegt hatte, ist seit November 1951 als Masseur und medizinischer Bademeister in einem Berliner städtischen Bad als Angestellter nach der TO.A tätig. Für den Kläger wurden bis zum 30. Juni 1953 Beiträge zur Angestelltenversicherung (AV) entrichtet; vom 1. Juli 1953 ab versicherte die Stadt ihn in der Invalidenversicherung (JV) weiter.

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Feststellung, daß er der AV unterliege, und berief sich dafür, daß er keine mechanische Tätigkeit verrichte, sondern sämtliche vom Arzt verordneten Leistungen selbständig handelnd und denkend vornehmen müsse, auf ein Schreiben des Senators für das Gesundheitswesen in B vom 12. Juli 1953 an die Krankenversicherungsanstalt B, in dem die den Masseuren in den städtischen Bädern obliegenden Aufgaben im einzelnen festgelegt sind. Hiernach sind diesen Masseuren weder in den städtischen Krankenhäusern noch in den medizinischen Abteilungen der Stadtbäder Massagezeiten vorgeschrieben. In den medizinischen Abteilungen der Stadtbäder werden bei der Vielzahl der Behandlungsfälle die Heilmittelverordnungsscheine an der Kasse gegen Kassenbons ausgetauscht. Auf der Rückseite wird die Krankheit des Patienten sowie die vom Arzt angegebene Behandlungsweise notiert, so daß sich die Masseure über die vorzunehmende Behandlung unterrichten können. In Zweifelsfällen können die Masseure die Heilmittelverordnungsscheine auch an der Kasse einsehen. Eine Fachaufsicht üben die Verwaltungsleiter der Stadtbäder nicht aus. Medizinische Bäder werden grundsätzlich von Masseuren bzw. Bademeistern selbst zubereitet. Bei starkem Andrang stehen auch von den Masseuren überwachte Badefrauen zur Verfügung.

Die Beklagte lehnte nach weiteren Ermittlungen durch widerspruchsfähigen Bescheid vom 20. Januar 1954 den Antrag des Klägers auf Beitragsleistung zur AV ab, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsversicherungsamts (RVA) staatlich geprüfte Masseure als Arbeitnehmer grundsätzlich der JV unterlägen, und zwar auch dann, wenn sie als Bademeister medizinische Bäder, Dampf- und Lichtbäder, Massagen und Packungen zu besorgen und die damit zusammenhängenden Nebenarbeiten auszuführen hätten.

Durch Bescheid vom 20. März 1954 wies die Beklagte sodann den Widerspruch des Klägers unter erneuter Berufung auf die bisherige Rechtsprechung (Grunds. Entsch. Nr. 3702 des RVA vom 22.1.1930, AN 1930 S. 180) und die Verwaltungsübung (insbesondere Erlaß der Verwaltung für Arbeit vom 22.8.1949, Ortskrankenkasse 1949 S. 407) zurück.

Mit seiner hiergegen erhobenen Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin hatte der Kläger dagegen Erfolg. Das SG stellte, nachdem es durch Beschluß vom 17. Dezember 1955 die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und die Krankenversicherungsanstalt Berlin beigeladen hatte, durch Urteil vom 12. Januar 1956 unter Aufhebung der Bescheide vom 20. Januar und 20. März 1954 fest, daß der Kläger nicht invalidenversicherungspflichtig, sondern angestelltenversicherungspflichtig sei. Der Kläger sei in einem Beruf der Krankenpflege tätig; bei ihm trete die körperlich-manuelle Arbeit gegenüber der geistigen Tätigkeit zurück. Ein Masseur in der medizinischen Abteilung einer Badeanstalt, in der überwiegend Kranke nach ärztlicher Verordnung behandelt würden, müsse eine gründliche Kenntnis des menschlichen Körpers als eines lebenden Organismus und der Krankheiten haben, die seiner Behandlung zugänglich seien. Die wenigen Ausnahmefälle, in denen sich Gesunde ein medizinisches Bad oder eine "Sportmassage" verabfolgen lassen, seien von so untergeordneter Bedeutung, daß sie nicht geeignet seien, das Berufsbild des Klägers zu verändern. Bei der großen Anzahl verschiedenartiger medizinischer Bäder, Massagen und Packungen, die jeweils individuell angewendet werden müßten, habe der Kläger eine vielseitige geistige Tätigkeit auszuüben.

