Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung – Berechnung des Verletztengeldes – Unternehmer – Wiedererkrankung – Satzungsbestimmung – Beschränkung – Jahresarbeitsverdienst – Zusatzversicherung – Nichtberücksichtigung
Leitsatz (amtlich)
Hat ein kraft Satzung versicherter Unternehmer nach Eintritt des Versicherungsfalls eine Zusatzversicherung abgeschlossen, ist im Falle seiner Wiedererkrankung an dessen Folgen für die Berechnung des Verletztengeldes der Jahresarbeitsverdienst, der im Zeitpunkt der Wiedererkrankung aufgrund der Satzung gilt, ohne Berücksichtigung dieser Zusatzversicherung maßgebend, wenn die Satzung dies bestimmt (Abgrenzung zu BSG vom 8.9.1977 – 2 RU 35/77 = SozR 2200 § 574 Nr 2).
Stand: 19. März 2001
Normenkette
RVO § 562 Abs. 2 S. 1, § 561 Abs. 3 S. 1, § 571 Abs. 3, § 632 S. 1, § 671 Nr. 9; SGB VII §§ 45, 47 Abs. 5 S. 1, §§ 48, 83 S. 1; RVO §§ 574, 543 Abs. 1; SGB VII § 83 S. 2
Beteiligte
Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel |
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 1. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten um die Höhe des dem Kläger bewilligten Verletztengeldes.
Der Kläger, der kraft Satzung bei der Beklagten als Unternehmer pflichtversichert ist, erlitt am 7. Mai 1980 einen Arbeitsunfall, wegen dessen Folgen er von der Beklagten Entschädigung erhielt. Auf seinen Antrag vom 9. November 1981 trat mit Wirkung vom folgenden Tage eine Zusatzversicherung von 36.000,– DM in Kraft. Nach der Umwandlung seiner Einzelhandelsfirma in eine Kommanditgesellschaft schloß er als deren persönlich haftender Gesellschafter mit Wirkung vom 15. Februar 1986 eine Zusatzversicherung von 57.000,– DM ab. In beiden Fällen wies die Beklagte darauf hin, daß die Erhöhung nur für die Entschädigung von Arbeitsunfällen gelte, die sich nach Inkrafttreten der jeweiligen Zusatzversicherung ereigneten.
Vom 13. Juli 1995 an war der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 7. Mai 1980 arbeitsunfähig. Daraufhin bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 31. August 1996 als kalendertägliches Verletztengeld den 450. Teil des satzungsmäßigen Jahresarbeitsverdienstes (JAV) von 33.000,– DM, nämlich 73,33 DM. Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser eine Berechnung des Verletztengeldes nach der aktuellen Versicherungssumme verlangte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 1996 mit der Begründung zurück, die nach dem Arbeitsunfall eingetretene Erhöhung der Versicherungssumme könne nach § 42 Abs 2 iVm § 49 ihrer Satzung nicht berücksichtigt werden.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15. September 1998). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 1. Juni 1999). Ihm stehe weder nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) noch nach denen des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) ein höheres Verletztengeld zu. Nach § 561 Abs 3 RVO bzw nach § 47 Abs 5 SGB VII belaufe sich das Verletztengeld für den als Unternehmer versicherten Kläger auf den 450. Teil des JAV. Dieser betrage hier nach § 41 Abs 1 der Satzung der Beklagten vom 22. Mai 1995 in der Fassung des ersten bis neunten Nachtrags (Stand 1. Januar 1995) 33.000,– DM und sei im vorliegenden Falle zugrunde zu legen. Zwar bestimme § 574 RVO ebenso wie § 48 SGB VII, daß bei Wiedererkrankung für eine Verletztengeldberechnung anstelle des Zeitpunktes der ersten Arbeitsunfähigkeit auf den der Wiedererkrankung abzustellen sei, was im Regelfall dazu führe, daß eine zwischen Versicherungsfall und Wiedererkrankung abgeschlossene Zusatzversicherung zu berücksichtigen sei. Das gelte hier aber nicht, weil die Beklagte dies zulässigerweise durch § 42 Abs 2 Satz 2 iVm § 49 Satz 2 ihrer insofern durch Nachträge nicht geänderten Satzung vom 22. Mai 1975 abbedungen habe. Diese Sonderregelung der Satzung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG).