Die Beklagte und die beigeladene BfA legten gegen dieses Urteil Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Berlin ein, drangen aber damit nicht durch. In der mündlichen Verhandlung vom 25. April 1958 erklärten die Vertreter der Beklagten und der Beigeladenen, daß sie hinsichtlich der tatsächlichen Angaben des Klägers über seine Berufstätigkeit in den Schriftsätzen keinen Widerspruch zu erheben hätten. Der Kläger hatte insoweit dargelegt, daß bei ihm die ärztlich verordneten Massagen ungefähr 95 v.H. ausmachten. Die zu behandelnden Besucher könnten in zwei Gruppen eingeteilt werden: Ein Teil käme zur Nachbehandlung wegen erlittener Knochenbrüche, Verrenkungen und Verstauchungen; dies geschehe in den meisten Fällen ambulant, um die Liegezeit im Krankenhaus möglichst gering zu halten. Hier sei eine besonders vorsichtige Dosierung und ein großes Einfühlungsvermögen nötig, da falsch ausgeübte Bewegungsübungen zu einer Verschlimmerung führen könnten. Die zweite Gruppe werde wegen innerer Erkrankungen, insbesondere Herz-, Kreislauf-, Lungenerkrankungen und Asthma behandelt. Hier würden von den Masseuren größtenteils Bäder verabfolgt, es bedürfe einer sehr erheblichen Erfahrung, um die durch das Bad angestrengten Patienten nicht durch falsche Maßnahmen oder Überdosierung zu schädigen. Unter diese Gruppe fielen auch diejenigen Patienten, bei denen Spezialmassagen, die erst nach Absolvierung besonderer Lehrgänge ausgeführt werden dürfen, notwendig wären (z.B. Nerven-, Bindegewebs-, Periost- und Colonmassagen sowie Atemgymnastik). Nicht von fachlich versierten Masseuren ausgeführte Massagen dieser Art könnten die Patienten schwer schädigen.

Das LSG begründete sein am 25. April 1958 erlassenes Urteil im wesentlichen folgendermaßen:

Die Beklagte sei passiv legitimiert, da sie den angefochtenen Widerspruchsbescheid erlassen habe.

Die beigeladene BfA sei zur selbständigen Berufungseinlegung nach § 75 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) berechtigt gewesen.

Nach dem Berliner Rentenversicherungs-Überleitungsgesetz (BRVÜG) richte sich die Versicherungspflicht des Klägers seit dem 1. April 1952 nach den Vorschriften der RVO und des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Grundsätzlich sei danach ein Arbeitnehmer invalidenversicherungspflichtig, der Angestelltenversicherungspflicht unterliege er nur, wenn die besonderen Voraussetzungen dafür erfüllt seien. Der Angestelltenbegriff sei durch Auslegung zu gewinnen (RVA Grunds. Entsch. Nr. 3273 vom 9.5.1928, AN 1928 S. 316). Im AVG sei eine feststehende Anzahl von Berufsgruppen als Beispiel für den Begriff "Angestellte" herausgestellt. Grundsätzlich stehe im Vordergrund der Angestellteneigenschaft die überwiegend geistige Art der Beschäftigung, die den Angestellten von dem rein körperlich tätigen Handarbeiter unterscheide, wobei es nicht auf die Berufsbezeichnung, auch nicht auf die Vorbildung, sondern entscheidend auf die tatsächliche und wirtschaftliche Gestaltung der Verhältnisse und die Art der Tätigkeiten des Beschäftigten ankomme (RVA AN 1930 S. 285, BSG vom 15.1.1958 in SozR § 1227 RVO Aa 2).

Von den im AVG in Verbindung mit § 165 b RVO und der Berufsgruppenbestimmung vom 8. März 1924 genannten Berufen käme für den Kläger nur die Gruppe "Angestellte in Berufen der Kranken- und Wohlfahrtspflege" in Betracht (§ 3 Nr. 6 AVG n.F., § 165 b Nr. 6 RVO). Zwar seien Masseure und Bademeister im Abschnitt C der Berufsgruppenbestimmung nicht aufgeführt. Dieser Abschnitt gebe aber nur Beispiele und sei nicht erschöpfend.