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 574 RVO bzw des § 48 SGB VII sowie des Art 3 Abs 1 GG. Die Beklagte dürfe die sich aus dem Gesetz ergebende und von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestätigte Regelung, daß im Fall der Wiedererkrankung eine zwischen Versicherungsfall und Wiedererkrankung abgeschlossene Zusatzversicherung zu berücksichtigen sei, nicht in ihrer Satzung abbedingen. Damit werde der Unternehmer in verfassungswidriger Weise schlechter gestellt als der Arbeitnehmer, weil bei letzterem die Verdienstverhältnisse vor der Wiedererkrankung zugrunde gelegt würden. Soweit die Satzung eine solche Diskriminierung des Unternehmers vorsehe, sei sie unwirksam.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 1. Juni 1999 und das Urteil des SG vom 15. September 1998 aufzuheben sowie unter Änderung des Bescheides der Beklagten vom 31. August 1996 idF des Widerspruchsbescheides vom 19. November 1996 die Beklagte zu verurteilen, der Berechnung des laufenden Verletztengeldes ab 13. Juli 1995 den zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen JAV unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt aktuellen Zusatzversicherung zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Er hat keinen Anspruch auf ein nach der aktuellen Versicherungssumme berechnetes höheres Verletztengeld, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben.
Der Senat brauchte nicht zu entscheiden, ob sich die Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch nach dem Recht der RVO oder dem des SGB VII richtet oder ob das alte Recht für den bis Ende 1996 dauernden Teil, das neue für den möglicherweise anschließenden Teil des Leistungszeitraums anzuwenden ist. Denn der Kläger hat weder nach altem noch nach neuem Recht Anspruch auf das von ihm verlangte höhere Verletztengeld.
Nach § 562 Abs 2 Satz 1 RVO galten im Falle der Wiedererkrankung an Unfallfolgen die §§ 560, 561 RVO entsprechend, es sei denn, daß der Verletzte erwerbsunfähig iS des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch war. Nach § 48 SGB VII gelten im Fall der Wiedererkrankung an den Folgen des Versicherungsfalls die §§ 45 bis 47 SGB VII mit der Maßgabe entsprechend, daß anstelle des Zeitpunkts der ersten Arbeitsunfähigkeit auf den der Wiedererkrankung abgestellt wird.
Der Kläger ist als Unternehmer bei der Beklagten aufgrund der Satzung pflichtversichert (§ 40 Abs 1 der Satzung vom 22. Mai 1975 ≪aF≫ bzw § 41 Abs 1 der Satzung vom 20. November 1997 ≪nF≫). Nach dem Bescheid der Beklagten vom 31. August 1996 steht ihm für die Zeit der durch den Arbeitsunfall vom 7. Mai 1980 bedingten Arbeitsunfähigkeit seit dem 13. Juli 1995 Verletztengeld zu. Da der Bescheid hinsichtlich des Verletztengeldanspruchs als solchem und des Beginns der Leistung nicht angefochten wurde, ist er insoweit bindend (§ 77 SGG) geworden. Das gleiche gilt für die dem angefochtenen Bescheid zu entnehmende Feststellung, daß seine am 13. Juli 1995 begonnene Arbeitsunfähigkeit Folge einer auf dem Arbeitsunfall vom 7. Mai 1980 beruhenden weiteren Erkrankung und demnach eine Wiedererkrankung iS des § 562 Abs 2 Satz 1 RVO bzw des § 48 SGB VII ist.
Die Beklagte hat die Höhe des Verletztengeldes ohne Verstoß gegen § 562 Abs 2 Satz 1 RVO bzw § 48 SGB VII festgesetzt. Nach § 561 Abs 3 Satz 1 RVO bzw § 47 Abs 5 Satz 1 SGB VII erhalten versicherte Unternehmer Verletztengeld je Kalendertag in Höhe des 450. Teils des JAV. Dieser ist allerdings nicht nach den tatsächlichen Einkünften des Unternehmers zu bestimmen. Als JAV gilt vielmehr der nach der Satzung des Unfallversicherungsträgers bestimmte fiktive Betrag (§ 571 Abs 3 RVO iVm § 671 Nr 9 RVO bzw § 83 Satz 1 SGB VII). Dieser wurde von der Beklagten bis Ende 1996 durch § 41 Abs 1 der Satzung (aF) festgesetzt. Er betrug im Jahre 1980, in dem sich der Arbeitsunfall des Klägers ereignet hatte, 24.000,– DM (§ 41 Abs 1 idF des 2. Satzungsnachtrags), in den Jahren 1994 und 1995 33.000,– DM (§ 41 Abs 1 idF des 9. Satzungsnachtrags) und im Jahre 1996 36.000,– DM (§ 41 Abs 1 idF des 10. Satzungsnachtrags). Mit Wirkung vom 1. Januar 1997 ist der JAV in § 42 Abs 1 der Satzung (nF) in Höhe von ebenfalls 36.000,– DM festgesetzt worden.
Aus § 562 Abs 2 Satz 1 RVO bzw § 48 SGB VII ergibt sich für die Regelung des § 561 Abs 3 Satz 1 RVO bzw des § 47 Abs 5 SGB VII, daß nicht der im Zeitpunkt der ersten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit oder der im Jahre davor geltende JAV, hier also 24.000,– DM, als Bemessungsgrundlage für das Verletztengeld heranzuziehen ist. Insoweit war bereits nach dem bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Recht in § 574 RVO vorgeschrieben, daß im Falle der Wiedererkrankung an Unfallfolgen die Verhältnisse des Jahres vor dem Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit zugrunde zu legen sind, wenn der JAV zur Berechnung des Verletztengeldes (§ 561 Abs 3 RVO) diente. Der Senat hat in seinem Urteil vom 8. September 1977 (BSG SozR 2200 § 574 Nr 2) den § 574 RVO dahingehend ausgelegt, daß bei der Wiedererkrankung eines kraft Satzung versicherten Unternehmers auf den in diesem Zeitpunkt durch die Satzung festgelegten JAV abgestellt werden muß. Diese Auffassung wird auch bei der Auslegung des § 48 SGB VII vertreten (Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Aufl, § 48 SGB VII RdNr 4.1). Nach anderer Meinung sind die Verhältnisse des Jahres vor dem Beginn der erneuten Erkrankung zugrunde zu legen (Lauterbach/Fröhlke, UV-SGB VII, § 48 RdNr 5), wobei zusätzlich die Auffassung vertreten wird, dies habe bei Änderungen des JAV in dem genannten Zeitraum eine Berechnung des Verletztengeldes unter Quotierung nach Teilabschnitten zur Folge (Benz, BG 1997, 319, 323). Der Senat kann offenlassen, welche Auslegung des § 48 SGB VII er insoweit für zutreffend hält. Denn der im angefochtenen Bescheid der Bemessung des Verletztengeldes zugrunde gelegte JAV in Höhe von 33.000,– DM entspricht beiden Auffassungen, soweit die Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Jahre 1995 betroffen ist. Des weiteren braucht nicht entschieden zu werden, ob dem Kläger aufgrund der am 13. Juli 1995 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit auch im Jahre 1996 oder sogar noch im Jahre 1997 Verletztengeld zusteht und ob die Beklagte für diese beiden Jahre gar verpflichtet ist, den höheren satzungsmäßigen JAV von 36.000,– DM als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Denn der Kläger hat in seinem Revisionsantrag – wie auch bereits in seinem Klage- und Berufungsantrag – ein höheres Verletztengeld nicht generell oder im Hinblick auf die Erhöhung des satzungsmäßigen JAV, sondern allein wegen seiner unberücksichtigt gebliebenen Zusatzversicherung verlangt und dabei auf die nach seiner Auffassung am 13. Juli 1995 maßgebliche Versicherungssumme abgestellt. Zu dieser Einschränkung des Streitgegenstandes (§ 141 Abs 1 SGG) war er befugt (vgl BSGE 60, 11, 13, 14 = SozR 3870 § 3 Nr 21 mwN).