Allerdings übe der Kläger keinen Beruf der Krankenpflege im eigentlichen Sinne (Krankenschwester, Krankenpfleger usw.) aus, er arbeite jedoch in einem Beruf, der der Krankenpflege im weiteren Sinne zuzurechnen sei, wie sich aus § 182 in Verbindung mit § 122 RVO ergebe, wonach bei der zur Krankenpflege gehörenden ärztlichen Behandlung u.a. auch die Hilfeleistung von Masseuren vorgesehen sei.

Das RVA habe zwar die Auffassung vertreten, die Tätigkeit eines Masseurs und Bademeisters sei überwiegend körperlich; auch wenn bei der Verabreichung von Bädern, bei Bestrahlungen usw. Vorsicht geübt und ärztliche Verordnungen berücksichtigt werden müßten, kämen die Ausbildung, die Kenntnisse und die Fähigkeiten jenes Personenkreises nicht über das Gebiet des rein Äußerlichen und Mechanischen hinaus.

Das LSG hält indes diese Auffassung für den vorliegenden Fall für unzutreffend. Es käme nicht auf die Schwierigkeiten und die Verantwortung der Tätigkeit an, da es Berufe mit hohen Anforderungen jener Art auch im überwiegend körperlichen Bereich gebe. Der Kläger verrichte keine rein mechanischen und äußerlichen Handgriffe; er müsse Kenntnisse auf dem Gebiet der Anatomie der Krankheiten und der Krankheitszustände haben, er müsse wissenschaftlich und unter eigener Verantwortung bei überwiegend kranken Menschen die mannigfaltigsten Körpermassagen durchführen. Bei Knochenbrüchen, Verrenkungen und Verstauchungen sei für die Massage ein besonderes Einfühlungsvermögen nötig, insbesondere bei Bewegungsübungen. Die körperlich-manuelle Tätigkeit trete in den Hintergrund gegenüber der Behandlungsmethode, bei der der Kläger in unmittelbarer Beziehung zu dem Kranken selbst stehe. Der Kläger sei nicht anders zu bewerten als eine Krankenschwester. Das Berufsbild des Masseurs habe sich gegenüber dem der Entscheidung des RVA vom 22. Januar 1930 zugrundeliegenden Bild erheblich geändert. Der Kläger sei daher als Angestellter anzusehen und angestelltenversicherungspflichtig.

Dies werde auch durch seine Tätigkeit als Bademeister bei der Verabreichung von medizinischen Bädern noch unterstrichen, da er diese nach den ärztlichen Vorschriften in mannigfaltigster Art zu verabfolgen habe. Auch hier liege das Schwergewicht nicht im Körperlichen.

Die Beklagte hat gegen das am 3. Juni 1958 zugestellte Urteil am 25. Juni 1958 die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Die Beklagte rügt eine Verletzung der §§ 1226 RVO a.F., 1 AVG a.F. bzw. 1227 RVO n.F. und 2 und 3 AVG n.F. sowie der §§ 165 a und b RVO.

Masseure und Bademeister gehörten nicht zu der Berufsgruppe der in der Kranken- und Wohlfahrtspflege tätigen Personen, da sie weder von der Krankenpflegeverordnung noch von dem Krankenpflegegesetz erfaßt würden. Eine erweiternde Auslegung jenes Begriffs sei nicht zulässig (vgl. LSG Essen, Urteil vom 8.2.1955, Breithaupt S. 908). Die Grundsätzliche Entscheidung des RVA Nr. 3702 treffe auch weiterhin zu. Der Ausbildungsgang der Masseure zeige, daß sich deren Berufsbild seit damals nicht wesentlich geändert habe. Die Massage sei auch heute noch eine einwandfrei körperliche Tätigkeit, die in der Regel einen besonderen Kraftaufwand erfordere. Daß der Masseur bei seiner Arbeit die erlernten anatomischen Kenntnisse beachten müsse, sei selbstverständlich, doch handele es sich letztlich um immer die gleichen mechanischen Handgriffe. Die Schwierigkeit, das Fingerspitzengefühl, mit der sich der Masseur insbesondere auf die Empfindlichkeit seiner einzelnen Patienten einstellen müsse, und die Sorgfalt seien keine Zeichen für eine Angestelltentätigkeit. Hinsichtlich der medizinischen Kenntnisse und der "Diagnosenstellung" habe das LSG den Masseur überbewertet, ebenso auch die Tätigkeit des Bademeisters. Die Art der Behandlung und der Bäder sei ärztlich vorgeschrieben. Die Ausübung erfolgte nach ein für allemal festgelegten Regeln. Aufsichts- und Weisungsbefugnisse, die eine andere Beurteilung gestatten könnten, übe der Kläger nicht aus.

Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zu erkennen, daß der Kläger der Rentenversicherungspflicht der Arbeiter unterliegt.

Die beigeladene AOK B hat ausdrücklich davon Abstand genommen, sich der Revision anzuschließen, während die beigeladene BfA sich am 14. August 1958 der Revision, den Anträgen und der Revisionsbegründung der Beklagten angeschlossen hat.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Der Beruf des Bademeisters und Masseurs habe sich seit der Grunds. Entsch. Nr. 3702 wesentlich geändert. Der Kläger sei nicht nur verpflichtet, die Anordnungen des Arztes zu befolgen, sondern müsse sie auch auf ihre Zweckmäßigkeit überprüfen, da er für eine Fehlbehandlung selbst - auch strafrechtlich - einzustehen habe. Mit Recht habe das LSG daher angenommen, daß bei ihm die geistige Tätigkeit überwiege und er deshalb versicherungsrechtlich als Angestellter anzusehen sei.

Die Beklagte und die beigeladene BfA haben auf Rückfrage zu dem Urteil des 3. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.Juni 1959 - 3 RJ 95/56 -, in dem die Angestelltenversicherungspflicht eines als Masseur in einem Kreiskrankenhaus angestellten Kriegsblinden anerkannt worden war, erklärt, daß die dort vertretenen Grundsätze für den hier zu entscheidenden Fall ihrer Auffassung nach nicht maßgeblich seien, weil ein Masseur in einer Badeanstalt anders zu beurteilen sei als ein Masseur in einem Krankenhaus; da ein Arzt dort nicht unmittelbar erreichbar sei, handle es sich außerhalb des Krankenhauses offenbar fast immer um leichtere Fälle.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist vom LSG zugelassen und daher statthaft.

Die Revision ist nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid und der Widerspruchsbescheid sind von der Beklagten erlassen worden, so daß diese mit dem LSG als die richtige Partei angesehen werden muß; die beigeladene AOK (frühere KVA) Berlin hat keinen Verwaltungsakt über die Beitragspflicht des Klägers erlassen, weshalb sie auch nach § 1399 Abs. 3 RVO n.F. nicht als Partei anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 4.12.1957, SozR AVG § 3 Aa 1 Nr. 1).

Das streitige Rechtsverhältnis (Klärung, in welchem Versicherungszweig der unstreitig rentenversicherungspflichtige Kläger zu versichern ist) kann gegenüber der Beklagten und der beigeladenen BfA wie auch gegenüber der beigeladenen AOK nur einheitlich entschieden werden, so daß ein Fall der notwendigen Beiladung nach § 75 Abs. 2 SGG vorliegt. Die Einlegung der selbständigen Berufung und der Anschlußrevision durch die beigeladene BfA wäre daher selbst dann nicht zu beanstanden, wenn die Beigeladene Sachanträge gestellt hätte, die von denjenigen der Beklagten abwichen (§ 75 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Bei der Entscheidung kann von dem erwähnten Urteil des 3. Senats vom 19. Juni 1959 (BSG 10 S. 82 ff.) ausgegangen werden; wie diese Entscheidung im einzelnen darlegt, sind "Masseure und Bademeister" nicht in den gesetzlichen Vorschriften, in denen die Angestelltenberufe einzeln aufgezählt werden, genannt. Da diese Aufzählungen jedoch nicht erschöpfend sind, sondern nur - allerdings für die meisten Fälle ausreichend - Beispiele geben sollen, muß im Einzelfalle auch dann, wenn die Kataloge nicht weiterhelfen, die Frage, ob ein Versicherter als Arbeiter oder Angestellter anzusehen ist, nach der jeweils herrschenden Verkehrsauffassung beantwortet und mithin entschieden werden, ob der Betreffende eine überwiegend geistige Beschäftigung verrichtet oder überwiegend körperlich tätig ist.