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß das Verletztengeld nach einem JAV ermittelt wird, welcher der zuletzt abgeschlossenen Versicherungssumme von 57.000,– DM entspricht. Diese Versicherungssumme setzt sich aus dem durch Satzung festgesetzten JAV und einem vom versicherten Unternehmer frei gewählten Höherversicherungsbetrag zusammen (vgl § 42 Abs 1 Satz 2 der Satzung ≪aF≫ und § 43 Abs 1 Satz 2 der Satzung ≪nF≫). Rechtsgrundlage für diese Zusatzversicherung war bis zum 31. Dezember 1996 § 632 Satz 1 RVO, wonach die Satzung bestimmen konnte, daß und unter welchen Voraussetzungen die versicherten Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten auf Antrag mit einem höheren JAV versichert wurden. Seit dem 1. Januar 1997 schreibt § 83 Satz 2 SGB VII vor, die Satzung habe zu bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen die kraft Gesetzes versicherten selbständig Tätigen und die kraft Satzung versicherten Unternehmer und Ehegatten auf ihren Antrag mit einem höheren JAV versichert werden.
In dem genannten Urteil vom 8. September 1977 (BSG SozR 2200 § 574 Nr 2) hat der Senat für die Berechnung des Übergangsgeldes eines kraft Satzung versicherten Unternehmers entschieden, daß im Fall der Wiedererkrankung an Unfallfolgen der JAV, der im Zeitpunkt der Wiedererkrankung aufgrund der Satzung – auch unter Berücksichtigung einer nach dem Versicherungsfall abgeschlossenen Zusatzversicherung – gilt, jedenfalls dann maßgebend ist, wenn die Satzung nichts Abweichendes bestimmt. Ausdrücklich offengelassen wurde in dieser Entscheidung, ob eine nach dem Versicherungsfall abgeschlossene Zusatzversicherung auch dann in die Bemessungsgrundlage für das Verletztengeld bei Wiedererkrankung einzubeziehen ist, wenn – anders als in dem entschiedenen Fall – die Satzung eine von § 574 RVO abweichende Regelung trifft.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte eine derartige Regelung in ihrer Satzung (aF) getroffen. In § 42 Abs 2 Satz 2 wird nämlich hinsichtlich der um die Zusatzversicherung erweiterten Versicherungssumme bestimmt, daß ua die für freiwillig versicherte Unternehmer vorgesehene Regelung des § 49 Satz 2 entsprechend gilt. Danach fallen Unfälle, die sich vor dem Tage nach Eingang der Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft ereignet haben, nicht unter die Versicherung; das gilt auch für Wiedererkrankungen aus Anlaß solcher Versicherungsfälle. Die Satzung (nF) enthält inhaltlich die gleiche Regelung (§ 43 Abs 2 Satz 2 iVm § 50 Satz 2).