Der 3. Senat kommt, nach Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des RVA, mit eingehender und von dem erkennenden Senat gebilligter Begründung bei einem in einer Krankenanstalt angestellten kriegsblinden Masseur, der seine Massagen auf Grund ärztlicher Verordnungen ausführt, zu dem Ergebnis, dieser sei den Angestellten im Beruf der Krankenpflege gleichzustellen und unterliege daher der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung. Maßgebend dafür war für den 3. Senat unter Berücksichtigung der Ausbildung und der unmittelbaren Verantwortung des Masseurs bei seiner weitgehend selbständigen Tätigkeit, daß dieser bei der in den letzten Jahren sehr viel umfangreicher gewordenen Massagetätigkeit, die jetzt einen viel größeren Anwendungsbereich erfasse, einen gewissen Überblick über die Krankheiten des Patienten haben und beobachten müsse, wie der Körper auf die Behandlung reagiere, um danach seine weiteren Maßnahmen ausrichten zu können. Diese Tätigkeit verlange eine ständige und aufmerksame Kontrolle des Patienten; nach dem Gesamtbild stehe daher die geistige Arbeit im Vordergrund.

In seinem nicht veröffentlichten Beschluß vom 24. Oktober 1959 - 3 RK 66/58 - hat der 3. Senat diese Rechtsprechung auch auf in Krankenanstalten tätige Masseure, die gleichzeitig medizinische Heilbäder verabfolgen, ausgedehnt, weil durch diese zusätzliche Bademeistertätigkeit das vorher für den Masseur festgestellte Berufsbild nicht wesentlich berührt werde.

Nach den vom LSG getroffenen Feststellungen hat der Kläger sich auch in dem hier zu entscheidenden Fall nach einjähriger Ausbildung in einer staatlichen Massageschule einer staatlichen Prüfung als Masseur unterzogen; da in dieser Hinsicht niemals Bedenken aufgetreten sind, ist davon auszugehen, daß der Kläger ebenso wie in dem vom 3. Senat entschiedenen Fall den Anforderungen, die nach dem Gesetz vom 21. Dezember 1958 (BGBl. I S. 985) an einen Masseur und Bademeister gestellt werden, entspricht.

Der Aufgabenkreis, den der Kläger nach den weiteren Feststellungen als Masseur und Bademeister in einem städtischen Bad in einer fast ausschließlich für medizinische Zwecke bestimmten Abteilung ausübt, ist jedenfalls nicht geringer und verantwortungsfreier als der in einer gleichen Stellung in einer Krankenanstalt. Da die Massagen und Bäder an Kranke verabfolgt werden, die sich nur noch in ambulanter ärztlicher Behandlung befinden, ist die Verantwortung des Masseurs und Bademeisters vielmehr eher noch größer und läßt dessen Selbständigkeit mangels jeder unmittelbaren ärztlichen Überwachungsmöglichkeit nur noch stärker in den Vordergrund treten. Bei dem allgemein bekannten Bestreben der Krankenhäuser, zur Freistellung des stets knappen Bettenraumes die stationäre Behandlung zu beenden, sobald dies der Zustand des noch weiter ambulant behandlungsbedürftigen Kranken zuläßt, sowie mit Rücksicht darauf, daß zahlreiche Erkrankungen, die zur Behandlung von Massagen und medizinischen Bädern führen, überhaupt keinen stationären Krankenhausaufenthalt erfordern, kann jedenfalls nicht von einer graduell geringerwertigen Tätigkeit der Masseure und Bademeister in medizinischen Abteilungen von Bädern gesprochen werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen treffen somit alle Erwägungen, die den 3. Senat in seinem Falle zur Annahme der Angestellteneigenschaft veranlaßt haben, auch auf den vorliegenden Fall, sogar in verstärktem Ausmaße zu, insbesondere, wenn man bedenkt, daß es sich bei dem vom 3. Senat entschiedenen Fall um einen Kriegsblinden handelte, der noch eher auf eine Mitwirkung dritter Personen angewiesen ist als ein nicht erblindeter Masseur.

An diesem Ergebnis ändert der Umstand nichts, daß der Kläger im geringen Umfang auch Reinigungsarbeiten an den Wannen usw. verrichtet, da sich dadurch die Tätigkeit nicht irgendwie entscheidend in das rein manuelle Gebiet verschiebt.

Die Revision war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 199 SGG in Verbindung mit § 100 der Zivilprozeßordnung.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2325724

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