Die genannten Satzungsbestimmungen haben zur Folge, daß der Kläger Verletztengeld nur aufgrund der Bemessungsgrundlage des satzungsmäßigen JAV, nicht dagegen aufgrund der Zusatzversicherung verlangen kann. Dem steht die Bestimmung des § 43 Abs 1 der Satzung (aF) bzw des § 44 Abs 1 der Satzung (nF) nicht entgegen, wonach ua die kraft Satzung pflichtversicherten Unternehmer Leistungen wie die gesetzlich Versicherten nach den §§ 546 ff RVO bzw §§ 26 ff SGB VII erhalten, soweit sich aus Abs 2 nichts anderes ergibt. Zwar enthält dieser Abs 2 lediglich besondere Bestimmungen über den Zeitpunkt des Entstehens eines Verletztengeldanspruchs, nicht aber über dessen Höhe. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß der Kläger uneingeschränkt ein Verletztengeld beanspruchen kann, das unter Einbeziehung der Zusatzversicherung berechnet wird. Denn die Vorschrift des § 43 Abs 1 der Satzung (aF) bzw des § 44 Abs 1 der Satzung (nF) verweist auf die Vorschriften des Leistungsrechts für gesetzlich Versicherte, die Gesetzesvorschriften über die Versicherungspflicht kraft Satzung, insbesondere § 543 Abs 1 und § 632 RVO bzw § 3 Nr 1 und § 83 SGB VII sowie die hierauf beruhenden Satzungsbestimmungen werden von der Verweisung nicht erfaßt.
Die Beschränkung der Bemessungsgrundlage für das Verletztengeld auf den aktuellen satzungsmäßigen JAV und gegebenenfalls auf eine vor dem Versicherungsfall abgeschlossene Zusatzversicherung steht auch nicht in Widerspruch zu § 562 Abs 2 Satz 1 RVO bzw § 48 SGB VII. Diese Vorschriften stellen bei Wiedererkrankung für die Berechnung des Verletztengeldes auf den Zeitpunkt der Wiedererkrankung ab, ohne Bestimmungen darüber zu treffen, nach welchen Kriterien die Bemessungsgrundlage für das Verletztengeld in diesem Zeitpunkt zu ermitteln ist. Letzteres ergibt sich vielmehr – unberührt von § 562 Abs 2 Satz 1 RVO und § 48 SGB VII – aus den einschlägigen Gesetzesvorschriften und Satzungsbestimmungen.
§ 42 Abs 2 Satz 2 und § 49 Satz 2 der Satzung (aF) sind auch von ihrer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 632 Satz 1 RVO sowie auch von § 543 Abs 1 RVO gedeckt, wonach die Satzung des Trägers der Unfallversicherung die Versicherung – abgesehen von hier nicht betroffenen Ausnahmen – auf Unternehmer erstrecken konnte, die nicht schon kraft Gesetzes versichert waren. Entsprechendes gilt bei § 43 Abs 2 Satz 2 und § 50 Satz 2 der Satzung (nF) für deren Ermächtigungsgrundlage des § 83 Satz 2 SGB VII und für § 3 Nr 1 SGB VII, wonach die Satzung bestimmen kann, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung ua auf Unternehmer erstreckt. Den genannten Gesetzesvorschriften ist zu entnehmen, daß dem Satzungsgeber ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt worden ist (Brackmann/Burchardt, SGB VII, § 83 RdNr 14; Hauck/Keller, SGB VII, § 83 RdNr 3; Wannagat/Benz, SGB VII, § 83 RdNr 7; KassKomm-Ricke, § 83 SGB VII RdNr 5; Kater/Leube, SGB VII, § 83 RdNr 6). Darüber hinaus tragen § 42 Abs 2 Satz 2 und § 49 Satz 2 der Satzung (aF) dem der Sozialversicherung zugrundeliegenden Versicherungsprinzip Rechnung. Diesem würde es grundsätzlich widersprechen, wenn nach Eintritt des Versicherungsfalles die Versicherungsleistungen durch Handlungen oder Maßnahmen erhöht werden können, die allein vom Willen des Versicherten abhängen.
Der Kläger ist durch die Anwendung der genannten Satzungsbestimmungen auf ihn auch nicht in seinen Grundrechten verletzt. Insbesondere liegt darin kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist dieser dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88; 68, 287, 301; 75, 348, 357). Soweit der Kläger eine verfassungswidrige Benachteiligung darin sieht, daß er im Falle der Wiedererkrankung gegenüber einem versicherten Arbeitnehmer schlechter gestellt werde, besteht zum Teil keine Ungleichheit, zum Teil sind die Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen. In bezug auf die Versicherungspflicht von Arbeitnehmern und Unternehmern findet, abgesehen von den statusmäßig bedingten Unterschieden in der Bemessungsgrundlage zum Verletztengeld, eine ungleiche Behandlung bei der Anwendung von § 562 Abs 2 Satz 1 RVO bzw § 48 SGB VII nicht statt; denn bei Wiedererkrankung erhalten die nach der Satzung pflichtversicherten Unternehmer – vergleichbar den Arbeitnehmern – Verletztengeld nach der Bemessungsgrundlage, die im Zeitpunkt der Wiedererkrankung gilt. Diese beträgt beim Kläger nicht – wie im Zeitpunkt der ersten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit – 24.000,– DM, sondern 33.000,– DM. Soweit die (freiwillige) Zusatzversicherung betroffen ist, besteht zwar im Vergleich zu den versicherten Arbeitnehmern insofern ein Unterschied, als die Bemessungsgrundlage aus dieser Versicherung der Höherversicherungssumme entsprechen muß, die vor dem Versicherungsfall abgeschlossen war. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch teils wegen der beträchtlichen Unterschiede zwischen den beiden Vergleichsgruppen, teils wegen der darin für die Unternehmer liegenden Vorteile gerechtfertigt. So ist zu berücksichtigen, daß ein versicherter Arbeitnehmer namentlich nach Eintritt des Versicherungsfalls nicht unmittelbar auf die Höhe der Bemessungsgrundlage für das Verletztengeld einwirken kann, während der Kläger solches für sich fordert. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß durch die Anwendung des § 48 SGB VII auch versicherte Arbeitnehmer ein erheblich niedrigeres Verletztengeld erhalten können, als sie erhalten würden, wenn auf das Regelentgelt bei der ersten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit abgestellt würde, nämlich dann, wenn sie vor der Ersterkrankung ein höheres Arbeitsentgelt erzielten als vor der Wiedererkrankung (vgl Kater/Leube, aaO, § 48 RdNr 8; Schmitt, SGB VII, § 48 RdNr 4). Schließlich haben die bei der Beklagten versicherten Unternehmer das den Arbeitnehmern nicht zustehende Recht, sich von vornherein – also vor einem eventuellen Unfall – mit einer hohen Versicherungssumme zusätzlich zu versichern. Sie erhalten dann bei Wiedererkrankung nach einem Versicherungsfall Verletztengeld nach einem JAV, der sich gemäß den Satzungsbestimmungen der Beklagten aus der vor dem Versicherungsfall abgeschlossenen Höherversicherung und dem aktuellen satzungsmäßigen JAV zusammensetzt, und zwar auch dann, wenn sie vor der Wiedererkrankung die Höherversicherungssumme reduziert oder die Zusatzversicherung beendet haben. Unter diesen Umständen kann es unter dem Gesichtspunkt des Art 3 Abs 1 GG verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden, daß es einem Unternehmer, der sich freiwillig vor einem Versicherungsfall auch mit Wirkung für eine spätere Wiedererkrankung höherversichern kann, durch die Satzung verwehrt wird, unter Nichtbeachtung des Versicherungsprinzips nach dem Unfall auch mit Wirkung für eine solche Wiedererkrankung eine Zusatzversicherung oder Erhöhung einer solchen abzuschließen (vgl hierzu auch BVerfG SozR 2200 § 571 Nr 18).
Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen